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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189902051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990205
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-05
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.02.1899
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Areiberger Anzeiger u«d Tageblatt. Seite 2. — 5. Bebenae. so gegen. Staatssekretär von Podbielski bemerkt, er habe sich vorhin eines unrichtigen Ausdrucks bedient; er habe nicht sagen wollen, daß er um Entschuldigung bitte, wenn er nicht immer logisch sei, sondern wenn er nicht immer die Vorgänge chrono logisch schildere. Abg. von Kardorss (Rp.) dankt dem Staats sekretär sür sein entschiedenes Austreten und wünscht auch in den übrigen Ressorts recht bald ein ähnliches Vorgehen. Wohin sollte es denn kommen, wenn in solchem Ressort Disziplinlosigkeit ein risse? Bei den Sozialdemokraten fliegt sehr schnell Jemand heraus, der viel weniger gesündigt hat. Abg. Werner (Reform- partei) tritt für größere Ausdebnnng der Erholungsbeurlaubungen ein. Dem Verbände der Postassisienten gegenüber hat der Staats sekretär eine freundlichere Haltung eingenommen als sein Amts vorgänger, und das verdient Anerkennung, denn in den Versamm lungen des Verbandes ist nichts vorgekommen, was ans sozial demokratische Tendenzen schließen läßt, und oftmals haben höhere Beamte an diesen Versammlungen theilgenommen. Um so auf- sälliger ist es, wenn andere Beamte dem Verbände gegenüber eine seindselige Haltung einnehmen. Abg. Ba udert (Soz.) kritisirt das Vorgehen der Postbehörden bei Errichtung neuer Postgebäude; namentlich werde von ärmeren Gemeinden verlangt, daß sie das Bauterrain unentgeltlich hergebcn. In anderen Fällen sei die Errichtung neuer Postanstalten unterblieben, ob wohl ein dringendes Verkehrsbedürsniß vorlag. — Weiterbe- rathung Sonnabend. Politische Umschau. Freiberg, den 4. Februar. Deutschland. Auf der von dem nunmehrigen preußischen Herrenhaus-MitgliedeBirkner-Cadinen dem Kaiser geschenkten Herrschaft Cadinen werden in nächster Zeit verschiedene Ver- änderungen vorgenommen werden. Weniger gute Bodeupartien und solche, die dem Wildwechsel gut gelegen sind, desgleichen Parzellen, welche zn Forstarrvndirungen sich besonders gut eignen, und kahle Landrücken sollen aufgesorstet werden. Zur Hebung der Jagd sollen Futterplätze und Raufen angelegt, desgleichen ein Schon revier eingerichtet werden. Zur größeren Hebung der Niederjagd wild danach getrachtet, nach Möglichkeit die benachbarten Feld jagden anzupachten. Diejenige in der Feldmark Tolkemit (etwa 4800 Morgen) ist bereits von der herrschaftlichen Verwaltung vorläufig aus zwölf Jahre angepachtet. Die Absicht des Kaisers soll dahin gehen, sich in Cadinen, ähnlich wie in Rominten, ein Jagdschloß einzurichten, von welchem aus er nicht nur dem edlen Waidwerk obzuliegen, sondern auch dem von ihm so sehr geförderten Kunstbau und den Renovirungsarbeiten der Marien burg leichter sein Augenmerk von Zeit zu Zeit zuzuwenden ver mag; auch soll es in den Wünschen des Kaisers liegen, mit den Spitzen der Verwaltung Westpreußens nähere Berührung zu haben, was von Cadinen aus ermöglicht werden würde, ähnlich wie dies während bes Ausenthaltes des Landesherrn in Rominten dort mit den höchsten Behörden Ostpreußens der Fall ist. Daß Cadinen hiersür einen sehr geeigneten Platz bildet, ist zweifellos, zumal die Nähe Elbings mit seiner berühmten Schichauschen Werft und die Möglichkeit von dort leicht zu Schiff nach Danzig — wo in nächster Zeit die Bauten zum neuen Kriegshafen in Angriff genommen werden — zu gelangen, eine sehr willkommene Mal nur sagen: Tas Aversum reicht nicht aus. Tie Reichspost verwaltung hat aber doch nicht das Recht, in das Aversionalver fahren einer Regierung einzugreifen. Es hat sich eben heraus gestellt in dem betreffenden Fall, die Sache liegt innerhalb des Aversums. Ich habe nichts mit dem, was in den Briesen steht, zu thun. Das Briesgeheimuiß muß gewahrt werden. Das ist der einzige Standpunkt, den die Reichspostverwaltung ein- nebmen kann. Auf Anregung Böckels bemerkt Staatssekretär von Pod bielski bei unfrankirten Briefen handle es sich nicht um das von der Postverwaltung zudiktirte Strafporto, sondern um ein Zu schlagsporto wegen Ler erwachsenden Mehrarbeit. Abg. Graf Stolberg (kons.) führt aus, da die Postverwaltung keme Zu- schußverwaltung sei, müsse man mit der Herabsetzung der Ge bühren vorsichtig sein. Im Verlaufe der Debatte erklärt Staats sekretär v. Podbielski noch, mit dem Gesprächszähler habe er nur gemeint, er gebe die Möglichkeit, die Gespräche der Abonnenten aus dem Amte zu zählen. — Bei dem Titel: „Einnahme vom Absatz der Zeitungen" bemerkt Abgeordneter Paasche, die Reform des Postzettungstariss sei noch sür dieses Jahr in Aussicht gestellt. Bei dem neuen Tarif handle es sich darum, die Leistungen und Gegenleistungen in ein angemessenes Verhältniß zu bringen. Selbstversländbch dürse die Presse als der wichtigste und beste Träger der Kultur nicht zu einer Einnahmequelle für die Post- verwaltung gemacht werden; aber eine gewisfe Sorte Blätter, namentlich die großen Annoncenblätter, mache der Postverwaltung große Arbeit, die nicht entfprechend bezahlt werde. Eine Be sprechung der Angelegenheit empfehle sich erst, wenn die Novelle vorliege. Nach Erledigung der Einnahmen wünscht bei Titel theilte, ist die Neigung zum Spiel in Osfizierkreisen in der letzten Zeit erheblich abgeschwächt. In den Offizierskasinos wird fast gar nicht gespielt und wer sich gegen die bestehenden sehr strengen Vorschriften vergeht, wird von Sr. Majestät dem Kaiser scharf bestraft, ohne daß aus die Familie Rücksicht genommen wird. Zu. beklagen ist aber, daß den Offizieren ost geradezu schamlose An erbietungen, um sie zum Spiele zu verleiten, gemacht werden. Diese Verführungskünste werden so arg getrieben, daß selbst aus dem Auslande mit Geld versehene Frauenzimmer in unsere Garnisonen geschickt werden, um die Ossiziere zum Spiele zu ver locken. Leider läßt das Strafgesetzbuch die Militärbehörde in dem Kampfe gegen diese Künste im Stich. Es wird aber, wie Herr von Goßler noch mittheilte, an maßgebender Stelle in Er wägung gezogen, wie man den Geldancrbietungen an Offiziere ent gegenwirken könne und ob es pch nicht empfehle, die Anzeigepflicht sür jeden einzelnen derartigen Fall einzuführen. Der konser vative Abgeordnete Graf Roon forderte eine besonders strenge Aussicht sür Hannover, wo schon zahlreiche brave Offiziere der. Verleitung zum Glücksspiele zum Opfer gefallen sind; der Herr Kriegsminister erklärte, daß im Hannoverschen Reitinstitut der Dienst neuerdings so vermehrt worden sei, daß die Offiziere so leicht nicht mehr Zeit und Lust zum Spiel haben würden. Aus eine Anregung des Abgeordneten Groeber soll fortan auf den Kriegssckulen eine eingehende Belehrung über die Gefahrenes Glücksspieles und die Natur der Geldanerbietungen ertheilt werden. Wir lesen in der „D. Tagesz.": Unter dem Titel „DerHos- sriseur des Kaisers" veröffentlicht die „Deutsche Warte", auch eins von den berühmten „parteilosen" Blättern, an besonderer Stelle einen Aussatz über einen gewissen Herrn Haby, der typisch ist sür den Tiefstand der modernen „unparteiischen" Zeitungs fabrikation. Der Verfasser des Aufsatzes, der Herrn Haby wohl sehr nahe steht, berichtet darin allerlei Einzelheiten über die tägliche Toilette des Kaisers, deren Mittheilung an die Oeffeutlich- keit der Monarch ganz sicher nicht gewünscht hat. Es wird uns erzählt, daß Herr Haby den Monarchen auf allen seinen großen Reisen ins Ausland sowie an die deutschen Fürstenhöfe begleitet, auch sämmtliche Nordlandsfahrten und Kaisermanöver im persön lichen Gefolge mitgemacht habe. Nur auf kurzen Jagdausflügen", heißt es dann weiter, „pflegt derKaiser seinen Bart selbst. Ergebraucht hierzu das von Haby erfundene Bartwaffer „Es ist erreicht" und trägt während der Nachtruhe die Schnurbartbinde." Ja diesem anmuthigen Tone geht es fort: gröbliche Indiskretionen mit Rellame-Paukenschlägen in buntem Durcheinander. Die Thätig- keit als Hoffriseur des deutschen Kaisers hat Herrn Haby, einer sympathischen Erscheinung (!!), mehrfache Auszeichnungen gebracht. Er erhielt das Ritterkreuz des hessischen Philipps ordens, die russische goldene Verdienstmedaille, am Stanislaus- bande, die bayerische silberne Verdienstmedaille, den türkischen Medschidje-Orden 4. Klaffe (!!) und das Jerusalemskreuz, welches ihm der Kaiser an seinem Geburtstage nach dem Rasiren persönlich überreichte." Daß unser Kaiser seinen Bart in Ordnung hält, ist selbstverständlich; er gleicht darin jedem männlichen Mitgliede der guten Gesellschaft. Unendlick peinlich aber muß es ihm sein, diese doch völlig gleich gültige Thätigkeit in der Presse mit komischer Wichtigthuerei be handelt und sich gleichsam zum Hintergrund einer aufdringlichen Reklame für Bartwasser gemacht zu sehen. Es liegt darin für jeden monarchisch Empfindenden eine Verletzung und Erniedrigug der kaiserlichen Würde. Herr Haby, der ja nach dem Wortlaut des Artikels eine „sympathische Erscheinung" sein soll und der in der That auf dem beigegebenen Bilde einen sehr schönen Schnurr bart hat, wird, wenn er sich die „Sympathie" erhalten will, gut tbun, unverzüglich nachzuweisen, daß er an der Veröffentlichung keine Schuld trägt. Der größte Theil der Schuld fällt allerdings aus eine würdelose Presse, die in vollständiger Verkennung ihrer Aufgaben nur von leichtem Klatsch lebt, ihre Leser durch Päppelung mit Schnurrbart-, Barbier- und Kammerdiener-Histörchen zu großen Kindern macht und mit ihren Albernheiten mehr Schaden anrichtet, als die flinken Zeilenschreiber auch nurahnen. „Sechste Großmacht" hört sich die Presse gern nennen. Du lieber Himmel! Eine Großmacht, deren Zukunft auf dem Bartwaffer liegt! Dem neuen Zwischenfall in Apia wird, nach der „Magd. Ztg.", in Berlin keinerlei Bedeutung beigelegt. Zweifellos war der deutsche Generalkonsul im Rechte, wenn er dagegen einsckritt, daß der Deutsche Graßmühl (der Name steht nicht ganz fest), der in trunkenem Zustande die Fenster des Obergerichts eingeschlagen hat, vom Oberrichter abgeurtheilt wurde. Denn diesem steht wohl die Gerichtsbarkeit über Samoaner, nicht aber über Deutsche zu, die vielmehr der Konsulargerichtsbarkeit unterstehen. Es ist daher nicht abzusehen, wofür vr. Rose um Entschuldigung zu bitten hätte, der selbst, soweit in Berlin bekannt ist, den Graß mühl wegen des von ihm verübten Unfugs iu Strafe ge nommen hat. Die Justizkommission des Reichstags setzte gestern die Berathung des vom Abg.Rintelen beantragten Gesetzentwurfs auf Einführung der Berufung fort. Ueber die streitige Frage der Besetzung der Strafkammern wurde kein Einverständniß erzielt. Sowohl der Staatssekretär des Reichsjustizamts, als auch der anwesende Minister des preußischen Justizministeriums, hielten daran fest, daß die Strafkammer für erftinstanzliche Urtheile mit drei, und nur als Berufungsinstanz mit fünf Richtern zu besetzen sei, während die Mehrheit der Kommission sür beide Fälle das Fünf-Richter-Kollegium verlangte. Oesterreich. Vordem Prager Landesgericht begann gestern die Verhandlung gegen den deutschen Techniker Carl Biberle, der in der Nacht vom 15. zum 16. Januar den czechischen Studenten Franz Linhart, der ihn mit zwei anderen Czechen überfallen und gemißhandelt hatte, erschoß. In der Anklage des Staatsanwaltes heißt es ausdrücklich, Biberle habe, um den rechtswidrigen Angriff auf sein Leben von sich abzu wehren, in gerechter Nothwehr gehandelt, jedoch aus Bestürzung, Furcht und Schrecken die Grenzen nothwendiger Vertheiingung überschritten. Die Anklage lautet aus Vergehen gegen die Sicherheit des Lebens. Die Anklage konstatirt, daß dem Biberle vonO Anfang an von Linharts Gesellschaft ' das czechische Schimpfwort „Burschak" zugerufen sei. Der czechifche Zeuge Schmidt sagte aus, daß Linhart ohne jede Veranlassung Biberle verfolgte und demselben von rückwärts mit einem ioge- nannten Ochsenziemer Hiebe über den Kopf versetzte, sodaß Biberle unter weiteren Hieben bewußtlos zusammengeslürzt sei. Als , Biberle sich erheben wollte, haben Linhart und ein zweiter unbe- > kannter Czeche weiter auf ihn losgehauen, worauf er drei Re- ' volvcrschüsse abgab. So sagte der czechische Augenzeuge Schmidt aus. Biberle wurde wegen Vergehens gegen die Sicherheit des . Lebens zu 3 Monaten strengen Arrestes verurtheilt. — Er hätte also, um von dem czechischen Gericht nicht bestraft zu werden, sich , ruhig todtschlagen lassen müssen. , Italien. Das Schwurgericht in Rom fällte am 31. Januar - den Urtheilsspruch gegen Gallon» und Berns wegen verschiedener Gelegenheit darbietcn, dem Kaiser bei Flottenbesichtigungen und dergl. m. das Reiseziel näher zu legen. Ebenso bequem ist es durch das Frische Hass zu Schiff nack Pillau und von dort noch weiter nordöstlich nach Memel zu gelangen, an welchen beiden Orten bekanntlich unsere Marine vorzugsweise ihre Herbstmanöver abzu halten pflegt. Ueber das Hazard-Spiel in Osfizierkreisen schreibt die „Kons. Korrespondenz": Wie der Kriegsminister, „Staatssekretär" der Ausgaben Abgeordneter Lingens unter Anerkennung des bisher Geleisteten weitere Ausdehnung der Sonntagsruhe der Postbeamten. Abg. Singer (soz.) befür wortet eine regelmäßige Kontrolle der Postämter bezüglich der Handhabung der Sonntagsruhe. Redner bespricht dann aus führlich die Schritte der Postverwaltung gegen Vereine und Zeitungen der Postuntcrbcamtc». Unter dem^eckmantel, es seien sozialdemokratische Bestrebungen, würden alle Bestrebungen zur Aufbesserung der Berufs- und Wirthschaftslage der Post- <-»- unterbeamte« unterdrückt. Die Postverwaltung züchte mtt ihrem I Herr von Goßler, in der Budgetkommission des Reichstages mit- Versahren gegen die Unterbeamten Heuchler. Die Herren von der Rechten seien ja an kavallerifttsche Behandlung gewöhnt (Lachen rechts), aber der kascrnenmäßige Ton paffe nicht in dieBeamten- schaft. (Lacken und Unruhe rechts.) Vizepräsident Schmidt ersuckt den Redner, der sehr laut spricht, sich im Ton zu mäßigen. (Große Unruhe links.) Nach weiteren Angriffen des^lbg. Singer gegen die Postverwaltung bemerkt Vizepräsident Schmidt, er könne nicht dulden, daß Redner in diesem Tone sich gegen die Postverwaltung äußere. (Beisall rechts.) Abg. Singer führt weiter aus, ein Beamter sei entlasten worden, weil er sagte: „Macht, was ihr wollt, wählt blos", was dahin ausgelegt worden sei, als habe der Beamte gesagt: Wählt Blos, den sozialdemo- kratiscken Kandidaten. Als Singer im Anschluß an den genannten Fall sagt, die Richter in Braunschweig trieben Verhetzung, wird er vom Vizepräsidenten Schmidt zur Ordnung gerusen. Auf eine Bemerkung Singers hierüber verbittet sich der Vizepräiident Schmidt eine Kritisirung seiner Amtsführung. Es sei nicht Sitte hier im House, so von Beamten zu reden und Verleumdungen auszuivrechen. Singer schließt, wenn der Staatssekretär pflicht treue Beamte haben wolle, müsse er sie wie pflichttreue Menschen behandeln und nicht wie Sklaven. Staatssekretär von Podbielski: Ich will keine Kritik an den letzten Ausführungen des Vorredners üben, ich will sie nur ausdrücklich zurückweisem Tie Praxis der Disziplinarkammer ist stets dahin gegangen, daß ein Beamter sozialdemokratische Ge sinnung nicht haben darf. (Beifall rechts.) Ter Erlaß in Pots dam ist ganz in der Ordnung, es handelt sich dabei nur um Auf rechterhaltung der Dienstordnung in dem Hause. In Bezug auf die Muitäranwärter handelt es sich nicht bloß um eine Frage der Billigkeit, sondern um eine Finanzfrage, bei der auch die Finanz- Verwaltung, der Schatzsekretär, mitzureden hat. Was den „Post boten" anlangt, so liegt mir blöde Furcht fern. Ein Beamter darf nicht sozialdemokratische Gesinnung haben, ich halte es für meine Pflicht, einen solchen Beamten aus dem kaiserlichen Dienst zu entlasten, bezw. wenn er fest angestellt ist, vor die Disziplinar kammer zu stellen. (Beisall rechts.) Für solche Entlastungen übernehme ich dir volle Verantwortlichkeit — zum Unterschiede von früher — selber und überlaste sie nicht den Oberpostdirek toren. Ich kann nicht risliren, daß einmal der Dienst auf ein paar Tage eingestellt wird. Ich kann nicht die Briese alle allein austragen! (Heiterkeit.) In Bezug aus den bekannten Fall in Hameln sagt der Staatssekretär, man habe die Thatsachen ge fälscht, es haben so umfangreiche Beamtenentlaffungen nicht statt gesunden, wie solche vom „Vorwärts" behauptet seien. Verzeihen Sie, meine Herren, wenn ich manchmal nicht ganz logisck bin. (Stürmische Heiterleit.) Das neue Postblatt habe ich nie empfohlen. Dem „Postboten" verdenke ich nicht, wenn er quiekt und schreit, um neue Abonnenten zu gewinnen. (Erneute Heiterkeit.) Ich erklärte im Vorjahr, ich will keine Märtyrer schaffen. Aber ich bin auch niemals gegen Jemand eingeschrilten, bloß weil erVer- bandsmitglieü ist, immer nur wegen anderer Sachen! (Beifall rechts.) Abg. Schmidt-Warburg erkennt die Ansprüche der Militär- auwärter in Bezug auf die Gehaltsnachzahlungen als begründet an. Staatssekretär von Thielmann tritt dieser Auffassung ent- effr der denselben gehörenden industriellen Betriebe ausgenutzt wird. Tas Gesetz von 1869 gewädrt Portosreiheit nur in An gelegenheiten der Vermögensverwaltung; ich möchte aber doch be zweifeln, daß hierunter auch die Geschästskorreivondenz von ge werblichen Bettieben fällt. Dieses Vorgehen schädigt die übrigen Gewerbetreibenden umso schwerer, als sich die Herren nickt mit gewöhnlichen Briefen begnügen, sondern meist Telegramme, ja logar Eiltelegramme senden. Auch von amtlichen Behörden wird die Portofreiheit gemißdraucht. Z. B. hat ein Landrath Ein ladungen zur Gründung eines Kriegervereins mit dem Vermerk „Frei laut Lversum pp." versandt, worin ich eine Schädigung der Postkaffe erblicken muß. Ich wünsche gleiches Recht für Alle. (Beisall links.) Staatssekretär von Podbielski: Ich stehe absolut auf dem Prinzip, daß das Inland nicht schlechter gestellt sein soll mit seinen postalischen Bestimmungen, als wie sie durch den Welt postverkehr sestgclegt sind. Eine Reihe von Inkongruenzen ist bereits beseitigt und es wird weiter mein Bestreben sein, die Un gleichheiten zu beseitigen. Tie sogenannten Geschäftspapiere unter liegen allerdings im Weltpostverein einem billigeren Tarif, als im Inland. Ader ich mache daraus aufmerksam, daß im Aus land mit den Gewichlsstnfen Steigerungen eintreten, während bei uns ein einheitlicher Satz besteht. In Bezug auf die Telephon- gebührrn habe ich schon iu der Budgetkommission erklärt, daß ein neuer Gebührentaris dem Reichstag in dieser Session eingereicht werden soll. Die Vorlage ist bereits dem Bundesrath zugegangen. Sie werden also darauf rechnen können, daß dieses Gesetz voraus sichtlich noch in dieser Tagung Ihnen vorgelegt werden wird. Bon der Sache in Kattowitz weiß ich nichts. Ich glaube auch nicht, daß die Sache so liegt, wie sie in den Zeitungen dargestellt wird. Es wird sich wahrscheinlich darum handeln, daß die Stadt Bedingungen stellt, und in Folge dessen keine Anlagen gemacht werden. Man thut immer so, als ob der Reichspostverwaltung ein Gefallen geschehe mtt der Anlage von Telephon- oder Telegraphenverbindungen. Der Gefallen geschieht doch der All- , gemeinheit. Die Bevölkerung ist es, die das Telephon wünscht, und in ihrem Inte reffe werden die öffentlichen Wege u. s. w. be nutzt. Ich kann doch die Drähte nicht in die Luft hängen. Der künftige Gesetzentwurf steht auf dem Boden der Durchschnitts- benutzung, sieht aber dabei die Möglichkeit vor, sür einzelne Personen, die glauben, nicht so lange im Orte zu sein, oder das Telephon nicht so viel benutzen, durch einen Gesprächszähler sich aus dem Satz herauszuziehen und sür jedes Gespräch einen be stimmten Satz zu zahlen. Die Vermehrung der öffentlichen Fern sprechstellen wird von uns auf ;ede Weise erstrebt. Wir erkennen dies als eine Nothwendigkeit an. Auch in Bezug aus den Nacht dienst werden wir vom Frühjahr an Versuche machen, und ich hoffe, daß den Wünschen des Publikums wird Rechnung getragen werden können. Nun die Postanweisungen! Der Abg. Müller hält mir vor, lch hätte in Budgetlommission erklärt, sür Packete könnte ich keinen Nachweis führen, welche Wirkungen ein ver änderter Taris habe; aber für Postanweisungen liesere ich ihn. Ja, bei Postanweisungen ist dasVersahren ein ganz anderes; sie werden in den Abrechnungsstellen aufgearbeitet. Dadurch haben wir hier eine ganz bestimmte Grundlage. Wir können auch fest- siellen, wie viel Postanweisungen in einer gewissen Zeit ange nommen werden können, wie viele ein Beamter einzahlen lassen und auszahlen kann. Tas zu messen, ist die Postverwaltung in der Lage; ebenso können wir berechnen, was die Abrechnungsstellen kosten. Aus alledem können wir schon ungefähr berechnen, was uns die Postanweisungen kosten. Ter Schwerpunkt liegt darin, daß die billigeren Postanweisungen einen Zuschuß von Seiten der Postverwaltung verlangen. Deshalb kann die Postverwaltung mit dem niedrigeren Portosatz nur bis zu einem Betrage von 5 Mk. gehen. Nach Einführung des Postcheckversahrens wird übrigens die Sache noch unwesentlicher werden. Was die Porto- freiheit betrifft, so hat die Postverwaltung, sobald sie glauble, daß die Portofreiheit irgendwo vielleicht für gewerbliche Unter nehmungen benutzt würde, nicht unterlassen, dagegen einzuschreiten. Auch den speziellen Fall, den der Vorredner angeführt, habe ich nicht unterlassen, zur Erörterung zu bringen. D'e Behauptung, Daß Molkereien, Zuckerfabriken und dergl. die Portosreiheit be nutzen, trifft, soweit meine Kenntniß reicht, nicht zu. Es sind wohl kleine Mißbräuche der Art vorgekommen, aber, sobald sie zu meiner Kenntniß kamen, abgeschasft worden. Ich kann nur die Versicherung geben, daß dies auch in Zukunft geschehen wird. Auch den Fall eines angeblichen Mißbrauchs des 'Aversums, der durch einen Landrath in Preußen bei Versendung eines Auf rufs zur Gründung eines Kriegervereins vorgekommen sei, habe ich untersucht. Ich habe die preußische Regierung gefragt: Ge hört das zum Aversum? Darauf habe ich die Antwort: Ja, er halten. Da kann ich nichts weiter thun. Ich kann das nächste
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