Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189807084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18980708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18980708
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-07
- Tag 1898-07-08
-
Monat
1898-07
-
Jahr
1898
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.07.1898
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1SS8. Freiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Gelte S. — 8! J«N. sehr unwahrscheinlich, wo nicht unmöglich." Hiernach ist die Ge fangenschaft für Dreyfus verschlimmert worden, da ihm selbst die Zerstreuung, das Meer zu bewundern, unmöglich gemacht ist. Er hat also nur die Aussicht zwischen hohen Bretterwänden und zum Himmel. Frau DreyfuS verlangte, wie schon kurz gemeldet wurde, in einer Eingabe an den Justizminister die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihren Gatten, da er gegen die Bestimmung deS Gesetzes auf Grund von Beschuldigungen verurtheilt worden sei, di« ihm nicht mitgetheilt wurden. Die Esterhazy-Blätter und die hinter ihnen stehenden amtlichen Kreise hatten immer gesagt, daS sei der richtige Weg, den die Vertheidiger der Unschuld DreyfuS' einschlagen müßten, wenn sie gesetzliche Bahnen wandeln wollten, und nun, da Frau Dreyfus diesem Rathe folgte, schreibt „Eclair": „Wie kann der Justizminister die Eingabe einer Prüfung für würdig erachten, da die darin angegebenen Thatsachen schlechter dings unerweislich sind? Das Gesetz fordert nämlich, daß alles, was im Berathungszimmer der Richter vorgeht, von undurch dringlichem Geheimnisse umgeben bleibe. Kein Zeuge der That sachen, gegen die Beschwerde erhoben wird, könnte also über sie den geringsten Aufschluß geben, wenn er von einem Richter befragt würde. Unter diesen Umständen ist es unmöglich, auch nur zum Anfang einer Untersuchung zu schreiten; der Justiz minister kann also der Familie Dreyfus nur mit einer Ab weisung antworten, und das wird er thun, zweifeln Sie nicht daran." Gestern Begann vor dem Zuchtpolizeigericht zu Paris der VeAeumdungsprozeß der Schriftsachverständigen gegen Emile Zola. Die Wiedergabe der Verhandlungen ist nach dem Gesetz verboten. Der Staatsanwalt beantragte die Verurtheilung Zolas zu einer hohen Entschädigung. Das Urtheil wird am 9. d. M. verkündet werden. Wie schon drahtlich mitgetheilt, ist der aus dem Panama- Prozeß bekannte Cornelius Herz, 51 Jahre alt, in England ge storben. Cornelius Herz war Jude und stammt aus Frankfurt a. M. und erlernte in Bukarest das Bankfach, worauf er nach Nordamerika auswanderte. Als der Krieg von 1870/71 ausbrach, ging er nach Frankreich und trat in die Loire-Armee ein, ohne sich besonders hervorzuthnn. Nach einem nochmaligen Aufenthalt in Amerika nahm er 1876 in Paris seinen dauernden Aufenthalt, wo er sich alsbald auf allerlei Gründergeschäfte legte. Herz wurde Direktor einer große» Gesellschaft zur elektrischen Kraft übertragung, welche später v. Rothschild mit einer enormen Summe ankaufte. Dann wurde er der Leiter der großen Tele phon-Union, bei welcher er ebenso wie bei der anderen Gesell- chast das Fett von der kräftigen Suppe abzuschöpfen verstand, nachdem er schon früher in Amerika ans allen möglichen Ge schäften und Schiebungen für sich beträchtliche Summen heraus- zepreßt hatte. Cornelius Herz wußte nicht nur die großen Zinanzleute, sondern auch einflußreiche Parlamentarier und sogar Minister zu seinen skrupellosen Zwecken anszunutzen. Mit einzig dastehender Virtuosität emes gewissenlosen Gründers und Pro jektenmachers war ihm dies für das berüchtigte Panama-Unter nehmen gelungen, dessen Krach die ganze französische Finanzweli in Mitleidenschaft zog und die höchsten Persönlichkeit«« nicht weniger stark kompromittirte als den ehrenwerthen Cornelius Herz selbst. Der französischen Gerichtsbarkeit wußte er sich durch seinen ständigen Aufenthalt in England zu entziehen. Dieser edle Held ist für würdig befunden worden, mit dem Großkreuz der franzö sischen Ehrenlegion geschmückt zu werden. Vom spanisch-amerikanischen Krieg. Wird Spanien die Donquixoterie begehe», den Krieg fortzusctze»? Eine amtliche Meldung aus Madrid bejaht diese Frage; sie lautet: „Der Ministerrath beschloß nach kurzer Berathung, nicht in Friedensverhandlungen einzutreten, sondern den Krieg bis zum Aeußersten, so lange noch ein spanischer Soldat auf cubanischem Boden steht, sortzusühren." Das ist ein stolzes, aber hoffentlich und wahrscheinlich nicht ein letztes Wort. Welchen Sinn und Zweck sollte die Fortsetzung des Kampfes haben ? Die Vereinigten Staaten schließlich doch niederzuringen, kann Spanien, dem soeben seine beste Waffe entwunden worden ist, unmöglich hoffen, ihm winken nur noch neue Niederlagen, bei denen am Ende auch seine bisher unversehrte Wassenehre zu Schaden kommen könnte und der völlige Ruin seiner ohnehin aufs Aergste zerrütteten Finanzen. Je schneller der Krieg beendet wird, um so mehr kann Spanien noch aus dem Zusammenbruche seines Glücks retten; ihn weiter- sühren, hieße das ohnedies stark zusammcngeschwundene Kapital an Lebenskraft, das der Nation noch geblieben ist, nutzlos und unwiederbringlich vergeuden. Ist es denn etwa auf die Ver hütung einer allgemeinen Umwälzung abgesehen ? Aber auch dann wäre nichts verkehrter, als die Verlängerung dieses hoffnungs losen Krieges. Wenn etwas die alsonsistische Monarchie retten kann, so ist es ein schneller Friedensschluß — und wäre es anders, dann müßten eben die Interessen der Dynastie den höheren der Nation weichen, die gebieterisch die Beendigung des Krieges verlangen. Dieser Einsicht werden sich auf die Dauer die leitenden spanischen Staatsmänner nicht verschließen können. Der vorgestrige MinisterrathSbeschluß ist vielleicht ein Zugeständniß an das augenblicklich bis zur Krankhaftigkeit hochgespannte spanische Selbstgefühl, aber dabei kann es sein Bewenden nicht haben, die patriotische Schmerzauswallung der ersten Stunde nach dem Bekanntwerden der ganzen Wahrheit über Santiago wird bald besonnener Abwägung aller Gründe für und wider den Krieg weichen, und kaltblütige Ueberlegung wird die Spanier lehren, daß es für ihr Land nur noch ein Pflichtgebot der Selbsterhaltung giebt: Frieden. Mögen darum auch die nachstehende» Meldungen den Ereignissen vielleicht ein wenig vorauseilen, so werden sie doch hinterher durch die Thatsachen bestätigt werden. London, 6. Juli. Der Madrider Berichterstatter des „Daily Telegr." drahtet, er habe erfahren, Mittwoch werde die spanische RegierungFriedensanträge stellen. — Wie der Wiener Berichterstatter des „Daily Telegr." von gut unterrichteten zuverlässige» Beamten erfährt, haben mehrere Kabinette, die in freundlichen Beziehungen mit Spanien stehen, bereits ihren vereinigten Einfluß in Madrid ausgeübt, um die Regierung zu veranlassen, den nutzlosen Kampf zu endigen. Gleichzeitig kommen aus Madrid Privatnachrichten — selbst verständlich schweigt die amtliche Berichterstattung möglichst lange über solche Dinge —, wonach unter dm Militäreine bedrohliche Stimmung um sicb greift; die Bevölkerung neige zu Unruhen, allenthalben würden Anzeichen sichtbar, daß die Massen sich für einen Bürgerkrieg bewaffnen. Das ist nicht verwunderlich, denn seit Monaten lauern Karlisten und Repu blikaner nur aus eine große Unglücksnachricht aus Westindien, uni die Schranken, die ihnen die Rücksicht auf die äußere Gefahr des Vaterlandes gezogen hat, zu überschreiten und gegen die alsonsistische Monarchie Sturm zu laufen. Für diese wird alles davon abhänoen, ob sic das Heer in der Hand behält. Wenn stempelt. Aber waS sind daS für traurige Schulen! Die elendeste ! polnische Dorfschule in dem vielverrufenen Oberschlesien ist gegen die hiesigen Schulen die reine Fundgrube und Pflanzstätte tiefster Wissenschaft. Ein alter Lehrer aus der sogenannten guten alten .Zeit, der nie eiu Seminar besucht hat, sondern der Diener oder /Privatsekretär des Grafen H. in seiner Jugend gewesen ist, ist um dieser Verdienste willen in sein jetziges Amt gekommen. Und wie der Lehrer, so die Schüler! Ganz unbetretene Felder, die nicht auf dem Lehrplan stehen, sind Geographie, Geschichte, Natur geschichte, Geometrie, Turnen und sogar der Gesang von Volks liedern. Gelehrt wird nur: Schreiben, Lesen, Religiou, der Ge sang von Kirchenliedern und „twei moal twei". Wie verlautet, beabsichtigt die Reichsregierung dem neuen Reichstag schon in diesem Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sich mit einer Revision desUrheber rechts (Reichsgesetz vom 11. Juni 1870 u. s. w.) befaßt. Der erste Entwurf zu dieser Vorlage ist bereits im Reichsjusttzamt ausgearbeitet worden und dürste in kurzer Frist einigen literarischen und anderen Sach verständigen vorgelegt werden. Die „Konservative Korrespondenz" schreibt heute über den „Kladderadatsch": „Das Blatt ist allmählich auf ein sittlich so tiefstehendes Niveau gesunken, daß vornehm Gesinnte sich mit ihm nicht mehr zu beschäftigen vermögen. Das „satyrische" Wochenblatt ist einseitig und dadurch stoffarm geworden, die satyrische Ader versagt darum häufig, und in solchen Fällen muß die Schimpferei und die aus der Rüstkammer der schlimmsten Revolverjournalistik hervorgeholte Provokation herhalten. Wir haben die Empfindung, es müsse gegen derartige, dem pub lizistischen Anstand und Ehrgefühl ins Gesicht schlagende Gepflogen- schasten die deutsche Presse einhellig Verwahrung einlegen und wollen dies unsererseits hiermit gethan haben." Der vereinigte zweite und dritte Strafsenat des Reichsgerichts verurtheilte gestern in dem Prozeß wegen Verraths militärischer Geheimnisse, sowie wegen Versuchs dazu den Bildhauer Friedrich Steinlen zu 18 MonatenAuchthauS und 2 Jahren Ehrverlust, den Alfred Dussard zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust. Fünf Arbeiter auS Erlangen wurden vom Schwurgericht Nürnberg wegen Aufruhrs zu Gefängnißstrafen beziehungs weise Zuchthausstrafen von 2 Monaten bis 2^ Jahren ver- nrtheilt. Die Angeklagten hatten in der Nacht auf den 15. Juni die Verhaftung einer Frauensperson auf dem Bahnhof in Erlangen verhindert und im weiteren Verlaufe der Handlung sich des Verbrechens des Aufruhrs, der Gesangenenbefreiung, des Wider standes gegen die Staatsgewalt und der Bedrohung und Be leidigung schuldig gemacht. Oesterreich. In Olmütz kam es am Dienstag zwischen deutschen und czechischen Studenten zu Straßenunruhen. Die Bewegung nahm großen Umfaug an. Infanterie säuberte den Platz. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Schweiz. Im Kanton Zürich hat kürzlich über verschiedene Gesetzesvorlagen eine Volksabstimmung stattgefunden. Davon find zwei Vorlagen und ihre Schicksale erwähnenswerth. Es ist die MiethSwerthsteuer, die für die Stadt Zürich eingesührt, wieder aufgehoben und durch eine allgemeine Liegenschastensteuer ersetzt worden war, die 20 Centimes von 1000 Franken des Verkehrswerthes ausmachen soll. Eine andere Vorlage zieht, wie schon mitgetheilt, der Advokatur, die sreigegeben war, Schranken, indem ihre Ausübung von einer Prüfung abhängig gemacht wird. Nur so glaubt man der „Rechtsagenten" Herr z» werden, die, ohne juristische Bildung und von großer Zudringlichkeit, zu einer Landplage geworden sind. Aber insofern enthält anderseits das Gesetz eine Bestimmung, die den Kreis der Advokaten weiterzieht, olS auch Frauen, wenn sie die Fachprüfung abgelegt haben, als Anwäste praktiziren dürfen. Italien. Nach zuverlässigen Nachrichten aus Rom sind die Gerüchte betreffend eine auf den Frieden zwischen Spanien und Amerika bezügliche Aktion des Papstes unbegründet. Der Papst beschränke sich darauf, den spanischen Bischöfen anzuempfehlen, ihrer Regierung keinerlei Schwierigkeit zu bereiten. Dem englischen Kriegsministerium und speziell einer Ab- theilung dieser Behörde, dem Militärbekleidungsamt, wird von der englischen „Schuhmacher-Zeitung" gründlich die Wahrheit gesagt. Der Feldzug im Sudan hatte die völlige Unbrauchbarkeit der von Großfabrikanten gelieferten und von Offizieren des Bekleidungsamtes für tauglich befundenen Stiefel ergeben. Eine genauere Untersuchung solcher Militärstiefel giebt nunmehr der genannten Zeitung zu folgendem Erguß Veranlassung: „Ter neue Stiefel ist ein Denkmal von technischer Unwissenheit und allgemeiner Dummheit, das alle Erwartungen übersteigt. Die Sohle ist mit rundlöpfigen Zimmermannsschrauben besetzt, die den Zweck haben, gleichzeitig als Befestigung und als Hufnagel zu dienen. Die Schrauben sind vom Kopf bis zur Spitze einen halben Zoll lang und nadelscharf. Wenn der Stiesel eine kurze Zeit in Gebrauch ist und die Fußsohle sich schön in ihn eingebettet hat, dann wird Tommy Atkins — das ist der Spitzname für den englischen Soldaten — seine Helle Freude an den Dingern erleben. Natürlich fällt es keinem Menschen, dem Kriegsmmistcrium wahrscheinlich selbst nicht, ein, daß diese Eisenklötze eingeschraubt werden müßten. Der Armeeschuster schlägt sic in den Stiefel und vertraut darauf, daß sie wohl festsitzen. — Das Gewicht eineS solchen Panzerstiefels zu schätzen, wagt man gar nicht. Jedenfalls ist der Stiefel eines Ackerers, selbst wenn eine halbe Farm daran hängt, nichts dagegen. Hat das Kriegsministerium wohl jemals von Sohlen gehört, die mit Kupferdraht an den Stiefel gesteppt sind?" Frankreich. Der Deputirte Gauthier benachrichtigte den Minister des Auswärtigen Delcassä, daß er ihn noch vor den Ferien über den spanisch-amerikanischen Krieg befragen werde. Das Pariser „Journal" läßt sich aus Guyana über Dreyfus auf der Teufelsinsel schreiben: „In leiblicher Hinsicht genießt der frühere Hauptmann Dreyfus gegenwärtig einer ziemlichen Gesund heit, obwohl er ungemein gealtert, sein Gang sehr langsam und matt geworden ist. Aber seine geistigen Fähigkeiten scheinen ernstlich erschüttert. Dieser Zustand des Gehirns wird gewisser maßen bestätigt durch den Umstand, daß er seit einiger Zeit ganz aufgehört hat, Mathematik zu treiben, was seine liebste Zer streuung war. Jetzt unterhält er sich damit, Verzierungen mit der Feder zu zeichnen. Er versäumt sogar, die Bücher und Zeit schriften zu lesen, die ihm regelmäßig von Paris geschickt werden. Er geht nicht mehr aus der aus hohen Brettern — nicht aus einem Eisengitter, wie verbreitet wurde — bestehenden Ein friedigung hinaus, die seine Hütte umgiebt und ihm den Anblick des Meeres raubt, das er früher stundenlang bewunderte. Jeden Monat erhält Dreyfus von seiner Frau zwei oder drei Post sendungen mit Frühgemüsen, Chokoladen, Leckercie», Cigarren-c. Die Verdoppelung der Bewachung, sowie weitere Vorkehrungen der Sicherheit machen jeden Versuch einer Flucht oder Befreiung .nicht alles trügt, wird demnächst General WeylerS Stund« schlagen, sei es, daß die Dynastie sich ihm in die Arme wirft, sei es, daß er an die Spitze der militärischen Opposition tritt und diese einer der die Macht anstrebenden Parteien zuführt. Ueber die Ereignisse bei Santiago treffe» immer noch Berichte ein, die einzelne kleine Züge zu dem bereits bekannten Bilde hinzufügen. In Madrid ist endlich, wie bereits mitgetheilt, die Vernichtung des Geschwaders Cerveras amtlich bekannt gegeben worden. Es liegen folgende Nachrichten vor; Wien, 6. Juli. DaS „K. K. Telegraphen-Korrespondenz- Bureau" meldet aus Kingston von gestern: Ein Augenzeuge der Ereignisse vor Santiago seit Sonntag meldet vom Bord des österreichisch-ungarischen Torpedo-RammkreuzerS „Kaiserin und Königin Maria Theresia": Die „Maria Theresia" ist mit 77 Flüchtlingen hier eingelaufen. Das Schiff lief Sonntag früh die Küste von Cuba 20 Meilen östlich von Santiago an und steuerte dann westlich. Um 10 Uhr früh waren die an Bord Befind lichen Augenzeugen der Aktion. Das Gefecht spielte sich in west lich formirten Kiellinien ab. Der Geschützkampf wurde in einer Entfernung bis zu 1500 Mrds geführt. Binnen 1*/, Stunden war die spanische Flotte trotz ihrer gute» Haltung in Brand ge schaffen und vollkommen vernichtet. Die brennenden Schiffe „Jnfanta Maria Teresia", „Almirante Oquendo" und „Viscaya" strandeten einzeln freiwillig 10 bis 20 Meilsn westlich von Santiago." Man sah von Bord der „Maria Theresia" aus die Schiffe explodiren. Die Torpedobootzerstörer wurden in den Grund gebohrt. Der „Cristöbal Colän" strandete etwa 60 Meilen westlich. Die amerikanische Flotte blieb unversehrt. Die Span« erlitten sehr schwere Verluste. Die Ainerikaner hatten nxr zwei Todte und wenig Verwundete. London, 6. Juli. (Meldung des „Reuterschen Bureaus".) Unter dem 3. Juli wird aus dem amerikanischen Hauptquartier von Santiago berichtet, daß nach sorgfältiger Abschätzung die Aerzte die Verluste der Amerikaner an Todten und Verwundeten um Santiago zum Mindesten auf 1700 Mann angeben, von denen ungefähr 150 Mann sofort todt waren oder ihren Wunden erlagen; der Rest der Verwundeten werde voraussichtlich genesen. Ziehe man in Betracht, daß nicht mehr als 12000 Mann an dem Kampfe Theil genommen haben, so sei die Verhältnißzahl der Verluste eine sehr große, insbesondere unter den Offizieren. Dies sei hauptsächlich der Tapferkeit der Truppen zuzuschreiben, welche über ein völlig ungedecktes Terrain gegen das äußerst kräftige Feuer der Spanier vorgerückt seien. New-Aork, 6. Juli. Der „New-Aork Herold" meldet aus Kingston: Von Santiago an Bord des britischen Kriegsschiffes „Alert" eingetroffene Flüchtlinge theilen mit, General Pando sei in der Schlacht bei Palma, in welcher er, auf dem Marsch nach Santiago begriffen, mit den Aufständischen kämpfte, am Arm schwer verwundet worden. Eine Bestätigung dieser Meldung fehlt. Die Flüchtlinge behaupten ferner, General Linares habe erklärt, Santiago lieber verbrennen als übergeben zu wollen. Nach dem selben Blatt erklärte Admiral Cervera im Verlaufe einer Unter redung, er habe von Madrid aus zweimal Befehl erhalten, den Hafen von Santiago zu verlaffen und nach Habana zu gehen. Er habe vollkommen die Schwierigkeit seiner Lage erkannt. Die Ehre der spanischen Marine erforderte es jedoch, daß eine strate gische Bewegung gemacht wurde. Aus diesem Grunde sei von ihm der Flotte der Befehl gegeben worden, der fast sicheren Zer störung cntgegcnzugehen. — Wie der „New-Dork Herold" aus Washington meldet, fehlte es vor Santiago an Uebereinstimmung zwischen dem Oberkommando der Landtruppen und der Marine in der Leitung der Operationen. General Shafter berichtete, Admiral Sampson habe sich geweigert, in den Hafen von Santiago einzulaufen und die Stadt zu beschießen, wenn er nicht vom Marineamt direkt den Befehl dazu erhielte. Wien, 6. Juli. Das „K. K. Telegraphen-Korrcspondenz- Bureau" theilt aus Berichten aus Santiago vom Bord des österreichisch-ungarischen Torpedo-RammkreuzerS „Kaiserin und Königin Maria Theresia" noch Folgendes mit: Gestern wurde ein Waffenstillstand vereinbart, um den Neutralen Gelegenheit zu geben, sich zurückzuziehen. Der Linienschiffskapitän v. Ripper, Kommandant der „Maria Theresia", unterhandelte gestern mit Admiral Sampson, welcher sich sehr entgegenkommend zeigte, und entsandte alsdann vier Boote nach Santiago, um die Neutralen an Bord zu nehmen. Unter denselben befinden sich ein österrei chisch-ungarischer Unterthan, ferner die Konsuln von Italien, der Dominikanische» Republik und des Staates Paraguay mit ihren Familien und des Weiteren ein russischer Konsular- Funktionär. Der österreichisch-ungarische und der deutsche Konsular-Agcnt dagegen verblieben in Santiago. Die englischen und schwedische» Unterthanen w»rden durch die englischen Schiffe „Pallas" und „Alert" abgeholt. — Von Cuba aus konnte nicht telegraphirt werden, da das Kabel für Dienstzivecke reservirt bleibt. Washington, 6. Juli. Eine Depesche des General Shafter vom 5. d. M. meldet, er habe ein Schreiben des General Toral erhalten, in welchem derselbe einwillige, Lieutenant Hobson (der die „Merrimac" im Hafen von Santiago versenkte und dabei in spanische Kriegsgefangenschaft gericth) und seine Mitgefangenen auszutauschen. Tags zuvor hatte General Toral ein »hin gehendes Anerbieten General Shafters abgelehnt. New Jork, 6. Juli. Nach einer weiteren Depesche des „New Dork Herald" aus Kingston berichten die dort von San tiago eingetroffenen Flüchtlinge, die Gebäude des englischen und österreichisch-ungarischen Konsulats in Santiago wären von Hunderten dort ansässigen Fremden umlagert gewesen, welche flehentlich darum baten, auf ein Schiff gebracht zu werden. Unter den Nichtkombattanten in Santiago herrschte großer Schrecken. Die Tochter des englischen Konsuls, welche sich unter den Flüch tigen befand, sagt aus, am Sonnabend und Sonntag Vormittag seien die Granaten dicht um das Konsulatsgcbäude herum nieder- gefallen. Die Stärke der spanischen Streitkräfte in Stadt und Umgegend schien Niemand zu kennen. Die Zahl der kampf fähigen Soldaten der Garnison schätze man auf 8000. Jedes fünfte Haus in Santiago war in ein Hospital umgewandelt worden. London, 6. Juli. Die zweite Ausgabe der „Times" ver öffentlicht eine Depesche aus Santiago de Chile vom 5. d. Mts., nach welcher ein von dem chilenischen Minister des Auswärtigen dazu ermächtigter Korrespondent mittheilt, Chile habe eine Note an Argentinien gerichtet, in welcher erklärt wird, Chile sei stets bereit, die Klauseln des Vertrags bezüglich der Grenzbestimmungen anzunehmen im Hinblick auf eine sofortige friedliche Lösung der betreffenden Frage. Chile empfehle auf das Dringendste, sich in allen Streit-Punkten zwischen Chile und Argentinien dem Schiedssprüche der Königin Viktoria von England zu unter werfen. Madrid, 6. Juli. Das Bekanntwerden der Vernichtung der Flotte Cerveras hat die Erregung der Bevölkerung aufs Höchste
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)