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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189901102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990110
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-10
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1899
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189V. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite 5. — 10. Januar. Eigene Drahtberichte. (Nach Schluß der Redaktion eiugegang«u.l Berlin, 9. Januar. Wie das „B. T." erfährt, stattete der Kaiser gestern dem französischen Botschafter in Berlin, Marquis de Navilles, einen unerwarteten Besuch ab, del 40 Minuten währte. — Dem „B. T." zufolge hat die Polizei gestern auf dem Bahnhof und an anderen Zeitungsverkaufsstellen die Nr. 3 des Pariser „Figaro" vom 3. Januar beschlagnahmt wegen einer Illustration, die als Beleidigung deS deutschen Kaisers anzusehen war. Berlin, 9. Januar. Gestern früh wurde ver Kriminal schutzmann Müller von mehrerenStrolchen, die er wegen Lärmens zur Ruhe verwiesen, überfallen und thätlich angegriffen. Der Beamte erhielt einen Faustschlag gegen den Kopf, und zog darauf den Revolver, welchen er abfeuerte. Einer der Strolche, namens' Drogowsky, wurde in die rechte Brust getroffen und verstarb auf dem Transport nach der Unfallstation. Crefeld, 9. Januar. Gestern Nachmittag fand eine von nahezu 2000 Bürgern und Webern besuchte Versammlung statt. In derselben wurde eine Resolution angenommen, in welcher die Arbeiter das Gewerbegericht als Einigungsamt bezüglich der schwebenden Lohnstreitigkeiten in der Sammetbranche Vorschlägen- London, 9. Januar. Die „Times" begrüßt den be friedigenden Ausgang der Schanghai-Angelegenheit mit Freuden, doch fügt sie hinzu, daß, wenn auch der Plan Frankreichs ge scheitert sei, deshalb die übrigen Natiovalitäten mit ihren Plänen - noch keinen Erfolg hätten. Sie hoffe, daß Deutschland und Japan England in der Shanghai-Angelegenheit unterstütze» werd«. Neueste Nachrichten. Berlin, 8. Januar. Aus angeblich gut unterrichteter Münchener Quelle erfährt das „Kleine Journal", Bayern habe die vom Kaiser Wilhelm sympathisch begrüßte Errichtung eines Gerichtshofes für Fürsten als gesonderte Instanz für die Er ledigung von Thronstreitigkeiten angeregt. Die Könige von Sachsen und Württemberg, sowie die Großherzöge von Baden und Hessen sympathisirten mit diesem Anträge Bayerns, der den Gegenstand weiterer Berathnngen bilde. Aus diesem Grunde sei in der Lippe-Angelegenheit nur eine vorläufige Entscheidung er folgt, während die Suspension und eine definitive Erledigung der Thronfolgefrage vom Fürsten-Gerichtshof nur erfolgen werde, wenn die streitenden Theile dessen Entscheidung anrufen. Hamburg, 8. Januar. Eine gewaltige Feuersbrunst zer störte gestern Abend das Hauptgebäude der chemischen Fabrik Billwärder Vorm. Hell L Sthamer. Werthvolle Maschinen sind vernichtet. Der Schaden beträgt etwa 400000 Mk. München, 8. Januar. Der am Sustenpaß in der Schweiz verunglückte Or. Mönnichs ist der neugewählte erste Schriftführer der Sektion München des „Deutschen und österreichischen Alpen vereins" Assistent der Königlichen Meteorologischen Centralstation in München und hatte die Bergpartie mit zwei Freunden, dem vr. Ehlert aus Straßburg und Lieutenant Baron von Röberg von der Garnison Straßburg, unternommen. Letzterer hatte jedoch die weitere Bergpartie aufgegeben und war nach Straßburg zurückgekehrt. München, 8. Januar. Ein Großfeuer zerstörte heute in der Frühe das Etablissement „Orpheum" in der Nähe des Send linger Thores. Der große Theatersaal, in welchem bis kurz vor Ausbruch des Feuers ein Maskenfest stattgefundcn hatte, sowie die sonstigen Lokalitäten sind vollständig ausgebrannt; der Dachstuhl ist eingestürzt. Der Feuerwehr gelang es, die Nachbarhäuser zu retten. Menschenleben sind nicht zu beklagen. Hadersleben, 8. Januar. Heute Abend traf der Ober- präsident der Provinz Schleswig-Holstein Staatsminister v. Köller hier ein. Aus dem Bahnhose wurde derselbe von dem Landrath Mauve, dem Bürgermeister l)r. Köster und dem Stadtverordneten vorsteher Johannsen empfangen. Eine große Menschenmenge erwartete die Ankunft des Oberpräsidenten auf dem Bahnhofe und den dorthin führenden Straßen. Für morgen sind von der Bevölkerung große Festlichkeiten geplant. Prag, 8. Januar. Die deutschen Gastwirthe in Tetschen, Bodenbach/und mehreren anderen Orten des Elbthals mit über wiegend deutscher Bevölkerung haben beschlossen, de» Minister präsidenten Thun als Besitzer der Herrschaft Tetschen wegen seiner antideutschen Haltung zu boykottiren und kein Bier ferner aus seiner Brauer« zu beziehen. Mehrere Dresdner Gastwirthe schlöffe« sich au. Wie«, 8. Januar. Der ReichSrath ist auf den 17. Januar einberusen worden. Rotterdam, 8. Januar. Esterhazy hat von der Polizei eine Vorladung wegen Führung eines falschen NamenS erhalte». Er wohnt hier in einem höchst primitiven Hotel; einige Besucher auS Paris hinterließen ihm jedesmal Gelder zur Begleichung seiner Hotelrechnung. Der Vorladung des KaffationShofeS will Esterhazy keine Folge leisten. Lonvon, 8. Januar. Der „Times" wird auS Philadelphia vom 7. Januar gemeldet, der amerikanische Gesandte in Peking theilte dem StaatSministerium telegraphisch mit, daß in FolgedeS vom amerikanischen und britischen Gesandten erhobenen Ein spruches die chinesische Regierung sich weigert, der Forderung Frankreichs auf eine Ausdehnung seiner Jurisdiktion in Shanghai nachzukommen. > ; , Pari-, 8. Januar. Die Blätter sagen in ihren Besprechungen des englischen BlaubuchS über Madagaskar, England scheine ent schlossen zu sein, gegen Frankreich Krieg zu führen; dieses müsse daher für seine Vertheidigung Vorbereitungen treffen. Paris, 8. Januar. Der Justizminister erhielt heute ei» Schreiben Quesnay de Beaurepaire'S, in welchem dieser seine Demission als Kammerpräsident deS KassationShofeS wegen ein getretener Meinungsverschiedenheiten betreffend die vom Kassations hof eingeleitete Untersuchung giebt. Paris, 8. Januar. Die Demission OueSnay de Beaurepaire'S ruft großes Aussehen hervor; es verlautet, dieselbe steh« mit der Angelegenheit Bard-Picquart im Zusammenhang. , Parts, 8. Januar. Eine Meldung des „Soir" besagt, Beaurepaire habe sein Amt niedergelegt, weil der Justizminister seine Aussage zum Zwischenfall Bard-Picquart nicht berücksichtigt habe. Ein nationalistischer Abgeordneter wird über die Umstände interpelliren, welche die Demission Beaurepaires herbeigeführt haben. . / Paris, 8. Januar. Der„TempS" meldet, der Kassationshof werde von dem Botschaftssekretär PalSologue Aufklärungen über ein Schriftstück der Geheimatten verlangen, welches derartig modifizirt worden sei, daß dessen Sinn und Tragweite entstellt seien. Ein ehemaliger Minister deS Aeußern habe als Zeuge den Kassationshof in der vergangenen Woche auf diese Modifikationen aufmerksam gemacht. Das betreffende Schriftstück sei die Depesche eines fremden Militärattaches, von welcher eine doppelte Ueber- setzung vorhanden sei, deren eine sich im Nachrichtenbureau des Kriegsministeriums befinde, während die andere im Ministerium, des Aeußern liege. Die Uebersetzungen widersprächen einander vollständig. Die in den Geheimatten befindlich« Uebersetzung stelle ein für DreysuS belastendes Dokument dar. Die fragliche Depesche sei kurz vor dem Zola-Prozesse abgeschickt worden. DaS Chiffrirbureau deS Ministeriums deS Aeußern habe die Depesche richtig übersetzt. Die dem Generalstab ergebenen Organe be haupten dagegen, daS Schriftstück sei eine Chiffre-Depesche, welche der frühere italienische Militäratachä Panizardi zwei Stunden nach der Verhaftung DreysuS' an die italienische Regierung gesandt habe. Die Depesche habe ungefähr gelautet: „Hauptmau» Drey fus ist verhaftet, Vorsichtsmaßregeln sind getroffen." DaS Chiffrirbureau habe eine Abschrift dieser Depesche de» KriegS- müüster, Mercier übermittelt, Hanotaux hab« dieselb« jedoch zurückverlangt, da der Nachsatz unrichtig übersetzt worden sei. Die dem Generalstab nahestehenden Blätter fügen hinzu, daß sich in den Geheimatten auch eine Depesche de§ österreichischen Militär attaches Schneider befinde. Paris, 8. Januar. Bei Gelegenheit der heute Nachmittag, wie alljährlich, von den Sozialisten veranstalteten Wallfahrt zum Grabe Blanqui'S auf dem Pere Lachaise kam e» zwischen den Anhängern Rocheforts und denen JaureS' zu stürmischen Auf tritten. Den Anhängern Rocheforts wurde der Kranz fortgerissen und mit Füßen getreten; von beiden Seite» fielen Faust- und Stockhiebe. ES ertönten die Rufe: „Nieder mit Rochefort, Hoch Zola"; auf der anderen Seite rief man „Hoch Rochefort." Mehrere der an der Kundgebung Betheiligten erlitten Ver wundungen. Die Polizei schritt ein und nahm mehrere Ver haftungen vor. New-Uork, 8. Januar. Eine Depesche deS „New-Dorker Herald" aus Rom besagt, der amerikanische Erzbischof Keane wäre zum Nuntius für die Philippinen ernannt worden. New-Uork, 8. Januar. Es bestätigt sich, daß die Kanonen boote „Princeton", „Pocktown" und „Wellington" Befehl erhalten haben, nach den Philippinen zu gehen, „Wellington" befindet sich bereits auf dem Wege dorthin und liegt zur Zeit in Honolulu. Außer den 3 bereits zur Abfahrt nach den Philippinen bestimmten Regimentern hat noch ein viertes reguläres Infanterie-Regiment Ordre erhalten, sich dorthin zu begeben. Die Fahrt soll durch den Suez-Kanal erfolgen. Port Said, 8. Januar. Hier herrscht großes Unwetter, sodaß die Schiffe nicht in den Hafen einlaufen können. Der Leuchtthurm mit rothem Licht auf der westlichen Mole ist zer stört. Ein englisches Fahrzeug ist in der Nähe des Hafens ge scheitert und befindet sich in gefährlicher Lage. Berg- und Hüttenwesen. -k Am Hohneujahrsabend hielt der Freiberger Beamten- verein »Glückauf" seine Weihnachtsverloosung ab, welche mit Vorträgen ernsten und heiteren Charakters verbunden war. Die vortragenden Kinder» Damen und Herren ernteten allseitig den verdienten Beifall. n Die gestern vom Verein „KSnigStreue Berg, knappen" — Gruppe Himmelfahrt — im hiesigen Brau- Hof-Salon veranstaltete Christbescheerung batte sich eines überaus zahlreichen Zuspruchs seitens der Mitglieder und der Beamten schaft zu erfreuen. An der reich besetzten Gabentafel nahmen vierzehn Kinder und ein Invalid Platz. Die Sängerabtheilung des Vereins leitete die Feier mit dem Gesang des Liedes: „Lobet den Herrn" von Schmelzer ein. Nach einem gemeinschaftlichen Gesang wies Herr Pastor vr. Süß in einer zu Herzen gehenden Festrede auf die Bedeutung des WeihnachtssesteS und der Weihnachtsbescheerung hin. Redner schloß mit dem Wunsche, daß es dem Verein vergönnt sein möge, dieser dritten Cbrist- bescheerung noch recht viele folgen zu lassen. Nach einem weiteren Gesänge der Sängerabtheilung dankte der Vorsteher, Herr Heyden reich, dem Revierausschuß und insbesondere Herrn Oberdirektor Fischer, durch dessen Vermittelung dem Verein ein namhafter Geldbetrag zur Christbescheerung überwiesen worden war; ferner dankte er Herrn Pastor vr. Süß, den Sängern und allen Denen, die bei der Veranstaltung den Verein unterstützten, für ihre Be mühungen. Worte deS Dankes richtete der Vorsteher schließlich an die Anwesenden, die zur Verloosung den Weihnachtsbaum mit Gaben geschmückt hatten. Gemeinschaftlicher Gesang beschloß die Feier. In kurzen Worten dankte eines der Kinder namens der Beschenkten. Der durch die Christbaum-Verloosung gewonnene ansehnliche Geldbetrag wird bei der nächsten Christbescheerung Verwendung finden. Verschiedenes. * Wie aus Bern gemeldet wird, wurden zwei deutsche Touristen, welche seit dem 1. dss. am Sustenpaß vermißt werden, auf der Urnerseite von einer Lawine überschüttet. Die Namen der Touristen sind Ehlert und Mönnichs. Sie gingen am 1. Januar vormittags 9 ,Uhr auf Schneeschuhen von Gadmen im Ober- haslethal ab, um über den Sustenpaß nach Wasen im Reußthal zu gehen. Sie nahmen von Gadmen auch den Schlüssel zu dem auf der Paßhöhe gelegenen Zufluchtsort „Steinwirthshaus" mit. Seitdem ist jede Spur derselben verloren, und es ist kaum zu hoffen, daß sie noch lebend aufgefunden werden, weil die ersten Tage des Januar außerordentlich stürmisch waren und in den höheren Regionen viel zu Lawinenbildung neigender Schnee liegt. Ein Aussuchen der Vermißten ist daher sehr gefährlich. Zu diesem Zweck entsandte Expeditionen gingen am 5. d. M. von Gadmen und Guttannen im Oberhaslethal ab. * Ueber die deutsche Soldatensprachc hat der Straß burger Privatdozent vr. Paul Horn ein sehr ansprechendes Büch lein veröffentlicht, das in zwölf Abschnitten den fesselnden Gegen stand behandelt. Dem Kapitel „Die Soldaten untereinander" entnehmen wir die folgenden Bezeichnungen: Bei der Kavallerie heißen die Kürassiere Klempner, Mehlsäcke oder Blechreiter, die Husaren Bindsadenjungen (wegen der Schnüre), die rothen Husaren Leuchtkäfer, die Ulanen in Bayern reitende Laternenan zünder. Die Artillerie heißt die Bombe; bei ihr giebt eS die Bombenschmeißer. Die Feldartilleristen müssen sich die Be nennung Knalldroschkenkutscher gefallen lassen, die Fuß- oder Festungsartilleristen nennt der Soldat Kanonenwischer, Festungs- bimser und Wallrutscher; die österreichischen Gcbirgsbatterien werden wegen der Maulesel nach dem lateinischen mulas (Maul esel) die Mulibatterien genannt. Bei der Infanterie grebt cs Sandlatscher, Fußlatscher, Lachenpatscher, Stoppelhopser, Dreck, stampfer. Die Jäger find die Laubfrösche, Grünspechte, die Planiere Maulwürfe. Der Train ist die Kolonne oder der Guß; die einzelne« Leute sind Trainbauern, Zwicbackkutscher oder, Dresdner Hoffchauspielerin Charlotte Basts, in unserem Stadt theater vor ausverkauftem Hause eine Vorstellung. Zur Auf führung kam daS rührselige Lebensbild „Der kleine Lord". Man kennt in weiten Kreisen den Roman der MrS. Hodgson Burnett, ein anspruchsloses Werk im Geschmack der englischen Familienlitteratur, dem auch das Schicksal wiedersuhr, dramatisirt zu werden. ES ist nicht eben viel an diesem „LebenSbilde", aus dem uuS englische Langweiligkeit und rührsame Birch-Pfeifferei mehr als einmal so aufdringlich und ermüdend entgegenweht, daß eS selbst durch daS gute Th«il beigemischten Humors nicht recht verdaulich wird. Das Stück wird schwerlich um seiner Tendenz und künstlerischen Richtung willen gegeben oder verlangt werden. Da es aber mit einer sogenannten Virtuosenrolle behaftet ist, so muß daS Publikum dasselbe zeitweise über sich ergehen lassen. Freilich, die Wiedergabe der Titelrolle durch Frau Käthe Basts, macht Vieles vergessen, was der Zuschauer bei dem unglücklichen Opus mit in den Kauf nehmen muß. Für Frau Käthe Basts ist der Keine Lord eine Glanzrolle, mit der sie gestern Abend wie mit einem Schlage die Sympathien des Freiberger Theater- publikumS erworben hat. Man vergaß es fast, daß dieser kleine Lord, dieser Junge, „dem man vom ersten Augenblick an gut sein muß", dqß dieser esne Dame war. Frau Käthe Baste bewegte fichganz genau so wie ein Knabe und gerade diese Ungenirtheit machte einen züchtigen Eindruck. Welch ein munteres, frisches Spiel verstand die Künstlerin mit der niedlichen Gestalt und dem aus drucksvollen, klaräugigen Gesicht zu entwickeln! Ihre anmuthige Naivetät ward gesteigert durch burschikose Drolerie und graziöse Schalkhaftigkeit. Sie verstand eS, in geradezu genialer Weise ihrem kleinen Lord ebensoviel Temperament wie treffende Züge reiner Herzensgüte zu verleihen. Von den übrigen Mitwirkenden ragten hervor Herr Miller, der den durch Unglück verhärteten Grafen sehr charakteristisch zu gestalten vermochte und Herr Tittel /ils amerikanischer Krämer. Er verstand bei ausgezeichneter MaSke seinem Hobbs manchen individuellen Zug zu verleiben. Auch die übrigen Mitwirkenden, so besonders die Damen Helene Daselka (MrS. Errol), Petri (Minna) und Herr Pauly (Havischam) entsprachen den an sie gestellten Anforderungen. Witze Berliner Kalibers freilich wie „Du ahnst es nicht" sind an sich schon sehr unpassend für daS „Lebensbild", sie nehmen sich aber geradezu albern auS in einem Stück von so ausgesprochen englischen Kolorits. ** Das Dresdner Gastspiel-Ensemble giebt morgen noch eine zweite Vorstellung in u»serem Stadttheater. Zur Anssührung kommt das Henlesche PreiSlustspiel „Durch die Intendanz". Frau Käthe Basts giebt die Rolle der Hedwig. " Am hohen Neujahrstage ward von dem Gesangverein „Allegro" zu Crimmitschau der Bergmannsgruß von Anacker Mit bestem Erfolge unter Direktion des Herrn Lehrer Gruner oufgeführt. Den verbindenden Text sprach Herr Archidiakonus Iretzschmar (früher in Erbisdorf). wegen der blauen Uniform, Beilchendragoner. Die Proviant beamten sind Mehlwürmer (über denen die Obermehlwürmer stehen), Mehlsäcke oder Kommißbäcker; der D Visionsintendant ist der Graupenmajor. In Oesterreich heißen nach Horn dieJnten- danturbeamten der administrative Generalstab oder die Ziffer spione, während man die Verpflegsverwalter spöttisch Berschlepp- verwalter nennt. Unter den Oekonomiehandwerkern sind die Schuster die Pechhengste. Die Spielleute sind Spielmöpse, Spielhengste, das Federvieh oder die Hühner, und sie werden daher ost mit Ksch! Ksch! gescheucht. Von dem mit einem Knüppel verglichenen Stabe deS Tambours schreibt sich der Spottname Knuppelmusikanten her: die Hornisten sind daS Hornvieh. Der Tambour ist ein Wirbelthier, Kalbfelltrompeter oder Fellraßler, das MusikcorpS insgesammt der Klim-Bim. Der Rekrut ist einRemonte- kopf. Jungholz, Hammel. Der Ersatz heißt bei deu alten Mann schaften im Felde der Schwamm, ebenso und insbesondere daS während des Manövers in der Garnison zurückbleibende Wacht- kommando und die nicht manöverfähigen Leute; die einzelnen Leute dieser Art sind die Schwammbrüder. Die Ersatzreservisten werden je nach der Gegend verschieden als Eskimos, Plattfüße, Satzkarpfen bezeichnet. Für die kleinen Leute der letzten Com pagnien finden sich Spitznamen in reichster Auswahl: MündungS- kork, Fummelkork, Banksteiger, Stoppe (hessisch, soviel wie Stöpsel), Brotbeutelhupser, Schuhzwecken, Sohlennägel, Zündkegel oder Sackratten. Ein linker Flügelmann einer sächsischen Compagnie hieß nach Horn bei seinen Kameraden das „Bauchkneppchen" der Compagnie. Dagegen sind die großen Leute die Wischstöcke. — In einem andern Kapitel werden die AuSrüstungSgegen- stände der Soldaten behandelt. Da giebt eS Kommiß- hosen, Kommißstiefel, Kommißbrot, das Gelumpe (sämmtliche AuSrüstungSgegenstände), das Klüftchen, (ein Wort, daS, wie Horn sehr richtig hervorhebt, nicht allein der Soldatensprache eigen ist), und man kann „ein feines Manöverklüstchen gefaßt" (d. h. geliefert bekommen) haben, man kann ein Eigenthums- klüftchen, einen Eigenthümer oder Ausgeher, ja sogar eine „Cwil- kluft" besitzen. Die Halsbinde heißt der Gackriemen oder die Hundebinde (in Oesterreich). Die Stiefel sind Hochstapler, Kähne (Saalkähne, Elbkähne, Oderkähne) oder Quadratlatschen. Der Tornister ist bekanntermaßen der Affe, der Brotbeutel der Freß- beutel, Fußsack und gegebenen Falls der Hungerbeutel, daS Ge wehr die Knarre oder der Schießprügel, der Helm die Hurrah- tute oder Dunstkiepe, und Dunstkübel genannt. Das Seiten gewehr ist daS Käse- oder Brotmesser, der Degen die Plempe oder der Schlepper; der Kuppelriemen heißt der Schmachtriemen, die Beilpicken sind eiserne Kreuze oder Brigadeschlüssel. Offiziere in Diensranzua gehen in Hut und Schleier. In Oesterreich heißen die schwarz-rothen Streifen der Einjährigen tue Jntelligenzbörtel. Die verhüllte Fahne wird Bataillonsregenschirm genannt. Das Dienst pferd ist der DienstmopS. Ein drittes Kapitel handelt über die Strafen des Soldaten. Der Soldat wird in seiner Tüchtigkeit verkannt, deshalb verknackt, verkohlt und vergipst. Er rüttelt sich herein und muß nachbimsen. Man macht ein Nächtchen; zur Strafe dafür wird man für einige Tage dienstfrei und kommt in Leipzig zum lieben Gott (d. h. in Arrest), während man in Dresden nach Horn „über die Carolabrücke" geht. Man muß drei Tage stramm machen, d. h. drei Tage strengen Arrest ver büßen, auch giebt es drei KurzschSstige oder drei Langschästige, wofür man auch von den Kameraden geschäftet werden kann. Das Arrestlokal ist der Kasten oder das Loch. * Nette Zustände. In Nr. 2 des „Gablonzer Anzeiger" v»m 3. Januar finden wir folgende für die Zustände an der deutsch-czechischen Sprachgrenze bezeichnende Annonce: Gasthaus-Verkauf! Wegen fortdauernder Bedrohung am Leben in meiner deutschen Heimath durch Czechen und des so tiefschmerzlichen Verlustes meines lieben Sohnes durch eine czechische Mörderhand bei den Sylvester-Exzessen in Grünwald bin ich bereit, mein Gasthaus „zu Tirol" in Grünwald zu annehmbaren Bedingungen zu »erkaufen. Josef Blasi, Gastwirth, Grünwald.
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