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Lichtenstein Tallnberger Tageblatt 1 Beilage zu Nr. 275. Tolstois Brdtutuug. Leo Nikolajewitsch Tolstoi ist als Zweiundachtzig- jähriger gestorben, nach einem langen Leben voll Schaffensdrang und Bewegung und voll von Umwäl zungen, die doch meist seinem eigenen stürmischen Inner» entstammen. Er hat wohl alle Wandlungen erlebt, die . «in Mensch nur erleben kann, und doch fallen sein An fang und Ende mit den beiden Polen des russischen Bolkscharakters zusammen, den er selbst uns besser denn irgendeiner vermittelt hat: zügelloses Herrentum und tiefstes, fanatisches Sklaventum bis zur Schwärmerei. Was von Tolstoi zwischen diesen beiden Extremen liegt, daS vor allem gehört der nichtrussischen Welt. Tolstoi ist in den Traditionen des russischen Hoch- adels geboren und aufgewachsen. Denkt man an seine Familie, so muß man sich jenes Peter Tolstoi erinnern, der deS großen Zaren Peter grausamster Helfer bei seiner grausamsten Tat gegen den eigenen Sohn war. Auch Leo Tolstoi mag einst als junger Offizier nicht anders gewesen sein, als andere seines Standes. Aber als etwa Dreißigjähriger — wie Nietzsches Zarathustra — wandelte er sich; und zwei Jahrzehnte lang, bis zum Beginn der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, ist er nur Tolstoi, der große Dichter, der Schöpfer von „Krieg und Frieden" und „Anna Karenina". In diesen zwei Jahrzehnten hat er die Welt erobert. Dann wandelt er sich wieder; er schüttelt den Künst ler ab und wird zum Philosophen, zum Reformator und — zum Russen. Denn trotz aller Eigenart, die man seiner Tätigkeit auf diesen Gebieten beimesirn möchte, trotz allen Aposteltums ist er fortab nichts als die Stim me seines Volkes, wenigstens der einen größeren Hälfte. JenesRussentum ver körpert er, ausdem der arme, geknechtete, dienstwillige Muschik hervorgegangen ist; jenes Rußland, daS kaum den ersten Hauch der europäischen Zivilisation verspürte, mit ihren gefährlichen Freuden und ihrem blutigen Kampf des einzelnen gegen alle und gegen sich selbst — als es sich schwach und geschlagen zurückzog mit allen Zeichen verfrühter Hinfälligkeit. Sonntag, den 28. November In jenem kulturflüchtigen Drange hat Tolstoi eine Schuld auf sich geladen, die ihm von der Kulturwelt wohl als die schwerste nochgetragen wird. Und auch daS wieder war Tolstoi, der Russe, der in seiner spä teren Stellungnahme zur Kunst dir Größten aller Zellen heruntergezogen und beleidigt hat und sich selbst dazu. Denn Tolstoi war ein großer Künstler, aber gar kein Kunstverständiger. Sein Genie war elementar, seine Arsthetik barbarisch. Und so kam es, daß er zum Schluß seinen eigenen, von ihm selbst nicht verstandenen künst lerischen Trieb verdammte, als wäre auch der ein Kul- turprrdukt. Zu den verfrühten Zeichen des AbwärtSrollrns gehört in erster Linie auch eine wellflüchtig-religiöse Sehnsucht, vielleicht der tiefste Ausdruck aller LebenS- müdigkeit. Und auch damit steht Tolstoi auf russischem Boden. Gristesverachtung und blinder Opfermut für Gott, Selbsthaß und Wellfluch, kurz, das Absterben als Ideal, die Askese als Weg dahin — all das ist seit Jahrhunderten in russischen Sekten gelehrt und befolgt worden, mehr als irgendwo. Tolstoi hat den innersten Kern dieses Wesens nur in Worte gekleidet, und er hat lauter gesprochen als sonst ein Russe vor ihm. Aber über der Eigenart der Nationen steht das Menschliche, Allgemeine. Und mag Tolstoi auch als Russe gedacht und das Gedachte ins scheinbar Unmögliche verbreitert haben — er hat an jenes Allgemeine gerührt und also an Millionen Herzen. Der große Russe Tolstoi war ein großer Mensch. Neuestes vom Tage. -f Ein neues Riesenschiff. Vor einigen Tagen noch war das größte Schiff der Welt das für die Homturg-Amerika-Linie auf dem Stettiner Vulkan im Bou befindliche; nunmehr macht die englische Cunard- Linie bekannt, daß sie Angebote von Schiffsbauwerften für einen Dampfer eingefordrrt habe, der das Hamburger Schiff noch um vier Fuß in der Länge übertreffen solle. Dos Deplacement soll 50000 Tonnen betragen, die 1910. Länge 888, die Breite 95 Fuß. Die Kosten werden auf vierzig Millionen Mark veranschlagt. DaS neue Schiff soll Turbinen erhalten, die eine Schnelligkeit von L3 Knoten entwickeln können. Die Kessel werden mit Erdöl geheizt. ES hat Raum für 650 Passagiere erster, 740 zweiter und 2800 dritter. ff Verhaftung eines Entführers. Der Münchneer Referendar Etzel, der kürzlich die Tochter des Justizrates Rüttger aus Aachen unter sensationellen Umständen aus München entführte, ist, wie die „Voss. Ztg." berichtet, in Spanien verhaftet worden. In seinem Besitz hat man eine Summe von 200 000 Mk. gefunden. Die ebenfalls festgenommene Entführte wick> ihren derzeit in München wohnenden Eltern zugeführt werden. ffDie ewig« Abruzzenbraut. Der Liebes roman der Miß Elkins und des Herzogs der Abruzzen scheint noch nicht zu Ende zu sein. Wie dem „Berl. L.-A." aus Mailand gemeldet wird, will der dort er scheinende Secello wissen, daß Miß Elkins, die zurzeit in Lugano weilt, den Besuch des Bischofs von Lugano erhalten habe und erwidern werde. Sie wolle zum Katholizismus übertreten und in einem der nächsten Monate soll die Hochzeit mit dem Herzog der Abruzzen stattfinden. Miß Elkins werde den Titel einer Herzogin von Teramo erhalten. Der Hof sei einverstanden, der Vater sei einverstanden, der Vater der Braut habe nach- gegebrn und nun sei alles friedlich gelöst. — Wir gebin auch gern, unseren Segen dazu, wenn's nur erst einmal so weit wäre! ff Löschung des Neuengammer Erd gasbrandes. Ein von der Hamburger Feuerwehr unternommener Versuch hat ergeben, daß es möglich ist, den Erdgasbrand bei Neuengamme zu löschen. Es wurden schräg gegen die Ausströmöffnung Wasser strahlen mit acht Atmosphären Druck geschleudert, wo durch das Gas sich mit dem Wasser vermischte und un entflammbar wurde. Es sollen Vorkehrungen getroffen werden, das Gas zu späterer Verwertung abzufangen, bis dahin läßt man es weiterbrennen. Mm Heiknscktz-Verilsui r« bekM billigen Reizen bst begonnen. In allvn 6nö886ki fo^g am I-Lgsr. Mgliigr-I'sIetotL lerren-lnileH-tuMe lilnsil Mittel, 18. 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