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Die Hochzeit der Kronprinzessin Stephanie mit dem Grafen Elemer soll in aller Stille im Mär; stattfinden. Außerdem spricht man von einer bevorstehenden Ver lobung des Prinzen Maximilian von Baden, der zur Zeit in Wien ist, mit der Erzherzogin Marie An nunziata. Die Verständigungsconferenz ist in Wien am vergangenen Montag unter dem persönlichen Vorsitz des Ministerpräsidenten v. Körber zu ihren Berathungen zu- sammcngetreten. Der radikale Flügel der Tschechen so- wohl wie der Deutschen hat auf eine Betheiligung an den Verhandlungen verzichtet, die gemäßigteren Elemente sind erschienen und haben eine anerkennenswrrthe Portion guten Willens mitgebracht. Gleichwohl verspricht sich Niemand, der den Dingen vorurtheilsfrei in« Angesicht schaut, irgend ein positives Ergebniß der aufgenommencn Verhandlungen. Der Ausgang der Berathungen wird zeigen, daß diese Auffassung nur allzu berechtigt war. Fr««?reich. Das Pariser Blatt „Eclair" bringt eine Unterredung eines seiner Mitarbeiter mit dem Herzog von Mecklen burg-Schwerin, dem Vorsitzenden der deutschen Colonial- grsellschast. Der Herzog hätte sich darnach sehr befriedigt über die Arbeiten der deutsch-französischen Commission bei der Bestimmung der Abgrenzung zwischen Dahomay und Togoland geäußert und die Möglichkeit eines Colonialabkommen» beider Länder zugegeben. Die Räu mung Egypten» durch England sei eine Nothwcndig- keit für alle Handel treibenden Völker und eS müßten alle Hebel für da» Zustandekommen eines eontinentalen ColonialvertrageS gegen England in Bewegung gesetzt werden. (Die Angaben beruhen doch wohl «ehr auf Phantasie al» auf Thatsachen.) Italic«. Mittheilungrn aus Rom hebe» die plötzliche Schwen- ung der vatikanischen Presse hinsichtlich des TranS- vaal-KriegeS hervor. Anfänglich ausgesprochen feindlich gegen England sei sie plötzlich England freundlich geworden. Der Umschwung sei herbeigeführt durch den Hinweis englischer katholischer Geistlicher, daß die Eng land feindliche Haltung der hervorragenden vatikanischen Organe die Sache de» KatholiciSmus in England schwer schädige. Afrika. Ei» Zusammenstoß der Armee Bullers mit Jouberts Heere soll unmittelbar beoorstehen, ja ist vielleicht schon erfolgt, wenn diese Zeilen in die Hände der Leser gelangt sind. Daß Buller bereits zum dritten Male auf» Haupt geschlagen sei, ist dagegen bisher un bestätigt geblieben. Der Londoner „Daily Telegraph" sagt, die Truppen seien begeistert von der Aussicht auf schleunige» Vorstoß, aber die Befehle dazu ließen auf sich warten. In London ist man jedenfalls der Meinung, daß die Befreiung von Ladysmith nur noch eine Frage der Zeit sei. General Buller habe sich den Weg nach der Stadt gesichert. Ja es werden sogar über den Ein zug de» Generals in die Monate lang belagerte Stadt recht bezeichnende Einzelheiten mitgetheilt. So meldet ein Berichterstatter seinem Blatte nach London, daß einem Wagen mit Delikatessen, der für die Soldaten General UnterhalLungstheil. Ein Mädchenschickfal. Frei nach dem Englischen von A. Wendt. 4) (Fortsetzung.) Sie konnte sich über dies Gefühl keine Rechenschaft geben und plötzlich, wie wenn der Reif sie drückte, zog sie dies Zeichen ihres Verlöbnisses mit Willy eilig vom Finger und barg eS in ein Kästchen, das sie tief in die Schublade ihrer Kommode versteckte. Das Gesicht Janes, welches der darüberhängende Spiegel bei dieser Handlung reflectirte, war von einer tiefe» Röthe überzogen. War dieselbe der Reflex einer Gewissensregung über die eben vollzogene, wenn vielleicht auch kaum bewußte Treulosigkeit gegen ihren Bräutigam? Bald darauf hatte ein fester Schlaf das junge Mädchen umfangen und sic aller Skrupel und Bedenken enthoben. II. Jane war nun bereits drei Wochen in Aates-HaL und hatte sich in dieser Zeit vortrefflich m die neuen, glänzenden Verhältnisse hineingesunden. Zuerst empfand sie etwas Heimweh, schrieb täglich nach Hause und war glücklich, einen Brief aus der Heimat zu erhalten; doch kaum merklich, nach und nach, verlor sich dies Interesse, wenigstens hatte sie heute die Entdeckung gemacht, daß mehrere Briefe von Robert und Willy sich »»eröffnet auf ihrem Schreibtische befanden — bei all den Zer streuungen und Abwechselungen in ihrem jetzigen Leben hatte sie nicht Zeit gefunden, dieselben zu lesen; auch jetzt noch hielt ein unbestimmte» Etwas sie davon zurück. Trotz alledem hatte sic heute einen lustigen Brief an Willy geschrieben und ihm von all dem Schönen erzählt, das sie hier sah und erlebte; aber niemals hatte sie bis her Sir Harry in ihrem Schreiben erwähnt, obgleich dieser all ihr Denken beherrschte. Lady ArteS war für ein paar Tage nach London gereist, um Bestellungen und Einkäufe zu einer größeren Festlichkeit zu machen, welche White's ausgerüstet wurde, vom General Buller ein Platz in der Avantgarde beim Einzuge in Ladysmith ge sichert fei. Die Engländer haben ihre Neigung, deZ Bären Fell ,u verkaufen, ehe sic den Bären selbst haben, in dem Transvaalkriege schon recht oft mit bitteren Ent täuschungen und Blamagen büßen müssen. Wir glauben, WhiteS Truppen werden noch recht lange auf die ihnen zugrdachten Leckerbiffen verzichten müssen. In Wirklich keit glaubt wohl General Buller aber selbst nicht an die Möglichkeit, Ladysmith zu befreien, sondern sein ganze» Vorgehen bezweckt wohl nur, die Buren irre zu führen und sie dazu zu verleiten, ihre Streitkräfte auf dem süd lichen Kriegsschauplätze zu verringern und nach Natal zu ziehen, um alsdann den vereinigten Bemühungen der Generale French und Gataere, die Südgrrnze des Oranjc- freistaats zu überschreiten, Erfolg zu verschaffen. Ob diese List gelingen wird, ist mehr als zweifelhaft. Die Buren haben sich bisher als so scharfe Beobachter er wiesen, daß es kaum zu glauben ist, sie werden jetzt auf den Leim gehen, der ihnen vom General Buller zuge> dacht ist. Ladysmith selber wird von den Buren noch stärker als zuvor bombardirt; die englischen Berichte be streiten natürlich jedwede Wirkung de» Bombardements, aber das sind leere Ausreden. Die Lage der Generale French und Gataere hat sich nach einer der „Kreuz-Ztg." zugegangenen Meldung in letzter Zeit nicht geändert, beide behaupten selber, daß vor Ablauf eines weiteren Monats ernstere Operationen nicht zu erwarten wären. Genau dasselbe wird auch von dem General Methuen gemeldet, obwohl dieser inzwischen durch General Tucker verstärkt worden ist. Auch General Buller soll neuer dings Verstärkungen erhalten haben. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 6. Februar. In der gestern Abend von 6 Uhr ab stattgehabten Sitzung des hiesigen Stadt- verordnetcncollegium» nahm man zunächst von einem Danktelegramm Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin von Schönburg-Waldenburg für die Reujahrswünsche der Stadtvertretung Kenntniß und erklärte sich alsdann mit der Aufhebung der Lehrmittelcommission einverstanden, lehnte dagegen die vom SchulauSschuß gleichfalls beschlossene Beschränkung der Wirksamkeit der Echulbaucommission mit 6 gegen 5 Stimmen ab. Eine Abänderung der Marktordnung wurde dahingehend beschlossen, daß für Gänseherden eine Gebühr von 20 bis KO Pf. (für Straßenreinigung) und bei Besetzung der Trottoirs mit Bcrkaufsartikeln pro laufendes Meter eine Gebühr von 5 Pf. erhoben wird. Die Penfionskafsenrechnungcn auf die Jahre 1896/97 wurden richtig gesprochen. Die Gewährung eine» Beitrages an das Frauenheim Tobias- Mühle bei Radeberg und an die Brüderanstalt Moritzburg wurde abgelehnt. Mit der Erhöhung der Haftpflicht versicherung bei dem Allgemeinen Versicherungsverein in Stuttgart für Sachschäden beim Wasser- und ElektricitätS- werk hierselbst von 10,000 auf 20,000 Mk. erklärte sich das Collegium einverstanden. *— Dem Landtage ist ein Deeret, betr. den Entwurf eines Gesetzes über Familien-Anwartschaften (Familien- Fideicommiffe) zugegangen. eine begüterte Familie der Nachbarschaft zur Eröffnung der Wintersaison arrangiren wollte und die natürlich mit einem Valle endigen sollte. Jane hatte Kopfweh vorge schützt und war froh, daheim bleiben zu dürfe»; eS that ihr wohl, nach all dem Trubel rin paar Tage still und ruhig zu verbringen. Den gestrigen Tag hatte sie fast ausschließlich in der Bibliothek zugebracht, ab und zu lesend, doch auch oft in tiefes Nachdenken versunken, den Kopf finkend in dir Hand gestützt. Heute hatte sie musi- zirt und ungestört und unbehelligt ihre einfachen, schottischen Balladen gesungen. Sir Harry war schon seit früh zur Jagd abwesend, die Dienerschaft war beschäftigt und Jane sich völlig allein überlasten. Die Dämmerung war herein gebrochen, das junge Mädchen schloß den Deckel des Instruments und trat an da» Fenster, das bekannte „Allere »rs ^ou wz? wsää" leise vor sich hinsummend. Lange stand sie dort, das Gesicht gegen dir Scheiben gelehnt und beobachtend, wie am dunklen Firmament immer klarer und deutlicher Stern um Stern erschien, bis der ganze Himmet wie besäet war von diesen milden, freund lichen Lichtern, unsern steten Begleitern in Leid und Freud'. Ein Frösteln überkam sie; beim Umwenden be merkte sie, daß das Feuer im Kamin fast erloschen war; sie entzündete eine Kerze und begab sich nach ihrem Zimmer. Dort nahm sie den an Willy geschriebenen Brief, um ihn in die in der Vorhalle befindliche Post tasche zu thun. In diesem Moment ertönte die Haus glocke laut und schallend; das junge Mädchen schrak jäh zusammen, dennoch trat sie selbst zur Thür, um sie zu öffnen. „O, Sir Harry, Sie sind schon zurück, so zeitig?" rief sie erstaunt, die Augen auf ihn richtend. „Ja, ich wurde müde und kam heim in der Hoff nung, daß ich den Thee mit meiner Mutter und Ihnen trinken würde." „Mit Ihrer Mutter? Haben Sie vergessen, daß Lady Jates in London ist?" *— Der kürzlich in einem Schuhwaarcngeschäft in Altstadtwaldenburg verübte Betrug ist nunmehr aufge klärt. Der Betrüger ist in dem 16 Jahre alten Dienst knecht« Friedrich V. auS Reichenbach, gegenwärtig bei Herrn Gutsbesitzer Graichen in Heiersdorf in Dienst, ermittelt. V. ist geständig, im April vorigen JahreS im Schuhwaarengeschäft des Herrn Brum« hier vrr- fchiedene Schuhwaarcn auf gleiche Wrise erschwindelt zu haben. L. wurde an das hiesige Amtsgericht abgeliefert. *— Der Verband der deutschen Schuh, und Schäfte fabrikanten hat an dir Schuhwaarenhändler ein Cirkular gerichtet, in welchem derselbe bekannt giebt, daß eine Preiserhöhung für Leder und sonstige Materialien für die Schuhfabrikation eingetreten ist. Infolge dessen werden auch die Schuhwaarenhändler einen Preisauf- schlag ihrer Waaren eintrctcn lassen. *— Der deutsche Buchdruckerverein erläßt eine Be kanntmachung, nach der infolge der Erhöhung alle« Papierprrise um 10—2L Proc., sowie der in den letzten Jahren gestiegenen Löhne eine allgemeine Preis erhöhung der Drucksachen wie der Inserate eintreten müsse. Dieselbe oürfte umsomehr gerechtfertigt sein, al» bei den jetzigen Schleuderpreise» in Drucksachen vielfach so gut wie nichts verdient und bei größeren Submisfions- arbeiten, sowohl amtlichen wie privaten, öfters ein planloses Unterbieten, meist indeß von Nichtfachleuten, wie Papierhändlern, Buchbindern rc., fiattgefunden hat. Sine Erhöhung von 10—20 Proc., je nach Art der Ausführung, dürste daher nur gerechtfertigt sein. *— Dem Landtag ist ein Dccret zugegangcn betr. den Entwurf einer Kostenordnung für Rechtsanwälte und Notare. Der Entwurf bezweckt, die lande-rechtlichen Vorschriften über die Kosten der Rechtsanwälte und Notare zusammenzufassen, sie dem am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen Rechte anzupaffen und zugleich die jenigen Aendeungen vorzunehmen, die mit Rücksicht auf die Verhältnisse, insbesondere auf das Sinken deS Geld, wertheS, erforderlich erscheinen. *— Von den ältesten NdelSgeschlechtcrn, deren Familien sich bis in unsere Zeit im sächsischen Vogtland« erhalten haben, lasten sich urkundlich nachweisen: die Herren v. Wolfersdorf seit 1240, v. Kospoth seit 1246, v. Raab seit 1298, v. Metzsch seit 1314, v. Feilitzsch seit 1353, v. d. Heyde seit 1289, v. Trützschler seit 1392. *— Die die Lehrerbesoldung betreffenden Kapitel deS Staatshaushaltes dürsten im Wesentlichen der Regierungs vorlage entsprechende Annahme finden, doch soll es, wie man vernimmt, in der Absicht der Kammermehrheit liegen, auf eine »och günstigere Stellung der Fachlehrer bei den Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen, wi, auch auf die Abschaffung deS nur mehr bei den Real- schullehreru bestehenden Stellen-Besoldungssystem« zuzu kommen, um auch hier das AlterSzulagensystcm «inzu» führen. *— Im Monat Februar nehmen die Tage schon um 1'/« Stunde zu. Im Anfang dieses Monats geht die Sonne um 8 Uhr aus, um 5 Uhr unter; Ende de» Monats aber um 7 Uhr auf und '/«6 Uhr unter. Gegen Ende des Monats steigt im Westen nach Sonnen untergang der zarte Lichtkegel de» ThierkreiSlichteS auf. „Ja, das hatte ich vergessen. O, die» unleidliche Fest, warum auch gehen wir hin! Dieser Mr. Brown mit seinen häßlichen Manieren, seiner Eingebildetheit ist mir unausstehlich! Warum nur besucht meine Mutter dies« Leute?" „Wahrscheinlich denkt Lady DateS, mit den Nachbarn freundlich verkehren zu muffen. Sie nennen es ein un leidliches Fest, und ich habe mich so auf den Ball ge freut. Wissen Sie, daß ich noch nie aus einem Ball ge wesen bin?" „Noch nie auf einem Ball gewesen! Armes kleines Mädch-n!" sagte er mit einem fast zärtlichen Ton; „hätte ich das gewußt, so hätten wir hier längst schon einen Ball gehabt." Während dieses Gesprächs hatten sie die Halle durch schritten und waren an den Tisch gelangt, auf welchen Jane ihren Brief neben die Posttasche gelegt hatte. „Ah, Sie haben Ihrem Bruder geschrieben," sagte der junge Mann, die Tasche ergreifend und sic Jane geöffnet hin- haltend. Da entglitt der Brief den Händen deS Mäd- chens und fiel zur Erve, die Ävreffe nach oben. Sir Harry hob ihn auf, sah den fremden Herrennamen; eine tiefe Bläsi- breitete sich über sein männlich-schönes Ge- ficht, und mit einem ernsten, vorwurfsvollen Blick gab er den Brief Jane, welche ihn mit einem leisen „Ich danke" in di- Tasche gleiten ließ. Da» eingetretcnr, etwas verlegene Schweigen währte nicht lange, der Diener kam und meldete, daß der Thee im Wohnzimmer scrvirt sei. Beide gingen hinein; e» war Lady Yate» LieblingSzimmer, dessen schön geschnitzte, dunkle Möbel und schwellende Polster in dem matten Licht der beide» Tischlampen sehr behaglich und einladend aussahen. Da waren an de» Wänden Paneele mit schönem, altem Porzellan, zierlichen Vasen und werth- vollen Bronzen; ein Strauß von duftenden Heliotrop» verbreitete einen leichten Wohlgeruch im Zimmer, welcher sich mit dem Aroma des Thees angenehm vermischte. (Fortsetzung folgt.)