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Italien. Papst Leo empfing am Donnerstag eine Reihe von Pilgern im Petersdom zu Rom. Der greife Kirchenfür erfreut sich guter Gesundheit. England. Ueber dir Kriegsaussichten in Südafrika sind dir rnglischen Blätter angesichts der unheimlichen Schweig samkeit deS Londoner Kriegsamts recht getheiltrr Meinung geworden. Dir Grundstimmung ist zwar auf dir Zuver sicht eingestellt, daß de» britischen Waffen der Erfolg nun nicht «ehr fehlen könne, das Raß aber der noc zu überwindenden Schwierigkeiten wird von den ver schiedenen Blättern ganz verschieden eingcschätzt. Der „Standard", also das der englischen Regierung nahe stehende Organ, glaubt, daß TronjeS Heer dem Schicksal, zersprengt odrr völlig vernichtet zu «erden, nicht entgehen könne, fall» e» dem General Joubert nicht rechtzeitig gelungen sein sollte, zur Unterstützung des bedrängten General» im Oranjefreistaat zu erscheinen. Lange Joubert rechtzeitig an, dann würden die Engländer freilich noch schwer« und blutige Kämpfe bis zur völligen Unterwerfung der beiden südafrikanischen Freistaaten auszuführen habe«. Afrika. I« hartnäckiger und länger das Londoner Kriegsamt über die Ereignisse in Südafrika schweigt, um so mehr darf man annehmen, daß es um die Sache der Buren nicht so schlecht bestellt ist, als eS englische Privat nachrichten glauben machen wollen. Weder von dem westlichen noch von dem östlichen Kriegsschauplätze liegen ausklärrnde amtliche Nachrichten vor, die vom Londoner KriegSamt natürlich in jeder beliebigen Menge veröffent licht werden würden, wenn sic nur Gutes für dir Eng länder enthielten. Vom westlichen Kriegsschauplätze hatte rin Kapstadter Blatt gemeldet, der Burengeneral Eronje sei vollkommrn eingeschloffen und würde von den Eng ländern einem ununterbrochenen verheerenden Feuer aus gesetzt; die Buren aber leisteten verzweifelten Widerstand. Wir glauben nicht recht an diese Einschließung, da nach den letzten Brüsseler Meldungen General Cronje den Vormarsch deS Lord Roberts nach einer Reihe heftiger Gefechte, in denen die Engländer erhebliche Verluste er litten, ausgehalten habe. Die Truppenthcile der Buren generale, die sich bis dahin in Natal befunden hatten, vollziehen unaufhaltsam ihre Vereinigung mit Cronje. Letzterer kann also garnicht vollständig eingeschlosicn sein; wäre er eS, dann hätte es das Londoner KriegSamt auch schon längst gemeldet. In diesen und den voraufge gangenen Kämpfen bei Kimberley wird der Verlust der Engländer allein an Offizieren auf über 50 angegeben. Dies« Angabe erhält indireet eine Bestätigung durch die Aufforderung deS Lord Roberts an die englische Militär verwaltung, ihm sofort Offiziere zuzuschicken. Kriegserfahrene Offiziere hat die englische Regierung aber natürlich nicht zur Verfügung, ohne solche wird General Roberts aber nicht viel ausrichten. Bisher hat Lord Robert« jedenfalls keinen entscheidenden Erfolg errungen und je länger es dauert, ehe der Entscheidungsschlag fällt, desto mehr verschlechtern sich die Aussichten der Engländer. Cronje soll bereits 35,000 Buren um sich vereinigt haben und mit diesen die Straße von Bloem fontein wirksam vertheidigen. Natürlich hat der General diese Verstärkungen aus Natal erhalten, in dem die Burrn jetzt nur über vcrhältnißmäßig geringe Streit kräfte verfügen. Um so merkwürdiger ist es allerdings, daß General Buller seinen Vormarsch auf Ladysmith noch immer nicht hat durchführen können und die Be lagerung der Stadt seitens der Buren ungehindert fort dauert. So lange diese Belagerung nicht aufgegeben wird, so lange ist die Lage der Buren im Oranjefreistaat auch noch keine verzweifelte. Die Stimmen derer mehren sich, die von dem heldenmüthigcn Volke der beiden süd afrikanischen Freistaaten auch den Sieg über die unter Lord Roberts vereinigten englischen Streitkräfte erwarten. Atts dem Mttldenthale. *Waldeubvrg, 23. Februar. Morgen findet in Frankfurt a. M. die Vermählung Sr. Durchlaucht deS Prinzen Ulrich von Schönburg-Waldenburg, »weiten Sohnes Ihrer Durchlauchten des Prinzen und der Frau Prinzessin Georg von Schönburg-Waldenburg, mit Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Pauline von Löwenstein- Wertheim-Freudenberg, zweiten Tochter Ihrer Durchlauch ten deS Prinzen und der Krau Prinzessin Alfred von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, statt. Prinz Ulrich, Oberleutnant im K. S. Gardereiterrcgiment, commandirt als Assistent zur K. Militärreitanstalt in Dresden, ist geboren am 25. August 1869, Prinzessin Pauline am 16. October 1881. Wir beglückwünschen da» Fürstliche Paar ebenso ehrerbietig, wie herzlich. *—- Bei dem gestrigen Stiftungsfeste des hiesigen GewcrbevcreinS hatten sich die Mitglieder und ihrer An gehörigen, sowie die geladenen Gäste äußerst zahlreich eingcfunden, so daß der prächtig geschmückte Saal des Schönburger Hofe» bis auf den letzten Platz gefüllt war. Für die Feier war ein abwechselungsreiches Programm aufgestillt worden; neben der hiesigen Stadtkapclle hatten der Gesangverein, sowie Mitglieder deS Turnvereins ihre Mitwirkung freundlichst zur Verfügung gestellt. Eingc- leitet wurden die Darbietungen durch ein geschmackvoll arrangirteS lebendes Bild: „Ein Frühlingsmorgen", zu welche« Herr Cantor Uhlig einen Prolog vortrug. Der Gesangverein trug im ersten Theil drei Lieder i« Volkston: Die kleine Gaffe und Aennchen von Tharau von Silcher, sowie die Hymne der Buren von de ReeS, und im zweiten Theil: Des Liede» Krystall, von Schmidt, Einkehr, von Tauwitz, sowie ein Trinklied von Otto vor und erntete damit derart lebhaften Beifall, da sich di« Sänger zu einer Zugabe veranlaßt fühlten. Im zweiten Theil kam außerdem ein Theaterstück: Mamas Augen, Lustspiel in 1 Act von Iuliu» Rosen, zur Auf führung. Die Deeoration der Bühne war hierbei eben falls eine höchst geschmackvolle, das Zusammenspiel ein aurgezeichnete« und sehr flotteS, so daß den Darstellern auch an dieser Stelle noch besonderer Dank ausgesprochen sei. Durch Mitglieder de» Turnvereins wurden Uebungen i« Keulenschwingen vorgeführt, die gleichfalls reichen Beifall fanden. Ein sehr zeitgemäße- Couplet brachte Herr Kleindienst zum wirkungsvollen Vortrag: John Bull und die Buren, worin die Engländer in ihrem Kampfe gegen die Baren in sarkastischer Weise gegeißelt werdm. Die Vorträge unserer Etadtkapelle trugen das Ihrige dazu bei, den Untcrhaltungsabend zu einem wohlgclungenen zu gestalten. Der stellvertretende Vor sitzende, Herr Apotheker Canzler, nahm am Schluffe des Programms Veranlassung, allen Erschienenen für ihre zahlreiche Betheiligung und ihre rege Aufmerksamkeit zu danken und besonders allen Denen, dir zum guten Ge lingen des Festes brizrtragen, seinen herzlichen Dank zu agen. Der nachfolgende Ball fand lebhafte Betheiligung. * — Die diesjährige Musterung der gestellungSpflichti- gen Mannschaften auS dem AmtSgerichtSbezirke Walden burg findet am S. und 10. März von je früh '/»S Uhr i« Rathhause hierselbst statt, und zwar am 9. für die jenigen Mannschaften, welche auS den Ortschaften mit den Anfangsbuchstaben A bis L, und am 10. für die jenigen Mannschaften, welche auS den Ortschaften mit den Anfangsbuchstaben N bis Z stammen. Dir Mann- chaften aus Frohnrdorf und Hoyersdorf stellen sich mit den Mannschaften auS Ziegelheim. * — Am Schalter de« hiesigen Postamts ist heute wieder ein falsches Zweimarkstück angehalten und der Polizeibehörde zugeführt worden. Da« Falschstück zeigt ein Mindergewicht von 3 Gramm, die Jahreszahl 1876, das Bildniß Kaiser Wilhelm I., das Münzzeichen ühlt sich fettig an und hat abweichenden Klang. * — Die Staatsschulden deS Königreichs Sachsen be liefe« sich nach dem Prüfungsberichte, wie er von der dritten Deputation der 1. Kammer erstattet worden ist, am Schluffe des Jahres 1897 auf 752,464,950 Mk. Zur Verzinsung der Staatsschulden wurde im genannten Jahre der Betrag von 22,655,287 Mk. verausgabt, erner zur Tilgung der Betrag von 4,934,942 Mark. Die durchschnittliche Verzinsung der Staatsschulden stellte ich auf 3'/« Procent. * — Am Dienstag Vormittag begannen die Sitzungen des Kgl. Schwurgerichts Zwickau während des ersten Vierteljahres. Eröffnet wurden sie mit der Verhandlung gegen den 1861 in Langcnchursdorf geborenen und zü cht daselbst wohnhaft gewesenen, unbestraften Schuh macher Franz Heinrich Raabe, welcher der vorsätzlichen Brandstiftung angeklagt war. Seinem Geständniffe zu- olgc hat Raabe am Morgen deS 6. März 1897 das «hm gehörige, von ihm, seiner Familie und seinen Eltern bewohnte HauSgrundstück Nr. 32 für Langenchursdorf, um dir Versicherungssummen zu erlangen und davon ein neues Haus erbauen zu können, vorsätzlich ich Brand gesteckt, in dem er das im Schuppcngcbäude lagernde Stroh anzündete, wodurch da» HauS bis auf die Um- äffungsmauern niederbrannte und ein großer Theil des versicherten Mobilars mit vernichtet wurde. Der Ange klagte, dessen Vertheidigung Herr Rechtsanwalt Otto in Zwickau führte, wurde zu 2 Jahren 6 Monaten Zucht- >aus und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre verurtheilt. — Von einem recht betrübenden Unglücksfall wurde )onncrstag früh die Familie des Schlosser» F. in Glauchau betroffen. Frau F. war gegen >/»6 Uhr aufgestanden, um für ihren Mann, der auf Arbeit geht, en Kaffee zu bereiten, hatte aber ihr */» Jahre altes Töchterchen im Bette liegen lassen. Als die Mutter gegen 7 Uhr in die Kammer ging, um ihren Liebling aufzunehmen, fand sie, daß sich das Kind vollständig umgedreht und sich mit dem Gesicht in die Decke einge wühlt hatte. Wer ermißt aber den Schreck der Mutter, als sie ihr Kind beim Aufnehme» leblos vorfand. Gin chnell herbeigeholter Arzt konnte nur noch den bereits mich Ersticken «»getretenen Tod de» Kinde» ronstatiren. — Das Zwickauer Bergarbeiterstreik-Comitee hatte ür Mittwoch Nachmittag eine Versammlung der Ar- reiterausschüffe bei den einzelnen Werken berufen, um Beschluß wegen einer etwaigen Verhandlung mit den etzteren zu fassen. Auch die König!. Behörden, der Rath der Stadt Zwickau und das König!. verga«t fteiberg waren dazu eingeladen worden, jedoch ohne Vertretung geblieben. Die Vertreterversammlung war chwach besucht. Sie einigt« sich dahin, die bisherige» Forderungen z» ermäßigen, insbesondere die Forderung achtstündiger Arbeitszeit, 15 > bez. 10procentiger Lohn ¬ zulage im Schichtlohn, 4 Ak. 20 Pfg. bez. 3 Mk. 50 Pfg. Rindestlohn i« Gedinge, fallen zu lassen und nur Herabsetzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Löhne zu fordern und über diese Punkte mit de« Werksbesitzer» zu verhandeln. Im Falle diese die Verhandlung ab- lehnen sollte», soll die Vermittelung der Behörden noch mals angerufen werden. Im Nebensaal harrte eine vielhundertköpfige Menge der Mittheilung der Vcrtreter- bischlüffe, denen sie durch Zurufe bristimmte. vielleicht gelingt es, auf diesem Wege noch eine Verständigung anzubahnen und den bereit» länger al« acht Tage währen den Streik zu bannen. Der Kohlenvcrsand hat täglich um mehrere hundert Tonnen zugenommen. Der Streik nimmt weiter erheblich ab. Im Zwickauer Revier sind noch etwa 2700 Bergleute auiständig. — Durch den unregelmäßigen Betrieb gehe» in de» unterirdischen Bauten einzelner Zwickaaer Bergwerke schwere Schädigungen vor, die, abgesehen von dem großen Verlust für die Werke, auch fernere bedeutende Betriebs einschränkungen nach sich ziehen müssen. Die Stollen, die unter bedeutendem Drucke stehen, schieben sich, da der Abbau f«hlt, zusammen. — Die städtischen Eollegien in Warzen haben jüngst die unentgeltliche Ueberlaffung von 1 Acker Gelände zur Errichtung eine« Obstlehrergartens und die weitere Her gabe von Gelände zu einem jährlichen Pachtpreise von 60 Mark für den Acker beschlossen, ferner auch genehmigt, daß auf dem Grundstücke ein Wohnhaus für den Obst bau-Techniker und dessen Gehilfen errichtet werde. Der Landwirthschaftliche Kreisverein, als Unternehmer dieser Anlage, wünscht nun, daß das Wohnhaus auf eigenem Grund und Bode« erbaut werden möge, und hat den Rath um käufliche Ueberlaffung des dazu erforderlichen Geländes ersucht. Die städtischen Collcgien haben be« chlossen, dem KrciSverein 1000 4m geeignete« Gelände ,um Preise von 50 Pf. für da« Quadratmeter unter Vorbehaltung de« Rückkaufsrechtes abzulaffcn. Atts dem Sachsenlande. — Ihre Majestät die Königin ist am Donnerstag rüh 8 Uhr 50 Minuten nach Siegmaringe» abgereist. — Die 1. Kammer bewilligte am Donnerstag die im Personal- und Besoldungsetat der LandeSbrandverfiche« rungöanstalt geforderten Titel in Höhe von 503,460 Mk. und bewilligte «eiter Kapitel 10S—106 de« ordent lichen Etats. (Kapitel 103: Gesandtschaften, Kapitel 104: Finanzielle« Verhältniß Sachsens zum Reich, Kapitel 105: Rcich«tag«wahlen, Kapitel 106: Vertretung Sach sen« im BundeSrathe.) — Die 2. Kammer beschäftigte sich in ihrer DonnerS- tags-Eitzung bei überfüllten Tribünen mit der Inter pellation Fraßdorf und Genoffen über de« Kohlenstreik i« Zwickauer, Lugau-Oel«nitzcr Revier. Abg. Fräßdorf- Mickten begründete die Interpellation, woraus StaatS- ministcr von Metzsch dieselbe beantwortete. In der Be- sprechung gab Vicepräfident Opitz namen« der konser vativen Fraction die Erklärung ab, daß die conservative Fraktion i» dem Ausstande lediglich eine zum Zwecke der Agitation erzeugte socialdemokratische Kraftprobe sehe, deren Fortdauer da« wirthschaftliche Leben in Mitleiden« chaft ziehen «üffe. Die Fraktion billige deshalb daS Vorgehen der Regierung und erwarte, daß alle Maß nahmen angewendet werden zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz der Arbeitswilligen. Abg. Richter-Großschönau erklärt namens der nationalliberalcn Zart«, daß diese derselben Ansicht sei. Gr hoffe, daß ie gesammte Arbeiterschaft au« diesem Streik erkennen werde, wo ihre wahren und ihre falsche« Freunde zu üchen seien. Hoffintlich gehe die KrifiS ohne weiter« chwere Schädigung der sächsischen Industrie vorüber. Bravo!) Abg. Fräßdorf-Mickten erwidert in längeren üuSführungen dem Herrn Minister und dem Vorredner, wobei cs zu einem Zusammenstöße zwischen dem Redner und dem Präsidenten kommt. Abg. Heitzig-Zwickau weist ebenfalls darauf hin, daß der Streik durchs«» nicht durch die Nothlage d«r Bergarbeiter hcrvorgerufen su- Eine Rücksprache mit den vergdirectoren habe "geben, daß wenige Tage vor der Strcikeröffnung daran gedacht habe, den Streik vom Zam« zu brechen. Abg. >kiethammcr«Kriebstein (»!.) widerspricht vom Standpunkte >eS Arbeitgeber» de» Ausführungen de» Abg. Fräßdorf. )ie Regierung habe ihre Schuldigkeit gethan. DaS ioalitionSrecht sei dadurch j» keiner Weise verletzt worden, betreffs der von der preußischen Regierung abgelchnten srachtcrmäßigung auf englische Kohle bemerkt Redner, daß eS fast so aussehe, als ob man sich dir Social» demokratie über de» Kopf wachsen lassen wolle. Gr zoffe und wünsche, daß die Arbeiterschaft au» den Be gleiterscheinungen de« Streiks die richtigen Folgerungen ziehen werde. Abg. Hähnel-Kuppritz (cons.) bemerkt, daß auch seine Partei den idealen Zustand zwischen Arbeite» und Arbeitgeber anstreb«, doch sei man davon noch sehr weit entfernt. Abg. Richt-r-Großschönau geht schließlich noch in längeren Ausführungen auf die verschiedenen olgen di«s«S Streiks ei», womit die Besprechung der ntrrpellation nach vierstündiger Dauer ihr Ende erreicht atte. Darauf beschäftigte sich da» Hau» «it mehrere« Tit-ln de» außerordentliche» StaatShanShaltetatü. Tit. 86 und 37, HauSgrundftückserwerbung in DreSden-Alt-