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Unsere Marineverwaltung beabsichtigt, die veralteten Fahrzeuge aus der ersten Zeit deS Torpedobootbaues vollständig auszuschciden und durch leistungsfähige Torpedoboote moderner Conflruction zu ersetzen. Die Probefahrten der neuen Boote haben bisher ein vorzüg liches Ergcbniß geliefert. Bei der dreistündigen Fahrt mit vollausgerüstetem Boot wurde eine Geschwindigkeit von 26,4 Seemeilen erreicht. AuS Kamerun meldet der stellvertretende Gouverneur heute, daß dort über die angebliche Vernichtung der Expedition deS Hauptmanns v. Besser und den Tod des Letzteren nichts bekannt ist. Ferner wird wieder holt, daß die Expedition nicht gefährdet ist. ^e^lerrelstz-Ungar». In Wien stehen GemeinderathSneuwahlen in Aussicht. Die freisinnigen Gemeinderäthe sind mit der neuen Gemeindewahl-Ordnung unzufrieden und haben alle 35 ihre Mandate niedergclegt. Dadurch soll die Regierung zur Auflösung und Ausschreibung von Neu wahlen gezwungen werden. England. Der Prinz von Wales wird nach einer Londoner Mittheilung der Eröffnung der Pariser Weltausstellung fernbleiben. Damit übt er Wiedcrvergeltung für die Beleidigung seiner Mutter durch die Franzosen. R»tz!«nd. Der Londoner „Standard" meldet auS Odessa unter dem 27. d.: Ueber den Zweck der in Südrußland vorgenommenen Rüstungen kann kein weiterer Zweifel mehr bestehen. Eine Viertelmillion Truppen ist für den activen Dienst mobilisirt, und das Schwarze Meer-Geschwader mit seinen Transportschiffen wird in Bereitschaft gehalten. Die Spannung zwischen der Pforte und Petersburg wird jeden Tag größer, und man blickt auf die Situation mit ernster Sorge. Wenn die von Deutschland unterstützte (?) ottomanische Regierung hch gegen die ConcessionSsorderungen Rußlands in Kleinasien durchaus sträubt, sind Complicationen unvermeidlich. Die russischen Garnisonen an der kaukasisch-armenischen Grenze find vervierfacht und für den Kriegsdienst ausgerüstet. Türket. Der Sultan hat die Anschaffung Kruppscher Schnell- feuergeschütze für das 1., 2. und 3. türkische Armee- eorps angeordnet. Afrika. Während der nächsten vier Wochen findet nach Lon doner Angaben kein Vormarsch deS englischen Hauptcorps von Bloemfontein aus statt, da sich Lorv Roberts nach Kapstadt begiebt, um seine in der nächsten Woche dort eintreffende Gemahlin zu empfangen. Wenn man bedenkt, daß den Engländern jeder KriegStag rund 4 Millionen Mark kostet, so wird man sich schwer lich davon überzeugen können, daß die vierwöchige Pause in den kriegerischen Operationen nur deshalb eintritt, weil Lord Roberts seine Gemahlin bei deren Empfange in Kapstadt persönlich begrüßen will. Der edle Lord hat vielmehr augenscheinlich eingesehen, daß er etwas voreilig gehandelt hat in der durch nichts begründeten Voraussetzung, daß die Oranjesreistaatler des Krieges Müde geworden seien, und daß er eine Position ein- Unterhaltungstheil. Baroneß Ilse. Novelle von Gerhard Wolter. 6) (Fortsetzung.) Außer den bis zur Decke reichenden Weihnachtsbäumen war der große Saal an den Wänden bis oben hin mit Tannenzweigen dicht bedeckt und so zu einer gewaltigen Tannenbreite verwandelt. Am Abend mußte es eine große Pracht werden mit oll den Lichtern ringsum. Auf den Tafeln um die Wände her bauten nun die flinken Hände der jungen Mädchen aus. Da, als sie mitten in der Arbeit waren, rauschte es ein wenig in dem einen Baum; dann fiel etwas mit leichtem Aufschlag auf das Parkett des Fußboden«. Ilse lief hinzu und hob ein herunter gefallenes Lichtchen auf. „Ach, da muß ich den Kandidaten holen," rief sie; „wrr hätten ihn überhaupt mit anstellen können; der faullenzt da, und wir müssen uns quälen; soll ich?" Angstvoll blickte Frieda zu ihr auf. „Bitte, bitte, nein!" fprach sie in fast flehendem Ton. Ilse fah ihr gerade in die Augen und sagte nichts. — Nach einer Weile eifrigen und stillen Schaffens waren sie fertig. „So," sagte Baroneß Ilse und setzte sich mit kühnem Schwung auf das breite Fensterbrett, schlug ein Knie über das andere und verschränkte die Arme. So, es wird fast schon dunkel; nun kommen Sie her, wir plaudern noch ein wenig. Setzen Sie sich auf den Hocker da; erst will ich mir eine Cigarette anstecken." — Frieda schaute auf sie, als das kurze Ausflammen das interessante Mädchengestcht schnell erhellte. „Wie ist sie schön!" dachte sic wieder bekümmert. „Nun sagen Sie mir 'mal, Friedachen," begann die Baroneß, „was haben Sie eigentlich gegen den Candi daten? Wenn er dabei ist, dann sind Sie die reine Karthäuser-Nonne, und eben wollten Sie ihn auch nicht holen lassen. Ich finde ihn sehr nett und hätte die genommen hat, die keineswegs so gesichert ist, al» er eS sich bei dem Einzug in Bloemfontein gedacht hatte. General Joubert befindet sich in Pretoria, von wo aus er die Oberleitung vorzüglich durchfahren kann. Bei den Drakensbergen sollen sich 20,000 Frcistaatburen be finden, die nicht nur den General Buller im Schach halten, sondern auch dem Lord Roberts durch einen Flankenangriff äußerst gefährlich werden können. Einige Meilen südöstlich von Bloemfontein erlitten die Eng länder eine nicht unbedeutende Niederlage, als sie ver suchten, die Buren aus der Stadt Ladybrand zu ver treiben. Nördlich von Bloemfontein, bei der Eisenbahn station Brandford, wollen englische RccognoscirungstrupPen allerdings eine Burenstreitmacht aus ihrer Stellung ver trieben haben. Auch heißt eS, der englische General Element sei von Bethulie an der Eisenbahn nach Bloem fontein weiter vorgedrungen und habe die Städte Sager, fontein und Fauresmith, ohne auf nennenSwcrthen Wider stand gestoßen zu sein, in Besitz genommen. Den Eng ländern ist die „Puste" ausgegangen, schreibt der militärische Sachverständige der „Kreuzztg.". Das Klima, besonders das trockene deS bald rintretenden Winters, Krankheiten bei Menschen und Pferden, sowie Wasser mangel machen gerade in jenen Gegenden jede Operation um so verlustreicher, je größer die Mafien sind, die zu sammenzuziehen sind. General Buller soll Anstalten zu einem Vormarsch treffen. Wenn nur die Drakensberge nicht zu gut von den Buren besetzt wären, käme es vielleicht zu einem Vormarsch, so wird es aber einstweilen wohl bei den Vorbereitungen bleiben. Transvaal» Ingenieure sollen die Kohlengruben von Dundee zerstört haben. Die Eommandanten der britischen Kriegsschiffe erhielten Befehl, die die Delagoabai verlassenden Schiffe auf Goldtransporte zu unterfuchen, da Gold als Kriegs- contrebande anzusehcn sei. Ein englischer Küstendampfcr soll in der Delagoabai beschlagnahmt sein, weil er Kohlen an Transvaal lieferte. (!) Der Tod Ferreiras ist aufgeklärt. Die mit der letzten Post eingelaufencn Zeitungen auS Südafrika bringen nähere Berichte über den Tod deS Comman- danten Ferreira, der eine Zeitlang mit seinem angeblichen Vcrrath an Cronje in Verbindung gebracht worden war. Der Sachverhalt ist folgender: F. machte im Lager bei BoShos in der Nacht deS 18. Februar die Runde und fand einen Bur in tiefem Schlaf. Er wollte ihn mit dem Kolben feine« Gewehrs auswecken; der erschrockene Bur ergriff das Gewehr beim Hahn, dieser schnappte zu, das Gewehr ging los und der Schuß traf den Comman« danten mitten ins Herz. Aus dem Muldenthale. *Waldeuburg, 29. März. Nächsten Sonnabend soll im Goldnen Löwen hierselbst ein allgemeiner Spielabend abgehalten werden. Die bei den zu veranstaltenden Spielen erziellen Gewinne sollen zu Gunsten der verwundeten Buren in Südafrika verwendet werden. Alle Spieler, welche ein warmes Herz für das gehetzte tapfere Buren volk haben, das mit Gut und Blut für sein Vaterland und seine Freiheit kämpft, werden gebeten, sich an den größte Lust, mich in ihn auf Festdauer zu verlieben. Ist Ihnen noch nie so zu Muth gewesen? Seien Sie ehrlich, Kleine! Oder können Sie ihn nicht leiden?" Frieda athmete tief und rang die Finger, außer Stande zu antworten. Sie hatte das Gesicht abgewandt. „Keine Antwort? Nun, das ist auch immerhin eine!" Szx sprang herunter und kniete neben Frieda hin. „Mein armes Kmd, nun will ich Ihnen einmal etwas erzählen: Sie sind wahnsinnig in Ihren schönen Candidaten ver- liebt, und wir können uns nun ehrlich um ihn schlagen oder vertragen. Aber eins sollen Sie mir vorher sagen, Kleine. Haben Sie sich von ihm küssen lassen? Und hat er Ihnen etwas versprochen?" Frieda wollte aufspringen, aber die Arme des Edel fräuleins hielten sie fest. „Nein, so entrinnen Sie mir nicht!" lachte sie über- müthig. „Sehen Sie, ich bin ein tolles Ding und lang weile mich hier meistens zum Sterben und sehe wirklich von meinem Standpunkt aus gar kein Unglück darin, mit einem liebenswürdigen Manne, der kein Dummkopf ist, einen kleinen Flirt zu machen; und Ihr Candidat gefällt mir ausnehmend. Ich habe ihn eben zwar etwas schlecht behandelt, damit er nicht übermüthig wird, denn er ist verwöhnt und eitel; — nun will ich aber von Ihnen wissen, wie Sie mit ihm stehen!" Ein rothcr Strahl der untergehenden Sonne, der durch die Schneewolken gebrochen war, fiel durchs Fenster und gerade auf die Gesichter der beiden fo verschiedenen Mädchen, auf den braunen Scheitel der ergeben leidenden Madonna und auf das krause, goldige Blondhaar des WeltkindeS, das ihre Arme fest um Frieda geschlungen und die weiche, blühende Wange an die ihre gelegt hatte. „Sie wollen mir nicht antworten? Nun, dann thue ich eS. Also: er gehört Ihnen halb und halb, und Sie haben ihn rasend lieb! Sie haben das selbst noch nicht so gewußt, aber jetzt ist Ihnen da« Licht aufgegangen, und mich Haffen Sie zur Stunde. Aber nun hören Sie genau zu: Sie sollen ihn allein haben! Das verspreche zu arrangirenden Spielen zu betheiligen. Wir wünschen dem Unternehmen besten Erfolg. *— AuS der neuen Postordnung heben wir hervor, daß die Postaufträge mit dem Vermerk „Sofort zum Protest" vom 1. April ab nicht mehr sofort nach der ersten vergeblichen Vorzeigung oder nach dem ersten ver geblich gebliebenen Versuch der Vorzeigung zur Protest erhebung an eine zur Aufnahme des Wechselproteste» befugte Person weitergcgrben, sondern noch bi« zum Schluß der Schalterstunden an dem betreffenden Tage bei der Postanstalt zur Einlösung oder Ertheilung de« Annahmeerklärung bereit gehalten werden sollen, sofern der auf dem Postauftragsformular angegebme Vorzeigung»« tag nicht bereits verstrichen ist. Dem ReichSbank-Directorium in Berlin wurde kürzlich die Frage vorgelegt: „Ist ein mit Tintenstift unterschriebener Wechsel bankfähig?" Die Antwort lautete dahin, daß im Geschäftsverkehrc mit der Reichsbanl Unter schriften, welche mit dem sogenannten Tintenstift voll zogen sind, grundsätzlich nicht zugclaffen werden, weil e» zu schwierig ist, in jedem einzelnen Falle zu prüfen, ob die Unterschrift unverwischbar ist. *— Die Ziehung der 4. Klaffe der 137. königlich sächsischen LandeSlotterie findet am 9. und 10. April 1900 statt. Die Erneuerung der Loose ist nach Z 5 der dem Plane zu dieser Lotterie angefügten allgemeinen Bestimmungen vor Ablauf de« 31. März bei dem Collectcur, dessen Name und Wohnort auf dem Loose aufgedruckt und aufgestempelt ist, zu bewirken. *— Die vorgcschriebene Arbeiterzählung ist wiederum am 1. Mai vorzunehmen. Die Zählung wird bei den Gewerbetreibenden vorgenommen, dir mindestens zehn Arbeiter beschäftigen oder in ihren Betrieben elementar, Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektricität re.) verwenden. Ferner unterliegen der Zählung Hütten werke, Zimmerplätze und andere Bauhöfe, Ziegeleien, Brüche und aus längere Zeit in Betrieb befindliche, nicht bergmännisch abgebaute Gruben. — Die am 1. April d. I. in Wirksamkeit tretende Erhöhung der Bergarbciterlöhne im Zwickauer Revie« soll 20 bis 30 Pf. betragen. Der Lohn für dir 10- stündige Schicht wird demnach künftighin betragen für Förderleute 1,70 bis 2,40 Mk., Lehrhäuer 2,50 bi« 2,60 Mk., Häuer 2,70 bis 3 Mk., Zimmerlinge 2,80 bis 3,30 Mk., Treibemeister, Pumpenwärter 3 Mk. bi» 3,50 Mk. — Im Reichsverein für WurZM und Umgegend ist eine Bismarck-Stiftung errichtet worden, deren Zinsen von ungefähr 120 Ml. am 1. April an würdige Per sonen, welche ersprießliche Leistungen auf dem Gebiete der Kunst oder der Wissenschaft, des Handels oder de» Gewerbes aufzuweisen haben oder noch erwarten lassen, vertheilt werden sollen. Aus dem Sachsenlande. — Der soeben unter Belassung in dem Vnhältniß als Generalinspecteur der 2. Armeeinspcetion von seiner Stellung als commandirender General des 12. Armee« corpS enthobene Gencralfeldmarschall Prinz Georg von Sachsen hat seit dem 9. November, also über 26 Jahre, ich Ihnen: So leichtherzig ich bin, Ihnen, Sie arme», liebes Kind, mache ich keine Concurrenz; so viel Gewissen habe ich auch noch. Heiraten kann ich ihn ja doch nicht; aber er soll Sie heiraten. Ich will es! Sind Sie nun zufrieden? Ich werde Ihnen beiden jetzt durch Seelen« größe imponiren." Frieda lächelte unter Thränen und barg das Gesicht an der Schulter der Baroneß. „Nicht wahr, es giebt doch noch edle Menschen," scherzte Ilse und strich ihr mit der Hand über Haar und Wangen, „und manchmal sogar da, wo man sie garnicht vermuthet hat! Und nun seien Sie heute Abend nicht so schrecklich misepetrig, da« lieben die jungen Herren am wenigsten. Behandeln Sie ihn so stolz und miserabel wie möglich; ich thu' eS auch. Lasten Sie ihn nur gehörig zappeln! ^.HöAro, äoles, presto! So, nun lachen Sie 'mal, Sie arme Schmerzensreiche; Sie glauben ja nicht, wie niedlich Sie dann sind, — die geborene reizende Pfarrersfrau I So, und nun kommen Siel Ich habe noch viel zu thun!" Und den Arm um sie schlingend, tanzte sie mit der lächelnd Widerstrebenden um den Wcihnachtsbaum herum. Frieda rang sich lo« und hob bittend die Hände gegen Ilse: „Um Gotteswillen," flehte sie hastig athmend, „machen Sie mich nicht auf ewig unglücklich und sprechen Sie nicht mit ihm über mich, das wäre mein Tod! Ich kann ihn doch erst recht nicht heiraten! Es war ja schwere Sünde, daß ich mich von meinem Gefühl über mannen ließ und nicht stark war gegen ihn. Wohin soll das führen? Ich bin fast ebenso alt wie er —" „Fürchterlich!" fiel da« Fräulein ein und schlug di« Hände zusammen; „dann würden Sie ja sogar Ihre silberne Hochzeit in demselben Jahre feiern!" „Und, — und —" fuhr Frieda stockend fort, — „und ich bin ja ganz arm." (Fortsetzung folgt.)