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Deutsch* Dichtung- wt«L«rf,dnt. wenn man sich trifft nach langen Jahren, ; Das tff ein eigen Wiedcrieb'n: ; So lange durch die Well gefahren. Liiag mau sich Net tn» kuge led'a. Was man geträumt tn tungen Tagen, Was min erstrebt mit tüdnem Klug. Wer mag da tagen, wer mag trage»! Da» Laar ts» grau da» tagt genug. Und doch oou neuem dlükt'S im Herzen. Wie FrüllingSbiumen nach dem Lchne«. Stach Wolken aludi'S wie Sternen'erzen. Qin tkt der Schnee, bn ist da» Web. Wie manch' Mat dast du's schon erfahre« ! Und konntest trostlos weiter ged'n. , Wenn man sich trifft na n lange« Jahren Da» ist ein eigen Wtederieh'n. > Krankenbesuche. Aach dem Französischen von F Selm«». (Nachdruck verboten^ Professor Kuntzmüller war unglücklich tn seiner Ebe. Dieter rubrge Mann, der durch seine fleißigen Studien »nb «em» methodische Arbeit einen hochangesehenen Platz tn der wtffentchaftltchen Well erreicht hatte, liebte vor allein Frieden und Stille Er hatte sich deshalb tn der ruhigsten Gegend ein Hau» gebaut, wo man außer dem Läuten der Kirchenglocken kern Geräusch hörte. Wenn ein Patient ein» mal der der Untersuchung auftchrie. sagte .Vater Kuntz', wie die Studenten ihn nannten, tndem er den Pattenten zornig antah: .Nun steh mal den Clown, er deirkt. er ist beim Ljahnarzt.' Frau Professor Kuntzmüller dagegen vereinigte mit ihrem gerade nicht anziehenden Äußern die schärfste und unange nehmste Stimme, die man sich denken konnte. Sie stand im Winter und Sommer um sechs Uhr aus und redete von früh b:S tvät. Man kann sich wohl vorstellen, daß diese Frau mtl ihrer UnterMziersstimine. ihrem kolossalen Körper und ibrem Schnurrbarte dem sanften Gelehrten da» Leden zu einer ewigen Pein machte. Von dem Augenblicke an. wo der Professor tn sein Haus trat, kniff er unwillkürlich da» linke Auge zu. au» demselben Instinkte, aus dem der Strauß feinen Kops versteckt, um dem Feinde zu entgehen. Im übrigen war Frau Professor Kuntzmüller eine sehr tüchtige, praktische Frau, die sowohl ihr Haushaltungsduch wie da» Hauptbuch ihres Mannes in der musterhaftesten Ordnung dielt. Besonders interessierte sie sich für sein Journal über die Krankenbesuche, und eS war ihr größte» Vergnügen, sedes Jahr um die NeutahrSzeit die Rechnungen Ar die Patienten ihres Mannes zu schreiben. Sie wurden mit einer großen, kantigen Handschrift geschrieben, au» der »t» Grapholog Streitbarkeit und Geiz Herausgelelen hätte. Professor Kuntzmüller litt im stillen, well er sehr ge duldig und von Natur beinahe stumm war. Er öffnete eigentlich nm den Mund, um zu essen und zu trinken. Bor dem schwachen Geschlecht» batte er dieselbe Furcht, die ttervöie Menschen vor Papageien Haden. Er wurde deshalb höchst unangenehm berührt, als eine hübsche, blonde Dame tn Trauer außer der Konsultation»- t«U tn lein Arbeitszimmer trat und sagte: .Ich komme nicht al« Patientin. Herr Professor, sondern als Nachbarin. Ich möchte mich ivegen de« Lärme» ent schuldigen. den mein kleiner Hund immer machte. Ich mußte ihn wieder sortgeden, weil sein Gebell mir selbst un- «rügltch wm.' Dieser Satz rührte KuntzmüllerS Herz. Und das ganze harmonisch«, liebenswürdige Auftreten der Dame gefiel ihm. Ihre Stimme war so weich und leise und ihr Lächeln so Leblich, daß der Professor zum erstenmal tu seinem Hause das linke Auge öffnet«, um seinen Besuch genauer anzu- seh« Sie hieß tzelut» Lenonvillier und wohnt« also im Nachbarhaus«. Einig, Tage später «acht« der Professor Frau L«non- -Mer einen Besuch. Er war sorgfältig gekleidet, sein Schlips saß gerade und sei» Hut war gebürstet. Ihr Heim entsprach ihrer Person. Es war mit ausgesuchtem Geschmacks bet- »*«b» raffiniert «tngerichtet und so still und friedlich, daß ms» Eis von der Wev HSrtL An« De« kamen EB M» Freunde der Hausfrau. die klug und liebenswürdig wäre» und nm hin und wieder durch leise Worte die Stille unte« brachen. Selbst der Diener ging beim Lufwart« fast geräuschlos umher. Nur einmal wurde die Stille unten- brachen durch Frau Professor Kuntzmüller. dir stch tm Neben» Hause au» dem Fenster lehnte und bte Nase putzte. Der arme Professor wurde rot. Als er einmal mit seiner neuen Freundin allein war. klagte er ihr sein Leib. Sie reicht» ihm mtt tröstendem Blicke ihre weich«. wetßs Hand, er küßte sie ritterlich wie ein alter Kavalier and wo« getröstet. Bon da ab wurde Frau Lenonvtllters Haus seine Frei statt. Don vergaß er da» Lärmen seiner Frau. Ader dis Frau Professorin war eisersüchttg. Der Professor wundert« stch darüber, daß dieses romantische Gefühl stch in dem Wesen erhalten hatte, aus dem sonst alle» Weidlich« ge schwunden war. Wenn er ste so energisch mit ihren zu» sammengezogenen Brauen vor stch sah. ergriff ihn Angst st« macht» mit ihrer gellenden Stimme «tnmal fein Lids* G«- heimnis auSIvrechen. Eine» Tage» brach da» Unwetter los- »Wo kommst du der?' .Au» dem Nachbarhaus«.* .Na. da» dachte tch mir. Ich sah KLH «tt HW» Frauenzimmer tm Garten gehen.' .Nun. warum trägst du dann?' .Was dast du dort zu tun?' .Mein Beruf führt mich dahln. Die Dam« W und ich behandle ste.' Do die Frau Professor wußte, daß ihr Mann tn dezng auf seinen Berus unzugänglich war. schwieg ste. aber k« lau» aus Rache. Der Professor setzte inzwischen seinen Verkehr mit Frau Lenonvillier und threa alten Freunden fort. Er Katt« hier seinen eigenen, und zwar den besten Stuhl, neben eine« Tischchen mit Tabak und Wein. Er war ost mtt Helen« allein, und tbr« weiche, melodische Stimme stahl stch wi« eine Liebkosung tn sein Ohr. Er lebte aus und wurd« lächelnd und mitteilsam. Das währte viele Monate. Professor Kuntzmüller wagt« immer häufigere Besuche. .Ist die Dame tm Nebenhause noch immer krank?* kragte seine Frau dann und wann, sagte aber weiter nicht*. Neuladr kam heran. Frau Professor Kuntzmüller laß vom Morgen bi« zum Abend und schrieb Rechnungen. .Professor Kuntzmüller hat die Ehre, Herrn oder Frau L ein glückliches neues Jahr zu wünschen und umstehend« Rechnung über Krankenbesuche tm verflossenen Jahn »» präsentieren.' Ste kam zu Frau LenonvtllierS Konto, Hundertachtzeh» Krankenbesuche hatte Frau Professor Kuntzmüller gezählt. Und ste schrieb nun eine Rechnung über 118 Kranken besuche — N80 Mark. Und der Bries wurde gleich ad- geschickt. - -—- Der Professor trat wie gewöhnlich All und lächelnd i» den Salon seiner Freundin. Er hielt eine entzückend« Bonbonniere aus Meißener Porzellan tn der Hand. „Ich dringe meiner verehrten Freundin «in« klein« NeusadrSgabe'. sagte er. Ader Helene erbod stch stolz vor ihm. und thre sonst so sanften Augen schossen Blitze. .Ihre NeusahrSgade'. ries ste. »Ihre NeuiahrSgob« —* Und der Professor hörte tn den zornigen Worten genau dieselben scharfen, schneidenden Modulationen der Stimm«, die seine Frau an ihren schlimmsten Lagen halt«. Et bAss da» linke Auge mechanisch zu. „Sie sind ein alter Lumpl' schrie grau Lenonvillier wütend. .Machen Sie. daß Ste mir aus de» Lug«» kommen l' Und der Proieffor entfloh, ohne «in Dort von d«« ganzen Geschichte zu verstehen und ohne stch auch nm dt« Mühr zu geben, ste zu verstehen. Sein« Freundschaft »U Frau Lenonvillier glich den zarte««, kostbaren Gläsern, dt« von der leisesten Berührung springen. Und außerdem wußt« «r auch, daß es hoffnungslos ist, mtt Frauen zu disputiere». Er zog sich also an seinen «helichea Herd «rück und s«H« sein Leden tn Migräne und Leiden fort. Die Rechnung über 1180 Mark war bte einzig«, der« Eintreibung Frau Professor Nicht «tt gKf""** herziger Streng« verfolgt«.