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— In Sayda macht der Todtengräber schlechte Geschäfte. In dem über 4600 Seelen zählenden Standesamtsbezirke ist innerhalb 32 Tagen kein einziger Todesfall vorgekommen. Im laufenden Jahrs gab es überhaupt doppelt so viel Geburten als Sterbefälle. — Die Polizei in Schönefeld bei Leipzig hat am letzten Sonnabend 86 Brode mit Beschlag be legt, welche von auswärtigen Bäckern eingebracht worden waren und durchweg über 50 Gramm Min dergewicht besaßen. Die Brode sind an Arme ver theilt worden. — In Ottendorf bei Mittweida brannte am Bußtag früh eine hinter dem Gasthofe gelegene Strohfeime vollständig nieder. Als Brandstifter meldete sich am anderen Morgen freiwillig der erst kürzlich aus dem Arbeitshaus entlassene Maurerge selle Mäder aus Leisnig, der auch in der Feime genächtigt hatte, und erklärte, er wollte durch diese neue Strafthat wieder ins Arbeitshaus kommen. Demnach sieht dieser Brandstifter in der Bestrafung eher eine Belohnung. — Am 19. d. wurde die verehel. Frech aus Lugau in das dortige Amtsgericht eingeliefert als verdächtig, ihr neugebornes Kind getödtet zu haben; die Section hat den Verdacht der Ermordung des Kindes begründet erscheinen lassen. — In der Brauerei in Eisenberg (Altenburg) stürzten am 19. d. zwei Brauburschen in den mit kochender Bierwürze gefüllten Braubotlig. Der Eine ist seinen Verletzungen erlegen. Das Gebräue ward sofort von der Braucommission in die Erde laufen gelassen und bei der Steuerbehörde um Erlaß der betreffenden Steuer gebeten. — Nachdem in Gera der Stadtralh die Bier druckapparate verboten hat, verbietet jetzt auch das dortige fürstliche Landralhsamt die Benutzung dieser Apparate für das platte Land, da sich nach den angestellten Ermittelungen ergeben hat, daß die Durchführung der für den Gebrauch der sogenannten Bierdruckapparate von sachverständiger Seite als unumgänglich nothwendig bezeichneten Sicherheits maßregeln für das platte Land nicht ausführbar erscheinen. Diebestehenden derartigen Einrichtungen sind bis längstens zum 31. Januar 1881 außer Gebrauch zu setzen. — Ein Geraer Einwohner hat ein Dampfveloci- ped construirt und ist beim dortigen Stadtrath um die Erlaubniß eingekommen, mit demselben die öffentlichen Straßen befahren zu dürfen. — In Weimar wurde kürzlich die ledige Therese Emse aus Saalborn wegen zu leichten Gewichtes der Butter, welche sie während der Marktzeit ihren Kunden in die Häuser trug, dem Gemeindvorstande vorgeführt. Die alsbald vorgenommene Nachwiegung ergab das geradezu überraschende Resultat, daß an 22 Wecken zusammen 673 Gramm oder beinahe 3 Wecken Butter fehlten. Eine Geldstrafe von 67 Mk. 30 Pf. wurde hierauf der Angezeigten zuerkannt und unterwarf sich dieselbe alsbald der Strafe. — Durch das an lieblichen und grotesken Natur schönheiten so überaus reiche Schwarzathal in Thü ringen beabsichtigt man jetzt auch eine Secundärbahn zu legen, die von Schwarza über Blankenberg, Schwarzburg, Sitzendorf, Mellenbach nach Schwarz mühle führen soll. Vermischtes. Neber Nahrungsmittel. Einem Vortrage vr. Schacht's über Nahrungsmittel entnehmen wir, daß der Redner zunächst auf geräumige, gut ventilirte Schlafzimmer und fleißigen Gebrauch von Wasser drang. Wir Deutschen hätten eine fast heillose Wasserscheu, die Engländer hielten die häufige An wendung des Wassers als das beste Conservirungs- mittel für die Haut. Bei den speziellen Getränken meinte Redner, daß die Polizei in der Milchkontrole nie genug lhun könne. Vom Weine hält Redner dafür, daß ungegypste, resp. Naturweine wohl die dem Körper am zuträglichsten seien. Interessant war die Behandlung des Themas „Brod und Fleisch". Der Redner wies nach, daß z. B. die allerbeste und kräftigste Suppe lange nicht den Nahrungsstoff für den Körper enthalte, der ihr im Allgemeinen vindicirt werde. Die Suppe sei eigentlich weiter nichts als ein Reizungsmittel für den Magen und sollte nur in kleinen Quantitäten genossen werden. Größere Mengen füllten den Magen und betrögen ihn da durch. Echte Gourmands hielten sich daher auch nie lange mit der Suppe auf. Das beste, reellste Nahrungsmittel sei ein gut gebratenes Stück Fleisch. Allerdings sei eine solche Fleischspeise nicht überall durchaus gerade nothwendig, denn man habe ja die Erfahrung für sich, daß die Südländer mit weit weniger Fleischkost bestehen können. Das liege aber in den klimatischen Verhältnissen, denn je höher die Temperatur, desto weniger Fleisch consumire der Mensch. Ein schlechtes Nahrungsmittel seien ferner Kartoffeln, und eine Bevölkerung, die nur allein auf dieselben als Hauptspeise angewiesen sei, müsse mit der Zeit zu Grunde gehen. Der Mensch sei darauf angewiesen, eine gemischte Nahrung zu sich zu nehmen. Hans Markart scheint als Schnellmaler den be rühmten Signor Carlo überholen zu wollen. Noch sind seine „Fünf Sinne," „Die Bacchantenfamilie," „Der Jagdzug der Diana" auf einer Rundreise durch Deutschland begriffen und schon hat er ein neues Gemälde fertig, welches er als „Renaissance bad" bezeichnet. Das heißt mit Dampf arbeiten! Selbstverständlich sind es auch wieder nackte Frauen gestalten, durch welche der Künstler die Sinne der Beschauer entzückt. Als Zeus die Danae gewinnen wollte, verwandelte er sich in einen Goldregen. Markart schlägt ein etwas verändertes Verfahren ein. Ihm ist das Publikum Danae; er überschüttet dieses aus dem unerschöpflichen Füllhorn seiner Kunst mit nackten Frauengestalten ohne Zahl und das Publikum beschenkt ihn mit einem lang an dauernden Goldregen. Wenn man der in Künstler kreisen umgehenden Sage vertrauen darf, fällt dieser Goldregen stets auf einen brennend heißen Boden und verdampft, ohne zu erquicken. Markart hat ein wirklich fürstliches Einkommen, aber bekanntlich hängt der Besitz eines Menschen weniger von der Einnahme als der Ausgabe ab und Markart soll sehr, sehr viel ausgeben. So bedarf der geniale Künstler eines andauernden Goldregens, soll er nicht verschmachten, und der Drang nach Gold bildet das Geheimniß seiner fast unheimlichen Schuell- production. Gegen die Wcinfälscher. Endlich ist einmal Wein fälschern das Handwerk gelegt. Die Gebrüder Aarons, Simon und Leopold Durlachsr in Kippenheim (Großherzog- thum Baden) wurden von dem Landgericht zu Freiburg im Breisgau wegen groben Pantschens bestraft. Diese Wein händler haben einen großen Umsatz gehabt und im Laufe eines Jahres den dreißigsten Theil der Gesammternte des ganzen badischen Landes umgesetzt. Der Wein, den die Herren verkauft haben, bestand zu einem Theile aus Natur wein, der übrige Theil war Zusatz von Wasser und Sprit, diese Mischung wurde auf Rosinen gegossen, ausgelaugt und der Natur oein damit verschnitten. Bei Rothweinbestellungen wurde diese Weinbrühe mit geringen spanischen oder französi schen Rothweinen gefärbt; wurde dadurch die richtige Farbe nicht hergestellt, so wurde dem Weißwein ein Aufguß von schwarzen Hollunderbeeren zugesetzt. Die Gebrüder Dur- lacher haben übrigens in einem Zeiträume von fünf Mona ten so viel Weingeist bezogen, um damit 29,000 Hektol. Wein herzustellen, ferner in demselben Zeitraums so viel Weinsteinsäure, welche hinreicht, um damit 22,000 Hektol. Wein zu sabriziren. Unter den hauptsächlichsten Kunden dieser Firma zählen bedeutende Weinhandlungen in Mainz und Bingen, ebenso wurde viel nach dem übrigen Rhein hessen, nach Rheinpreußen bis nach Koblenz versandt, auch Elsaß-Lothringen war eine gute Absatzquelle. Die Gebrüder Durlachsr waren ferner eine der ersten badischen Firmen, welche deutsche Weine nach Paris lieferten und es wurden dorthin auf einmal drei Schiffsladungen Mein versandt. Eigenthümlich ist es, daß die meisten rheinhessischen Hand lungen diese Weine nicht direkt vom Hause Durlachsr, sondern durch einen in Bingerbrück wohnenden Fuhr mann bezogen. Auf diese Art suchte man die Ursprungs quelle der Weine zu verdecken. Das Landgericht fand die Angeklagten für schuldig und verurtheilte jeden derselben zu einer Gefängnißstrafe von 5 Monaten und zu einer Geldbuße von 1000 Mark. Es ergiebt sich hieraus die Mahnung, seine Weine nicht von fremden Häusern zu beziehen, sich nicht mit Weinreisenden einzulassen, sondern seinen Bedarf von soliden Weinhändlern an Ort und Stelle zu entnehmen, denen es ja Gott sei Dank z. B. in Dresden sehr viele giebt. Allerlei. Der „Post" zufolge soll der berühmte Verfasser der „Notabeln"-Erklärung, Professor Or. Mommsen, die Sprache noch nicht wieder gefun den haben, die er verloren hatte, als er zu seinem Schrecken bemerkte, daß er seine römische Geschichte vergessen hat. — Man schreibt aus Natibor un- term 19. d. M.: Ein Förster im Dienste der Slawentzitzer Herrschaft ist dieser Tage im Walde, die Hände auf den Rücken gebunden und an einen Baum gefesselt, den Mund mit Moos verstopft, von einer Frau noch lebend aufgesunden und aus seiner lebensgefährlichen Lage, in welche ihn sicherlich Wild diebe gebracht haben, befreit worden. — Der Com mis Haarburger, welcher die Hamburger Vereins bank, wie wir s. Z. mittheilten, um eine Summe von 167,000 Mk. bestohlen hatte und dann mit seiner Geliebten, der ebenfalls israelischen Bertha Cohen, über Italien nach Aegypten entflohen war, wo er mit Hilfe der deutschen Consularbehörden festgcnommen wurde, ist in Hamburg über Triest wieder eingctroffen. Bei Haarburger sind nur 11,000 Mk. gefunden worden, der Rest von 156,000 Mk. ist verschwunden, H. sagt, er sei ihm auf der Reise gestohlen worden. Die Vereinsbank hat durch den Transport und die Depeschen schon über 20,000 Mk. Kosten gehabt. — Die Abnahme der Gerüste vom fertigen Kölner Dom wird 2 volle Jahre in Anspruch nehmen. Von der Großartigkeit dieser Arbeit kann man sich ungefähr eins Vorstellung machen, wenn man erfährt, daß zur gleichzeitigen Fortschaffung des niedergelegten Holzwerkes hundert Eisenbahnzüge zu je fünfzig Wagen erforderlich wären. — Ein Schüler aus der Tertia des Fried- richscollegium in Königsberg stolperte am Sonn abend in der Classe während der Pause gegen die Wand, an welcher die Ueberzieher seiner Mitschüler hingen und trieb sich dabei die Spitze eines in einem dieser Röcke geöffnet steckenden Zirkels tief in den Rücken. Das Unglück wollte es, daß der Knabe in Folge des furchibaren Schmerzes zur Erde fiel und daß hierbei dec Zirkel abbrach, so daß ein Stück Eisen im Rücken haften blieb. — In den Pariser Theatern besteht das Institut der bezahlten Klat scher. Ein neues Boulevard-Theater hat schlauer Weise lauter junge und hübsche Mädchen, Näherin nen, Putzmacherinnen und dergl. als Klascherinnen angestellt und über das Parterre vertheilt. Aus Höflichkeit gegen diese anmuthigen Klatscherinnen klatschen natürlich die jungen Herren im Parterre mit, auch wenn ihnen das Stück nicht so besonders gefällt. — Ein 13 Jahre alter Schüler in Erfurt nahm's so übel, daß ihn sein Lehrer einen Lümmel nannte, daß er seine Bücher verkaufte und in die weite Welt ging, die grade noch einen Lümmel ge brauchen kann. — Die Vorbereitungen zum Vieh transport aus Texas nach England sind so weit vollendet, daß auf dem „Great Castern" mit jeder Reise 20,000 Stück fettes Rindvieh aus Texas auf den englischen Markl gebracht werden können. Das Schiff soll diese Zahl viermal im Jahre überführen, und es wird angenommen, daß die erste Reise be reits in diesem Jahre statlfinden wird. —Während die neueste Nummer des „Kladderadatsch" den Steck brief mit wohl getroffenem Bildniß des von Mün chen flüchtig gewordenen Kassirers Bräutigam ent hielt, ist gleichzeitig die telegraphische Mittheilung in München eingetroffen, daß der Flüchtling am 20. November in London verhaftet werden konnte. Bräutigam hatte am 2. d. M. mit einer Geldan weisung, welche die fälschliche Unterschrift seines Chefs, des Herrn Reichsraths und Fabrikbesitzers v. Maffel, enthielt, bei der Hypotheken- und Wcchsel- bank 45,000 Mk. erhoben und sich mit denselben noch an diesem Tage entfernt. Bei seiner Verhaftung in London fand man bei dem Flüchtling nur 8000 Mk., da aber zugleich festgestellt werden konnte, daß derselbe eine große Summe Geldes per Post nach Deutschland abgesandt hat, so wird auch diese voraussichtlich bald wieder erlangt werden können. — Am 15. November kurz nach 6 Uhr wurden in Bern und Basel Erdstöße verspürt. — Bei Livorno (Italien) ist der Dampfer „Ortigia" mit dem französischen Dampfer „Joseph" zusammen gestoßen. Letzterer wurde in den Grund gebohrt, an Bord waren 300 Menschen, wovon 50 gerettet wurden. Die „Ortigia" ist stark beschädigt in Livorno eingelaufen. Neueste Nachrichten. Paris, 24. November. Zwischen Gambetta und dem Premierminister Ferry soll sich gestern Abend eine Scene von unerhörter Heftigkeit zuge tragen haben, deren Folgen, wenn die betreffenden Angaben auf Wahrheit beruhen, voraussichtlich nicht lange auf sich warten lassen dürfen. Petersburg, 24. November. Der neue bairische Gesandte am dortigen Hofe, der frühere bairische Bundesbevollmächtigte in Berlin, Hr. v. Ruthard t, ist heute Nachmittag plötzlich vom Schlage ge troffen. Er hat die Summe verloren. Sein Zu stand ist bedenklich. Herr v. Ruthardt begleitete heute Mittag noch seinen Vorgänger zur Bahn. Von dort ins Hotel zurückgekehrt, fühlte er sich plötz lich unwohl und die Katastrophe trat ein. Der traurige Fall erregt allgemeinste Theilnahme. Marktbericht. Berlin, 24. November. Weizen loco 185—235, Novbr.- Decbr. 211,00, April-Mai 217,00, Mai-Juni 218,00. Rog gen loco 212.00, November 209,00, Novbr.-Decbr. 208,50, April-Mai 201,00. Spiritus loco 56,50, November 56,40, Novbr.-Decbr. 55,70, April-Mai 56,70. Rüböl loco 54,80, Novbr.-Decbr. 54,50, April-Mai 57,20. Abfahrt der Bahnzüge von Waldenburg. In der Richtung Hlaucha«: früh 6. 33, Borm. 10. 57. Nachm. 2. 24 und 5. 24, Abends 8. 46. In der Richtung Wurzen: Borm. 8. 22, Nachm. 12. IS (nur bis Großbothen) und 3. 35, Abende 6. 35 und 9. 43 (nur bis Penig). Ankunft der Bahnzüge in Waldenburg. Aus der Richtung Hkauchau: Vorm. 8. 21, Nachin. 12 12 und 3. SO, Abends 6. 33 und 9. 42. Aus der Richtung Wurzen: früh 6. 28 (von Penig ab), Vorm. 40. 56, Nachm. 2.14 und 5.20 (von Großbottzkir ab), Abends 8. 40.