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WMlM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementsprsis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, den 6. October 1880. Bekanntmachung. Sonnabend, den s. d. M-, Nachmittags 3 Uhr sollen im Gasthof „zum Plauen'schen Hof" zu Callenberg I Nähmaschine für Schneider, 1 Win terrock und 1 Weste gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. Waldenburg, den 2. October 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Scharf. Versteigerung. Montag, den LI. d. M., Nachm. '/a4 Uhr soll im Hause Cat. Nr. 22 zu Langenchursdorf ein daselbst eingestellter Strumpfwirkerstuhl, 34 Zoll breit, 22nädlich, gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Waldenburg, den 2. October 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Scharf. Bekanntmachung. Die Herren Lieferanten der Fürstlichen Hofhaltung werden hierdurch in ihrem eigenen Interesse wiederholt ersucht, ihre Rechnungen am 1. eines jeden Monats einzureichen. Waldenburg, den 4. October 1880. Fürst!. Hofhaltung. ^Waldenburg, 5. October 1880. Deutschthum in Oesterreich. Wie wir in letzter Nummer kurz mitzutheilen in ! der Lage waren, sind sämmtliche Wiener Zeitungen ! wegen Abdrucks der Beschlüsse des deutsch-böhmischen s Parteitages, der in Karlsbad stattgefunden hat, con- fiscirt worden. Man konnte schon daraus schließen, daß die Deutschen in Oesterreich sich endlich einmal aufgerafft und der systematischen Unterdrückung des Deutschthums in Oesterreich endlich energisch ent gegenzutreten sich entschlossen haben. Bei dem Interesse, den diese Bewegung für uns in Deutschland hat, handelt es sich ja doch um un sere Stammesbrüder, ist die Neugierde, wie das gefährliche Schriftstück wohl lautet, ganz gerechtfer tigt, und deshalb wollen wir dasselbe auch in fol gendem zur Kenptniß unserer Leser bringen. Die Resolution besagt: 1. Der dritte deutsch-böhmische Parteitag erklärt: Das deutsche Volk in Böhmen erkennt in der Action der Negierung eine ernste und steigende Gefahr für dieOrdnung des Staatshaushaltes, eineSchädigung der freiheitlichen Errungenschaften wie der geschicht lich begründeten und staatserhaltenden Stellung der Deutschen in Oesterreich. Inder Ueberzeugung, daß Neichseinheit und Deutschthum nur durch treues Festhalten an dem bisherigen ge- sammtstaatlichen Organismus Oesterreichs im Geist und Sinne der bestehenden Gesetzgebung erhalten werden können, erachtet der Parteitag den Kampf gegen die zumeist auf dem Wege administrativer Maßregeln begonnene und fortgesetzte Lockerung des einheitlichen Staatswesens und gegen die Ver kümmerung der deutschen Stammesrechte als patriotische Pflicht. Im Bewußtsein der zwingenden Nothwendigkeit der Erfüllung dieser Pflicht erwartet der Parteitag, die verfassungstreuen Abgeordneten werden die Bewahrung der öffentlichen Rechtszustände, wie sie durch die' Verfassung und die ihrem freisinnigen Geiste entflossenen Gesetze ge schaffen worden, allen reformatorischen Bestrebungen auf anderen Gebieten des Staatslebens voranstellen. Er erwartet weiter, die Abgeordneten werden wie bisher der Staatsideetreuanhängen, jede Schwächung der Ceutralgewalt, jeden Rückschritt der culturellen, insbesondere der Schulgesetzgebung und jede Ein schränkung der überaus heftig bestrittenen Stellung des deutschen Stammes auch fortan abwehren un beirrt durch die Schlagworte der Versöhnung und Verständigung, deren fortgesetzter Mißbrauch von steigender nationaler Verbitterung begleitet ist. Der Parteitag verlangt daher, daß die Abgeordneten im Vollbewußtsein der Solidarität aller Deutschen und Liberalen in Oesterreich sich ohne Verzug zu dauernd geeignetem Vorgehen enge verbinden und in den gemeinsamen Zielen jene Selbstverleugnung und Kraft finden und sich bewahren werden, welche zum Siege führen und dessen bleibenden Erfolg verbürgen. Der Parteitag verurtheilt daher auch die für Böhmen erlassene Sprachenverordnung und erklärt es als unerläßliche Aufgabe der Abgeordneten, mit aller Entschiedenheit für deren Aushebung einzutreten. Diese Verordnung, in sonst allen sprachlich gemisch ten Staatstheilen unmöglich, aus keinem praktischen Bedürfniß entsprungen, durch keine gesetzliche Vor schrift begründet, verlangsamt und verkümmert Ver waltung und Rechtspflege und entkleidet dieselbe ihrer staatsnothwendigen Einheitlichkeit. Sie beein trächtigt die volksberechtigten Interessen und Ansprüche des geschlossenen deutschen Sprachgebietes, beleidigt auf's Tiefste die nationale Empfindung des deut schen Volkes, stört nachhaltig den Frieden des Lan des und weckt bereits in den deutschen Bezirken den Ruf nach administrativer Trennung Böhmens in zwei Sprachgebiete. Angesichts aller mit der Re gierungsaction verbundenen Nachtheile und Gefah ren ist es Pflicht des deutschen Volkes und seiner Vertreter, die Regierung mit allen Mitteln des Ge setzes zu bekämpfen und in diesem Kampfe uner schütterlich auszuharren. 2. Der dritte deutsch-böhmische Parteitag erkennt die Einberufung eines deutsch-österreichischen Partei tages als politische Nothwendigkeit und ermächtigt die Vertrauensmänner des deutschen Volkes, in Böh men die erforderlichen Verhandlungen einzuleiten. 3. Der dritte deutsch-böhmische Parteitag begrüßt mit aufrichtiger Freude das Jnslebentreten des deut schen Schulveceins in Wien und spricht den dringen den Wunsch aus, daß die Deutschen Böhmens den selben in Stadt und Land kräftigst unterstützen. *Waldenburg, 5. October 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Vorgänge auf den letzten ultramontanen Versammlungen und das Verhalten der Ultramon tanen gegenüber dem Dombaufeste in Köln haben in Berliner Regierungskreisen, namentlich da, wo man sich von der kirchenpolitischen Vorlage der letzten Landtagssession so große Erfolge für Bei legung des kirchlichen Conflicts versprechen zu sollen ! glaubte, große Verstimmung hervorgsrufen. Man soll namentlich in höchsten Regionen Derartiges nicht erwartet haben. Es sind daher die Zweifel, daß der Kaiser die Deputation der Ultramontanen empfangen werde, ebenso zahlreich als berechtigt, und es ist jetzt weniger als je von einem Ausgleich mit dem Centrum die Rede, während man vor noch nicht langer Zeit noch Hoffnungen auf einen Aus gleich zu setzen schien. Die orthographische Verwirrung ist jetzt in Preußen eine wahre Landplage. Vom Cultusminister von Puttkammer ist vor Kurzem an alle Directoren und Lehrercollegien der höheren preußischen Schulen eine Verfügung ergangen, worin den Lehrern aus ¬ drücklich untersagt wird, im amtlichen Verkehr sich der neuen Orthographie zu bedienen, die von ihnen in den Schulen gelehrt wird. Es wird diese Anordnung damit motivirt, daß in allen Ressorts der Staatsverwaltung Einheit auch in der äußeren Form walten müsse; die neue Orthographie sei aber zur Zeit von den Behörden noch nicht acceptirt worden. Oesterreich. Der „Polit. Corresp." wird aus Gravosa vom 4. d. gemeldet: Admiral Seymour ist heute auf dem „Helikon" nach Cattaro abgegangen, von wo er unverweilt nach Cetiinje weiterreist, um neuerlich die nolhweiwig gewordene Rücksprache mit dem Fürsten Nikita wegen der eventuellen montenegrini schen Action gegen Dulcigno zu pflegen. Dänemark. Der Reichstag ist am 4. d. eröffnet und sofort bis zum 9. November wieder vertagt worden. Spanien. Königin Christine gat dieser Tage die ihr vor ihrer Entbindung übergebenen zehn Reliquien den betreffenden Kirchen in Begleitung eines an sehnlichen Geldgeschenkes wieder zurückstellen lassen. Die Rückstellung erfolgte in Gegenwart einer Com mission, welche die Echtheit der Reliquien zu prü fen hatte. Diese zehn Stück Reliquien sind: 1) Drei verschiedene Jesukindlein, das der Geburt, der Wunder und der Heilung; 2) eine Reliquie der heiligen Margaretha, unserer lieben Frau von der Milch und der guten Entbindung; 3) ein Arm des heiligen Johannes des Täufers; 4) der Rosenkranz des heiligen Franz von Assisi; 5) der Gürtel der heiligen Jungfrau und 6) drei Stäbe, der des hei ligen Dominicus von Silos, des heiligen Petrus von Alcantara und der der heiligen Elisabeth von Ungarn. England. Die Sprache des irischen Parlamentsmitgliedes und Hauptagitators Parnell wird in seinen öffent lichen Kundgebungen täglich deutlicher. In seiner letzten Rede erklärt er, das irische Volk müsse und werde bald das ihm seit Jahrhunderten gestohlene Land zurückbekommen. Die jetzigen Eigenthümer besäßen gar kein Recht darauf. Er wolle auch weiter mit der Landlordschaft nicht unterhandeln. Diese Institution sei nur eingeführt, um die eng lische Herrschaft gegen den Willen der Irländer zu ermöglichen und sie müsse fallen. In welcher Weise die Grundherrschaft abgeschafft werden müsse, habe er nicht varzuschlagen. Allein er halte das preußische Vorbild für das beste, wo der König, nachdem die Grundbesitzer sich innerhalb zweier Jahre nicht mit ihren Pächtern einigen konnten, ersteren das Land wegnahm und dasselbe den Pächtern gab gegen vier prozentige Staatspapiere und vierzigjährige Zins zahlung seitens der Pächter. Von der preußischen Geschichte scheint Parnell danach nur eine dunkle Ahnung zu haben.