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Oie Lesewut. »Mit dem Jungen ist nichts anzufangen, er hockt den ganzen Tag über den Büchern und hat für nichts anderes Sinn als für das Lesen. Er liest alles, was ihm unter die Finger kommt. Er vergißt alles um sich herum, macht seine Schulaufgaben nicht, kurzum er ist zu nichts zu gebrauchen." So hört man immer wieder Vater und Mutter über den acht- bis zehnjährigen Knaben (oder das Mädchen) klagen. Soweit es sich darum handelt, daß die Schularbeiten vernachlässigt werden, ist natürlich das lesewütige Kind im Unrecht und mutz mit aller Energie zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten werden. Das geschieht aber durch ver ständige Erziehung und nicht durch müßige Klagen.. Wenn die Eltern sich also darüber beschweren, daß ihr Sohn seine Schularbeiten nicht mache, sondern fortwährend lese, so stellen fie sich selbst ein sehr trauriges Zeugnis aus und geben zu. datz sie nicht imstande find, ihr Kind zu erziehen. Gelingt es jedoch, einen solchen lesewütigen Knaben, sei eS selbst durch Zwangsmittel, dahin zu bringen, datz er seine Pflicht erfüllt, so sollten Eltern und Erzieher sich keineswegs über die Lesewut beklagen, sondern sich im Gegenteil darüber freuen. Dieser Drang zu lesen und Neues in sich aufzu nehmen, ist fast ausnahmslos bei den Knaben (bei den Mädchen kommt die Lesewut seltener vor) ein sehr günstiges Zeichen. Die Lesewut beweist, datz das Kind Phantasie hat und nach Befriedigung derselben sucht. Der lesewütige Knabe hat aber auch einen bedeutenden Bildungsdrang. Dieser Drang ist außerordentlich wertvoll und sollte nicht nur nicht unterdrückt, sondern im Gegenteil gefördert werden. Eltern und Erzieher müssen nur die richtigen Mittel finden, um den Bildungsdrang des Kindes in die richtigen Bahnen zu lenken. Datz das Kind schon wie ein Erwachsener handelt, sorgfältig Pflicht und Vergnügen voneinander scheiden kann, sorgfältig erwägt, was das Näherliegende und Wichtigere ist, kann man nicht verlangen. Durch Fragen, durch freund liches Unterhalten wird man dann bald herausfinden, worauf sich das Interesse des Knaben vor allem richtet, und ihm die Bücher seines Geschmacks besorgen. Man hat dann einen sehr wertvollen Fingerzeig auch für den zukünftigen Bemf des Knaben, und alle Eltern wissen, wie schwer es heutzutage ist, einen Knaben, der nicht eine ausgesprochene Neigung und bedeutende Anlagen für einen bestimmten Beruf hat, in die richtige Lebensbahn zu lenken. Wenn der Knabe sich für die Tierwelt und das Natur leben interessiert und man diese Neigung unterstützt, erweist man ihm einen großen Dienst für das ganze spätere Leben. Ob er dann Geistlicher, Lehrer, Beamter, Kaufmann oder irgend etwas anderes wird, ob er einen Beruf ergreift, der ihn mit dem Tierleben gar nicht in Berührung bringt, ist ganz gleichgültig: er trägt in seinem Innern einen Schatz herum, der gar nicht hoch genug anzuschlagen ist: das ist das Interesse für die Natur und für die Tierwelt. Das zieht ihn von unnützen Dingen ab, das schafft ihm Freude und Lebensgenuß bis zum Lebensende. Wenn wir uns unter den sogenannten Kapitänen der Industrie umsehen, unter den Männern, die geradezu Bahn brecher für die moderne Entwicklung geworden sind, ebenso unter denen, die riesenhafte Vermögen zusammengeschlagen haben, so finden wir, daß es zum allergrößten Teile Leute find, die sich durch eigene Kraft heraufgebracht, die nicht einmal eine besondere Schulbildung genossen haben. Wenn fie aber nur wenig die Schule besuchen konnten, weil ihnen ihre Verhältnisse dies in der Jugend nicht gestatteten, dann waren die Männer, die es zu großen Erfolgen gebracht haben, sicher lesewütige Knaben, die alles lasen, was ihnen unter die Hände kam, weil sie den Drang in sich fühlten, fortwährend Neues zu erfahren und sich fortzubilden. Sonderbare Maschinen. Die Amerikaner stellen ihr Er findergenie zuweilen in den Dienst der wnderbarsten Einfälle, aber es ist nickt zu leugnen, datz sie doch auch in rein prak tischer Hinsicht aus dem Gebiete des Maschinenwc -ns manches leisten, worauf in einem andern Lande kaum jem nd kommen würde. Ein Beiwiel dafür find zwei Mmckinen, die sich ein amerikanischer Erfinder hat patentieren lassen. Die eine ist dazu bestimmt, Briese in die Kuverts zu stecken, diese zu siege!« und mit Marken zu versehen. Mit Hilfe der Maschine kann ein einziger Arbeiter in einer Stunde Illvbü Schreiben zum Versand sertigstellen. Die mrdere Maschine fältel Zeitungen und Broschüren, bringt fie unter Kreuzband, das bereits mit Marke versehen ist, schreibt auf dieses die Adresse und verteilt die Drucksachen sogar in die einzelnen Beutel, die dazu dienen, eine Sortierung der Sendungen nach ver schiedenen Richtungen vorzunehmen. Eine dritte amerikanisch« Maschine, die in Chicago das Licht der Welt erblickt bah wird in anderen Kreisen Interesse erwecken. Es handelt sich um die Herstellung von Fruckttorten in großem Maßstabe. Diese Tmtenmaichine ioll imstande sein. AM Fruchttorten von mittlere!« Unuang uno SiM Tünchen zu fabrizieren. Sie wird durch einen Elektromotor betrieben, und zu ihrer Bedienung genügen drei Leute. Der geknetete, geblätterte und ausgestrichene Teig wird auf Platten von passender Größe und Form gebracht, in diesen auf eine Form gesetzt, dann gebuttert, niit den gewünschten Früchten garniert und mit Zucker überstreut. Schon diese Verrichtungen geschehen sämtlich durch die Maschine. Dann werden die Formen auf einer Kette ohne Ende angebracht, wandern nacheinander durch drei Ofen, deren Boden elektrisch geheizt ist» und find nun in gebrauchsfertigem Zustand. Hohlräume im Luflmcrr. Zu den merkwürdigsten und gefürchtetsten Zufälligkeiten, von denen .Flieger" betroffen werden können, gehört eine .Begegnung" mit gewissen Luft gebieten, wo der barometrische Druck plötzlich so tief sinkt, daß die Aeroplane einen großen Teil ihrer Tragkraft ein büßen und schnell abwärts stürzen, als wäre ihnen plötzlich jede .Stütze" entzogen worden. Auch Freiballons gerate» zuweilen in solche .Hohlräume des Lustmeeres" und können einem ernsten Unfälle dann nur dadurch entgehen, daß fie schnellstens eine grotze Menge Ballast auswerfen. Auf dem Erdboden findet man ähnliche Erscheinungen oft über aus gedehnten Waldgebieten. Der schiinste Lorbeer. Das schwerste Leid trägt, wer es verbergen muß — Dreifach beklemmt Stillschweigen des Menschen Amft; Doch dieses Leid, nicht teiit's der Dichter: Offen verkündet er, was ihn schmerzet. Frei wird die Brust ihm, schüttet er ganz fie aus: Ausschließt er Euch, was tief und geheim er hegt. Läßt Euch in seine Wundenmale Legen die zweifelnden, kalten Hände. Dann aber weh' ihm, wenn des beseelten Klang- Schönheit allein Euch reizte den Sinn, das Her» Nicht trieb zu sanftem Mitgefühl, dann Teilt der Verkannte das Los Arions, Den kaltes Schiffsvolk über den Pontus fuhr; Dock reizte nur sein mächtiges Goldgewand Das Herz der Räuber, nicht ergriff sie. Was er entlockte den goldenen Saiten. Babam empfing, wer klaget in Klängen, wen» Des Liedes Seel' in andere Seelen tönt Und selbst im stumpfen Herzen leise Weckt ein Gefühl der begrab'nen Kindheit. Des schönsten Lorbeers rühme sich der allein. Den für ein Lied mit feuchterem Glanze still Ein Auge Iras — so sanfte Strahlen Mögen erhellen ihm dunkle Nächte! Bernhard »on Level Medizinischer Humor. Nichft gesehen. Der junge Arzt kommt nach Hause und hört da von dem Dienstmädchen, daß auf ihn ein Patient gewartet habe, nun aber wieder fortgegangen sei. — Arzt: »Das war gewiß der mit der Magengeschwulst." — Dienst mädchen: .Ja, das weiß ich nicht: inwendig hab'ich ihn nicht gesehen." Der Automobilarzt. .Ihr Vetter, der tunge praktische Arzt, fährt ja wie toll mit seinem Automobil umher, hat er denn schon Patienten?" — .Ach Golt,noch wenig, erführt sich halt so nach und nach neue Praxis zusammen." Mißverstanden- Arzt: .Nur fleißig die Pillen eiu- nebmen, so gefallen Sie niir." — Ältliche Kokette: »O. Sie Schmeichler. Schwieriger Fall. Ein Arzt erhält spät am Abend die Karte eines Kollegen, . 'komm dock noch ein bißchen in die Kneipe, uns fehlt der dritte Mann zum SkatI" — .Liebe Emilie", sagte er nun zu seiner Frau, .ich werde nochmals fortgerufem" — .Ist es denn so wichtig?" — .Ach, ein schwieriger Fall", antwortete er. ^wei Ärzte find schon da."