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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 29.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189805299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18980529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18980529
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-29
-
Monat
1898-05
-
Jahr
1898
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 29.05.1898
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122 Freiberger Anzeiger «nv Lageblatt. Gelte S. --- 2s: Mal. ^as Bild hat etwas überaus Verletzendes für die Deutschen in Oesterreich, und alle Anerkennung des k. und k. Kriegsministers für die bosnischen Soldaten kann das Urtheil des unbefangenen Beobachters nicht ändern, daß da ein schwerer Mißgriff geschehen ist. Beweis dafür der laute Jubel, niit dem die Grazer daS heimische Infanterie-Regiment empfingen, als dieses nach dem Abzug der Bosniaken in ihre Kaserne den Ordnungsdienst in den Straßen übernahm, und die Willfährigkeit, die sie den deutschen Soldaten gegenüber bewiesen, deren „Korrektheit" doch wohl nicht hinter jener der Bosniaken zurückbleibt. Die Aufbietung der bosnischen Truppen zur Niederzwingung der Grazer Bevölkerung war aber auch von anderen Gesichts punkten aus mindestens unklug. Vor allem ist es fraglich ob die österreichisch-ungarische Reichsverwaltung überhaupt das Recht zu einer derartigen Verwendung bosnischer Soldaten hat. Bosnien gehört nicht zu Oesterreich-Ungarn, sondern ist nach wie vor türkisches Gebiet, das nur vorläufig von den Oesterreichern besetzt ist und verwaltet wird; die bosnischen Soldaten sind keine k. und k. Soldaten, sondern sind streng genommen türkische Soldaten, ihre Verwendung außerhalb Bosniens ist rechtlich mindestens anfechtbar. Aber selbst abgesehen von dieser staats rechtlichen Frage — war es klug, den Söhnen der Männer, die monatelang der österreichischen Okkupationsarmee trotzigen Wider stand geleistet haben, so unmittelbar das Schauspiel von Straßen unruhen vor Augen zu führen und ihnen sogar noch eine thätige Rolle dabei zuzuweisen? Werden die jungen Bosniaken, wenn sie in ihre Berge heimgekehrt sind, nicht ihren Landsleuten mit triumphirendem Behagen erzählen, daß es auch drüben im Kaiser reich „Aufstände" gegen die Regierung gebe, und kann durch derlei Erzählungen und daran sich knüpsende Schlüffe nicht die den Bosniaken von je im Blute liegende Neigung zu Ausständen neubelebt werden? An Aufhetzungen, insbesondere von Montenegro und Serbien her, fehlt es ohnehin nicht. Was die gleichfalls gestern vom Kriegsminister besprochene und gerechtfertigte Tegra- gradirung einiger Dutzend Reserveoffiziere und Kadetten betrifft, so hat er das formelle Recht zweifellos auf seiner Seite; ob es klug, ob es menschlich, ob es unerläßlich war, dieses Recht bis auf die äußerste Konsequenz zu treiben, ist eine andere Frage; hoffentlich werden durch einen Gnadenakt des obersten Kriegs herrn, der ja eben in diesem Jahre sein Herrscherjubiläum feiert, Klugheit und Menschlichkeit auch in dieser Angelegenheit zur Geltung gebracht werden. . Die behördliche Auflösung des Gemeinderaths von Graz wegen der vorgestern beschlossenen Resolution steht bevor. Die Tumulte in Przemysl haben sich wiederholt und einen ausgesprochen antisemitischen Charakter angenommen. Der jüdische Stadttheil ist demolirt worden, die Geschäfte wurden geplündert und die Juden gemißhandelt. Erst mit Hilfe von Militär konnte die Ruhe wieder hergestellt werden. Es wurden viele Verhaf tungen vorgenommen. Das Uebergewicht der Ungarn in der Monarchie tritt m>t jedem Tage deutlicher hervor. Man schreibt der „D. T." hierzu aus Wien: „Während die ungarische Delegation und ihre Aus schüsse einmüthig jeden Anlaß ersaßt haben, um mit einem an Rücksichtslosigkeit grenzenden Nachdruck durch den Einfluß Ungarns auf die gemeinsame Politik ihre Angelegenheiten als die maß gebenden hinzustellen, hat die österreichische Delegation bisher nichts gethan, die so zum Ausdruck gebrachte Uebermacht Ungarns zu paralysiren. In den Debatten der österreichischen Delegation überragt auch diesmal das rein innerpolitische Element; Slave» und Deutsche erschöpfen sich in gegenseitigen Anklagen, wo es doch dringend nothwendig wäre, auf dem Gebiete der Reichs- intereffen und insbesondere gegenüber den Anmaßungen und Uebergriffen Ungarns einheitlich Stellung zu nehmen. Wenn hier und da ein scharfes Wort gegen Ungarn fällt, so wird das den Pester Politikern kaum imponiren, da es angesichts der zerfahrenen Verhältnisse in Oesterreich und der Unzulänglichkeit der Parteien vollständig ausgeschlossen ist, daß den Worten auch die That, d. h. die Einigung der österreichischen Parteien in der Frage der staatsrechtlichen und wirthl chastlichen Beziehungen zwischen beiden Reichshälsten Nachfolgen könnte. Unter diesen Umständen wird es um so wahrscheinlicher, daß dem gegen wärtigen Ausgleichsprovisorium zwar ein neues folgen werde, jedoch mit einigen Abänderungen, die Ungarn neue finanzielle Vortheile sichern. Es soll nämlich der bisherige Zustand aus ein weiteres Jahr verlängert werden, mit Ausnahme der Be stimmung über die Verzehrungssteuer, die Ungarn in der Weise einseitig abändern wird, daß daraus für die jenseitige Reichs hälfte ein jährlicher Mehrerlös von 5 Millionen Gulden sich ergiebt. Ungarn würde demnach auch ans ein weiteres Jahr in dem alten vortheilhaften Besitzverhältniß bleiben, das ihm der gegenwärtige Zustand sichert, es würde sich jedoch durch die Ab änderungen in der Einhebung der Verzehrnngsstetier einen neuen Vortheil sichern, der in seiner Wirkung die ungarische Beitrags quote zu den gemeinsamen Ausgaben von 21,4 auf 26 Prozent herabsctzen werde. Selbstverständlich ist eine derartige einseitige Regelung der gegenseitigen Beziehungen zwischen beiden Reichs hälsten nur dadurch möglich, daß die österreichische Regierung nicht in der Lage ist, die Ausgleichsvorlagen im Abgeordneten hause zur Verhandlung zu bringen und ^'o das Votum der öster reichischen Volksvertretung gegenüber den Ansprüchen Ungarns in die Wagschale zu werfen. Italien. Man schreibt der „Franks. Zeit." aus Mailand „Die Wirkung des neuen Geschosses hat sich bei den hiesigen Unruhen als eine furchtbare erwiesen. Der weitaus größte Theil aller Verwundeten muß sterben. Die wirkliche Zahl der Todten mährend des Aufstandes wird nicht mehr lange geheim bleiben, da es zu viele wohl Jusormirte giebt; sicher ist, daß sie beträchtlich größer ist, als offiziell angegeben wird. Und die Zahl der Verwundeten ist außerordentlich groß. Ucber die Wirkung der Ballestite-Geschosse wurde mir von civil- und militärärztlicher Seite Folgendes mitgetycilt. Aus angestellten Versuchen war die Wirkung des neuen Geschosses in Militärkreisen schon vorher be kannt. Man hatte in Florenz und Mailand auf große, gut- verlöthete Blechschachteln geschossen, die mit nasser Kleie, deren spezifisches Gewicht und Dichtigkeit ungefähr der. menschlichen Gehirnmasse gleichkommt, angcsüllt waren. Bei einer Entfernung von 500 bis 600 Metern explodirten die Schachteln in vielen Stücken nach allen Richtungen. Die Erklärung für diese Wirkung glaubte man in der ungeheueren Schnelligkeit der Flugkraft der neuen Geschosse zu finden. Wo die Kugel ein kräftiges Hinderniß findet, da theilt sie ihre Bewegung, in Molecularbewegung um gewandelt, dem hindernden Gegenstände mit. Der Inhalt der Schachtel, oder die Gehirnmasse, wenn es sich um den menschlichen Kopf handelt, sucht gewaltsam nach allen Seiten zu entweichen und zersprengt ihr Gefäß. Und so erklärt es sich, daß alle am Kopf Getroffenen das gleiche furchtbare Schauspiel bieten. Bei Allen findet sich die gesammte obere Schädelvecke wie der Deckel einer Schachtel abgehoben, und die Gehirnmasse herausgeschleudert. Trifft das Geschoß einen Muskel, so schlägt es durch, trifft es jedoch auf einen Knochen, so zersplittert es denselben, und schleudert seine Stücke nach allen Richtungen. Die Folge ist, daß alle an Armen und Beinen Getroffenen amputirt werden müssen, und alle am Rumpf Getroffenen sterben. Die Qualen der Ver wundeten sind dabei so entsetzlich, daß man Viele hat in Zwangs jacken stecken müssen, um sie vor ihren eigenen rasenden Be wegungen zu schützen." Frankreich. Der oberste Gerichtshof wird voraussichtlich gegen den 26. Juni über die Berufung in der Zolasache befinden; im wahrscheinlichen Falle der Verwerfung kommt sie dann Mitte Juli zur neuen Verhandlung vor dem Schwurgericht, vermuthlicb wieder in Versailles. AuS Paris, 24. Mai wird der „Voss. Ztg." geschrieben: Die gestrige neue Verhandlung in der Zola-Strafsache stellt diese Angelegenheit für eine kleine Weile wieder in den Mittelpunkt der Erörterung, und der Ton, in dem diese geführt wird, zeigt, daß die Leidenschaften auch heute noch so heftig sind, wie vor Monaten und daß die Zeit sie »och nicht abgekühlt hat. Ester hazy läßt heute seinen Leibblätter», die zugleich die des Großen Generalstabes sind, einen offene» Brief zugehen, in dem er Herrn Picquart der Feigheit bezichtigt, weil er es abgclehnt hat, sich mit ihm zu schlagen, und schriftlich die Mord- und Todtschlags- drohungen wiederholt, die er Montag vor dem VersaillerGerichts- palast an der Spitze einer unheimlichen Bande mit wuthschäumendem Munde ausgestoßcn hatte. „Petit Journ." erzählt sichtlich erfreut, daß Herr Picquart, als er am Bahnhof von Versailles von der Menge erkannt und bedroht wnrdc, sich an den Polizeilieutenant, der dort stand, mit den Worte» wandte: „Wollen Sie diesen Leuten zu schweigen gebieten?" nnd von dem Beamten die kurze Antwort erhielt: „Nein, mein Herr!" Das Schandblatt fügt hinzu, daß es „die Haltung des vaterländischen Beamten höchlich billige". „Lib. Par." bed.mcu gleichfalls, daß die aufgestellte» Leute Zola und seine Freunde, vs.r wenigstens ihn, nicht ermordet haben. Das Blatt bemerkt nach einer hochgcfärbteu Schilderung seiner „Flucht", das heißt seiner Abfahrt im Selbstfahrer: „Die Wahrheit ist unterwegs und Zola ans der Flucht. Und doch sind in den Wäldern um Versailles so schöne Zweige, die als natür liche Galgen dienen können!" Herr Casella setzt inzwischen im „Siecle" seine Mittheilungen über die Unterredungen sort, die er mit dem italienischen Militärbevollmächtigten Oberst Panizzardi gehabt hat. „Am 17. Februar 1898 sagte ich dem Oberst: „Dreyfus ist nicht das Opfer des Militarismus, sondern der Diplomatie. Sie werden mir niemals einreden, daß General Mercier nicht Nein beigegeben hätte, wenn Herr v. Schwarz koppen 1894 zu ihm gegangen wäre und ihm ruhig gesagt hätte: Mein General, Sie sind auf dem Holzwege. Wenn Sie weitergehen, werde ich mich gezwungen sehen, den wirklichen Schuldigen zu nennen um einen Unschuldigen zu retten." Da rief Herr Panizzardi: „Nein 1894 konnte Schwarzkoppen nichts sagen. . . . Sein Unrecht beginnt erst 1896, als die Nachbildung des Begleitschreibens veröffent licht wurde. Damals kam er zu mir gestürmt und rief: Mein lieber Panizzardi, jetzt haben sie meinen Mann! Das ist seine Schnft ... In diesem Augenblicke hätte mein Freund alles sagen müssen. Wenn ich mit der Hand in der Tasche gefaßt worden wäre, so hätte ich meine Papiere genommen, wäre zu meinem Könige gegangen und hätte ihn um die Erlaubniß ge beten, alles zu sagen. Mit meinen Nerven hätte ich in solcher Lage keine Nacht schlafen können. Aber das ist eine vertrauliche Mittheilung, die ich Ihnen mache. Sprechen Sie nicht darüber." Ich erwiderte: „Schon wieder Geheimnisse und vertrauliche Mittheilungen. Sie sind in meiner Stube, Sie erzählen mir hochernste Dinge und verlangen Zusicherung der Verschwiegenheit? Ich glaube im Gegentheil, daß Sie die Pflicht hätten, zu sprechen. Wie können Sie solche Schändlichkeiten geschehen lassen! . . . Wann Haven Sie den Namen des wirklichen Schuldigen erfahren?" Herr Panizzardi sagte: „Herr von Schwarzkoppen hätte schon lange Lust gehabt, ihn mir zu nennen, aber ich habe das Gespräch immer abgelenkt, da die Sache mich persönlich nichts anging. Aber ehe er nach Berlin abreiste, sagte Herr v. Schwarzkoppen: „Jetzt wird die Bombe bald platzen. Ich gebe Ihnen eine Neuigkeit. Mein Mann ist der Major Esterhazy." Angeekelt von alle dem rief ich: „Aber das ist ja schrecklich, Herr Oberst! Wenn Herr v. Schwarzkoppen noch länger schweigt, so ist er kein ehrlicher Mann. Er wird von der gesitteten Menschheit an den Pranger genagelt werden! Können Sie nicht die Wahrheit sagen?" „Was soll ich thun?" erwiderte Herr Panizzardi, „ich habe bestimmte Befehle meiner Regierung, weil ich nicht unmittelbar in diese traurige Geschichte verwickelt bi». Schwarzkoppen müßte ansangen. Oder er gebe mir nur einen Wink, und bei meinem Offiziersworte! ich werde alles, was ich Ihnen gesagt habe, in einer kommissarischen Vernehmung wiederholen. Versetzen Sie sich aber in meine Lage: ich kann doch nicht der Erste sein, der Geständnisse ablegt." — Die Generalstabsblätter schweigen, wie die früheren, so auch diese neuen Aussagen des Herrn Casella entweder todt oder machen eine unbestimmte Anspielung auf sie und thun sie mit der Bemerkung ab: Ausländer sagen nie die Wahrheit, darum verdient nichts von dem, was ein Ausländer sagt, den geringsten Glauben Vom spanisch-amerikanischen Krieg. In Washington scheint man augenblicklich nicht allein nicht zu wissen, wo das spanische Geschwader unter Admiral Cervera, sondern auch, wo die Geschwader Schleys und Sampsons sich befinden. Wie nämlich unterm 26. Mai gemeldet wird, sind die Staatsbehörden der Meinung, daß das Geschwader von Cervera noch immer in San tiago sei, jedoch liege weder von Sampson noch von Schley eine neue Bestätigung dafür vor und die Meinung der Regierung gründet sich nur auf einen vor zwei Tagen erhaltenen Bericht und auf die in Madrid veröffentlichten Nachrichten. „Die Marinebehörden wünschen dringend Nachrichten von Sampson und Schley zu erhalten." Der Wißbegier der Washingtoner Staatsbehörden kommt eine in der New-Dorker „Even. Post" veröffentlichte, an Bord des Preßschiffs im alten Bahamakanal am 25. dieses Monats abgesandte Drahtung zu Hilfe, der zufolge Admiral Sampson vor fünf Tagen von Key-West in See ging, um die Flotte Cerveras zu verhindern, den Vientos-Kanal zu passiren. Das Admiralschiff blieb am Sonnabend und Sonntag auf der Höhe von Habana und zog die einzelnen Schiffe der Flotte zusammen. Am Mon tag erfolgte die Abfahrt in östlicher Richtung. Am Dienstag wurde die Weiterfahrt unterbrochen, da Drahtungen erwartet wurden. Nach deren Eingang dampfte das Geschwader in der Richtung nach Habana zurück. Danach wäre die frühere Mel dung, daß die Geschwader Schleys und Sampsons sich vor Santiago de Cuba vereinigt hätten, falsch und Santiago nur von dem Fliegenden Geschwader Schleys blockirt. lieber die internationalen Beziehungen der Ver einigten Staaten bringt die hiesige „Int. Korr." einen aus > New-Dork, 25. Mai, datirten Bericht, den wir hier mit allem Vorbehalt wiedergeben: Die Gesandten Deutschlands und Frank reichs überreichten dem Staatssekretär des Aeußern eine Note worin sie die jüngste für ausländische Handelsschiffe erlassene Verordnung bezüglich der Kohleneinnahme in nordamerikanischen Häsen als eine ungerechtfertigte Schädigung des Handels be zeichneten. Die Verordnung mache für die Schiffe die Erlaubniß zur Kohleneinnahme für den eigenen Bedarf von der Willkür untergeordneter Polizeibeamten abhängig, die gegenwärtig allzu sehr geneigt seien, den Schiffen der von den beiden Gesandte» vertretenen Nationen den Verkehr in den nordamerikanischen Häfen zu erschweren. Es ist nämlich eine allgemein zugestandene Thatsache, daß den englischen Dampfern die Erlaub niß zur Kohleneinnahme meist nach wenigen Stunden zugeht, während deutsche und französische Dampfer oft Tage lang auf die Erlaubniß warten müssen. Im klebrigen scheint McKinley wieder bemüht, ein besseres Verhältniß zu Frankreich herzustellen. So hat er vor geschlagen, die Vereinigten Staaten möchten ihre Betheiligung an der Pariser Weltausstellung um ein Bedeutendes erweitern, wo- sür von der Regierung sofort ein „Vorbereitungsfonds" von einer Million Dollars bewilligt werden solle. Von Drahtmeldungen mögen folgende Platz finden: In hiesigen militärischen Kreisen hält man es für möglich, daß Admiral Cervera seine Einschließung in die Bai von Santiago gewollt habe, um dadurch das amerikanische Geschwader von der Blockade zurückzuhalten und Zeit zu gewinnen, das Eintreffen des spanischen Reservegeschwaders von Cadix abzu warten. New-Dork, 27. Mai. Die Regierung stößt fortdauernd auf Schwierigkeiten bei dem Bemühen, die für die Expedition »ach den Philippinen erforderlichen Schiffe zu miethen. Sie bedarf noch 15 Transportschiffe und 6 Schiffe zur Beförderung der Kohlen. New-Dork, 27. Mai. Von dem im alten Bahama-Kanal stationirten Depeschenboot des „New-Dork Herald" wird an dies Blatt gemeldet, daß die nach Cienfuegos führenden Kabel, bei deren Durchschneidung die Amerikaner mehrere Mann verloren hatte», von den Spaniern wieder hergestellt worden seien. New-Dork, 27. Mai. Dem „Evening Journal" zufolge hätte die Regierung letzte Mitternacht eine Depesche vom Kom modore Schley empfangen, in welcher bestimmt angegeben wird, daß sich das Geschwader des Admirals Cervera in Santiago de Cuba befindet. London, 27. Mai. Aus Washington wird gemeldet, daß der Erfinder Holland sich der amerikanischen Regierung gegen über erboten habe, mit seinem unterseeischen Boote die ganze Flotte Cerveras zum Sinken zu bringen unter der alleinigen Bedingung, daß, wenn ihm dies gelinge, die Regierung ver< pflichtet sein soll, ihm die Erfindung abzukaufen. Oertliches und Sächsisches. Freiberg, den 28. Mai. — Der General der Infanterie z.D. Curt v.Raab wird sich nach dem Vogtland zurückziehen. Der General ist am 15. Juli 1834 in Bautzen geboren, woselbst der Vater, welcher den russischen Feldzug mitgemacht hatte, als Oberstlieutenant lebte. Er trat am 1. April 1850 als Kadett in die 4. Division des königlichen Kadettenkorps ein, wurde 1854 Portepeejunker bei der 4. Kompagnie des 2. Jägerbataillons in Leipzig, am 26. Oktober desselben Jahres Lieutenant in demselben, später 1860 Oberstlieutenant. Er nahm Theil am 1866er Feldzug, kam hierauf nach Zwickau, später nach Werdau, im Januar 1868 nach Leipzig, Oktober 1869 nach Dresden, sodann nach Frei berg als Chef der 3. Kompagnie des 1. Jäger bataillons Nr. 12. Mit dem Bataillon zog er 1870 nach Frankreich, nahm an den Schlachten von St. Privat und Roncourt Theil, später an der Schlacht von Beaumont, Sedan, vor Paris und an mehreren kleinen Schlachten und an der Schlacht von St. Quentin. Am 1. Juli 1871 kehrte das Bataillon in die Heimath zurück. Im Jahre 1872 war General von Raab zum preußischen Gardejägerbataillon nach Potsdam kommandirt, 1874 ersolgte die Ernennung zum Major im Schützenregiment Nr. 108. Im April 1875 übernahm er das 2. Jägerbataillon Nr. 13 in Meißen, wurde 1879 Oberstlieutenant, 1883 Oberst, 1884 Kom mandeur des 107. Regiments in Leipzig, 1885 solcher des Leib- grenadierregiments in Dresden. Im Jahre 1888 erfolgte die Ernennung zum Generalmajor und Commandeur der 5. Jnfan- teriebrigade Nr. 63, am 9. April 1894 zum Generallieutenant nnd Kommandeur der 1. Division Nr. 23. Seine Brust zieren zwölf hohe Auszeichnungen. Wiederholt wurde Se. Exzellenz von dem Könige mit ehrenvollen Missionen betraut, zuletzt bei den Krönnngsfcicrlichkeiten des Kaisers Nikolaus II. von Rußland. — Die Hauptversammlung ves lanvwirthschast- lichen Kreisvereins zu Dresven wird, wie schon kurz er- wähnt, Donnerstag, 2. Juni, Vormittags 11 Uhr im Schützen hans zu Radeberg stattfinden. Die Tagesordnung zu dieser Hauptversammlung ist aus einem bezüglichen Inserat des Kreis vereins in vorliegender Nummer ersichtlich. — Die Geistlichkeit und Vic Feuerbestattung. Einer Verordnung des evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums vom 24. März 1897 zusolge sind die Geistlichen weder verpflichtet noch berechtigt, vor der Abführung einer Leiche zur Feuerbestattung einen gottesdienstlichen, liturgisch-kirchlichen Akt zu vollziehen. Es ist erfreulich, daß die Diözesenversammlung zu Chemnitz ein stimmig den folgenden Antrag des Kirchenvorstandes zu St. Jakobi in Chemnitz angenommen hat: „Die Versammlung möge, ohne irgendwie für die Feuerbestattung einzutreten, an das hohe evangelisch-lutherische Landeskonsistorium die Bitte richten, hoch- dasselbe wolle in Berücksichtigung der Gefahren, welche aus der Anwendung der Verordnung für das kirchliche Leben entstehen müsse», eine mildere Auslegung der Verordnung zulassen." Die Herren Oberpfarrer vr. Graue und Rechtsanwalt Stadtrath vr. Seyfert wiesen bei der Begründung des Antrages auf die Thatsache hin, daß das Versagen von Rede und Gebet am Sarge zu hart sei und daß durch ein derartiges Verhalten unter den Laien Befremdung und Erbitterung gegen die Geistlichen hervor- gernsen werde, was für das kirchliche Leben der Gemeinde durchaus nicht von Segen sein könne. — In den letzten Tagen erfolgte die Gehaltsnachzahlung an die Beamten der Staatseisenbahnverwaltung. Die zum Teil sehr beträchtliche» Nachzahlungen bilden ein hochwillkommenes Pfingstgeschenk. — Vermächtnitz. Auch dem hiesigen Zweigverein vom evangelischen Bunde siel von Seiten der Frau verw. Sprößig ein Legat und zwar in Höhe von 300 Mark zu. — Zur bevorstehenven Reichstagswahl ist die Stadt Freiberg in neun Wahlbezirke eingetheilt worden. Die Namen der Wahllokale, der Wahlvorsteher und deren Stellvertreter, sowie die einzelnen Wahlbezirke veröffentlicht der Stadtrath in einer Be- anntmachung >m amtlichen Theile vorliegender Nummer. Die
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