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gesetzlich geschützten Mustern darstellt, zur öffentlichen Anschauung zu bringen; sie soll dem gesetzlich Ge schützten Gelegenheit zur Vorführung seines Gegen standes, dem Publikum Kenntniß von diesen Leistungen durch den Augenschein verschaffen; den Geschützten soll die Möglichkeit ausgiebigerer Verwerthung ihrer Arbeiten an die Hand und dem Kapitalisten Anre gung gegeben werden, sich mit den Erfindern zu ersprießlicher gemeinsamer Thätigkeit zu verbinden. Das deutsche Volk aber soll dadurch ermuntert wer den, seine Erfindungsgabe mehr als seither zum Vorschein und zur Wirkung kommen zu lassen, und in dem Ersinnen von Neuem und in der Unter stützung von Bedeutendem mit anderen Nationen zu wetteifern. *— Die Wetterprophezeiungen des „Meteorolo gischen Bureaus" in Leipzig sind in den letzten Tagen schlecht eingetroffen. Während für vergan gene Mittwoch allmähliche Aufklärung und Aussicht auf trockene Witterung angekündigt war, sollte es am Donnerstag gar ziemlich heiter und trocken sein. Der „Schönburger Hauskalender" kündigt zwar an, daß das erste Viertel am 13. August Regen und Sturm bringt, doch wäre zu wünschen, daß er dies mal auch nicht Recht habe. — Ss. Mas. der König hat den vom Herrn Stadtmusikdirector Eilhardt in Glauchau zur Feier des Einzuges Sr. Maj. in Glauchau componirten Triumphmarsch huldvollst entgegen genommen und dem Componisten durch das Ministerium des königl. Hauses für die Tondichtung und deren Ueberreichung Allsrhöchstseinen Dank aussprechen lassen. — Der Fuhrwerksbesitzer Karl Seltmann in Zwickau kam am 10. d. M. vor seinem mit Steinen beladenen Wagen zum Fallen; das Geschirr ging ihm über beide Beine und brachte ihm schwere Ver letzungen bei Aus dem SachfeZUlMde. — Die vor 2 Jahren unter dem Titel „Kaiser Wilhelm-Spende" veranstaltete Sammlung von Bei trägen bis zu einer Mark hat von 11,523,992 Bei steuernden in 1,740,000 Gemeinden einen Betrag von ca. 1,750,000 Mark ergeben und ist dieser Betrag bekanntlich unter dem Protectorate des deut schen Kronprinzen zu einer Stiftung verwendet worden, welche den Zweck hat, für gering bemittelte und insbesondere für dis arbeitende Bevölkerung des deutschen Volkes eine Renten- und Kapitalver sicherung zu bilden. Bei dieser Anstalt tritt einmal der wohl einzige Fall ein, daß aller Ueberschuß ausschließlich zu Gunsten der Versicherten verwendet wird, da die Zinsen des Garantiekapitales zur Deckung aller Verwallungskosten bestimmt sind. Gegen Einzahlung von 5 Mark sichert man sich vom 56. Jahre ab eine kleine Rente oder die Aus zahlung eines kleinen Kapitales. Es können nur immer 5 Mark, nicht mehr und nicht weniger ein gezahlt werden und diese Einlage repräsentirt eine auf den Einleger selbst oder auf eine besondere Person lautende Versicherung; es ist aber Nieman dem benommen, mehrmals 5 Mark einzuzahlen, so daß er Inhaber verschiedener Versicherungsscheine wird und die Kaiser Wilhelm-Spende also eine vorzügliche Sparbüchse für das Alter bildet, denn vor dem 56. Lebensjahre wird weder Rente noch angesammeltes Kapital gezahlt; es existirt nur die Ausnahme, daß Einlagen, welche seit 5 Jahren bestehen, nach 6monatlicher Kündigung aber nur mit 2 Procent Zinsen zurückgenommen werden können. — Die bisherige graue Uniform der Gerichts- Unterbeamten, Diener rc. wird nun bald verschwin den und der neuen Platz machen. Es erhalten die Arresthausinspectoren, Wachtmeister und Botenmeister zweireihigen, sechsknöpfigen Waffenrock von dunkel blauem Tuch mit rothem, die untere Kante des Schooßes nicht berührenden Vorstoß, pensvefarbigem Tuchkragen und weißen, glatten Knöpfen; schwarz graue Tuchhosen mit rothem Pafsepoil (im Sommer sind weiße oder halbgebleichte Leinwandhosen nach gelassen); einreihige schwarze Weste; Mantel von schwarzgrauem Tuch mit weißen, glatten Knöpfen, mit Ueberschlagkragcn und Fütterung von der Farbe des Tuches, jedoch mit penssefarbigem Vorstoß; Tuchmütze, runde Fa^on mit pensäefarbigem Tuch bund, rothem Passepott und silberner Krone, Cocarde; Epauletten mit matt versilbertem, gemustertem Kranze, glattem weißem Knops, pensäefarbigem Tuchbande, silberner Krone, dunkelblau gefüttert; Epauletten- halter von schmaler silberner Tresse mit pensäefar- bigem Vorstoß; Hut mit Einlage von Silbertreffen an beiden Enden, Cocarde mit Agraffe von Silber tresse und weißem Federstutz; Säbel mit silbernem PorLspse ohne grüne Füllung; schwarze Halsbinde ohne sichtbaren Knoten oder Schleife; weiße wasch- lederne Handschuhe. Die Beidiener, welche sich im wirklichen Staatsdienste befinden, haben dieselbe vorstehend aufgeführte Equipirung, nur anstatt Epaulettes aufgenähte Achselklappen, 4,2 Centimeter breit, von silberner gemusterter Tresse mit pensöe- farbigem Vorstoß; auf dem Hute kommt der Stutz in Wegfall und an Stelle des Säbels tritt das Seitengewehr mit weißwollenem Portepee. Beidiener, welche nicht im wirklichen Staatsdienst sind, kleiden sich ganz wie Vorgenannte, nur kommen die einge nähten Achselklappen in Wegfall. — Der Stadtrath von Leipzig hat aus Anlaß der kürzlichen Explosion in den akademischen Bier hallen in Berlin die Benutzung der Gas-Sparap parate untersagt. — Die Gewohnheit, welche Manche pflegen, zur Bekräftigung ihrer freundlichen Begrüßung die ge botene Hand mit aller Gewalt zu drücken, kann, wie der nachstehende Fall beweist, von sehr ^schlimmen Folgen begleitet sein. Vor nun mehr als 8 Wochen wurde einem Sticker in Plauen beim Grüßen gleich falls die Hand so derb gedrückt, daß der Knöchel des vierten Fingers der linken Hand verletzt wurde und der Finger sich entzündete. Nachdem der Pa tient 8 Wochen lang unter vielen Schmerzen ver schiedene Mittel, mit und ohne ärztlichen Rath, an gewendet, mußte ihm in voriger Woche im Kran kenhause der Finger amputirt werden. Der Be- dauernswerthe war während der ganzen Zeit arbeits unfähig und ist es heute noch. — Die kleine Gewerbe- und Fabrikstadt Buch holz, als Sitz der Posamentenindustrie bekannt, erfreut sich auch mehrerer anderer industriellen Branchen, welche Tausende von Händen beschäfti gen, wie die Cartonnagen-, die Stiefelfabrikation, die Corsetfabrikation, die Perlweberei rc. Vor etwa 20 Jahren hat dort ein Umschwung in der Präge rei stattgefunden, als O. Brauer begann, die bis dahin gebräuchlichen Sargverzierungen in Gold- und Silberpapier herzustellen. Diese Buchholzer Artikel, bestimmt, das letzte Haus des Menschen zu schmü cken, gehen nach allen Ländern, diesseits und jen seits des Oceans. Auch Sargfransen und Sarg füße, geprägte Schüsselschilder, Lampenschirme in allen nur denkbaren Farben und Dessins, Möbel verzierungen bis zu den feinsten, künstlerisch aus geführten, gestochenen Arbeiten werden in den drei Etablissements fabrikmäßig hergestellt. Das Neueste sind, um den von der Kinderwelt dafür erfundenen seltsamen Namen anzuwenden, W. H. Gutberlet'S „papierne Zinnsoldaten," ein netter, dauerhafter Er satz der Bleisoldaten. Ohne Zweifel werden diesel ben auf dem nächsten Weihnachtsmarkt eine Rolle spielen, besonders die „kleine Militärkammer," eine Spielerei sür Knaben im Alter von 8—12 Jahren. — Die gesammten an Privateigenthum in Folge der Katastrophe vom 14. Juni a. 6. in der säch- Oberlausitz entstandenen Schäden beziffern sich auf 697,060 Mk. in der Amtshauptmannschaft Löbau, 493,246 Mk. Amtshauptmannschaft Zittau, 160,338 Mk. Zittau-Stadt. Von diesen zusammen 1,350,644 Mk. entfallen auf solche Einwohner, welche vorzugs weise bedürftig sind, d. h. entweder Alles verloren haben oder überhaupt existenzlos geworden sind, 485,087 Mk., während nur 333,024 Mk. auf Nicht- bedürftige fallen. Das Uebrige vertheilt sich auf die mehr oder weniger anderen geschädigten Cala- mitosen. Diesem Schaden steht bis jetzt ein Unter stützungsfond von circa 400,000 Mk. gegenüber. Es ist also noch immer viel Gelegenheit geboten, Hilfe und Unterstützung zu bieten. Ueber Pflichttreue.*) Wenn die Donner der modernen Schlacht rollen *) Aus dem Buche: „Randglossen zum Buche des Le bens" von Gerhard von Amyntor. Verlag von Sam. Lucas in Elberfeld. Im selbigen Verlage erschien: „Hypochondrische Feuilleton. Jacob Stainer, der tyroler Geizenboner in Cremona. Geschichtliche Novelle von Ar. Hlemens. (Fortsetzung.) „Man sagt zwar wohl, Träume kämen von Gott, aber es mag doch wohl eine Klausel dabei im Spiele sein. Nicht wahr, mein junger Freund? — Dir ist nichts Schlimmes angekommen?" Der arme Jacob kam hierbei mit seiner Ehrlich keit und Wahrheitsliebe stark in die Klemme. — Das junge Blut erröthete sogar, da er seins, sozu sagen Maidenspeech im Lügen halten sollte und stotterte verlegen: „Mir? — Schlimmes, Herr Pater? — — Ja — Nein! — O nein, nichts Schlimmes, Ihr seht es ja, ich bin gesund und heiter; nein, Schlimmes ist mir eben nicht passirt. — Allein wie kamt Ihr denn um alles zu einem so erschrecklichen Traum? — Und was wollt ich sagen? — — Ja, das wars: saht Ihr denn nicht den Bösewicht, der mich zu tödten ausgegangen?" Der Pater besann sich ein Weilchen und sein Mienenspiel ließ auf einen heftigen Kampf in seinem Innern schließen. Aus einmal faßte er sich, als sei ihm plötzlich eine Erleuchtung gekommen, und nun begann er, nicht zwar positiv, allein verschwom men, wie es im Traume denn so üblich ist, sich die Situation in nebelhaften Umriffen vorzustellen: „Seht, lieben Freunde, hier etwa sah ich das Lager unsers jungen Mannes; so an dieser Seite." Hier wurde nun diese eifrigst erfolgte Mittheilung des Paters auf eine merkwürdige Weise unterbrochen. — Nämlich Nicolo, der von ferne der Unterhaltung gelauscht, war unbemerkt von einer andern Seite, als er aögegangsn, leise heran geschlichen, indem er sich einer unverdächttgen Verrichtung in der Nähe der Redenden zu unterziehen wußte — und sein linkes Ohr — falls dies menschliche Sinnge- räth wie das der Thiers beweglich wäre — hätte sich ohne Zweifel in der Richtung nach dem Pater merklich gespitzt, zumal als dieser obiger Phrase, der mimischen Andeutung folgend, das Lager des Tprolers ^ocalisirte. — Wie eben gesagt sprach Felix: „Ich sah Dein Lager; — so — an dieser Seite" — und nun zeigte .r, anscheinend zufällig mit dem Zeigefinger nach einer andern Stelle, aber gerade dahin, wo der ohrspitzends Horcher stand und sprach zu diesem Hinweis: — „Da stand Dein Mörder!" — Todesschreck von beiden Selten erfolgte; und der Pater Felix stammelte ein: „Ha, Du hier, mein Sohn?" Nicolo drängte den Pater etwas zur Seite und geiferte ihm in's Ohr: „Wißt Ihr so schlecht das Beichtgeheimniß zu bewahren? — Sofort geh' ich zur Eminenz, den frevelnden Verrath zu denunciren und Euch des Sacrilegiums anzuklagen." — Und unter Wuthgebecden wollte er abgehen. Geronimo jedoch hielt ihn zurück und bat um einen Augenblick Gehör. „Ich habe," begann er, „in diesem Augenblick ein Schreiben vom Meister Rosa aus Turin empfangen; er ist, wie Euch bekannt sein wird, ein tüchtiger Geigenbauer, wie wir uns solches rühmen, und bittet mich derselbe, ihm einen wohlrenommir- ten brauchbaren Gehülfen zuzuwenden. Vielleicht gefällt es Euch, dem Ruf zu folgen? — Wie? — JhrMßietEuch indeß alsdann noch heute aufdenWeg begeben." Nicolo schwieg eine Weile, indem er Geronimo mit spöttischer Geberde betrachtete; — dann aber begann er mit satirischem Lächeln: „Nein, kluger Mann, das Ding gefällt mir keines wegs. Grüßt, bitt' ich, Meister Rosa nur und rathet ihm, ein andermal für sein Begehr sich einen klügeren Vermittler auszusuchen." Und damit ging er wuthschnaubend ab. „Siehst Du," begann Antonio, „der Bösewicht ist leider intelligent genug, es mit Geschick zu sein; es wird nicht allzuleicht sein, diesen Flecken unserer stillen, friedlichen Häuslichkeit auszumärzen." „Laßt ihn," beschwichtigte Geronimo, „er wird und soll dem Richter nicht entlaufen." Darauf ergriff er vertraulich des Paters Hand. „Ich hab'Euch wohl verstanden, „flüsterte er ihm zu, „ertheilt dem Beichtkind immerhin — sofern es nicht geschehen — die Absolution; ich gedenke, dem Gaudieb die Schandthat baldigst einzutrünken." Die wunderlichste Figur bei dieser Scene spielte ohne Zweifel der, dem doch die ganze Handlung in erster Reihe galt. Und nicht zu verwundern ist es, wenn er als Schützling des Paters Felix an diesen sich in seiner Verlegenheit wendete und mit eigen- thümlichem Klagelaut ausrief: „Ja, wenn ich dies nur alles begreifen könnte!" „Ja, das Begreifen, das Enträthseln der Dinge um uns und in uns, und an Anderen — das eben ist die größte Kunst des Lebens, das eigentlich selbst nichts als ein großes Näthsel ist, das, wie man glaubt und hofft, der Tod einst lösen wird. — Wer weiß! — Wenn Nachts um 12 Uhr plötzlich die Lampe erlischt und kein Mond am Himmel steht, was nützt uns da das Auge, wenn's nicht etwa ein Katzenauge ist? Da hoffen wir nun auf den Morgen! — Ganz gut! — wie aber, wenn wir über Nacht erblinden? — das ist nicht wahr scheinlich! — Aber doch möglich! — Indeß: — wer weiß!" (Fortsetzung folgt.)