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kürlich auch den gleichen AuSgang der neuen Operationen vermuthet. Die Buren setzten den die beiden Flüsse über schreitenden Engländern keinen Widerstand entgegen. Das heißt doch aber nichts anders, als die Buren wünschten den Feind nicht mehr durch einen Fluß von sich ge trennt zu sehen, sondern ihnen, den Fluß im Rücken, Gelegenheit zum Entscheidungskampfe zu bieten. Jeden, falls verkennen die Engländer die Lage wieder voll ständig, wenn sie jetzt schon von der gelungenen Invasion in den Oranjefreistaat fabuliren. Einige besonnene Blätter in London mahnen denn auch, di, Erfolge des Lord Roberts nicht zu überschätzen. Was General Buller treibt, weiß man nicht. Die Angabe eines Londoner BlatteS, er habe sich mit einer starken Division über Kapstadt nach D, Aar begeben, um einen Flankenmarsch gegen die Buren auszuführen, kann indessen aus einem doppelten Grunde nicht zutrcffen: einmal verfügt General Buller garnicht über eine starke Division und umS an dere wird er von den Buren in der Näh« seine- Haupt lagers festgehalten. Es hat daher die andere Meldung sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich, der zufolge sich der so vom Kriegspcch verfolgte General in Ehievelcy be findet und sich von dort aus bemüht, den Weg nach Pietermaritzburg gegen die Buren freizuhaltcn. Daß diese ihm hart zu Leibe gehen, erhellt aus einer eigenen Buller- schen Drahtung, wonach das erste KönigS-Dragoner» Regiment bei Springfield, nördlich vom Tugela, wieder- holte Vorpostengefechte mit den Buren hatte. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 16. Februar. Die Verbesserung, welche die Gehaltsverhältnisse der Lolksschullehrer in den letzten Jahren erfahren haben, ist wohl die Ursache deS jetzt bemerkbaren ZudrangeS zum Lehrerberuf. Für die gegenwärtigen Aufnahmeprüfungen sind bei allen Lehrer seminaren des Landes die Anmeldungen so zahlreich ein- gcgangen, daß beinahe nur die Hälfte der Angemeldeten Berücksichtigung finden kann. *— In dem gegen 1000 Seelen umfassenden Standes- amtsbczirke Oberwiera ist seit dem 26. September v. I. nicht ein einziger Sterbesall vorgekommen, gewiß ein Beweis für die gesunde Lage des genannten Bezirkes. — In einem Gehölz bei Wernsdorf bei Glauchau wurde am Mittwoch die Leiche eines 20jährigen Webers aus Glauchau ausgefunden, der sich am Montag aus seiner Wohnung entfernt hatte und nicht wieder dahin zurückgekehrt war. Der Grund zu dem Selbstmorde wird in Schwermuth gesucht. — Das Polizeiamt Zwickau hat das sogenannte Streikpostenstehen während des Bergarbeiterstreikes ver boten, auch bezüglich der sogenannten HauSagitation auf die Strafbestimmung wegen Hausfriedensbruch aufmerksam gemacht. — Ein Zwickauer Kohlenwerk hat berechnet, daß bei Erfüllung der Bergarbeiter-Lohnforderungen und der Herabsetzung der Arbeitszeit ihm allein jährlich gegen 2 Millionen Mk. Mehrausgabe erwachsen würde, die die Vertheuerung der Kohlen nach sich ziehen müsse. — Wie man den „Chemnitzer Reuest. Nachr." von Zwickau meldet, hat Mittwoch Abend in Brückenberg aus Schacht III ein Zusammenstoß zwischen Streikenden und Arbeitswilligen stattgefunden. Verhaftungen wurden nicht vorgenommen. Sonst ist alles ruhig. — Am Donnerstag begab sich der Herr Staats minister v. Metzsch in Begleitung der Herren Geh. Rath Merz und Oberfinanzrath Wahle zur Orientirung über die Lage der Streikbewegung imZwickauer und Oelsnitz- Lugauer Kohlcnbezirk nach Zwickau. Dort sollen mit »en betreffenden Behörden, sowie den Vertretern der bergbaulichen Interessen Verhandlungen gepflogen werden. — Als Kennzeichen für den Ernst der Situation in folge des Bergarbeitersteiks sei im folgenden der Wort laut eines Circulares mitgetheilt, welches ein Zwickauer Kohlenwerk ausgegeben hat: „Wir sehen uns leider ver anlaßt, Ihnen mittheilen zu müssen, daß auch unsere Belegschaft trotz bewilligter höherer Löhne in de» Aus stand getreten ist. Bis auf weiteres müssen wir daher unsere Lieferungen einstellen und können Aufträge, welche nicht zurückgezogen werden, bei Wiederaufnahme deS Versandes nur zu den neuen, noch bekannt zu gebenden Preisen zur Ausführung gelangen. Soweit Abschlüffe in Frage kommen, erklären wir dieselben auf Grund der im Schlußschein enthaltenen Bedingungen für aufge hoben und werden wir Ihnen, sobald als irgend mög lich wegen Fortsetzung der Lieferung näher kommen, die- selbe auch mit Wiederbeginn der Production zu Zeitpreisen aufnehmen, sofern Sie nicht inzwischen Gegentheckiges be stimmen. Wir versichern Ihnen noch, daß von Seiten der Werk-Verwaltungen da- Möglichste gethan worden ist, die alle Theile treffenden schweren Schädigungen durch einen Streik fern zu halten, daß aber trotzdem die Arbeiter sich von socialistischen Aufwieglern haben »er- führen lassen." — Montag und Dienstag wurde im Kgl. Lehrer- srminare in Rochlitz die Aufnahmeprüfung für Ostern gehalten. Es hatten sich 63 Knaben dazu angemeldet und 59 waren zur Prüfung erschienen, von denen 41 für aufnahmefähig erklärt wurden. Da jedoch in die Sexta de- dortigen Seminar- nur 28 angenommen werden können, so mußten 13 als überzählig abgewiesen werden. — Die Grimmaer Schützengilde beschloß den Bau einer Festhalle, deren Kosten sich auf 10 —12,000 Mk. belaufe» dürfte». Beim diesjährigen Schützenfest soll die Halle, sowie der Schützcnhof feierlichst eingeweiht und dabei auch ds» 450jährige Bestehen der Gilde begangen werden. Aus dem Sachfenlande/ — Die 1. Kammer bewilligte am Donnerstag auf Antrag der 2. Deputation 5,529,000 Mk. für Ver mehrung der Lokomotiven und Tender, 12,632,500 Mk. für Vermehrung der Personen- und Güterwagen für Normal- und Schmalspurbahnen, 1,400,000 Mk. für Einrichtungen zur Erfüllung der reichsgesetzlichen Sicherungs- Vorschriften (5. Rate), 500,000 Mk. zur Herstellung des zweiten Geleises auf der Strecke Alt-Chemnitz-Mciners- dors und zum Umbau der davon betroffenen Stationen (1. Rate), 400,000 Mk. zur Erweiterung des Bahn hofes Buchholz (1. Rate), 70,000 Mk. zur Herstellung einer Personenhaltestelle usw. in Buchholz, 293,000 Mk. zur Erweiterung des Bahnhofes Grünhainichen und 70,000 Mk. zur Gleisvermehrung auf Bahnhof Zöblitz Dann erklärt das HauS die Wahl de- Abg. Sahrer von Sahr für giltig und überwieS schließlich die Petition deS Verbands sächsischer Hausbesitzervereine, betr. die Re vision der Bestimmungen der LandeSmobiliarbrandver- sicherungsanstalt, der Staatsregierung zur Kenntnißnahme. — Die 2. Kammer beabsichtigte am Donnerstag, den Gesetzentwurf betr. die Krankenversicherung der Dienst boten, dessen Annahme von der GrsetzzebungSdeputation mit einigen Aenderungen und Ergänzungen beantragt war, zu berathen. In letzter Stunde war jedoch zu dem Deputations-Votum vom Abg. Schill-Leipzig eine Reihe Anträge eingebracht worden, und der Vicepräsident Opitz beantragte, den Entwurf nochmals an die Deputation zurückzuverweisen. Dem Anträge wurde stattgcgeben. Dann ließ man eine Petition des Leipziger Spar- und Bau-Vereins, sowie eine solche de- Holzschleifereibesitzers Laukner in Rübenau auf sich beruhen. — Die diesjährigen Aufnahmeprüfungen im König!. Lehrerseminar in PlaMU erfolgten in den Tagen des 12., 13. und 14. Februar. Von den 72 Prüflingen wurden 50 ausgenommen und zwar ausnahmslos für Klaffe Via und VId. — Am 12. und 13. d. fand am Kgl. Seminar in Borna die Aufnahmeprüfung statt. Von den 59 An- gemetdeten bestanden 43 die Prüfung. Einer wurde in dir Quinta, 29 in die Sexta ausgenommen, 13 Aspiranten wurde ein Zeugniß ausgestellt, daß sie die Prüfung zwar bestanden haben, wegen Raummangels aber im dortigen Seminare Aufnahme nicht finden können. — Am 12. und 13. Februar fand im König!. Lehrerseminar in Schneeberg die Aufnahmeprüfung statt, an der 54 Knaben theilnahmen. Ausnahme san den für Klaffe VI 30. Die Prüfung bestanden außer dem noch 18, die aber wegen Mangel an Platz keine Ausnahme finden konnten. — Ter anfängliche Mehrbetrag in der Gemeindekaffe in Kleinzschachwitz, der sich nach dem Weggange des Gemeindekasfrrers May ergab, ist gar bald verschwunden gewesen. Der Fehlbetrag soll nunmehr die Höhe seiner Caution von 3000 Mk. erreichen, ja letztere soll noch nicht ganz zureichen, wenn die hinterlegten Papiere zum heutigen KurS verkauft werden müssen. Es liegt somit eine Unterschlagung amtlich anvertrauter Gelder vor. — Da nicht mehr genügend Kohlen vorhanden find, um die Klaffenzimmer der Volksschulen in Auerbach i. V. Heizen zu können, ist am Dienstag der Unterricht in diesen Schulen eingestellt worden. — Ueber die Lohnbewegung im Otlsuitzer Revier ist dem „Oelsnitzer Volksboten" folgendes bekannt ge worden: Auf den 13 Schächten des ganzen Reviers ist auf 8 der Ausstand ausgebrochen; von den ca. 8400 Arbeitern betheiligten sich bis gestern abend 210V daran, also ungefähr der vierte Theil. Die andern Arbeiter fahren ruhig weiter an. — Dir städtischen Collegien in Wildenfels haben ihre Zustimmung zum Abschluffe eines Vertrages, wegen Versorgung der Stadt mit Elektricuät aus dem im Bau begriffenen großen Erzpebirgischen Elsktricitäiswerke in Oelsnitz i. E. ertheilt. Es soll Licht und Kraft nicht nur an Private abgegeben werden, auch in den Straßen und öffentlichen Gebäuden soll die bisherige Petroleum beleuchtung durch elektrisches Licht ersetzt werden. — Das neue Seminargebäude in Auuaberg soll eine besonders schöne Ausstattung erfahren. Das König liche Ministerium des Innern hat auf Vorschlag des akademischen Rathes der königlichen Akademie der bilden den Künste beschlossen, für die Aula des Gebäudes aus Mitteln des Kunstfonds ein Wandgemälde zu bewilligen. Zur Erlangung von Entwürfen wird demnächst ein Wettbewerb unter den in Sachsen lebenden Malern er öffnet werden. Deutscher Reichstag. 149. Sitzung vom 15. Februar 1900. 1'/« Uhr: Die Berathung deS Kolonialetats wird fortgesetzt. Bei dem Etat für Südwestafrika wird die weitere Forderung für die Eisenbahn Swakopmund» Windhoek, die zur Zeit erst bis Otzimbingne fertiggestellt ist, debattelos genehmigt. Auch die aus die Kolonial verwaltung bezüglichen Theile des Etats des Auswärti gen Amts werden zumeist debattelos erledigt. Eine Forderung von 1,753,000 Mark zur Erwerbung eine- GrundstückS für ein Dienstgebäudc für dir koloniale Centralverwaltung, sowie zugleich al« erste Baurate ist von der Commission gestrichen worden, und zwar, wie der Referent mittheilt, hauptsächlich wegen des zu hohen Erwerb-preise«. Da- Haus bestätigt die Streichung debattelos. Ts folgt der Etat der elsaß-lothringischen R-ichSeise»bahnen. Die Commission beantragt hierzu zwei Resolutionen: eine betreffend Aufhebung der billigen Gondertarife für den Kohlenexport, eine zweite betr. Vor legung von Nachweisungen über die thatsächliche Dienst zeit des Fahr- und Stationspersonals. Bei dem irstm Titel der fortdauernden Ausgaben empfiehlt und be antragt Abg. Müller-Sagan (fr Bp.) eine Resolution betreff- Herabsetzung des von beurlaubten Mannschaften vom Feldwebel abwärts zu zahlenden Kilometcrsatzes von 1'/» auf 1 Pfg., d. h. auf denselben Satz, zu dem die Mann schaften in geschlossenen Truppentheilen befördert werden. Weiter beantragt und befürwortet Redner eine Resolution betr. Herabsetzung der Personentarife. Minister v. Thielen geht zunächst auf letzteres Verlangen ein, demselben widersprechend. Erstens habe sich der Personen verkehr auch unter dem gegenwärtigen Personentarif gut entwickelt. (Heiterkeit.) Zweitens seien unsre Personentarife schon ohnehin erheblich billiger als in andern Ländern, Amerika, Frankreich, England. Drittens seien die Ausgaben der Eisenbahnverwaltung neuerdings ganz erheblich ge wachsen. Infolge ganz außerordentlicher Inanspruchnahme namentlich des laufenden Materials sei der Betriebscoesficient so gewachsen, daß die Verwaltung dem mit einiger Sorge gegenübersiehe. Und da solle man doch mit Tarifherabsetzun gen, welche die Einnahmen verringern würden, vorsichtig sein. Daß wir sehr billige Tarife haben, erhelle aus der nur 2,67 Pfg. betragenden Durchschnittseinnahme pro Personenkilometer bei den preußischen Bahnen. Das sei gewiß keine hohe Ziffer. Was den andern Punkt die Ver- güiung gemäß Militärtarif angehe, so sei er nicht ermächtigt, darüber ein« Erklärung abzugeben. Jedenfalls sei aber doch die Beförderung geschlossener Mafien mit weniger Kosten für die Bahn verknüpft, als die Beförderung einzelner Urlauber. Abg. v. Kardorff (frcons.) theilt den Wunsch Müllers hinsichtlich des Tarifs für Urlauber. Als er dann versucht, aus Wasserbautechniker einzugehen, wird er vom Präsidenten daran gehindert. Abg. Haus (Elsasser) bringt eine Reihe Beschwerden vor. Minister v. Tbielen erwidert u. a., die Verwaltung fei bestrebt die V-Züge vom Localverkshr zu entlasten. Aber gerade nach der Richtung hin seien auch di« so vielfach be mängelten Platzkarten von Werth. Ueber Ueberlastung von Beamten werde im Allgemeinen ohne Grund geklagt. Die Einstellung der Postwagen nicht gleich hinter die Tender lasse sich nicht innrer ermöglichen. Der Unfall bei Bisch weiler sei im Uebrigen immer noch Gegenstand der Unter suchung. Abg. Riff (fr. Vrg.) giebt zu, daß bei diesem Unfalls eine unglückliche Verkettung von Umständen vorgelegen habe. Hoffentlich werde bezüglich Schadenersatzes gegenüber den Angehörigen der verunglückten Beamten nichts versäumt werden. Eine Reform der Tarife, speciell der Personentarife, sei dringend geboten. Dieses Verlangen ziehe sich seit Jahren durch die Jahresberichte der elsaß-lothringischen Handels kammer wie ein rother Faden. Daß eine Verbilligung des Tarifs zur Einnahme-Verringerung führen werde, wie der Minister befürchte, sei nichts weniger als gewiß, sei viel mehr ganz unwahrscheinlich. Denn jede Verbilligung steigere ja doch dm Verkehr. Abg. Graf Bernstorff (frcons.) kann sich zwar für den Antrag Müller nicht aussprcchen, hält aber eine Reform der Personenlarffe im Sinne einer Vereinfachung derselben für angezeigt. Minister v. Thielen: Falls eine Reform erfolgt, wird auch der Bequemlichkeit des Reisens Rechnung getragen wer den. Statt der Rückfahrtkarten wird man zwei einzelne Karten zu demselben Preise lösen können. Rabatt wird dann natürlich nicht mehr möglich sein. Abg. Müller-Sagan spricht nochmals für Tarifermäßi gungen und rügt sodann die Censur bei dem Verkauf von Zeitungen auf denBahnhöfm, z.B. das Verbot des „Vorwärts". «bg. Haus (Elsaffer) beschwert sich darüber, daß auf den elsaß-lothringischen Bahnen den Raiffeisen-Vereinen keine Fahrvergünstigung beim Besuch von Verbandstagen rc. ge währt würde im Gegegensatz zu Krieger- und andren Vereinen. Abg. Stolberg (cons.) widerspricht reder Herabsetzung der Personentarise; es wäre sogar zu wünschen, daß diese noch erhöht werden. Abg. Schrader (fr. Vrg.) spricht der von der Eisenbahn- verwaltung geplanten Tarifreform ,eden Werth ab. Die öe- sorqniß vor Einnahme-Ausfällen sei ganz unbegründet; bis her habe noch jede Güter- und Personentarif-Ermäßlgung Verkehrssteigerung zur Folge gehabt. Eine jetzt eingehende Resoiutwn Haus verlangt für Theilnehmer an Darlehnskaffm, Genoffenschafts- rc. Tagen freie Rückfahrt. Abg. Gamp (frcons.) wendet sich gegen die Schraderschen Ausführungen und bittet um Ablehnung der Resolution. Mg- Müller-Sagan ändert seine Resolution dahin ab, daß dieselbe auch eine Herabsetzung der Gütertarife fordert. Nachdem sich Abg. Graf Stolberg (cons.) noch einmal für die Reformidee des Eisenbahnministers ausgesprochen erklärt Minister v. Thielen, die ganze Erörterung habe nur einen rein theoretischen Charakter. Es werde um ein Kind gestritten, das noch garnicht geboren sei; es werde noch viel Zeit bis zu einer Reform vergehen, denn es stehen ihr zu viel Schwierigkeiten entgegen. Besonders bestehen dieselben darin, daß das ganze System in Süddeutschland anders ist als in Norddeutschland.