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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mr. so Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 12. November 1880. Reisig-Verkauf. Auf Niederwaldenburger Revier und zwar in den Abtheilungen Callenberger-Holz 24, 25 und Naundorf-Holz 20 bis 23 stehen 4« Wellenhundert Nadelholz Reisig zu freihändigem Verkaufe im Einzelnen oder auch im Ganzen, je nachdem sich Kaufliebhaber einfinden, bereit. Der Kaufpreis ist auf 5 Mark —- pro Wellenhundert festgesetzt und Passirscheine werden Dienstags, Donnerstags und Sonnabends in der hiesigen Fürstlichen Nentexpedition gegen vorherige sofortige Bezahlung verabfolgt. Fürstlich Schönburg'sche Rentverwaltung zu Waldenburg, den 11. November 1880. Holzauktion. Künftigen Montag, den LS. November u. e., sollen von Vor mittag S Uhr an im Oberwinkler Kirchenholze 15 Raummeter Nadelholzscheite, 30'/« Wellenhundert desgleichen Aftreisig, worunter etwas Schneidestreu, und 4 Haufen dürre Nadelholzstangen meistbie tend gegen Baarzahlung verkauft werden. Versammlungsort: Auf dem Holzschlage am Ebersbacher Kirchsteig. Der Kirchenvorstand. *Waldenburg, 11. November 1880. Ministerkrisis in Frankreich. Frankreich ist wieder um eine Ministerkrisis reicher. Kaum war die Kammer zusammengetreten, so streitet sich Regierung und Volksvertretung dar um, ob das Unterrichtsgesetz zuerst berathen werden soll oder nicht, und da die Minister ihr Verlangen nicht durchsetzen konnten, beschlossen sie, ihren Ab schied zu nehmen. Daß es heftige Debatten bei Wiedereröffnung der Sitzungen geben würde, war vorauszusehen, denn Radicale wie Conservatioe kehrten infolge des Klosiersturmes mit verstärkter Erbitterung nach Paris zurück. Die Majorität, welche gegen das Ministerium stimmte, war eine weit stärkere, als man erwarten konnte. Die Priorität der Unterrichls- gesetze wurde mit 200 gegen 166 Stimmen abge lehnt. Die Gegner der Regierung waren in den letzten Wochen entschieden gewachsen. Insbesondere ist im republikanischen Lager eine Theilung vor sich gegangen, welche eine Reihe von gemäßigten Re publikanern wie Dufaure in das feindliche Lager geführt hat. Die vielen Entlassungen bisher ein flußreicher Staatsbeamter und die offenen Kund gebungen zahlreicher Deputieren und Senatoren zu Gunsten der Congregationen haben diese Sonderung in auffälligster Weise signalisirt. U ber die weitere Entwickelung der Dinge läßt sich nun vermutben, daß die Regierung auf der abschüssigen Bahn des Culturkampfes immer weiter gedrängt werden wird. Gambetta's Ziel, dessen verhängnißvoller Einfluß die Re gierung zur Ausführung der Märzdecrete an trieb, ist die Kündigung des Concordats und die völlige Beseitigung des Cultusbudgets. Ob er selbst mit diesem Programm öffentlich hervortreten wird, hängt von der weiteren Entwickelung der Dinge ab. Seine Pläne sind auf die Ergebnisse der nächsten Wahlen gegründet, und er wird Alles vermeiden, was dazu dienen könnte, frühzeitig seine Popularität zu verbrauchen. In allen Fällen ergeben sich jedoch jetzt bereits die Nachtheile der Äambetta'schen Coultffen- regierung, welche den Sturz de Freycinets bewirkte. Freycinet mit seiner Taclik ves Ausgleichs, mit seinen geschickten Transaktionen, würde sich vor Allem die Stimmen der gemäßigten Republikaner erhalten haben; er würde einen mockus vivouäi mit den Congregationen erzielt haben, bei dem das Ansehen der Behörden und Gesetze bewahrt, den Märdecreten formell Genüge geschehen und dem Lande die ungeheuere Aufregung erspart worden wäre, in welche die Vorgänge der letzten Wochen dasselbe versetzt haben. *Waldenburg, 11. November 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die „Prov.-Corresp." schreibt in einem Artikel, überschrieben „Steuererlaß": Die erste Prüfung der Finanzlage ergab für die Regierung die Mög lichkeit eines Steuererlasses zunächst für das kom mende Jahr. Daß die Volksvertretung bei gleich gewissenhafter Piüfung zu anderen Ergebnissen kommen, den Steuererlaß zurückweisen sollte, sei um so weniger annehmbar, als die Parteien, welche im großen Ganzen mit der Regierung über die Resormziele einig seien, kein geringes Interesse an der Erfüllung der verheißenen Erleichterung der direkten Besteuerung haben dürften, als die Re gierung selbst. „Nicht diejenigen wahren die In teressen der Bevölkerung, welche sich der Doktrin zu Liebe, der Entlastung der armen Bevölkerung widersetzen, auch nicht diejenigen, welche über die Grenzen der Möglichkeit der Entlastung hinaus gehen wollen, indem sie, was die Negierung als wohlbegründete „Hoffnung" bezeichnet, schon als sichere Thatsache ihren Anträgen zu Grunde legen. Der Steuererlaß bildet einen sehr wesentlichen Theil der großen Reform Bismarck's; denselben zu verweigern oder durch Ueberbieten zum Scheitern zu bringen, wäre Vernachlässigung der Bedürfnisse der ärmeren Klassen. Von Seilen des evangelischen Pfarrers Ebel in Postnicken bei Königsberg ist eine Petition für Auf rechterhaltung der Crvilehe entworfen worden, welche demnächst an oen Reichstag gelangen wird. In klarer, leicht verständlicher Sprache weist der Verfasser den rein bürgerlichen Charakter des Trau- ungsacles nach und bezieht sich dabei auf keinen geringeren, als auf Or. Martin Luther. Die Pe tition schließt folgendermaßen: „Der Hohe Reichstag wolle das gesegnete Civilstandsgesetz vom 6. Februar 1875 zum Heile unseres deutschen Vaterlandes und der bisher vom Reiche beschützten evangelischen Kirche mit allen ehrenhaften Mitteln uns hochgeneigtest erhalten, besonders auch die Position von der obli gatorischen Civilehe, der Zielscheibe des Gegners; concentrirt sich doch eben auf diesen Punkt — wie alle Sachverständigen wissen — der gute Geist und die segensreiche Kraft des ganzen Gesetzes. Möchte sein Bestand allen Vaterlandsfreunden eine Ehren- und Gew'ssenssache sein!" Die Aelteste» der Berliner Kaufmannschaft haben sich jüngst in einer Eingabe an die Regierung be schwert, daß das Vorgehen der Straßburger Tabakmanufactur den Privathandel so sehr schädige; sie stellten zugleich das Ersuchen, überhaupt den Staatsbetrieb in Straßburg bald einzustellen. Wie verlautet, würde dieses Schreiben durch den Handelsminister Fürsten Bismarck selbst beantwortet werden und sieht man dieser Erwiderung um mit so größerem Interesse entgegen, als Fürst Bismarck in seiner Eigenschaft als Reichskanzler bekanntlich sich sehr entschieden für das Tabaksmonopol ausge sprochen hat. Für die Familien der Ausgewiesenen in Hamburg und Altona, die so plötzlich ihres Er nährers beraubt worden, haben die Leiter der socialistischen Bewegung in Leipzig Geldsammlungen veranstaltet, um der drückendsten Noth des Augen blicks vorzubeugen. Bekanntlich hat der Reichstag bei Verlängerung des Socialistengesetzes dem § 16 eine Declaration gegeben, wonach derartige Collecten nicht als gesetzwidrig angesehen und deshalb von Polizeiwegen nicht verhindert werden können. Der preußische Etatsentwurf pro 1881/82 er wähnt u. A. die Thatsache, daß die Inhaber des alten Eisernen Kreuzes ausgestorben sind und die Ausgabe für diesen Titel erspart werden konnte. Es heißt, daß sich die Maßnahmen bei dem jetzt in Vorbereitung befindlichen Reichsgesetz zur Be kämpfung der Trunksucht nicht nur gegen die Trinker, sondern auch gegen diejenigen, welche die sen Gelegenheit zum Trinken geben, nämlich gegen die Wirlhe richten werden. Man schließt dies aus bestimmten Anzeigen. In verschiedenen Gegenden Preußens sind in der jüngsten Zeit Bekanntmachun gen seitens der Landräche erlassen worden, wonach gegen Schänk- und Gastwirthe, bei denen sich wie derholt Gäste betrunken haben, gemäß der ßß 33 und 53 der Gewerbeordnung das Verfahren auf Concessionsentziehung eingeleitet werden soll. Ungarn. Die Ungarn gehen in sich. Der Minister des Innern bewilligte dem deutschen Theaterdirector Müller die Abhaltung von Vorstellungen für das ganze Land, ausgenommen Pest. Gleich zeitig wurde Direclor Müller angewiesen, sich be züglich Pest an den Sladthauptmann zu wenden, der ihm die Bewilligung ertheilen werde, sobald er die Theaterbewilligung von der autonomen Orts jurisdiction, erwirkt habe. Niederlande. Die zweite Kammer Hai soeben nach lebhafter Debatte die Aufrechterhaltung des Artikels des Straf gesetzes beschlossen, welcher die Vornahme der reli giösen Trauung vor der Civiltrauung verbietet. Die Abstimmung erfolgte mit 46 gegen 21 Stim men. Die Minorität setzte sich aus den katholischen und einigen liberalen Deputaten zusammen. Belgien. Die Repräsentantenkammer ist am 9. d. mit einer Thronrede eröffnet worden. Die Thron rede gedenkt der glänzenden Feste, mit denen die 50jährige Jubelfeier des Königreichs begangen wor den, und sagt den Lande Dank für alle bei diesem Anlaß erfolgten patriotischen Kundgebungen. Die Verbindung der Prinzessin Stefanie mit dem Kron prinzen Rudulf von Oesterreich erfüllte die von allen Seiten gehegten Wünsche. Die belgische Re gierung empfange fortgesetzt von allen Mächten Be weise der Freundschaft und der Sympathie. Ur sachen, die den Kummern bekannt seien, hätten zu einem Bruch mit dem Vatican geführt. Mehrere Staaten im Osten Europas hätten eine Neugestal-