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Schönburger Tageblatt Sonnabend, den 17. Juli 1926 Nr 164 48. Jahrgang. Bezahlung von Frankreichs Schulden durch Deutschland? Reichskanzler Marx kehrt heute «ach Berlin zurück. Lie Reichsregierung regt i« einer R-te an Pole« Ber- Handlungen über die «nsiedlerfrage au. Die BesatzuugSbehörde hat bis a«f weiteres sämtliche Konzert» i« Koblenz verboten. Der deutsch schweizerische Handelsvertrag wird erst am I. Januar 1S27 in Kraft trete«. Die Militärkoatrollkommisfiou wird demuächst nach Krank reich zurücktehreu. Wege« der Lerschwörung gegen Kemal Pascha wurde« in Smyrna 13 Lerschwörer hingerichtet. Der militärische «nfstand in Persien wnrde «ach Hin- richtnug von 56 Verschwörern niedergeschlagen. Bei eine« Kotrlbrand in Amerika verbrannten 12 Säfte. Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba, Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Neichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkeuburg und Ziegelheim. Amtlicher Teil. Montag, den 19. Juli 1926, vorm. 11 Uhr soll in Langenchursdorf 1 Futzmaschine (20teilig) meistbietend gegen sofortige Barzahlung versteigert weiden. Sammeln der Bieter in Lindners Gasthof. Der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts Waldenburg, den 16. Juli 1926. Erscheint werktägl. Nawm. Bc^ugsvreiS monat lich im voraus lbO R.-Mg. treibt., ausschl. Träger!. Einzelne Nr. 10 Reichst'f-, Sonntags-Nr. 20 R.-Pf. Anzeigenpreise: 6 aesp. Petitzeile 0,1b R.-Mart, v. außerhalb des Bezirkes 0,20 R.-Mark, Zgesp Retlamezeile 0,45 R.-Mark, Linwetse auf Anzei gen und Eingesandte 0,10 R.-Mark, Nachweise- und Offertengebühr 0,20 R.-Mark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Say (Tabellen) mit Aufschlag. Gegründet 1878. Fernsprecher Nr. S. Postschließfach Nr. 8 Postscheckkonto Amt Leipzig Nr. 44LS. Bankkonto: Veretnrban! Bl Colditz Filiale Waldenburg Stadtgirokonlo Waldenburg 1b Uudatte gelten nur bei pünktlicher Zahlung, bet zwangsweiser Eintreibung der Nechnungbbetrüg« wird jeder Nachlaß htnsüllig. 'Waldenburg, 16. Juli 1926. Von der Reisezeit und Reiselust ist auch die Poli tik nicht unberührt geblieben. Auch sie wird zurzeit auf Reisen ausgeübt. So hat Reichskanzler D r. Marx in dieser Woche eine Reise unternommen, die ihn in das befreite Gebiet am Rhein führte. Die Reise ging von Köln über Düsseldorf, wo der Reichskanzler Vie „Gesolei" besuchte, an den Niederrhein. Dr. Marx nahm dabei mehrfach Gelegenheit, in längeren Reden -iu der politischen Lage Stellung zu nehmen. In einer lm Landratsamt von Moers gehaltenen Rede kam er auch auf die Währungskrise in Frankreich zu spre chen und führte hierzu u. a. aus: „Die Franzosen machen dieselben Erschütterungen durch wie wir. Sie sind verwöhnt durch ihre früher so günstige Lage. Dort will man das Wort nicht anerkennen: Lasten tragen! Wir haben es gelernt durch den Zwang der Not. Vertreter Amerikas haben sich mir gegenüber ge äußert: „Sie muten Ihren Leuten etwas zu, das könn ten wir in Amerika nicht ertragen." Aber gerade, daß wir das dem deutschen Volke zugemutet haben, das hat im Auslande die Ueberzeugung begründet, daß das deutsche Volk seinen Aufstieg will und bereit ist, Lasten zu tragen bis an die Grenze des Erträglichen. Und die jetzige Regierung ist gewillt, das zu erfüllen, was sie versprochen hat." Auch in seiner in Cleve gehaltenen Rede be schäftigte sich der Reichskanzler mit der Währungs frage. Er wandte sich dabei scharf gegen die Wie deraufrollung der Aufwertungsfrage. - Ohne den Zwischenfall in Germersheim ausdrücklich zu erwähnen ging der Kanzler dann weiter auf die Drang salierung des besetzten Gebietes ein und erklärte hierzu: „Wenn es heute in Deutschland noch Leute gebe, die nicht an eine Versöhnung der Völker glauben, so schiebe er die Schuld hauptsächlich den französischen Generälen zu, die da glaubten, sie seien noch im Weltkriege, die nicht wüßten, was das deutsche Volk und was ein Noll schlechthin unter einer solchen Besatzung und durch solche Drangsalierungen zu dulden habe, die nicht ein mal in den Grenzen des Versailler Vertrages Deutsch land entgegenkämen, sondern ihm noch Unrecht täten. Auch eine größere Anzahl von Mitgliedern des Reichsrats unter Führung des Reichsinnenministers Dr. Külz befindet sich zurzeit auf einer politischen Studienreise. Aber nicht nach dem Westen, sondern nach dem Osten, nach Ostpreußen, führte sie ihr Weg. Sie wollen hier an Ort und Stelle die durch den Polnischen Korridor hervorgerufenen besonders schwierigen Ver hältnisse Ostpreußens kennen lernen. Auch in Paris stand die Politik im Zeichen des Reiseverkehrs. Zwei hohe Gäste weilen zurzeit in den Mauern von Paris: der Sultan von Marokko und der spanische Diktator Primo de Ri vera. Die Franzosen, und insbesondere die Pariser, Anzeigen bis vorm. 9 übr am Ausgabetag erberer, Ausgabe nachmittags 'stZ Uhr in 2er Geschäft-steil« in Waldenburg Sa., Oborgaffe Zd. Erfüllungs ort Waldenburg. Filialen in Altstadt Waldenburg bei Lerrn Otto Förster; In Callenberg bei Lerrn Friedr. Lermann Richter; in Langenchurstorf bei Lerrn Lermann Esche; in Wolkenbura l ei Lerro Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirsten. Am Fall« -Lherer Gewalt, Krieg, Streik, NuSiperrung, Majchim»- druch, Störungen im Betrieb der Druckerei oder unser Liefere» hat der Bezieher keinen Anspruch auf Erhalt der Zeitung oder Nückzablung de« Bezugspreise« Für Nichtigleit der durch Fern sprecher ausgegebenen Anzeigen überiehmen wir keine Gewühe stiert, fonvern in ver Botschafterkonferenz durchgefetzt, daß in Zukunft den Militärsachverständigen der Kon trollkommission nicht mehr das Recht zustehe, Forde rungen, die große politische und diplomatische Rück wirkungen haben könnten, ohne vorhergehende Rück fragen bei den maßgeblichen politischen Stellen de« Alliierten zu stellen, vorzubringen. Gegen diese Ver einbarung unter diesen Alliierten sei in diesem Falle anscheinend verstoßen worden. Ter „Daily Telegraph" bezeichnet die Forderung, General v. Sceckt durch einen anderen Gcneralinfpcktor zu ersetze«, als besonders ungeschickt, da es nicht die Ausgabe der Kontrollkommission sei, Borstöße gegen bestimmte Persönlichkeiten zu unternehmen. Außerdem se» cs zweifelhaft, ob Forderungen dieser Art, die sich gegen ri te bestimmt bezeichnete Person richteten, über haupt juristisch aus de« Bestimmungen des Friedens» Vertrages hergelcitet werden könnten. Gegen die polnische Aanbpolitil. Eine Note der Reichsregierung. Die Reichsregierung hat dieser Tage durch die- deutsche Gesandtschaft in Warschau der polnischen Re gierung eine Note überreichen lassen, in der vorge schlagen wird, über die Frage der Beschlagnahme der deutschen Ansiedlungsgüter in neue Verhandlungen ein zutreten. Es handelt sich hierbei um folgenden Tatbestand: Die polnische Regierung hat durch ein Gesetz vom 14. Juli 1920 alle nach dem Waffenstillstand ge schlossenen Verträge sür das durch den Artikel 256 des Versailler Vertrages ihr zugesprochene deutsche Reichs und Staatseigentum für nichtig erklärt und auch den aus älterer Zeit stammenden Pachtverträgen über Staatsgrundstücke die Anerkennung verweigert. Auf Grund dieser Vorschrift hat die polnische Neuerung 4036 Ansiedlungsgntcr, die nach dem 11. November 1918 von der Prenßischen Ansiedlungskom- misnon an deutsche Ansiedler ansgetassen worden worden waren, als polnisches Staatseigentum behan- belt und 219 Tomänenpächtcr unter Beschlagnahme ihres Gcsamtinventars ohne Entschädigung Vertrieben. Ebenso hat. sie den Verträgen, wodurch die An- siedlungskommission alle ihre Rentenrechte an Gütern im abgetretenen Gebiet der Danziger Bauernbank über tragen hatte, die Anerkennung verweigert. In seinem am 25. Mai 1925 verkündeten Urteil, in dem die Beschlagnahme des Stickstoffwerkes in Cyorzow in Dst-Oberschlcsien für unzulässig erklärt wird, hat nun der ständige Internationale Gerichtshof im Haag Grundsätze aufgestellt, die nach deutscher Auf fassung die Aufrechterhaltung des polnischen Stand punktes sowohl hinsichtlich des Eigentums der Ansied, ler und Domänenpächter wie hinsichtlich der Renten- rcchte unmöglich machen. Die erwähnte Note der Reichsregierung schlägt nun vor, über die Auswirkungen des Ur teils baldigst in diplomatische Verhandlungen einzu treten, sowie mit diesen Verhandlungen die Klärung Ter übrigen Meinungsverschiedenheiten zu verbinden, dir über die Auslegung des Artikels 256 des Eer- sailler Vertrages entstanden sind. - . ' Politische Run-schau. Deutsches Reich. Die Ministerialkommission der Reichsregierung, die die Regisrungsaktion zur Bekämpfung der Arbeits losig keit nach einem einheitlichen Programm entwickeln soll, plant zunächst größere Arbeiten: In Sachsen die Regulie rung der Elster, in Preußen Straßenbauten, im Bezirke Arnsberg in Bayern Ausbau der Krasterschließung der mittleren Isar, in Oldenburg den Bau eines Meliorations- Kanals Campe Wedellsberg und in Hessen die Riedent wässerung. Der sozialdemokratische Führer des '.Reichsbanners, Hörsing in Magdeburg, Oderpräsident der Proviiy haben bei dieser Gelegenheit ihren Ruf, die höflichsten Menschen der Welt zu sein, vollkommen eingebüßt. Ohne Rücksicht auf die elementarsten Gebote der Gast freundschaft hat man die fremden Gäste regelrecht aus gepfiffen. Die gegen Primo de Rivera gerichteten Setzartikel Ler Pariser Linksblätter mögen an diesen Ausschreitungen nicht ganz unschuldig sein. Der Zweck des Besuchs Primo de Riveras war die Unterzeichnung des spanisch-französischen Marokko abkommens. In diesem Abkommen sind u. a. die von den beiden Mächten militärisch besetzten Gebiete festgelegt und die Fühlungnahme zwischen den Be hörden beider Zonen geregelt worden. Dort, wo eine Berührung mit Dissidentenstämcksen gegeben ist, sollen Vie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und die zur allmählichen Schaffung gut nachbarlicher Beziehungen geeigneten Maßnahmen getroffen werden, die die end gültige und vollständige Befriedung vorbereiten sollen. Die Vertragschließenden haben sich gegenseitig das Recht der Verfolgung und des Uebersliegens in der Nähe der Grenze zugestanden, so daß, wie die Mit teilung des französischen Außenministeriums besagt, nunmehr unter allen Umständen die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Ordnung möglich ist, ohm daß in der Durchführung einer notwendig gewordenen Sicherheitsaktion eine irgendwie geartete Abänderung der militärischen Grenzen notwendig wäre. Eine bedeutsame Reise hatte auch der französisch! Ftnanzminister Caillaux Anfang dieser Woche unter nommen. Im wahrsten Sinne des Wortes hat er du englisch-französische Schuldenfrage „in Fluge" erledigt. Denn er legte die Reise nach Londor im Flugzeug zurück. Caillaux hat erklärt, mit den in London Erreichten zufrieden zu sein. Das hat der französischen Franken nicht gehindert, seine Reise nack abwärts fortzusetzen, wobei ihm der belgische Franker als Schrittmacher diente. Das wird der französischer Regierung eine ernste Mahnung sein müssen, schleu nigst ihre Versprechungen bezüglich der Stabilisierung in die Tat umzusetzen. Zur Rettung der französischer Währung genügt nicht die Regelung der Schulden frage; die Hauptarbeit ist hier auf innerpolitischeu Gebiete zu leisten. Woran es in Frankreich fehlt, ha: der deutsche Reichskanzler in seiner Rede in Moere ganz richtig festgcstellt: an der Geneigtheit des fran zösischen Volkes, Lasten zu tragen. Walchs Schwanengesang. Baldiger Abschied der Kontrollkommission? m Feier des 14. Juli in der französischen Botschaft in Berlin hielten der Botschafter de Mar- gerie und General Walch Reden, die nicht eines pikanten politischen Beigeschmacks entbehren, de Margeries Rede klang in eme Verherrlichung der Kontrollkommission aus. Er erklärte, trotz der schwierigen Finanzlage Frank reichs dürfe man nicht an der Zukunft des Landes zwei feln. Hoffnung und Zutrauen könne man aus der Autorität schöpfen, die sowohl Walch wie seine Vor gänger in Erfüllung ihrer wichtigen Aufgabe aufge bracht hätten. Mit Recht habe Walch in seiner An sprache die schweren und oft undankbaren Bedingun gen erwähnt, unter denen die Interalliierte Kontroll kommission unablässig gearbeitet habe. Man könne ihre Arbeit als „ein großes militärisches Friedenswerk" (!) bezeichnen. Nach einem Havasbericht soll Walch in seiner Rede darauf hingewiesen haben, daß seine Kommission in kurzem nach Frankreich zuriickkehre. Englische Kritik an Walch. Man darf aus dieser Aeußerung schließen, daß Ge neral Walch seinen letzten „Entwassmingsnoten' selbst keine sonderliche Bedeutung beumßt. Wie aus einer an scheinend offiziös inspirierten Auslassung des „Daily Telegraph" hervorgeht, hat man übrigens m englischen amtlichen Kreisen das Vorgehen Walchs als äußerst ungeschickt empfunden. Es erinnerte an die ultimatum- artigen Forderungen von General Rollet im Jahre 1920, Deutschland möge unverzüglich die Sicherheits polizei auflösen. Damals habe die englische Regierung nicht nnr geaen diese übereilten Forderungen drote- unü Wal-enburger Anzeiger Diese« Bian euchLli die amtliche« Bekanntmachungen de« Amtsgericht« m»d de« Stavtrats zu Waldenburg. Ferner veröffentliche« zahlreiche andere staatliche, städtische ». Gemeinde-Bebörden ihre Bekanntmachung«« i« Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. »Ns««d suchst,ch«n und d«, D«ut,ch«n Z.itungtoirl-g-r-S-r-tn« <E. B.> — J«riaz,ort waU>«ndur, Sichst»,