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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage und AMMatt sör de» Sladtrath in Wllldmdmg. Filialen: in Sltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster, in Langenchur r- dors bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenbnrg bei Herrn Etnst Rösche; ii Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich wett verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und Altstadt-Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenharn, Frohns °rf, F , Neichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwmkel Oel^ Rrtchenvacy, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr- lich 1 Mik. SS Pf. Einzelne Nrn. b Inserate pro Zi" " Expedition: W( Einzelne Nrn. 5 Pf. seile '10 Pf., Einges. 20 Pf. jaldenburg, Obergasse 291L. 178. Mittwoch, den 3. August L8Z2. 756 mm. «dE dm -m 2 üugu«, nach». 4 Mr. S-sbnchl« Polymer 65»/». Vl'r Lrcid^^Wtndrtcktviia-'W 5 '^ ^cachtlgkktlsqcholt drr Äist »sch Bekanntmachung, betreffend die Benutzung der städtischen Wasserleitung. In der städtischen Wasserleitung ist der Wasservorrath seit geraumer Zett so gering, daß der obere Theil der Stadt bereits mehrere Tage vollständig ohne Wasser aus dieser Leitung ist. Dieser allgemeine Uebelstand ist namentlich auch deswegen äußerst unangenehm, weil das Fürstliche Seminar von ihm in erster Linie mttbetroffen wird; diesem gegenüber hat sich aber die Stadtgemeinde seiner zeit als Gegenleistung für einen sehr erheblichen Beitrag zu den Kosten des Waffer- leitungSbaus und für den fortlaufend zu zahlenden Wasserzins an 300 Mk. jähr- lich zu Lieferung einer ganz bestimmten Menge Wasser verpflichtet. Die Ursache des Wassermangels ist wohl vornehmlich in der großen Trocken heit der letzten Wochen zu suchen; es verlautet aber auch, daß sehr häufig im Ver brauch des Wassers aus der städtischen Wasserleitung die erforderliche Sparsamkeit nicht beobachtet wird. Die Bewohner der Stadt werde« daher hiermit dringe«- ermahnt, bet Entnahme derartige« Wassers größtmöglichster Sparsamkeit sich zn befleißige«. Es steht zu hoffen, daß dann dem Mangel abgeholfen wird, zumal die letzten Tage wiederholt Regengüsse gebracht haben. Andernfalls wird nichts übrig bleiben, als eine Zett lang, etwa von nächster Woche an, die Wasserleitung nur während eines Theils des Tags dem allgemeinen Ver brauch zu öffnen und im Uebrigen, namentlich während der Nacht, geschloffen zu halten. Gleichzeitig wird in Erinnerung gebracht, daß nach 8 12 des Regulativs für die Benutzung der städtischen Wasserleitung hier verboten ist, das Wasser aus irgend einem Theile der Leitung oder aus den öffentlichen Wafferständern beständig laufen zu lassen, und daß § 26 dieses Regulativs nicht blos Zuwiderhandelnde mit Geld strafe bis zu 150 Mk. oder entsprechender Haftstrafe bedroht, sondern auch für Zuwiderhandlungen von Kindern, Diennbolen und Arbeitern die Eltern oder gesetz» ltchen Vertreter, bez. die Dienstherrschaften und Arbeitgeber verantwortlich macht. Waldenburg, den 2 August 1892 Der S t a-d t r a t h. Kretschmer, B. Bekanntmachung, betreffend den sog. Kinderbadeplatz. Es ist zur Anzeige gekommen, daß Personen, welche den sog. Kinderbadeplatz hier auf der rechten Seite der Mulde benutzen, auf diesem und in seiner nächsten Umgebung, mitunter sogar in der Nähr der Muldenbrücke in ungehörigster, bis weilen geradezu unsittlicher Weise sich, benehmen. Vor Begehung derartiger Flegeleien wird hiermit nachdrücklich unter dem Hinzufügen gewarnt, daß die Polizeiorgane zu strenger Beaufsichtigung dieses Bade- Platzes und seiner Umgebung angewiesen worden find, und daß in jedem zur An zeige kommenden Fall empfindliche Bestrafung eintreten tpird. Uebrrdies wird darauf aufmerksam gemacht, daß 8 183 des Reichsstrasgesetzhuchs denjenigen, welcher durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Bergeroiß giebt, mit Gefängnitz bis zu zwei Jahren oder- mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bedroht und daß neben der Gesängnißstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. ,, Waldenburg, am 2. August 1892 Der Stadtrat h. Kretschmer, B. "Waldenburg, 2. August 1892, Fürst Bismarck ist auf seiner Reise von Kissingen nach Jena tn den verschiedenen Städten, besonders in Eisenach, Erfurt und Weimar, feierlich begrüßt wor den. Ueberall wurden Ansprachen an ihn gehalten. Bemerkenswerth ist besonders das, was er in Erfurt sprach. „Bor 42 Jahren — sagte er — war ich auch in Erfurt und ich erinnere mich noch lebhaft an die damaligen Tage. Damals hatte ich mein Damaskus noch nicht gefunden." Im Frühling 1850 tagte bekanntlich tn der Augustinerktrche zu Er furt das sogenannte Erfurter Parlament, welches ein einiges Deutschland schaffen wollte und es sogar bis zur Ausarbeitung einer Verfassung brachte. Damals war Bismarck noch drr ungläubige Saulus, der zwar für ein großes und starkes Preußen seine ganze Kraft einsetzen, aber von der deutschen Mission Preußens und von einem einigen Deutschland nichts wissen wollte. Auf den Weg nach Damaskus, auf welchem aus die sem ungläubigen Erfurter Saulus ein gläubiger Paulus ward, ist Herr v. Btsmarck-Schönhausen erst einige Jahre später durch den Bundestag, bet dem er als preußischer Gesandter wirkte, gelenkt worden. In Jena hat alsdann Fürst Bismarck vom Balkon des „Schwarzen Bären" herab in Beantwortung einer Ansprache des Prorectors Brockhaus eine Rede ge halten, die als die interessanteste und tn jeder Hinsicht bemerkenswertheste Kundgebung anzusehen ist, die seit Bismarcks Rücktritt von ihm vernommen worden ist. Im ersten Theile behandelt er die Entstehungsgeschichte des deutschen Reiches und weist auf die Mühe hin, die es ihm bereitete, den König Wilhelm von der historischen Mission Preußens, das deutsche Katserthum wieder aufzurichten, zu überzeugen. Im zweiten Theile betont der Fürst die Nothwendtgkeit der Stärkung des Ansehens und Einflusses des Reichstages mit großer Klarheit und Schärfe und verlangt, daß die Ueber- zeugungen des regierten Volkes mehr als bis- her vor dem Willen des Monarchen in den : Vordergrund treten sollen. Die Rede hat nach z der „Maadeb. Ztg." folgenden Wortlaut: s Ich bi» der Erbe des Verdienstes meiner Mitarbeiter gr- ; worden, weil sie vor mir gestorben sind, in erster Linie mein , alter Herr, Kaiser Wilhelm I., der nicht für deutschnationale Gedanken erzogen und nicht in diesen ausgewachsen war, den aber das angeborene deutsche Gefühl nie verlassen hat, und dem man allmälig und langsam den Weg zeigen durfte, den ; er zu gehen hatte, um zu der Stelle zu gelangen, in der er ; gestorben ist und gegen deren Annahme er sich in seiner Be scheidenheit lange gewehrt hat, obschon er das Ziel wollte, das erreicht worden ist. Ich habe Mühe gehabt, meinem alten Herrn klar zu machen, welcher Zauber in dem Titel des Kai sers liegt, in der ganzen Repräsentation des Kaiserthums und der historischen Beziehung, welche im deutschen Geiste mit dem Kaisertitel und der Stellung des Kaisers verbunden war. Es ist mir gelungen, ihn davon zu überzeugen. Diese Arbeit hinter den Kulissen, so zu sagen, ist schwieriger für mich ge wesen und die Diplomatie im eigenen Hause ist fast complicir- ter für mich gewesen als die mit dem Auslande, dem gegen über ich von Haus aus wußte, was ich zu thun hatte. Ich t kann in dem ganzen Gange, den uns Gottes Vorsehung ge- j führt hat, doch nur eine besondere Vorbestimmung erkennen. Selbst die Schlacht, die für ein preußisches Herz mit dem Namen Jena schmerzliche Erinnerungen weckt, war nothweu- dig, wenn die geistige Reaktion in Preußen erfolgen sollte, wenn das in Preußen überhaupt möglich sein sollte, was ich erstrebte, das heißt ein königlich preußisches Heer in den Dienst der nationalen Idee zu stellen. Das alte fridericianische Heer wäre schwerlich ein Pfleger des heutigen verfassungsmäßigen und nationalen Staatslebens gewesen. Wir haben nachher erlebt, daß die unzeitigen Anfänge von der Leitung, die hoch über uns schwebt, immer rechtzeitig zurück- geschlagen worden sind, die nur zu unvollkommenen Gebilden hätten führen können, bis der Moment kam, bis wir unsere Streitigkeiten in einem bedauerlichen Bürgerkrieg, wenn ich « den von 1866 erwähnen darf, erledigen mußten. Auch der i französische Krieg war nothweudig; ohne Frankreich geschlagen ? zu haben, konnten wir nie ein deutsches Reich in Europa er- i richten und zn der Macht, die es heute besitzt, erheben. Frank- ! reich würde vielleicht später Bundesgenossen gefunden haben, um uns daran zu hindern. Auch der französische Krieg war ein nothwendiger Abschluß. Die ganze Entwickelung müssen Sie nicht meiner vorausberechnenden Geschicklichkeit zuschreiben; es wäre eine Ueberhebung von mir, zu sagen, daß ich diesen ganzen Verlauf der Geschichte vorausgesehen und vorbereitet hätte. Man kann die Geschichte überhaupt nicht machen, ! aber man kann immer aus ihr lernen. Man kann diePoli- ' tik eines großen Staates, an dessen Spitze man steht, seiner s historischen Bestimmung entsprechend leiten, das ist das ganze : Verdienst, was ich für mich in Anspruch genommen habe, l Es gehört noch mehr dazu: Vorurtheilsfreiheit, Bescheiden heit, Verzicht auf eigene Ueberhebung, als eine überlegene Intelligenz, die Alles Voraussicht und beherrscht. j Ich bin von früh auf Jäger und Fischer gewesen, und das / Abwarten des rechten Moments ist in beiden Situationen die s, Regel gewesen, die ich auf die Politik übergetragen habe. Ich - habe oft lange auf dem Anstand gestanden, und bin von In- s selten umschwärmt worden, ehe ich zum Schuß kam. Ich . möchte von mir nur den Verdacht ahwehren, daß ich uube- ! scheiden gewesen bin, daß ich Verdienste in Anspruch nahm, j die mir nicht beiwohnen. Das Verdienst, das ich beanspruche, : ist: ich habe nie einen Moment gehabt, in dem ich nicht ehr- - lich und in strenger Selbstprüfang darüber nachgedacht, was s ich zu thun habe, um meinem Vaterland, und ich muß auch ( sagen meinem verstorbenen Herrn, König Wilhelm I., richtig i und nützlich zu dienen. Das ist nicht in jedem Augenblick - dasselbe gewesen, es haben Schwankungen und Windungen in ° der Politik stattgefunden, aber Politik ist eben an sich keine s Logik und keine exakte Wissenschaft, sondern es ist die Fähig- ' leit, in jedem wechselnden Moment der Situation das am wenigsten Schädliche oder das Zweckmäßigste zu wählen. Es ist mir das nicht immer gelungen, aher überwiegend doch , immer in den meisten Fällen. Mau hat mir gesagt, ich hätte außerordentlich viel Glück gehabt in meiner Politik. Das ist richtig, aber ich kann dem deutschen Reiche nur wünschen, daß es Kanzler und Minister haben möge, die immer Glück haben. (Große Heiterkeit.) ' Es hat das eben nicht Jeder. (Heiterkeit.) Meine Vorgänger - im Amte, im Dienste des preußischen Staates, haben es nicht - gehabt. Ich glaube nicht, daß irgend Einer von ihnen, wenn s er nach Jena gekommen wäre, den Empfang gehabt hätte, < wie er mir heute zu Theil geworden ist. Ich will wünschen, i das ihn mein Nachfolger hat, daß Sie ihm in derselben freu- s digen und spontanen Begeisterung dermaleinst entgegenjauchzen, j wie ich es heute, nachdem ich nichts mehr in der Politik zu s thun habe, als Quittung erlebt habe. Es ist das für mich i ein erhebendes und freudiges Gefühl gewesen, und ich wüßte - nicht, was man mir in diesem Leben mehr authun könnte, was irgendwie ins Gewicht siele neben dem Wohlwollen nnd der freudigen Liebe meiner Mitbürger, wie sie mir heute ent- gegengetretcn ist. Daß Sie mir dieses Gefühl hinterlassen, und daß Sie, nachdem es in Dresden, München, Augshurg angeregt worden ist, es verstärkt und vertieft haben, dafür bin ich Ihnen von Herzen dankbar. In meinem Herzen lebt dieselbe Liebe zum Vaterlande wie vor zehn Jahren, wo ich den entscheidenden Einfluß auf die Politik hatte. Meine An-