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ler wurde gleichsfalls sehr schwer verwundet. Acht weitere Beamte sind mehr oder weniger schwer ver wundet. Nachdem die Polizei Verstärkung erhalten hatte, wurden etwa 20 Verhaftungen vorgenommen. Später wurde der Kampf in Glasgow von Neuem ausgenommen, ohne daß es dabei aber zu ernsten Verwundungen kam. Aus Portadown wird eben falls ein blutiger Strauß zwischen Home-Rulers und Orangisten gemeldet. Italien. Die italienische Regierung hat sich dem Vor schläge Englands angeschlossen, nach welchem die Einwürfe der Pforte wegen der neuen griechischen Grenzlinie entschieden zurückzuweisen seien. Rußland. In Petersburg stehen wesentliche Personalver änderungen in Aussicht. Die vom Grafen Loris- Melikoff präsidirte Commission wird aufgelöst; die dritte Abtheilung der kaiserlichen Kanzlei wird in ein Departement des Ministeriums des Innern umgestaltet. Graf Loris-Melikoff wird, wie bereits gemeldet, Minister des Innern. Das Gendarmerie corps, welches bisher von der dritten Abtheilung ressortirte, bleibt dem Grafen Loris-Melikoff unter stellt. Der bisherige Minister des Innern, Makoff, welcher Minister der Posten und Telegraphen wird, behält laut specieller Anordnung das bisher zum Ministerium des Innern gehörige Departement der auswärtigen Kultusangelegenheiten. Der frühere Gehülfe des Ministeriums des Innern, Marlinoff, tritt in den Senat zurück. Zum Gehülfen des Grafen Loris-Melikoff wird der Staatssecretär Kochanoff, jetziger Geschäftsleiter des Ministercomitees, ernannt. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 20. August. Im hiesigen Ge werbeverein ist vor längerer Zeit beantragt worden, geeignete Schritte gegen das Betteln der Vagabon- den in den Häusern zu thun. Daraufhin wurde inner halb des Vereins ein Comits gebildet, welches die Sta tuten eines Vereins gegen Hausbettelei festsetzte und dem Gewerbeverein zur Annahme vorlegte; nachdem diese erfolgt war, wurden dieselben beim hiesigen Stadtrath zur Genehmigung eingereicht und nachdem auch diese nunmehr erlangt ist, soll seitens des hie sigen Gewerbevereins in den nächsten Tagen durch Circular zum Beitritt zu diesem Vereine aufgefordert werden. Im Jnterefse der so oft beklagten Miß stände, die sich bei dieser Hausbettelei herausgestellt haben, wäre zu wünschen, daß der Verein eine recht zahlreiche Betheiligung fände. Der Verein will, ohne die Wohlthätigkeit zu hindern, wie gesagt, den Uebelständen des Bettelns entgegenwirken. Deswegen richtet er seine Aufmerksamkeit nicht auf die dem Geber bekannten und von diesen bestellten Ortsar men (Waldenburg, Altwaldenburg, Eichlaide), son- Feuilleton. Jacob Stainer, der tyroler Geigenbauer in Cremona. Geschichtliche Novelle von Ar. Hlemens. (Fortsetzung.) „Uebrigens," fügte er hinzu, „giebt es dort ohne Zweifel Frauen und Mädchen von prima Quali täten eine Legion, und wer Lust an Eroberungen findet, wird leichte Mühe haben, ganze Sectionen an seinen Siegeswagen zu fesseln." In diesem Augenblick trat eine Dienerin des Hauses herein, entbot dem jungen Tyroler einen Gruß der Frau Beate und deren Wunsch, denselben für einen Augenblick bei sich zu sehen. Stainer war überrascht und die unlängst mit der Frau vom Hause verlebte peinliche Scene trat in dem Augenblick lebhaft warnend vor seine Seele, aber in dem Augenblick einen entscheidenden Entschluß zu fassen, war unmöglich. Etwas mußte er ja aber doch erwidern, und so half er sich provisorisch mit der Gegenfrage aus der Verlegenheit, das Wohl oder Unwohlsein der Gebieterin zu erkunden. Die Dienerin lächelte verschmitzt, und ihre Ant wort, daß Frau Beate von einem bösen Unfall heim gesucht worden sei, paßte sehr schlecht zu ihrem sa tirischen Lächeln. Der schlaue Nicolo durchschaute indeß sofort, daß hier die weiteren Fäden einer Jntrigue geschürzt werden sollten; Stainer war sich in seiner Ehrlich keit weniger klar, und da die Dienerin auf eine Auskunft drang und Neigung und Courtoisie die Bejahung unterstützen, so entließ er die Dienerin mit der Zusage, alsbald zu erscheinen. Nicolo lachte, indem er die Meinung aussprach, die übernommenen Mutterpflichten scheinen Frau Beate keine Ruhe zu lassen. Indessen bestätigte er dern auf die um Gaben ansprechenden Durchreisenden. Mitglied des Vereins ist jede Person, die sich durch Unterschrift der Statuten verpflichtet, den Eintritts preis von 15 Pf. zu zahlen, einen Vierteljahres beitrag von mindestens 20 Pf. zu entrichten, und um Almosen ansprechenden Durchreisenden (überhaupt allen unbekannten Bettlern) im Hause nichts zu verabreichen; wird letzterer Verpflichtung nicht nachgekommen, so kann eine Strafe von 1 Mk. erhoben werden. Jedes Mitglied erhält unentgelt lich ein Schild mit der Aufschrift: „Mitglied des Vereins gegen Hausbettelei." Das Recht der Mit gliedschaft verlieren Diejenigen, welche mit zwei Vierteljahresbeiträgen in Rückstand bleiben. Von den Durchreisenden erhalten nurDiejenigen Unterstützung, welche sich gehörig legitimiren können, nüchtern sind und innerhalb eines Halbjahres hierorts keine Almosen em pfangen haben. Wünschenswerth ist es, daß der Vice vorsteher, welcher die Legitimation der Durchreisenden zu prüfen und Unierstützungsmarken (für welche der Cassirer ein Geschenk von 15 Pf. aus,ahlt) zu verab reichen hat, in den Stand gesetzt werde, Arbeit nach zuweisen. Erlangt der Ansprechende Arbeit, so erhält er keine Unterstützungsmarke. Bei Auf lösung des Vereins fällt dessen Vermögen der städtischen Armenkasse zu. Dies der wesentlichste Inhalt der Statuten, welchen wir zur Orientirung der sich am Verein Betheiligenden veröffentlichen. — Zur Anlegung einer Pferdebahn in Zwickau haben nch mehrere Bewerber gemeldet und sind die selben zunächst zur Beibringung von Unterlagen aufgefordert worden. Soviel man hört, sind vor läufig die Linien Bahnhof—Markt und Markt- Schedewitz ins Auge gefaßt. — Alljährlich wird im Sommer über die Mulde bei Grimma eine sogenannte Tonnenbrücke geschla gen, die dann den Grimmaern und den vielen Grimma besuchenden Fremden als Uebergang zu den schönen Anlagen am jenseitigen Muldenufer dient. Dergleichen größere Faßbrücken soll es übrigens, wie gesagt wird, in Deutschland nur wenige und in Sachsen sonst nicht geben. Die Grimmaer dau erhaft gebaute und durch starke Drahttaue festgehal tene Tonnenbrücke ist am 17. d. durch die Wucht der stark angeschwollenen Mulde zerrissen und der eine größere Theil an das diesseitige Ufer geworfen worden, wo er durch ein nicht schadhaft gewordenes Seil noch so lange festgehalten wurde, bis man weitere Befestigungen anzubringen vermochte. Den Actionären ist durch den Zwischenfall ein größerer Schaden entstanden. Ans dem Sachsenlande. — Se. Majestät der König Albert empfing am 18. Aug. nachstehendes Telegramm von Sr. Maj. dem Kaiser Wilhelm aus Babelsberg: „Mit mir die Angemessenheit der ertheilten Antwort und mahnte nur, mit der Zeit zu geizen, damit ihnen der Abend nicht verdorben werden möchte. Von allen Leidenschaften, die der Menschheit in den mannigfachsten Nüancen auf die Pilgerreise durchs Leben mit auf den Weg gegeben werden und zwar mehrentheils, um den Wortlaut ihrer Aufgabe zu entsprechen, das heißt, Leiden zu schaffen — ist und bleibt die höchste Würdenträgerin: — die Liebe, die nur darin allen anderen Leidenschaf ten gleicht, daß sie ebenfalls keine Vernunft annimmt, im Uebrigen aber sich dadurch von allen ihren Ge schwistern unterscheidet, daß sie die erst- und ältest geborene,und die alleinige legitime,vom Schöpfer höchst eigens eingeführte und berufene ist, und eben darum auch das Zepter führt, dem sich alle -ur Vernunft ge borene Creaturen wohl oder übel unterwerfen müssen, indem ich — wie der Dichter spricht — mit dem Hunger in Gemeinschaft das Geschlecht an die Dauer knüpft. Wen kann es demnach noch ferner Wunder nehmen, wenn sie, die Liebe, als absolute Regen tin sich unter Umständen an die gekünstelte Gesetzmacherei nicht kehrt und eigensinnig ihre Straße zieht vor allem da, wo klimatische und Racenverhältnisse des Gefühlsleben noch besonders aufstachelt, und hie und da selbst das Decorum mit Nasenstübern abweist. Ein Beispiel hiervon liefert uns Frau Beate. — Der junge Tyroler hat es ihr angethan, und sie revanchirt sich, indem — er kaum wagend es einzu gestehen — von einer gleichenLiebesthorheit eingenom men ist, die sich nur, der Situation entsprechend, weniger agressiv gehen läßt als die Partnerin, die schon so weit auf ihrem Irrwege vorgeschritten, daß sie ihren guten Ruf für ihre Leidenschaft einsetzt und va bavqu« spielt. So hatte sie sich nun in ihrer leidenschaftlichen begehen Ew. Majestät heute den 10jährigen Erin nerungstag des glorreichen, aber blutigen Schlacht tages von St. Privat-Gravelotte, wo Sie an der Spitze Ihrer braven Truppen einen so ruhmreichen Theil an dem ewig merkwürdigen Siege nahmen. Ich kann es mir daher nicht versagen, Ew. Majestät und den sächsischen Truppen von Neuem meine An erkennung und Dankbarkeit auszusprechen für die hohen Leistungen am 18. August 1870. Wilhelm." — Bei den diesjährigen Controlversammlungen im Herbste wird es einiges Aufsehen machen, daß die im Jahre 1868 Eingelretenen trotz des Ablaufs der zwölf Jahre nicht zum Landsturm und die im Jahre 1873 Eingelretenen trotz des Ablaufs der sieben Jahre nicht zur Landwehr übergeführt werden. Die Militärverwaltung will nämlich die alten Jahr gänge nicht entlassen, bevor der neue Rekrutenjahr gang die erste militairische Ausbildung erlangt hat, damit eine in der Ausbildungspeciode etwa eintre tende Mobilmachung die Armee nicht um einen feld dienstfähigen Jahrgang schwächer findet. Deshalb finden nach dem neuen Gesetze die Entlassungen zur Landwehr und zum Landstürme für Diejenigen, welche 1872, beziehungsweise 1868 nach dem 30. September eingestellt wurden, erst in der Früh- jahrs-Controlversammlung 1881 statt. Dies bedeu tet thatsächlich eine Verlängerung der Dienstzeit um ein halbes Jahr, also eine 7*/r-, bezw. 12'/2-jährige Dienstzeit. — Ueber die diesjährige Ernte in Sachsen ha ben die Herren Gebrüder Heller in Dresden auf dem internationalen Getreide- und Saatenmarkt zu Wien folgenden Bericht erstattet: Raps wird höch stens zwei Drittel der vorigen Ernte liefern. Die Qualität befriedigt. Roggen wird etwa 50—75 pCt. einer Durchschnittsernte ergeben. Die Qualität be friedigt in keiner Weise; was bis jetzt vorkam, war zun> Theil feucht und auch mit Auswuchs besetzt. Mit der Weizenernte ist man erst jetzt beschäftigt und wird allgemein ein gutes Resultat erwartet. Es giebt aber sehr viel Lagerfrucht, daß man na mentlich bei dem unbeständigen Wetter schließlich qualitativ und quantitativ enttäuscht werden dürfte. Gerste und Hafer versprechen eine volle Ernte. Durch das ohne Unterbrechung andauernde Negen- wetter ist unsere Ernte ganz erheblich beschädigt worden. Es steht noch sehr viel auf den Feldern, was mehr oder weniger leiden muß, wie auch der Auswuchs häufiger vorkommt. Die Gefahr für die Kartoffeln ist inzwischen augenscheinlicher geworden. — Einen verzweifelten Sprung führte am Diens tag in Leipzig ein bereits mehrfach bestrafter Hand arbeiter aus, als er eben wegen Diebstahls in einem Hause in der Südstraße verhaftet werden sollte. Ohne sich zu besinnen, sprang der Mann zum Fen ster hinaus zwei Stock hoch herab auf die Straße. Man glaubte, er werde schwer verwundet oder todt auf dem Pflaster liegen, aber er war unverletzt Verirrung einen Plan ausgedacht, durch den sie hoffte, über das, was ihr unlängst mißlungen, über den Gemüthszustand des jungen Tyrolers Klarheit zu gewinnen, und zwar namentlich auch, ob er für Felice etwas anderes noch als freundschaftliche Ge fühle hege? So ging sie, monologisirend über das, was sie nun beginnen sollte, in ihrem Zimmer auf und nieder, als die Dienerin nach Ausrichtung ihres Auftrages zurückkehrte und meldete, daß Herr Stainer sofort erscheinen werde, und daß der selbe, bei ihrem Eintritt ernst und traurig, nach empfangener Botschaft plötzlich froh und aufge heitert erschienen sei. Man sieht, das Mädchen kannte ihr Terrain, und Frau Beate nahm die Auskunft sehr freundlich auf, erkundigte sich nur noch: ob die Herren und Felice fortgegangen seien? — und als dies bejaht und hinzugefügt worden, daß Meister Geronimo seiner Nichte den Arm gereicht habe, wurde die Dienerin befriedigt entlassen, und die verhängnißvolle Scene, die mit der Lüge eines vorgeschwätzten Kopfschmer zes eingeleitet und vorbereitet worden — konnte beginnen und begann in der That, da in demselben Momente der Haupt-Acteur ins Zimmer trat. Frau Beate empfing ihn, nachlässig auf einem Divan ruhend, und versuchte es, eine außerordentlich leidende Miene anzunehmen, als der Erwartete schüchtern herein trat und sich unter theilnehmender Geberde mit den fast leise gesprochenen Worten näherte: „Ich war schier zum Tod erschreckt, als ich hörte, daß Euch ein Unfall zugestoßen sei, und beeilte mich darum, herbei zu kommen; doch überrascht es mich, Euch ohne Beistand, ohne Schutz, so ganz allein zu finden." „Wie kann Dich," fragte sie sanft und leidend, „denn dies nur im Geringsten überraschen." (Fortsetzung folgt.)