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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189901125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990112
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990112
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-12
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.01.1899
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L 18, Y. Nreiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Sette S. — 12. Januar Re- zu Wien tagenden niederster- Bulgari der die Reglern um den Stambu gierungen. (Beifall rechts.) Geh. Rath Schroeter legt dar, die Fleischversorgung Armee habe im letzten Jahre leine Schwierigkeiten gemacht, Preissteigerung könne also keine so kolossale gewesen sein. Weiterberathung: Mittwoch. über muß ich entschieden betonen: weder früher noch in den letzten Jahren haben wir irgend eine Maßregel getroffen, die nicht ver- nnbar gewesen wäre mit den Handelsverträgen. Die Absicht, mit Sperrmaßregeln die Preise inländischer Produkte zu steigern, hat uns stets gänzlich ferngelegen. Und wo dadurch Preise ge steigert worden sind, da war dies nicht Zweck der Maßregel, svu»ern nur Folge. Ich lege Werth daraus, diese Erklärungen (die der Minister verlas) genau zu fixiren, denn es wäre sehr bedenklich, wenn hier im Reichstage unwidersprochen behanptet würde, daß die Regierung gegen ihre Vertragspflichten seuchen- polizeiliche Bestimmungen lediglich zum Vorwand nehme. Deutsch land ist überdies bei seinen sämmtlichen Maßnahmen viel weniger rigoros als das Ausland. Wir sind in unseren Maßnahmen viel willfähriger. (Rufe rechts: Leider!) Redner bezieht sich dabei aus weit strengere Maßnahmen namentlich in den Vereinigen Staaten. Eine strenge Handhabung der Seuchenpolizei ist unbedingt nöthig, denn dem haben wir auch die Hebung unserer Viehzucht in den letzten zwanzig Jahren zu verdanken. Unser Ziel muß sein, Deutschland in seiner Getreide- und Fleischversorgung unabhängig vom Auslande zu machen. Die einschlägigen Verhandlungen des deutschen Landwirthschaftsraths sind von der gegnerischen Presse leider ganz todtgeschwiegen worden. Jenes Ziel erscheint jeden falls erreichbar, wenn wir in unserer Gctreideproduktion und Viehzucht weiter so sortschreiten wie bisher. Diese ganze Frage ist von nationaler Bedeutung. Ueber unsere Maßnahmen hat die ausländische Presse vielfach entstellte Berichte gebracht. Auch ein Theil unserer Presse verfolgt nicht nationale Ziele. Und die Rede, die ich heute gehört habe, gehörte eigentlich richtiger in ein amerikanisches Parlament, als hierher. Wir stehen unter den Kulturvölkern isolirt da, wir haben hier den nationalen Stand punkt zu vertreten, nicht die Interessen des Auslandes. Akan nennt es unlogisch, daß wir in Oberschlesien 7000 Schweine zu lassen. Ja, zwischen zwei Uebeln müssen wir da eben das kleinere wählen. Der Minister betont schließlich nochmals das Recht Politische Umschau. Freiberg, den 11. Januar. Deutschland. Nach einer Berliner Figaro-Depesche bedeute der Besuch des Kaisers Wilhelm bei dem französischen Botschafter Noailles daS Vorzeichen einer beginnenden Verständigung über wirthschastlichc und koloniale Fragen, namentlich über die Erhebung von Einfuhrzöllen in den von den europäischen Mächten besetzten Gebieten in China. Die .Deutsche Tagesztg." schreibt: Der Fall Kotze dürfte nunmehr aus der Welt geschafft sein. Wie wir erfahren, hat Se. Majestät der Kaiser Herrn v. Kotze empfangen. Die volle Schuldlosigkeit des Herrn v. Kotze stand für uns schon längst fest. Wir freuen uns herzlich, nicht nur im Interesse des Mannes, der unter falscher Anschuldigung das Schwerste gelitten hat, sondern auch im Interesse unseres Hofs, daß nunmehr die Angelegenheit aus diese Weise ein Ende gefunden und dem In parlamentarischen Feinheiten steht Oester reich, seitdem die Antisemiten in Wien das Wort führen, groß da. In der letzten Sitzung des zu Wien tagenden niederöfier- reichischen Landtages hatte der Professor der politischen Oekouomie an der Universität Wien vr. Eugen v. Philippovich folgendes Deutschlands zu seuchenpolitischen Maßnahmen. Der Dank Wangenheims gebühre nicht ihm, sondern allen verbündeten Abenteuer: In der Spezialdebatte über irgend einen Gegenstand bezweifelt Abg. vr. v. Philippovich die Richtigkeit einer Ab stimmung. Landmarschall-Stellvertreter Strobach (Antisemit), der den Vorsitz führt: „Wenn die Herren nicht zählen können, so ist das Ihre Sache!" — Abg. vr. v. Philippovich: „Ich habe das Recht, die Auszählung zu verlangen, wenn mir eine Ab- stimmung nicht zweifellos erscheint. Sie aber haben nicht da? Recht, mich zu kritisiren!" (Lärm bei den Antisemiten.) —Laud marschall-Stellvertreter Strobach: „Sie haben gar kein Recht. Ucbrigens haben Sie nicht das Wort und ich rufe Sie zur Ord- nuug!" (Beisall bei den Antisemiten. Lärmende Zwischenrufe und Beschimpsungeu gegen den Abgeordneten Philippovich. Ruse: So ein aufgeblasener Mensch! Sie Ochs! Setze« Sie sich nieder!) Frankreich. In der gestrigen Sitzung des Ministerrathes wurde der Rath am Kassationshofe Ballot Bcauprä zum SenatS- präsidenten ernannt an Stelle Quesnay de Beaurepaire'S, dessen Demission angenommen worden ist. Der Justizminister Lebret bestätigte offiziell, daß Mazeau den Vorsitz in der Kriminal kammer des Kassationshoscs übernehmen werde, sobald diel» die al» Eugen Richters Adjutant und designirter Nachfolger ange sprochen wird, gewohnt ist. Er warf den Agrariern ihren ein seitigen Jnteresseustandpunkt vor, suchte das thatsächliche Bestehen der Fleischtheuerung nachzuweisen und schilderte die Nachtheile und Schäden derselben für die breite Masse der Konsumenten. Er schloß mit der Forderung, die Grenzsperre, die nicht aus sanitären, sondern in Wahrheit aus agrarischen Gründen so streng aufrecht erhalten werde, aufzuheben oder doch wenigstens zu mildern. Gegen diese Forderung sprach aus dem Hause noch Abg. Gerstenberger (bayr. Z.), der durch einige witzige, anti semitisch angehauchte Bemerkungen heute allein für die Heiter keit deS HauseS sorgte, die dafür aber auch in nicht oft gehörter Stärke losbrach. Der obligate Fraktionsbeifall, der dem Redner lohnte, wurde weit übertönt von dem fast jubelnden Beifall der agrarischen Rechten. Morgen wird die Berathung fortgesetzt. Vor Eintritt in die Tagesordnung hatte der Präsident die traurige Pflicht zu erfüllen, dem Hause offiziell von dem Tode deS Alterspräsidenten, des 89 jährigen Abg. Dieben, dessen kürzlich in diesen Berichten gedacht wurde, Mittheilung zu machen. Der älteste Abgeordnete ist jetzt vr. Lingens (C ), der zweit- Utrste vr. Langerhans (fr. Vp.). Sie sind aber als nur Achtzig- lährige doch bloß krasse Füchse gegen den Heimgegangenen Winzer von den Ufern der Mosel, der sich allgemeinster Beliebtheit er freute. Abg. Fischbeck (Freis. Bolksp.) hebt hervor, wie der Bund diese Angelegenheit zu einer Parteifrage gemacht habe. Keinesfalls dürften die Handelsverträge unter dem Vorgeben sanitärer bezw. veterinärer Maßregeln umgangen werden. Daß diese Maßregeln milder gehandhabt werden könnten, sehe man doch in Ober schlesien. Fragen müsse man da nur, weshalb man nach Schlesien nicht ebensogut den ganzen Bedarf von 20000 Schweinen herein lassen könne, wenn man doch 7000 hereinlasse! Daran zeige sich doch, daß das Ganze lediglich eine agrarische Maßnahme sei. Daß auf diese Weise ein Nothstand in Oberschlesien herrsche, werde man doch zugeben müssen. Aber nicht nur in Oberschlesien sei ein Rückgang des Kopfverbrauchs an Fleisch Thatsache, ebenso vielmehr in allen anderen Theilen Deutschlands. Redner bezieht sich auf die einschlägigen Statistiken in Hamburg, Karlsruhe, sächsischen Plätzen. Die Einfuhr von geschlachtetem Vieh habe den Mangel an lebendem nur theilweise ersetzt, auch sei es über haupt keine gesund« Entwicklung, wenn die Bevölkerung auf Ein fuhr von Fleisch und Fleischwaaren verwiesen werde, statt auf lebendes Vieh. Wenn Herr von Wangenheim über Händler kartelle klage, ja weshalb bringen denn die Landwirthe ihr Vieh nicht selber zum Markte. (Gelächter rechts.) Daß anhaltend hohe Schweinepreise bestehen, habe ja überdies die agrarische Genossen schaft in Rosenberg i. Westpr. selber in ihrem Cirkular einge- strnden, das sie im September v. I. an ihre Kunden verschickt habe. Er selbst könne, anders als der Herr Staatssekretär, nur mit der Hoffnung schließen, daß man angesichts der thatsächlichen Nothstände mehr Entgegenkommen zeige, als bisher, und in größerem Umfange als bisher Vieh nach Deutschland hereinlasse. Abg. Gerstenberger (Centrum): Bei uns in Bayern haben wir auch eine Enquete veranstaltet. Bei der letzten amt lichen Enquete haben die Bauern nicht immer alles genau gesagt, wie es sich verhielt, denn es war gerade eine Steuerreform im Gange. (Große Heiterkeit.) Aber bei der jetzigen Enquete von Bauernvereinen haben die Bauern nicht nöthig gehabt, etwas zu verschweigen. Und da hat sich herausgestellt, daß nicht das Angebot hinter der Nachfrage, sondern vielmehr die Nachfrage hinter dem Angebot zurüÄleibt. (Beifall rechts.) Die Preise sind deshalb auch nichts weniger als hoch, selbst die Schweine preise, die allerdings vorübergehend hoch waren, sind wieder zu rückgegangen, vielleicht weil die jüdischen Händler sich weniger mit Schweinen abgeben. (Heiterkeit.) Redner verbreitet sich dann noch über Metzger- und Hadler-Kartelle. Die Viehhändler seien unter einander verbunden, namentlich die 12 Stämme Israels hätten gleichsam Bayern unter sich vertheilt und hielten jedem anderen Händler die Stallthür zu. (Heiterkeit.) 1895, als die Bauern wegen der großen Futternoth alles Vieh hätten ab schlachten müssen, habe die Linke auch kein Mitleid mit den Bauern gehabt und die sehr niedrigen Preise gern acceptirt. Dann solle man sich jetzt auch einmal die etwas höheren Preise gefallen lasten. (Beisall.) Landwirthschastsminister von Hammerstein greift zurück aus die Aeußerungen Richters bei der Generaldebatte über den Etat. Richter scheine Schwierigkeiten gegenüber Amerika befürchtet zu haben. Demgegenüber erkläre ich, die verbündeten Regierungen haben die Absicht und den Wunsch, mit dem Auslande auf wirth- ichaftlichem Gebiete aus dem besten Friedenssuß zu leben, selbst verständlich unter voller Wahrung unserer eigenen berechtigten Interessen. Herr Richter hat neulich, mit etwas anderen Worten, gesagt, unsere Regierungen haben in Handhabung der Seuchen politik die Absicht einer Erschwerung der Einfuhr, entgegen den ihr durch die Handelsverträge auferlegten Pflichten. Demgegen- gegenwk werd«, der Ber Revisiot Minister welchem dem mi kammer darin, e abgelegt, und Hal kundaeg, daß sein würde, daß er l Berurthc dort de, zu ihm i Schriftst Dreyfus kein Sch er kein < noch ein nehmunx wesen se zwei ode Der Deputirt fordert, S paltun Vertrau« vorgenor 323 Stil Der Vision de In den Ansicht, von dem haltig zu Que angekünt nicht- c JuleS di paire du schaffen«! untersuck folgende schreibe! Zeugen, bat mich Menard Tag zu Am 24. meine T ich auf vertraue! mich an, zeihung!' giltige F widerte , und Vers Später neue Th ersten V Erquä a bewachte fachen vi den 24. ! fand, u wäre gl< Erqus n hohen S hätte ein »solche Ho Viertens seiner L Fünften! einen w hätte sei> General« Picauarl möchte i anderen drückt, i daß Bar DreyfuS sitzender theilen, hinzugef auS, ihi schließen HauPtMl sich, da aestrichei Sie kost nicht enl „Su als Hau andere ( der Aka' ländisch- erledigte General AuSnahi Die entgegen Bu! gemeldet M örde jähriger wie vic einem I schwer Beschuldigten eine ihn ehrende Genugthuung zu Theil geworden ist. Reichskanzler Fürst Hohenlohe befindet sich augen blicklich so wohl, daß der Jahre stattliche Zahl keinerlei Einfluß auf seine Arbeitskraft gewinnen kann. Dies Wohlbefinden hängt lebhaft von seelischen Stimmungen ab und wenn man aus der Frische des Fürsten Rückschlüsse machen darf, kommt man zu dem erfreulichen Ergebniß, daß Alles nach Wunsch geht, daß sein bekanntes Wort: „Da mache ich nicht mit!" seit längerer Zeit nicht gefallen ist. Uebrigens ist die körperliche Regsamkeit des hoch betagten Fürsten bismarckisch, denn er steht schon um 6 Uhr des Morgens auf, badet, genießt eine Kleinigkeit und arbeitet von 7 Uhr ab ohne Pause. Um 9 Uhr kommen die Vortragenden Räthe und können über daS, was bereits erledigt ist, meist ihr Staunen nicht unterdrücken. Gegen 10 Uhr Abends geht der Reichskanzler bereits zu Bett. Die Meldung des Londoner Reuterschen BureauS, wonach der deutsche Konsul von Samoa der Regierung der Tonga- Inseln, mit der Annektion einer derselben gedroht habe, falls nicht die Privatschulden der Eingeborenen an die deutsche Handels-^ gesellschaft bezahlt würden, stößt hier wie auch in London auf erhebliche Zweifel. Ein amtliches Dementi steht noch aus. Im „Berl. Tagebl." erzählt ein eigens nach Nordschleswig gesandter Berichterstatter u. a. folgendes: Andere Herren (Hand lungsreisende) allerdings erklärten, daß sie von einer Schädigung nichts empfunden, höchstens daß sie eine anfängliche kleine Ver stimmung ihrer Kundschaft zu überwinden gehabt hätten. „Was heißt Politik," meinte der anscheinend erfahrenste der Herren, „wo einer am billigsten ecnkaufen kann, dort thut er's. Die Politik gilt nur als faule Ausrede — wenn einer nicht kaufen will." Ein heiteres Beispiel noch aus Kopenhagen., Dort annoncirt ein Schuhwaarengeschäft, die Situation benutzend, daß es aus Patriotismus alle deutschen, noch auf Lager befind lichen Schuhe, bloß um mit diesem unwürdigen Artikel so bald wie möglich aufzuräumen, ausverkaufe — selbstverständlich zu, herabgesetzten Preisen. Die Kopenhagener sollen sich um diese deutsche Waare förmlich schlagen — jedenfalls nur wiederum auS vaterländischem Gefühl, nämlich um sie dann mit Füßen treten zu können. Die Kopenhagener Firma kann seitdem von ihrem deutschen Fabrikanten gar nicht genug bekommen, die gegenseitigen Geschäftsbeziehungen haben einen Aufschwung ge nommen wie nie zuvor. Für Herrn von Köller sollen bereits ein paar Ehrenstiefel angefertigt werden mit der Inschrift: „Dem Förderer von Handel und Gewerbfleiß die dankbaren Änder Preußen und Dänemark." ' Im „Archiv für Post und Telegraphie" wird der bekannte Prozeß der Reichstelegraphen-Verwaltung mit der Stadt Breslau über die Benutzung städtischer Stra ßen und Plätze für Lelegraphenanlagen besprochen und bemerkt: „Die Reichs- teregraphen-Verwaltung ist nunmehr bei der Benutzung städtischer Straßen und Plätze zur Herstellung von Telegraphenanlagen lediglich auf den guten Willen der Städte angewiesen. Ein Recht zur Benutzung von privaten Grundstücken besitzt die Reichs telegraphen-Verwaltung ebenfalls nicht. Dieser Zustand ist auf die Dauer unhaltbar. Ohne die Inanspruchnahme fremden Grundes und Bodens ist der Ausbau des Telegraphennetzes, namentlich der in raschem Fortschreiten befindlichen Fernsprech anlagen, nicht möglich. Die Reichstelegraphen-Verwaltung hat deshalb, dem Vorgänge mehrerer fremden Länder folgend, Maß nahmen eingeleitet, um die erforderlichen Rechte an öffentlichem und an privatem Eigenthum im Wege der Gesetzgebung zu er langen." Aus Magdeburg wird von einer Verurtheilung von seltener Schwere wegen Majestätsbeleidigung berichtet: In nicht öffentlicher Sitzung wurde der Redakteur der dortigen sozialdemokratischen „VollSstimme", August Müller, der Majestatsbeleidigung und der Beleidigung eines Mitgliedes des landesherrlichen Hauses schuldig befunden und einschließlich noch abzubüßender 8 Wochen Gesängniß zu insgesammt 4 Jahren und einem Monat Gesängniß verurtheilt. Da die Ver handlung unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfand, läßt sich nicht ersehen, was zu dieser ungewöhniich harten Strafe Anlaß gegeben hat. Der „Vorwärts" schreibt darüber: Die Anklage richtet sich gegen eine kleine Erzählung des Blattes, in der eine Unterhaltung eines Prinzen in Bagdad mit seinem Hofmeister und sodann mit dem,Herrscher des Landes mitgetheilt wird. Das Gericht nahm an, daß die Erzählung deutsche Zustände behandelte und schwere Beleidigungen enthalte. Wegen Landesverraths schwebt jetzt vor dem Reichs gericht eine Untersuchung gegen den angeblichen Goldwaaren- händler Alfred Goldhumer, polnischer Nationalität und zuletzt wohnhaft in Paris. Oesterreich. Die Uebertritte zum Protestantis mus in Deutschböhmen mehren sich stetig, obwohl Seitens der deutschnationalen Parteien noch kein bestimmter Beschluß gefaßt worden ist. So fand am Neujahrstage in Karbitz bei Aussig der erste Gottesdienst der dortigen lutheranischen Gemeinde statt, welchen der Geistliche aus Aussig abhielt. Der Saal der Be zirksvertretung, in welchem der Gottesdienst stattfand, wie auch der Nebenraum und das Stiegenhaus konnten die Zahl der Er schienenen kaum fassen. Die Schönerer-Partei will in einer am 18. d. M. in Wien stattfindenden Vertrauensmänner-Bersamm- lung zur Frage des Uebertrittes zum Protestantismus Stellung nehmen. Im Einzelnen ist Folgendes zu berichten: Erster Gegenstand der Tagesordnung ist die Wahl der Prä sidenten und der Schriftführer für die Dauer der Session. Abg. v. Levetzow (kons.): Zur Abkürzung unseres Geschäfts- verfahrenS beantrage ich, die gegenwärtigen drei Herren Prä sidenten für die Dauer der Session durch Akklamation wieder- zuwählen. Ein Widerspruch gegen diesen Vorschlag erfolgt nicht. Präsident Gras Ballestrem und die Abgg. v. Frege-Weltzin (kons.) und Schmidt (Elberfeld, Frs. Bp.) nehmen die Wahl mit Dank au. Darauf erledigt daS HauS in erster und zweiter Lesung ohne Debatte den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kontrolle des ReichShauShaltS, deS Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und de» HauShaltS der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1898. Dann folgt die Interpellation des Abg. Frhrn. v. Wangenheim: „Ist der Reichskanzler bereit, Auskunft über die Ergebnisse der Enqueten zu ertheilen, die in verschiedenen Bundesstaaten über die angebliche Fleischnoth stattgesunden haben ?" Abg. von Wangenheim weist besonders den Vorwurf zurück, den man der deutschen Landwirthschast gemacht habe, daß sie sich nicht genug um Förderung der Viehzucht bemüht habe. Thatsächlich habe sich die Viehzucht stark gehoben, sogar noch weit über den Bevölkerungszuwachs hinaus. Bei den Schafen habe allerdings eine Abnahme stattgesunden, das falle aber um so weniger inS Gewicht, als die Abnahme sich in der Hauptsache auf die Wollschafe erstrecke, und nur zum kleineren Theil aus Fleischschafe. Weiter verbreitet sich Redner über die Nothwendig- keit von Sperren zum Schutz gegen Seuchen-Einschleppung, gerade auch im Interesse des Konsums. Nach einer im vorliegenden Zusammenstellung von Marktberichten aus 300 Orten im Vor jahre, sei von einem mangelhasten Viehauftrieb auch durchaus nicht die Rede. Ebenso wenig von kolossal hohen Preisen. An der Erhaltung unserer Viehproduktion sei keineswegs nur der große und mittlere Grundbesitzer interessirt, sondern ganz be sonders auch der ländliche Arbeiter. Daß die Landwirthschast so weite Schritte vorwärts habe thun können, das verdanke sie, er erkenne daS gern an, zu einem großen Theile dem preußischen Laudwirthschaftsminister. (Beisall! Heiterkeit! *) Staatssekretär Graf Posadowsky: In Presse und Petittonen und Kommunen sind Schwierigkeiten in der Fleisch versorgung behauptet wolden. Diescrhalb sind Umsragen vom Reichskanzler veranstaltet worden bei den einzelnen Bundes regierungen. Die Antworten sind zum Theil erst in den letzten Tagen eingegangen. Der allgemeine Eindruck der Antworten ist folgender: Die Rinder- und Rindfleischpreise sind stellenweise gestiegen, aber an anderen Stellen gleichgeblieben oder sogar ge fallen. Im Allgemeinen sind sie jedensalls nicht ungewöhnlich hoch, in Berlin sogar niedriger als 1894 und 1895. Anders liegen die Tinge allerdings bei Schweinen, die Preise sind da fast durchweg, theilweise sogar erheblich höher. Man darf da aber nicht vergessen, daß die Schweinepreise 1896 auch ungewöhnlich niedrig waren. (Sehr richtig! rechts.) Speck ist überdies nicht so im Preise gestiegen wie Fleisch. Was den Fleischbedars betrifft 'so ist dieser absolut und relativ gestiegen. Aus einer Anzahl von Städten ist ein Rückgang der Schmeineschlachtungen gemeldet worden, aber damit war kein Rückgang im Allgemeinen verknüpft, denn es fand gleichzeitig Mehrschlachtung von Rindern und Hammeln, sowie vermehrte Fleischzufuhr von Außen statt. Die Pferdeschlachtungen haben zugenommen, stellenweise sogar erheblich. Die Viehzucht hat fast überall zugenommeu. (Redner zitirt hier Aeußerungen des preuß. Landwirthschastsministers.) Namentlich sei neuerdings die Schweinehaltung stark gestiegen im Zusammen hänge mit einer guten Kartoffelernte. Aus Sachsen, Württem berg uud Oldenburg lauteten die Berichte ebenso. Die Wurst- sabrikation klage allerdigs über mangelnde Qualität, über nicht genügende Schlachtreife der zum Verkauf gestellten Schweine. Allgemein aber sei man einig, daß daS nur ein vorübergehender Zustand sei, auf Futterverhältnisse zurückzuführen. Und auch darin sei man einig, daß Vorbeugung von Seuchen unbedingte Voraussetzung sei für eine weitere Entwicklung unserer Viehhaltung. (Beifall.) Im Allgemeinen gehe jedenfalls aus den Antworten aus die Umfrage hervor, daß unsere Viehversorgung keineswegs angewiesen sei aus das Ausland. Wenn in einem Landestheile vielleicht Mangel ist, so kann der Ausgleich erfolgen aus anderen LandeStheilen. Ueber Händlerringe sind keine positiven That- sachen bekannt geworden. Doch wird vielfach, so in Württemberg, Anhalt, Koburg-Gotha Zurückhaltung gegenüber den Viehangeboten von Landmirthen festgestellt und auf Koalition von Viehhändlern und -Schlächtern zurückgcführt. Im Allgemeinen heißt es, daß von Fleischnoth keine Rede sei. (Beifall.) Hamburg und Lübeck befürworten allerdings Zulassung von lebenden Schweinen und Rindern. An eine weitere Oesfnung der Grenzen ist um so weniger zu denken, als in den Nachbarländern noch Seuchen herrschen, so sind in den Niederlanden im letzten Jahre noch über 3000 Fälle von Maul- und Klauenseuche gewesen. Ich kann nur hoffen, daß die Landwirthschast aus den heutigen Verhand lungen Anlaß entnehmen wird, in ihren Bestrebungen, die beimische Viehzucht zu heben, um den heimischen Markt zu ver sorgen, fortzufahren, um das gesteckte Ziel zu erreichen. (Beifall.) *) Zur Erklärung der „Heiterkeit" sei bemerkt, daß in den letzten Tagen ein von einem ungenanuten Agrarier (von Gweben?) verfaßter Brief die Runde durch die Zeitungen machte, in dem der Landwirth- fchaftsminister als „zu dumm" bezeichnet wurde.
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