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Salisbury empfahl der Deputation, obschon er mit ihren Absichten nicht übereinstimme, die öffentliche Meinung für den Achtstundentag zu gewinnen. Durch Streiks sei der Achtstundentag nicht zu erzwingen. Sa lisbury betonte sodann die Gefahren, wenn der Arbeit geber allzusehr durch die Gesetze eingeschränkt und da durch schließlich aus dem Lande getrieben werde. Balfour sprach sich in ähnlichem Sinne aus. Dänemark. Die außerordentliche Session des Reichstages ist am Mittwoch geschlossen worden. Schweden. Der schwedische Reichstag genehmigte mit 192 gegen 170 Stimmen die Regierungsvorlage, betreffend die Erhöhung der Beträge für die zu Waffenübungen einberufenen Mannschaften auf 1*/r Millionen Kronen, dagegen wurde die Vorlage betreffs Anlage einer per manenten Befestigung bei Tingstäde in Gothland ab- s gelehnt. Rußland. Bon der russischen Grenze liegt eine interessante Mittheilung vor: Sämmtliche russische Regimenter in Garnisonen nahe der Grenze sollen bereits mit dem neuen Gewehr, Modell 1891, dem sogenannten Dretliniengewehr, ausgerüstet sein; nur die weiter zurückliegenden Garnisonen, sowie die Landwehr seien noch mit dem alten Gewehr bewaffnet, doch werde die Einführung der neuen Waffe auch hier beschleunigt; dieselbe sei einfach und leicht zu handhaben, habe ein Kaliber von 7,25 Millimetern und eine Ladevorrich- j tung von 5 Patronen; ein geübter Schütze könne da mit 15—20 Schüsse in der Minute abgeben, die Durchschlagskraft sei eine ganz gewaltige. Diese Meldung ist bemerkenswerth, obschon sie den bisherigen Nachrichten, wonach Rußland für die Einführung des neuen Gewehres noch mindestens zwei Jahre brauche, entgegenstcht und der Bestätigung bedarf. Ueber Lodz ist der Belagerungszustand verhängt. Zahlreiche ausständige Arbeiter der Dombrower Kohlen gruben Ccngreß Polens wurden durch militärisches f Einschreiten gezwungen, die Arbeit wieder aufzunehmen. I In Sosnowice wurde, da man Arbeiterunruhen be- f fürchtete, die Cavallerie verstärkt. Der Stadthauptmann Generallteutenant Gresser ist am 11. d. nachmittags 5'/r Uhr gestorben. Aus dem Muldenthale "Waldenburg, 12. Mai. Nachdem am Sonntag Abend Se. Durchlaucht der Fürst vom Jagdschloß Glatzen hierher zurückgekehrt ist, trafen heute auch Ihre - Durchlaucht die Fürstin mit I. I. D. D. den Prin- f zefinnen Elisabeth und Luise, aus Dresden kommend, l wohlbehalten auf Schloß Waldenburg wieder ein. *— Gestern wurde die Reihe der diesjährigen Sommer- z Abonnementsconcerte im Müllerschen Saale zu Kertzsch er- - öffnet. Welcher Beliebtheit sich diese Veranstaltungen er- s freuen, zeigte wiederum der zahlreiche Besuch. Das Con- f certprogramm enthielt viel des Schönen, besonders im ' 1. Theile. Die Ausführungen entsprachen dem alten Feuilleton. Um Gold und Liebe. Roman von O. Holzhauer. Nachdruck vtrbok«. (Fortsetzung.) Stefan stutzte und schüttelt: den Kopf. „In gewtfsem Sinne, ja," sagte er. „Zweifellos haben Sie schon die traurige Nachricht vernommen, daß mein Onkel todt ist. „Todt!" wiederholte Gideon; nicht im Tone eines Mannes, der einen Freund verloren hat, sondern im Tone eines Menschen, dem es der Tod unmöglich ge macht, sich an einem Feinde zu rächen. „Ja," fuhr Stefan fort, „mein armer Onkel starb vor drei Tagen. Es thut mir leid, Ihnen die Nach richt nicht sofort übermittelt zu haben, wie ich es hätte thun sollen. Sie kannten ihn wohl gut?" Gideon blickte auf und in seinen harten Zügen zeigte sich ein bitteres Lächeln. »Ja," sagte er tief aufathmend, „ich kannte ihn sehr wohl." Stefan stützte den Kopf aus seine Hand und dachte «inen Augenblick nach. Bet jedem Schritte, den er weiter ging, mußte er die größte Vorsicht beobachten. Wie viel wußte dieser Mann von der Verwandtschaft zwischen dem Mädchen und dem verstorbenen Gutsherrn von Hurst Leigh? „Dann wissen Sie, welchen großen Verlust die Grafschaft in ihm erlitten —" Gideon unterbrach ihn mit einer heftigen Geberde von Ungeduld. „Sparen Sie sich das," sagte er, „und kommen Sie zu Ihrer Angelegenheit! Was führt Sie zu mir?" „Ich bin hier," sagte Stefan leise, „in Folge einer Mittheilung, welche mir wein Onkel auf seinem Sterbe bette machte. Sind wir allein?" Gideon winkte ungeduldig zustimmend. ehrenvollen Rufe der Kapelle und ihres Meisters. Was an Soli dargeboten wurde, gewährte ebenfalls einen guten Eindruck: wir nennen in erster Linie das Lied für Horn aus der Fantasie von Mascagni und sodann das Retßigersche Clarinett-Concert, vorgetragen von Herrn Hilf, einem Verwandten der berühmten voigtländischen Geiger. Erfreuliche Aufmerksamkeit schenkte das Publikum im zweiten Theile noch den Streichorchestersätzen. Das Potpourri dagegen verlei tete zur Bildung eines Melodrams: die Kapelle bot die Musik, das Publikum den Text. Gern gehört wurde am Schluß die Eilhardtsche Polka, ein Stück von ge- i schickter, schwungvoller Herstellung. Wir schließen mit dem Wunsche, daß sich die Sommerconcerte in Kertzsch fortgesetzt einer glücklichen Anlage, geschickten Ausfüh- i rung und eines zahlreichen Besuchs möchten zu erfreuen : haben. *— Die für gestern Abend vorausgesagte Mond- s finsterniß ging programmgemäß vor sich. Um 10 , Uhr trat auf der linken Seite der Mondscheibe der j Erdschatten ein und bedeckte allmählich fast die ganze : Fläche, nur den unteren Ranb freilassrnd. Die Ver- ) finsterung konnte in ihrem Verlaufe sehr gut beobach- - tet werden, da der Himmel vollständig klar und fast wolkenlos war. ; *— Die Kgl. Amtshauptmannschaft erinnert infolge mehrfach erhobener Klagen über Beschädigungen, die f durch unbefugtes Betrete»: von Feldgrundstücken und f unvorsichtiges Gebahren mit Feuer in Waldungen ver- ursacht worden sind, an den § 368, 6 und 9 des : Reichsstrafgesetzbuches, nach welchem mit Geldstrafe bis - zu 60 Mk. oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird, j wer an gefährlichen Stellen in Wäldern oder Haiden ' oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer- s fangenden Sachen Feuer anzündet; wer unbefugt über , Gärten oder vor beendeter Ernte über Wirken oder bestellte Aecker oder über solche Aecker, Wiesen, Weiden, oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung ver sehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen untersagt ist oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privatwege geht, fährt, reitet oder Vieh treibt. — Der Sächsische Militär-Feuerverstcherungsverein zu Zwickau hatte am 31. Dccember 1891 eine Bi lanz von je 468,953 Mk. 89 Pf. Activa und Passiva, während das Gewinn- und Verlust-Conto für 1891 mit 312,114 Mk. 65 Pf. Verlust und nur 276,642 Mk. 71 Pf. Gewinn abschließt. Das Schädenconto beziffert sich allein auf 237,913 Mk. 50 Pf. Am 31. März o. waren 42,298 Mitglieder mit 171,287,966 Mk. Versicherungssumme vorhanden. Aus dew SachfenLande. — Im neuen Militär "Rechnungsjahre für das säch sische Armeecorps wurde unter verschiedenen Etatsver änderungen auch ein Fonds ausgeworfen zu dem Zwecke, bei den drei Jäger Bataillonen, welche in Wurzen, Freiberg und Dresden garnisoniren, Versuche mit Ab richtung von Kriegshunden anzustellen. „Jene Mittheilung," fuhr Stefan fort, „betrifft eine gewisse junge Dame — —" ( Gideon sprang auf. „Er erzählte Ihnen?" rief , er aus. Stefan beobachtete ihn auf das Genauste. „Mein Onkel sagte mir, daß ich diese Dame auf suchen möge, für deren Zukunft er sich interesfire." „Nun," sagte Gideon, wieder auf den Stuhl sinkend, „sagte er Ihnen auch noch mehr als dies?" Stefan machte ein Zeichen der Verneinung. „So," sagt« Gideon Rolfe, „er überließ es mir, die Geschichte seines Verbrechens zu erzählen. Sie find Ralph Davenants Neffe. Sie find der Neffe eines Schurken." Stefan erhob bittend seine beiden Hände; aber ein Strahl der Freude glänzte in seinen Augen. Es war also Wahrheit, daß dieser Mann nichts von jener ge heimen Trauung Ralph Davenants und der Karoline wußte! „Ein Schurke!" wiederholte Gideon Rolfe, fich vor wärts lehnend. „Er hat Ihnen wohl Alles erzählt, natürlich gefälscht und beschönigt. Hören Sie dasselbe von mir! Ihr Onkel und ich waren Schulkameraden und Freunde. Ich war der Sohn des Lehrers in Hurst. Ihr Onkel verließ die Schule und besuchte die Universität, während ich zu Hause bet dem Vater blieb. Ich hätte ebenfalls die Universität besuchen können, doch fehlte mir die Lust und ich liebte — Karoline Hatfield und wollte den Ort nicht verlassen. Sie war die Tochter eines Försters auf dem herr schaftlichen Gute, und schließlich standen wir vor unserer Hochzeit. Zwei Monate vor dem festgesetzten Tage kam Ihr Onkel, mein Freund — mein Freund! für die Ferienzeit nach Hause. Wir waren noch Freunde und ich — nahm ihn mit zur Wohnung des Försters, um ihm meine Braut vorzustellen. Sechs Wochen später war er mit ihr geflohen." Er hielt einen Augenblick inne, um die Schweiß- — Auf den sächsischen Eisenbahnen wird von jetzt ab mittellosen Kranken, sowie nöthigenfalls je einem Begleiter, zum Zweck der Aufnahme in öffentliche Kliniken und öffentliche Krankenhäuser bei der Hin- und Rückreise die Beförderung in der 3. Wagenklasse aller Züge zum Milttärpreise gewährt, dasern solche Personen nachweisen: 1) ihre Mittellosigkeit durch ein ortsbehördliches Zeugniß mit Bestätigung, daß die Fürsorge der Kranken- und Unfall-Versicherung nicht etntrete, 2) die zugesicherte Aufnahme in die Heilanstalt, 3) die Nothwendigkeit einer Begleitung. Bezügliche Gesuche find mit den erforderlichen Beschei nigungen an die König!. Generaldtrectton der sächsischen Staatsbahnen in Dresden zu richten. — In Dresden beginnt am 17. Juli der 7. Con- greß des deutschen Schachbundes. Am 18. Juli heben die Turniere an. Für die Meisterturniere ist eine Dauer bis zu drei Wochen in Aussicht genommen, während die Preise dafür 1000, 700, 500, 300 und 150 Mark betragen. Anmeldungen zur Theilnahme sind bis zum 3. Juli an Herrn Landschaftsmaler Oskar Schütz, Chemnitzerstraßs 19, zu richten. Wer an den Meisterturnteren theilzunehmen wünscht, hat sich schon bis zum 5. Juni zu melden. — Ein in der Seeburgstraße in Leipzig wohn hafter Soldat, welcher in der Schlacht bei St. Privat einen Schuß in die Schulter erhielt, machte kürzlich eine Fußtour nach Zwenkau. Auf dem Rückwege kam es ihm vor, als hätte er in dem einen Stiefel ein Steinchen liegen, das ihn drückte. Er zog den Stiefel aus, fand jedoch keinen Stein, wohl aber unter der Fußsohle einen festen Gegenstand. Ein kleiner Schnitt in die Haut beförderte die in der Schlacht bei St. Privat erhaltene französische Gewehrkugel zu Tage. Die Kugel hat also in dem Verlauf von 22 Jahren den Weg von der Schulter bis zue Fußsohle zurück- gelegt. Nach ungefähr 10 Jahren steckte sie In der Seite oberhalb der Hüfte, doch verweigerte der Be treffende die ihm seinerzeit angebolene Operation, so daß die Kugel ihre Wanderung fortsetzen mußte, um nach weiterem Verlauf von nahezu 12 Jahren ihre Tour zu beenden. — Auf dem Magdeburger Bahnhof in Leipzig wurde am Mittwoch früh ein junger Mann verhaftet, welcher eingestand, einer Hamburger Firma 6000 Mk. unterschlagen zu haben. 5000 Mk. wurden noch in seinem Besitz vorgefunden. — Die Herren Alfred Wilhelm und Paul Richard Flade in Chemnitz, Inhaber der dortigen Firma „Wilhelm Flade" haben aus Anlaß des 50jährige« Jubiläums ihrer Firma und zu Ehren des Gedächt nisses ihres verstorbenen Vaters dem dortigen Hospi tal St. Georg 10,000 Mk. schenkungsweise zufließen lassen. — Der Steuereinnehmer B. in Plagwitz ist am Dienstag Nachmittag verhaftet worden, weil er fich große Veruntreuungen zu Schulden kommen ließ. Bis jetzt hat fich ein Fehlbetrag von 4000 Mk. heraus gestellt. tropfen von seiner Stirn zu trocknen. Stefan beob achtete ihn klopfenden Herzens. „Sie waren geflohen," fuhr Gideon mit gebrochener Stimme fort. „Mein Leben war mit jenem Tage, an dem man mir die Nachricht überbrachte, zu Ende. Ich verließ Hurst Leigh und kam hierher. Ein Jahr später kam sie zu mir zurück — bet mir zu sterben. Sie hinterließ mir —" Er hatte fast athemlos gesprochen und jetzt wurde seine Stimme fast unhörbar, während Stefan vorge beugt aus jedes seiner Worte lauschte. „Sie ließ mir ihr Kind! Ich — liebte sie noch und schwur ihr, das Kind zu beschützen, und das habe ich gethan. Das »st die Geschichte. Was haben Sie noch zu sagen?" Stefan zögerte einen Augenblick und verbarg sei» Gesicht, um die Befriedigung, welche aus seinen Auge« leuchtete, nicht bemerkbar werden zu lassen. „Es ist schrecklich, schrecklich!" rief er aus. „Ich habe mein Gelübde gehalten," fuhr Gideo« fort. „Ihr Kind ist aufgewachsen, ohne die Schande zu kennen, die sein Erbe ist. Hier, im Herzen deS Waldes, fern von der Welt habe ich sie zurückgehalten und gehütet, um ihrer Mutter willen. Das ist die Geschichte ohne Fälschung und Uebertreibung. Was haben Sie zu sagen?" Stefan schüttelte betrübt den Kopf. „Sie haben fich der freiwillig übernommenen Pflicht aus das Edel'^e entledigt!" sagte er. „Aber — aber dieser Pflicht find Sie nun enthoben." Gideon Rolf- blickte auf. „Wer sagt das?" fragte er. »Ich sage es," erwiderte Stefan sanft. „Sie ha ben Ihre Pflicht — ja mehr als Ihre Pflicht getha« — und ich muß die meinige thun. Mein Onkel gab auf seinem Sterbebette diese seine Tochter in meine« Schutz." (Fortsetzung folgt.)