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der ganzen deutschen Armee schon jetzt als feststehend zu erachten. — Vor einiger Zeit erschien bei dem Kaufmann Immanuel Jacob in Dresden der dort wohnhafte, in Wald bei Zittau geborene Handarbeiter Döring und überreichte ersterem ein A. M. Lehmann unter zeichnetes Schriftstück, laut welchem der Aussteller desselben sich verpflichtet, den Herausgeber der Zeit schrift „Shlips," rc. Steinbach, zum Widerrufe der in jener Zeitschrift enthaltenen Artikel gegen Jacob zu veranlassen, wenn Jacob ihm dem rc. Leh mann, 500 Mark zahle, welch letztere dem rc. Jacob zurttckerstattet werden sollten, dafern der Widcruf nicht ganz nach Jacobs Wunsche ausfallen sollte. Jacob ließ den ihm unbekannten Döring arretiren und dieser gestand zu, jenes Schriftstück in der Absicht, sich dadurch von Jacob Geld zu ver schaffen, gefälscht zu haben Die Strafkammer be legte ihn mit sechsmonatiger Gefängnißstrafe. — In Thum wird man diesmal das Sedanfest officiell erst am 5. Septbr. feiern. Das Strumpf- geschäft geht jetzt dort so flott, daß man, um allen falls der Nachfrage genügen zu können, sogar zur Abendarbeit greifen muß, es ist den Arbeitern also begreiflicherweise jede Stunde in der Woche kostbar. — Das „Oederaner Wochenbl." theilt mit, daß sowohl von Seiten der dortigen Einwohner als auch der städtischen Behörden dem Gewerbevereine bei den Vorarbeiten für den Congreß in jeder Weise freundlichst entgegen gekommen wird. Bis jetzt sinp aus nachgenannten Orten Vereine angemeldet: Bautzen, Bischofswerda, Borna, Chemnitz, Colditz, Cunewalde, Döbeln, Dresden, Eutritzsch, Franken berg, Frauenstein, Geringswalde, Geyer, Großen hain, Großröhrsdorf, Hainichen, Kamenz, König stein, Leipzig, Meißen, Olbernhau, Plauen, Rabenau, Reichenbach, Reudnitz, Roßwein, Schellenberg, Schneeberg, Sebnitz, Stollberg, Stolpen, Strehla, Tharandt, Waldheim, Weißenburg, Wurzen, Zittau, Zschopau. Ferner haben sich noch angemeldet: Dip poldiswalde, Glauchau, Großschönau, Grünhainichen, Hohenstein b. Chemnitz, Lommatzsch, Markneukirchen, Mittweida, Nossen, Penig, Seiffen, Siebenlehn, Werdau. Die Zahl der Delegirten steigt hierdurch auf 93, die der Orte auf 51. — In Crimmitschau ist am 30. August abends 10 Uhr in der Fabrik der Herren Gebrüder Uhlig in der unteren Mühlgasse Feuer ausgebrochen und ist der vordere Theil der Fabrik und das Wohn haus weggebrannt. — In Werdau dauert das geheimnißvolle Fenster einwerfen noch immer fort und wundert sich das Publikum sowohl über die erbärmliche Frechheit des Bösewichts, wie darüber, daß es der Polizei nicht gelingen will, denselben zu ergreifen. — Aus Reichenbach wird geschrieben: Außer ordentlich stark und nachhaltig ist der Zug der Rei senden, welche über Eger und Hof unsern Bahn hof pafsiren. An den Gepäckstücken erkennt man, daß ein großer Theil derselben aus Italien und den Alpenländern kommt. Daher sind die Morgen- und Abendeilzüge sehr gut besetzt und es bietet sich auf den Perrons manches interessante Bild dem Auge dar. Im Güterverkehr nehmen die bedeuten den Transporte bayrischer und böhmischer Langhölzer eine hervorragende Stelle ein, daneben heben sich die Hellen weithin sichtbaren großen bayrischen Bier wagen zwischen den Güterwagen ab. Neuerdings ist die Zahl der böhmischen Auswanderer wieder beträchtlicher, welche, durch günstige Nachrich ten Verwandter oder Freunde gelockt, ihr Heimath- land verlassen, um über dem Ocean sich eine bessere Existenz zu suchen. Mit Ruhe und Gleichmuth ziehen sie dahin; Viele von ihnen sind nicht im Stande, sich in deutscher Sprache verständlich zu machen, auch stehen ihnen andere Sprachkenntniße als das Tzechische nicht zu Gebote. — In Scheibenberg wurde am 29. August die vom Gewerbeverein veranstaltete Ausstellung eröffnet. — Am 11. und 12. September findet in Gößnitz das Gauturnfest des Osterländischen Gauverbandes statt. Vermischtes. Heiteres vom Sprachenzwang erzählt die „Leit- meritzer Zeitung" in Folgendem: „Im nahen über wiegend tschechischen Dorfe Böhmisch-Kopist sah sich ein dortiger Gastwirth in Folge einer Unterhaltung veranlaßt, in dem Gastlokale Plakate zu affichiren, mittelst welcher die Gäste ersucht werden, gleich zu bezahlen. Nach dem Grundsätze der Gleichberech tigung waren natürlich die Schilder in deutscher und tschechischer Sprache verfaßt. Damit waren aber die tschechischen Gäste gar nicht einverstanden und bestürmten den Wirth derartig, daß sich derselbe gezwungen sah, das deutsche Schild zu beseitigen und so werden denn nur die tschechischen Gäste er sucht, gleich zu bezahlen, während ein Deutscher, der des tcheschischen Idioms nicht mächtig ist, als creditfähig angesehen wird und nicht gleich zu be zahlen braucht." Einen eigenthümlichen Begriff hatte Napoleon I. von der Stellung der Frauen den Männern gegen über, und es dürfte nicht uninteressant sein, seine Antwort auf die Interpellation dem Damen von Montholon und Bertrand über dieses Thema, die in einem eben erschienenen Buche mitgetheilt wird, zu hören. „Wir Männer des Abendlandes behan delten die Frauen von jeher zu gut und haben sie dadurch verdorben; sehr mit Unrecht haben wir ihnen eine gleichberechtigte Stellung eingeräumt. Die Völker des Morgenlandes handelten mit viel mehr Einsicht, indem sie die Frau zum wirklichen Eigenthum des Mannes erklärten; und in der That hat die Natur sie zu unseren Sklavinnen gemacht, und nur unserem Mangel an Geist haben wir es zuzuschreiben, wenn sie einzelne Vorzüge, die sie vor uns haben, dazu mißbrauchen, uns zu verführen und dadurch zu beherrschen. Wenn sich unter hun dert Frauen wirklich zufällig eine befindet, die uns zu etwas Gutem veranlaßt, so verleiten uns die neunundneunzig ganz andern gewiß zu Thorheiten." Als die Damen eine derartige Ansicht des Kaisers denn doch zu bekritteln wagten, bemerkte derselbe weiter: „Und aus welchem Grunde beklagen Sie sich über diese Ansicht, meine Damen? Habe ich Ihnen etwa eine Seele aberkannt? Sie wissen doch, daß einige Philosophen auch hieran gezweifelt haben) Wie können Sie nur so thöricht sein, uns gleichge stellt sein zu wollen? Die Frau ist unser Eigen thum und wir nicht das ihre, denn sie giebt uns Kinder und wir ihr keine. Sie ist mit demselben Rechte das Eigenthum des Mannes, wie der Obst baum das des Gärtners ist. Wenn der Mann sich eine Untreue zu Schulden kommen läßt und gesteht es seiner Frau nachher ein, so ist die Sache erledigt. Nicht so dürfte es umgekehrt sein; die Frau könnte es hundert Mal gestehen und ihr ganzes Leben hindurch bereuen, das Uebel ist nicht wieder gut zu machen .... Sie müssen also zugeben, meine Damen, daß nur Mangel an Urtheil und Er ziehung Sie zu dem Glauben veranlaßen kann, sich in Allem Ihren Männern gleichgestellt zu halten. In diesem Unterschiede liegt übrigens nichts Demüthi- gendes; Beide, sowohl Mann als Frau, haben ihre Eigenthümlichkeiten und ihre Verpflichtungen. Ihre Eigenthümlichkeiten, meine Damen, sind die Schönheit, die Anmuth, die Verführungskunst; Ihre Verpflichtungen die Abhängigkeit und die Unter würfigkeit." Allerlei. Don Margotti, der Redacteur der „Unita Cattolica" in Turin und eifrige Peters- pfennig-Sammler, veröffentlicht einen Ausweis über die Verwendung der im verfloßenen Juli bei ihm eingegangenen milden Spenden; er sendete da von an die Hungerleidenden in Irland 2Y0, an diejenigen in Armenien 100 und an den Papst 16,000 Lire. — In Mainz war ein Fechtbruder, der vom Schöffengerichte zu einer angemessenen Haft strafe und Ueberweisung an die Landespolizei ver- urtheilt wurde, damit keineswegs zufrieden und be gehrte zur Verfolgung seines Appells einen Rechts anwalt. „Ja," sagte der Richter, „das kostet so und so viel, habt Ihr denn Geld?" Vertrauens voll erwiderte der Appellant: „Herr Amtsrichter, geben Sie mir für drei Tage die Freiheit; dann bringe ich so viel zusammen, als der Herr Rechts anwalt kostet." Der Herr Richter aber bemerkte: „Das wäre allerdings ein neuer Beweis für Euer Fechttalent; es thut nur aber leid, Euere Bitte nicht gewähren zu können." Und der Fechtmeister „mußte sich seinem Schicksal fügen." — Am 26. d. starb in Jauer eine liebe Freundin der Jugend, Fräulein Rosalie Koch, welche durch ihre Er zählungen und Gedichte, wie „Blumenkörbchen", „Rübezahl-Märchen", „Die Weberfamilie", „Aus der Jugendzeit", „Saat und Ernte", „Stillleben und Weltleben" rc., bekannt und beliebt worden ist. Geboren war sie 1811 zu Haynau in Schlesien als Tochter eines Steuerbeamten, zog aber schon 1824 nach Jauer und hat es mit wenigen Aus nahmen nicht mehr verlaßen. Gewerblich-technischer Theil. (Erscheint jeden Donnerstag.) D.-A. 6. Amerikanische Concurrenz aller Enden. Wunder auf Wunder sind uns seit der ersten deutschen Beschreibung Amerikas durch den Deutschen Waldmüller, auf dessen Veranlassung man die von Columbus entdeckte neue Welt des Westens nach jenem unbedeutenden Conquistatoren Amerigo be ¬ nannte, von Amerika berichtet worben, und Tausende, ja Millionen wandten der alten Culturstätte Europa den Rücken, um drüber die Schätze eines menschen leeren Landes, das überreich an glänzenden Me tallen und köstlichen Producten eines jungfräulichen Bodens geschildert wurde, zu heben und „reichbela den zu den heimischen Gestaden zurückzukehren". Und die Wunder, welche erzählt wurden, erwiesen sich keineswegs immer nur als die Ausgeburten einer erhitzten Phantasie oder als blauer Dunst großsprecherischer, schwindelhafter Agenten. Mehr als ein Goldonkel wusch und grub sich aus ameri kanischem Boden ein hübsches Vermögen heraus, das ausreichte, in den einfachen Verhältnissen seines Vaterlandes ein behäbiges, ja luxuriöses Leben zu führen und dadurch einerseits den Neid, andrerseits aber das Verlangen zu erwecken, auf gleiche Weise in den Besitz der allesvcrmögenden Goldfüchse zu gelangen. Vor allen Dingen lockte die Aussicht auf die schrankenlose, goldene Freiheit und besonders auf den leichten, mühelosen Gewinn Tausende aus der Heimath fort, um in der verheißungsvollen Ferne des Westens das Glück zu finden, was sie zu Hause so beharrlich floh. Aber wie Viele, die ihren Fuß mit zu hohen Erwartungen an den Strand Ameri kas setzten, haben hier den Glückstraum weiter träu men müßen, ohne daß er sich je verwirklicht hätte; denn sie hatten sich das Wunderland Amerika ganz anders vorgestellt, hatten namentlich nicht bedacht, daß auch hier wie überall die beste Grundlage ma teriellen Wohlbefindens die Arbeit sei. Wenn irgendwo, so muß der Auswanderer, der in dem Welthafen New-Jorks das Auswandererschiff verläßt und in den Vereinigten Staaten Nordamerika's sein Glück machen will, ein Paar kräftige Arme, unver drossene Arbeitslust, einen Hellen, anstelligen Kopf und starken Mannesmulh besitzen. Zwar ist Ame rika heute noch ein Land reich an Producten aller Art; aber Niemand sollte vergessen, daß auch nir gends der Kampf um's Dasein mit so rücksichts- und schrankenloser Energie geführt wird, als hier, daß mit einem Worte Amerika, vor allen Dingen die Vereinigten Staaten der nordamerikanischen Union, ein Land der intensivsten Arbeit ist. Nir gends aber hat sich auch der Segen angestrengter Arbeit in den fabelhaften Erfolgen aller Art so deutlich gezeigt, wie hier. Unter ihrer strammen Zucht entfalteten sich die Kräfte einer eben noch im Werden begriffenen Nation i t dem Maße, daß sie geradezu Wunderbares, Staunenerregendes vollbrach ten. Zwar blickte das monarchische Europa am Anfänge unseres Jahrhunderts mit souveränem Lä cheln auf den jungen Freistaat jenseits des Oceans hin, in welchem Männer, welche die Nadel geführt und den Hammer geschwungen hatten, im Hand umdrehen zu Feldherren und Staatsmännern wur den. Und doch kam bereits manche recht praktische Erfindung aus dem jungen Staate, in welchem sich alle Hände freudig regten, herüber; noch eher als Stephenson und Andere in England führte der Amerikaner Oliver Evens im Winter 1803—1804 seinen Mitbürgern in Philadelphia eine sich selbst bewegende Dampfmaschine, eine Locomotive, vor und sah mit richtigem Blicke die zukünftige Bedeu tung dieses Verkehrs-Motors im Voraus. Eine Reihe von Entdeckungen der wichtigsten Art keimten empor mitten in dem Ringen des Einzelnen nach auskömmlicher Existenz und des Staates nach Ver schmelzung der in ihm zusammenströmenden Elemente, von denen es schien, als ob sie wegen ihrer denkbar größten Verschiedenheit in Nationalität und Religion, Gesittung und Sprache nie zu einem festen Ganzen .sich zusammenfügen würden. Die Amerikaner haben schon längst ihren nächsten Vettern, den Engländern, den Ruhm streitig gemacht, das praktischeste Volk der Welt zu sein, und wenn hier der Name Edisons, des Erfinders des Telephons, der elektrischen Lampe u. s. w. genannt wird, so wird dies genügen, um die Berechtigung der Amerikaner anzuerkennen, sich ebenbürtig mit der europäischen Cultur zu fühlen. Zwar werden Viele als Gegenbeweis auf ameri kanischen Humbug, auf philadelphischen Doctor schwindel u. s. w. Hinweisen; aber man sollte beden ken, daß da, wo viel Licht ist, auch der Schatten um so markirter hervortreten muß. Die gesunde Kraft, die in dem bewegten Volksleben der Verein. Staaten pulsirt, hat mehr als eine schwere Krise überwunden, bei deren Eintreten der deutsche Philister dem nordamerikanischen Freiheitsstaate den gewißen Untergang prophezeite, z. B. bei dem großen Kriege des Nordens gegen den Süden,, bei der coloßalen Corruption unter Grant. Ohne stehend'e Heere focht man den Rissenkampf aus und in wenigen Jahren tilgte man zum Erstaunen der Welt die Riesenschuld. Zum Schrecken der europäischen Ge schäftswelt nahmen nach Ueberwindung jener poli tischen Krise Handel und Industrie in den Vereinigten