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UN- Tageblatt W 224. Amtsblatt für die königlichen und Witschen Behörde» zu Freiberg and Brimb. verantwortlich« Lett«««: »esr« »«rkhardt. erscheint jeden Wochentag Abends 's.« .Ihr für den anderen Tag. Preis vierteljährlich 2 Mk. 25 Pfg. zweimonatlich 1 Mk. 50 Pfg. u. einmonatlich 75 Pfg. 51. Jahrgang. Dienstag, den 27. September. Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenommen. Preis für die Spallzeile 18 Pfg. ö Außerhalb de» Landgerichtsbezirk» 15 Pfg. 1898. Dreißig Mark Belohnung r In der Nacht vom 18. zum 19. dss. Mts. sind auf der Halsbrücker Hüttenstrahe zwischen den Kilometer-Steinen 0,4 und 1,4 theils auf der Fußweg-, theils auf der Material seite 6 Stück junge Aepfel- und 2 Stück Birnbäume durch Abbrechen von Aesten beschädigt worden. Die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschast sichert Demjenigen obige Belohnung zu, welcher ihr den Urheber dieses Baumfrevels so namhaft macht, daß seine Bestrafung mit Erfolg beantragt werden kann. Falls mehrere Bewerber um die ausgesetzte Belohnung in Frage kommen sollten, so behält sich die Königliche Amtshauptmannschast die Vertheilung der letzteren unter dieselben vor. Freiberg, am 22. September 1898. ' Königliche Amtshauptmannschast. Straßensperrung und -Freigabe betreffend. Vom Montag, den 3. Oktober dieses Jahres ab wird die Berthelsdorferstratze vom Roßplatz bis zum Wernerplatz für den Fährverkehr bis auf Weiteres gesperrt. Dagegen wird von dieser Zeit an die , untere Langegasse für den Fährverkehr geöffnet. Vom 3. bis zum 9. Oktober o. wird die Fürstenthalerstratze zwischen der Hornmühlenbrücke und der Brücke vor dem Meißner Thor für den Fährverkehr gesperrt. Der Fährverkehr wird auf den Hornmühlenweg verwiesen. Freiberg, den 26. September 1898. Die Stavtpolizeibehörde. Zivangsversteigerimg. Die im Grundbuche auf den Namen Wilhelm Leberecht Kluge eingetragenen Grundstücke 1., daS Hausgrundstück Folium 125 des Grund- und Hypothekenbuchs für Helbigsdorf» Nr. 83 des Brandkatasters und Nr. 73», 73d, 76, 491, 492 und 493 des Flur« buchs für Helbigsdorf, — du, 96,1 » 1 Acker 220 08. groß, mit 58,28 Steuer ¬ einheiten belegt, geschätzt auf 3100 M. — Pf., 2., das Feldgrundstück Folium 161 des Grund- und Hypothekenbuchs für Helbigsdorf und Nr. 331» des Flurbuchs für diesen Ort, 1 kl» 37,1 » — 2 Acker 143 oL groß, mit 37,59 Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 1600 M. — Pf., sollen im hiesigen Amtsgerichtsgebäude zwangsweise versteigert werden. ES ist Ver S. Oktober 1898, Bormittag 10 Uhr, als BersteigerungStermin, und der 19. Oktober 1898, Bormittag 19 Uhr, als Termin zn Verkündung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf den Grundstücken lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Brand, den 15. August 1898. Das Königliche Amtsgericht. Gemeindesparkaffe zu Erbisdorf ist jeden Montag Nachmittags von 2 bis 6 Uhr geöffnet, verzinst Spareinlagen zu 3^/, 0/, und gewährt Darlehen aus Grundstücke zu mäßiger Verzinsung. Der Gemelnderath. G.-Vorst. Politische Umschau. Freiberg, den 26. September Deutschland, lieber die Kaiserreise nach Palästina erfährt die „Rhein.-Westf. Z." aus erster Quelle nochFolgendes: DieEinweihung der Kirche in Jerusalem war bekanntlich zunächst für den 18. Okt. in Aussicht genommen, von diesem Termin mußte jedoch Abstand genommen werden, weil die innere Einrichtung der Kirche (Bänke, Altar) erst in den letzten Tagen des Oktober fertig werden wird. Das Kaiserpaar wird daher nach den neuesten Dispositionen zwischen dem 12. bis 15. Oktober sich auf der Yacht „Hohenzollern" in Venedig einschiffen, von dort aus geht die Reise zunächst nach Konstantinopel und dann nach Jaffa. Ein Besuch bei dem Hofe in Athen ist nicht geplant. Der Reise nach Jerusalem sieht man übrigens in Hoskreisen insofern nicht ohne gewisse Bedenken ent gegen, als die Strapazen keineswegs gering sind. Die elastische trästige Natur des Kaisers wird sie ja ohne Schwierigkeit über winden (10 bis 12 Stunden im Sattel), aber ältere Personen müssen alle Energie anwenden, wenn sie bei diesen langdauernden Ritten die ihnen zukommenden Funktionen mit voller Geistes frische ausführen sollen. Einen der Glanzpunkte der Palästinareise unseres Kaiserpaares wird neben den Feierlichkeiten in Jerusalem der Aufenthalt in Baalbek bilden, wenigstens ist dies in dem Reiscprogrnmm vorgesehen. Das Lager und die Zelte werden in den Ruinen des Sonnentempels in Baalbek auf geschlagen, und zwar ist die Ankunft so vorgesehen, daß sie zur Zeit des Vollmonds erfolgt. In dem Silberschein der vom Vollmond beleuchteten Nacht werden sich hier Bilder von zauber hafter Schönheit entwickeln. In den Ruinen des Sonnentempels erwartet man dann den Sonnenaufgang, der um diese Jahres zeit im Süden von großartiger Schönheit ist und im Zusammen hänge mit der eigenartigen Szenerie jedenfalls eine mächtige Wirkung hervorbringen dürfte. — Es sei noch mitgetheilt, daß aus dem königlichen Marstall nur die Pferde für die beiden Majestäten mitgenommen werden. Pferde und Maulthiere für das ganze Gefolge des Kaisers, für Herren und Damen, und für die Dienerschaft stellt ver Sultan. Bekanntlich hat der Kaiser in Stettin in seiner Antwort auf die Festrede des Oberbürgermeisters Haken gesagt: „Unsere Zukunft liegt auf dem Waffe r." Es ist bezeichnend, daß der „Hann. Cour." sich beeilt, dies Wort zu interpretcren, und daß die sozialdemokratische Presse bereits dagegen Front macht. Das ersterwähnte Blatt sagt: „Dieses neueste Kaiser wort wird gleich denen, die in Hannover, Minden, Oeynhausen und auf der Porta jüngst gefallen sind, wieder zu mannigfachen Erörterungen Anlaß geben. Der Sinn des Ausspruchs ist völlig klar. Der Kaiser sieht in der Entwickelung unseres überseeischen Verkehrs und Handels die Zukunft Deutschlands. An der Richtigkeit dieser Ansicht kann nur der zweifeln, der die Geschichte unseres Volkes nicht kennt und der die Bedeutung nicht erfaßt hat, die unsere überseeischen Interessen und deren Förderung für die wirthschaftliche Entwickelung des Reiches haben." Die politische Thätigkeit der gesetzgebenden Faktoren nimmt demnächst ihren Anfang. Zu Anfang des Oktober beginnt der Bundesrath seine Plenarsitzungen. Es sei dabei daran erinnert, daß der Bundesrath von Schaumburg-Lippe angerufen wurde, damit er ein Veto gegen die auf die Successionsfrage bezüglichen gesetzgeberischen Pläne für Lippe-Detmold einlege, weil darin der Versuch erblickt wird, die zur Zeit durch Schiedsspruch nur bezüglich des Regenten selbst entschiedene Successionsfrage für Lippe-Detmold im Wege der Landesgesctzgebung einseitig zu entscheiden und dadurch den Rechts ansprüchen der Agnaten zu präjudiciren. Die Anrufung des Vundesraths stützt sich auf Art. 76 der Reichsverfassung, nach welchem Streitigkeiten zwischen Bundesstaaten, sofern sie nicht privatrcchtlicher Natur sind, auf Anrufen eines Theiles von dem Bundesrathe zu erledigen sind. Man wird namentlich aus die letztere Entscheidung in weiten Kreisen gespannt sein. Zu dem von englischer Seite so verschiedentlich tendenziös entstellten Verhalten der deutschen Kriegsflotte vor Manila sind Erklärungen von Interesse, welche einem Gewährs mann der „Polit. Korresp." in Aden von dem aus der Rückreise befindlich gewesenen Kommandanten der Philippinen, General Augustin, abgegeben wurden. Ueber die Umstände, unter denen dessen beschleunigte Abreise von Manila erfolgte, und die Rolle, die hierbei die Deutschen spielten, dürfte folgendes zur Aufklärung dienen: General Augustin hatte am 5. August auf seinen Posten verzichtet, da er die Verantwortung w;der für die Kapitulation, noch für einen ganz nutzlosen Widerstand, der nur zahllose Opfer unter den Bewohnern von Manila gefordert hätte, übernehmen mochte. Als nun der 13. August, der Tag der Kapitulation herankam, war Augustin nicht mehr im Amte. Seine Familie ha le sich einige Tage vorher an Bord der „Kaiserin Augusta" begeben; der General wollte sich ihr aber nicht anschließen, da er sich verpflichtet hielt, selbst ohne Amt auf dem Platze zu bleiben, so lange als daselbst der Kampf in irgend einer Form andauerte. Nach dem Vollzüge der Kapitulation entfiel selbstverständlich diese Erwägung. In diesem Zeitpunkte nun erschien der deutsche Konsul, nm dem General im Namen des Contre-Admirals Diederichs, der sich 'vorher mit dem amerikanischen Kommodore Dewey ins Einvernehmen gesetzt hatte, die Ueberfahrt auf der „Kaiserin Augusta" anzubieten. Es galt rasch einen Entschluß zu fassen, denn der Kommandant des deutschen Kreuzers hatte es sehr eilig, weil er so schnell als möglich nach Hongkong gelangen wollte, um dem Kaiser Wilhelm die Nachricht von der Uebergabe Manilas übermitteln zu können. Die „Kaiserin Augusta" machte die Fahrt von Manila nach Hongkong in 38 Stunden. Die deutsche Marine hat gegenüber den Spaniern auf Manila, wie General Augustin betonte, die Pflichten der Neutralität mit der Dienst willigkeit einer befreundeten Nation nach jeder Richtung in Ein klang zn bringen gowußt. Sie habe eine humanitäre und edle Aufgabe in vollkommener Weise durchgeführt. Die Amerikaner seien auch die ersten gewesen, die dies anerkannten. Wie ein treuer Vertrauensmann deS Fürsten Bismarck handelt! Hofrath Bruno Bucher in Wien, der frühere Direktor des österreichischen Gewerbemuseums, erklärte, er besitze gar nichts von seinem Bruder Lothar Bucher, was der Veröffent lichung werth wäre. Nach Lothar Bucher's Tode fand sich im Nachlaß ein versiegeltes Couvert, das Hofrath Bucher sofort Bismarck übersandte. Der Verleger Hirzel wollte schon damals Bucher's angebliche Memoiren veröffentlichen, der Hofrath drängte seinen Bruder wiederholt, er möge die Memoiren »iederschreiben und dieser befaßte sich in seinem sogenannten Ruhestande längere Zeit damit, kam aber zu dem Entschlusse, den er in Goethe's Worte zusammenfaßte: „Das Beste was Du wissen kannst, darfst Du den Buben doch nicht sagen." Später sichtete er seine Papiere und zerstörte Alles, dessen mög liche Veröffentlichung ihm als Vertrauensbruch erschien. Allgemeine Heiterkeit herrscht über die ultramontane Presse. Angesichts der Genfer Anarchistenthat sagen klerikale Blätter nicht mehr und nicht weniger als 1) die Folge des Ein trittes der weltlichen Herrschaft des Königs von Italien in Rom, sei die, daß das Staatswesen, auf dem der Fluch ruht, Anar chisten exportirt. 2) Deutschland weise die Jesuiten zurück, des halb werde der Anarchismus nicht bekämpft. 3) heißt es da: „Auf die ungerechten Jesuiteuverfolgungen im vorigen Jahrhundert folgte die große Revolution und die Beseitigung der Bourbonen. Die staatlichen Uebergrisfe in kirchliches Eigenthum und in die kirchlichen Rechte hatten wieder in unseren Tagen die sozial revolutionären Bewegungen zur Folge, welche alles Eigenthum und die ganze Rechts- und Staatsordnung bedrohen. Monarchen und Regierungen, Könige und Kaiser, die Wind säen, werden Sturm ernten." — Also die Revolution war eine Folge der Jesuiteuverfolgungen und die Entstehung der Sozialdemokratie s- und des Anarchismus erklärt sich aus staatlichen Eingriffen in die kirchlichen Rechte. Für welche Art Leser wird wohl in solch' amüsanter Art Weltgeschichte (!) geschrieben? Der vereinigte zweite und dritte Strafsenat de^ /^aMerichtS wird sich heute Montag, wie gemeldet, wiederum mit einer An klage wegen Landesverraths zu beschäftigen haben. Aus der Anklagebank erscheint, dieses Verbrechens beschuldigt, der Cafetier Mindorf aus Vcrviers. Derselbe war mit mehreren preußischen Feldwebeln und Unteroffizieren befreundet. Er besuchte dieselben häufig in der Kaserne und war bei dieser Gelegenheit bemüht, von den erwähnten Soldaten Mobilmachungspläne, Verprovian- tirungs-Vorschriften, Berichte über Schießversuche, Gewehr- Konstruktionen, Geschoß-Konstruktionen u. s. w. zu erhalten. Mindorf soll seine Nachrichten an einen jetzt wegen LandeS- verraths im Zuchthaus sitzenden Schriftsteller Janssen und letzterer diese wieder an die französische Regierung verkauft haben. Dies soll viele Jahre gedauert haben. Da wollte eS der Zufall, daß Mindorf mit seinem Dienstmädchen, Namens Heidendael, in Streit gerieth. Die Heidendael wurde von Minvorf entlasten. Deshalb erstattete dieselbe Anzeige, Mindorf vertreibe Mittel wider das keimende Leben. ES wurde deshalb bei seiner Maitreste Haussuchung gehalten. Diese bestätigte nicht nur die Angaben betreffend Verbrechens wider das keimende Leben, sie ergab auch, daß Mindorf in ziemlich umfangreichem Maße LandeSverrath betreibe. Mindorf wurde verhaftet und ist nun zunächst wegen Landesverraths vor daS Gericht gestellt worden. Der jetzt 36 Jahre alte Angeklagte war 20 Jahre hindurch in öffentlichen Lokalen Lüttichs als Kellner thätig. Ende des Jahres 1896.ging Mindorf nach Verviers. Dortselbst eröffnete er in der Rue du Bron ein vielbesuchtes Cafs. Es sind zu der Verhandlung, die zum größten Theile öffentlich stattfinden wird, mehrere Soldaten, darunter der ebenfalls schon wegen Landesverraths zu 3 Jahren Zuchthaus verurtheilte ehemalige Bezirksfeldwebel Hagenbruch nebst Frau als Zeugen und mehrere Stabsoffiziere vom Großen Generalstab aus Berlin als Sachverständige geladen. Die Gewerbegerichtswahlen in Berlin haben einen Sieg der bürgerlichen Parteien gegenüber den Sozialdemokraten gebracht. Bei der Wahl der Arbeitgeberbeisitzer sind die sozial demokratischen Kandidaten im 12. und 87. Bezirk unterlegen. Gegen 215 Arbeitgeberbeisitzer der vereinigten Parteien sind die Sozialdemokraten auf 20 zusammengeschmolzen. In drei Bezirken ist Stichwahl zwischen den Kandidaten nothwendig. Als Arbeit nehmerbeisitzer sind durchweg Sozialdemokraten in allen 42 Bezirken gewählt worden. Ueber die Aufsehen erregende Blutthat, die schon gemeldete Tödtung des SergeantenScheinhardt durchoen Rittmeister Grafen zu Stolberg-Wernigerode, bringt die „Straßb. Bürgerztg." jetzt eine ausführliche Schilderung, der das Folgende entnommen sei: „Der erstochene Sergeant Scheinhardt ist in Schönwerda in Thüringen als Sohn eines Handarbeiters geboren. Der Vater ist ein alter Invalide, den der Sohn zu unterstützen hatte. Scheinhardt war Sergeant in der 4. Schwadron des 15. Ulanen-Regiments in Saarburg, versah die Funktion des Quartier meisters und hatte über den Selbstkocher des Regiments, welchem die Zubereitung der Speisen obliegt, die Oberaufsicht. Scheinhardt wurde im Laufe der Nacht zum Fourage-Empfang kommandirt. Die beim Kochen beschäftigten Soldaten vergaßen in seiner Ab wesenheit, den Gummireifen am Kochapparat abzuschließen, der diesen luftdicht abschließt. Infolge hiervon wurde das Essen sauer. Als Abends die Schwadron ins Biwak rückte, kam Schein hardt mit dem Essen heran, erhielt jedoch, ehe das Essen auSge« geben wurde, den Befehl, sich nach Hatten zu begeben, um Lebens mittel zu beschaffen. Als er zurückkam, war das Essen unter der Mannschaft vertheilt. Dasselbe soll infolge deS mangelhaften Verschlusses des Kochapparates schlecht gewesen sein. Rittmeister Graf Stolberg-Wernigerode stellte Scheinhardt »ur Rede. Letzterer entschuldigte sich mit dem Hinweis, ihn treffe san dem Vorgänge keine Schuld, da er während der Zubereitung abwesend war.