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Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohenstetn-Srnstthaler' Anzeiger erscheint mii Ausnahme der Sonn- und Festtage «»glich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Saus Mk. 1.50, bei Abholung in d.r KeschSftsstelle Mk. l-LS, durch die Poft bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die «eschSsts- und Ausgabestellen, die AustrSger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstallen und die Landbrieslrägcr cnigegen. 4Us Extra, beilage erhallen die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsdla«'. — Anzeigengebllhr sür die vgespallene Korpuszeile oder deren Raum lL Psg., für auswärts !5 Psg. im Reklameieil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwitzer Tageblatt" Aufnahme. 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DaS ist die Frage, die seit einigen Tagen in drr Londoner Presse lebhaft erörtert wird. D e Lage ist ähnlich, wie unmittelbar vor der Ermar- düng deS König- Dom EarloS im Jahre 1S08 Luch damals wurden von London auS fortges tzt Llarmnachrichten über die portugiesischen Zustände verbreitet, während die offiziösen Regierung«, erklärungen bis zum letzten Augenblicke dabei ver blieben, daß alles in schönster Ordnung sei Ggen- wärtig hat daS Kabinett Beirao eben erst feierlich versichert, daß eS der republikanischen Bewegung gegebenenfalls Herr zu werden vermöge, da die monarchische Treue der Armee unzweifelhaft sci; und kaum ist da» Wort dem Munde des Minist.r, Präsidenten entflohen, da kommt auch schon die Meldung hinterher, daß die Regierung abgedankt habe. DaS kann doch nicht gerade dazu dienrn, den im Ausland« verbreiteten Gerüchten die Nah« rung zu entziehen Will man den Berichten der englischen Presse glauben, so steht die Abdankung König Manuels und die Proklamation der Re- publik in naher Aussicht Die Republ kaner Haden au» der höfischen Finanzwirtschast drS verflossenen Dom EarloS noch nachträglich allerlei üble Durch, stechereien und zweisrlhaft« Kreditoperationen auf- gedeckt, deren Beträge angeblich hoch in die Millionen gehen. Da außerdem daS Land von einer schweren geschäftlichen Krise heimgesucht wird, so haben die Republikaner leichte Arbeit, da sie nur den Mund recht voll zu nehmen brauchen von agitatorischen Phrasen gegen da» alte Regime und von goldenen Zukunftsverheißungen unter der Re. publik, um die Leidenschaft n der Mafien zu ert- flammen. Dagegen behaupten die Anhänger der Monarchie, die übrigens selbst die Schwäche ihrer Position zugeben sollen, daß eS sich um eine künst liche Mache, eine von langer Hand vorbereitete Intrige der Hochfinanz handele, die von F ank- reich auS inspiriert werde und daraus hinauslause, sowohl in Portugal wie in Spanten die Monarchie zu stürzen, um auf solchem Wege den „Bund der drei lateinischen Republiken- zu verwirklichen. Gleichzeitig wird angedeutrt, daß di« Hochfinanz mit allen ihr zu G bo e stehenden Hilfsmitteln die wirtschaftliche Krise b fördert und zum T il ge radezu hervorgcrufen hätte, um dem bezeichneten politischen Zwecke Vorschub zu leisten. Bei dem Mangel an zuverlässigen Nachrichten wird man einfach abwarten müssen, wie die Dinge sich weiter entwickeln. Sollte eS zu einer Katastrophe komm n, so würde sich die allgemeine menschliche Sympathie auf den jungen Monarchen vereinigen, der völlig unschuldig an den Verfehlungen seiner Vorgänger ist und persönlich den besten Willen bekundet, seinen schweren Herrsche-pflichten gerecht zu werden. Damit der tragischen Verwicklung auch der Humor nicht fehle, läßt der offiziöse Draht es sich ange legt n sein, die Meldung zu verbreiten, Dom Manuel habe sich in seiner Not ausgerechnet an — Castro, den Exp äfidentcn von Venczu-la, ge wendet und ihn um seinen „sachkundigen Rat" ge beten. Castro soll auch nicht gezaudeit haben, sondern in seinem Antwortschreiben dem jungen Könige eine gründliche Vorlesung über eine „starke RegierungSmkthode" ohne Verfassung und deren lästige Hemmnisse eines „pertönUchen Regiment»- zum Besten gegeben haben. Erstens ist aber Dom Manuel kein Castro und zweitens fehlt eS der Monarchie in Portugal überhaupt an der nöligen moralischen Autorität, ohne die ein dauernder Be- ruhigungsprozeß mittels einer Politik der .starken Hand- nicht möglich ist. Der junge König Manuel scheint schweren Lagen entgegenzugehen. TageSgeschichte Trauer im Katserhause. In die Freude über die schnelle Wiederher- stellung deS Kaisers von seinem Knieletden ist ein Schatten gefallen, es ist eine plötzliche Familien trauer eingetreten. Die jüngste Schwester der Kaiserin, die unvermählt gebliebene Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein, ist in Obersüßbach in Baden, wo sie bei der Freifrau von Röder zum Besuch verweilte, an Herzschwäche gestorb n. Die Prinzessin litt sejt längerer Zeit an einem Fußübel, für welches sie vergeblich Heilung such e. Dazu trat eine Herzkrankheit, der die Prinzessin nun erlegen ist. Die Beisetzung wird in der Fa- miliengrufl zu Primken- u in Schlesien erfolgen. Die Er-ichtung einer Krifer Wilhelm Judi- läumSspeude wird vom deutschen Kriegerbunde geplant. Sie soll dem Kaiser auS Anlaß seine» Sbjähugen Reg'.erungs-Jubiläums mit der Bitte überreicht werden, sie zu Zwecken der Krtegerwaisenhäuser zu verwenden, die jetzt durch Fechtschulen erhalten werden. Der G undstock zu dieser Stiftung soll dadurch gebildet werden, daß jede« Mitglied vier Jahre hindurch einen jährlichen Beitrag von 10 Pfennigen entrichtet. Der deutsche Kriegerbund zählt über I'/, Millionen Mitglieder. Mit de» Fälle» Merkel und Langhammer beschäftigte sich der Vorstand de» Nationalltberalen Landesvereins für das Königreich Sachsen in seiner Sitzung am 19 Juni in Dresden. ES lagen ihm die Anträge auf Ausschluß der Abge- ordneten Langhammer und Merkel vor. E» wurde beschlossen, gemäß der in den Satzungen enthaltenen Bestimmungen über den Ausschluß von Mitgliedern sich mrt den lokalen Organisationen, welchen die Genannten als Mitglieder angehören, ins Ver nehmen zu setzen. Der Reichskanzler begibt sich der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge am Mittwoch in daS Schloß Bebenhausen, um dem König von Württemberg seine Aufwartung zu machen. ' " Eine» lebhafte» NuSfaü gegen de» Reichs- ka«zler bringt, wie schon in voriger Nummer kurz ge- meldet, das offizielle nationalliberale Parteiorgan auS Anlaß des preußischen Ministerwechsels, der nicht geeignet sei, die bürgerlichen Parteien zu einen und zu sammeln. Es heißt da: „Der Reichskanzler hätte in weitau-schauender Politik die bürgerlichen Parteien zu gemeinsamer Arbeit sammeln sollen. Statt dessen hält er es für an gebracht, sich für die konservative Richtung drr Politik in Preußen demonstrativ einzusetzen. Und dies alles, während unten die Wogen deS Liberalis mus höher und stärker branden. DaS liberale Bürgertum wird mit immer größerer Unlust zur politischen Mitarbeit ersüllt. Herr von Bethmann Hollweg hat eS gründlich verstanden, die Begeiste- rung abzuwirtschaften, die Fürst Bülow 1906 wachzurufen verstanden hat. . . Das vom Fürsten Bülow in Aussicht genommene Wiedersehen bei Philippi wird kein freudiges sein." Zum MiniRe» wechsel i» Preuße». Der soeben stattgehabte Ministerwechsel in Preußen verursacht noch lange Erörterungen, dir wohl auch so bald nicht schließen werden. War schon bestritten, daß der LandwirtschostSmintster von Arnim wegen eines Gallenstein-Leiden» seine Entlassung genommen hab«, daß er vielmehr für den Freiherrn von Schorlemer-Lieser den Platz habe räumen müssen, so heißt eS nun auch, der Minister deS Innern von Moltke sei nicht amtS- müde gewesen, sondern sei wegen Meinungsver schiedenheiten mit Herrn von Bethmann Hollweg gegangen. Herr Moltke, so behauptet die „Voss. Ztg -, war für direkte und event. auch geheime Wahl bet dem preußischen WahlrechtSgesetz, wäh rend der Kanzler die indirekte Wahl nicht ausgebrn wollte. Das genannte Blatt sagt ferner, der Mi nister von Moltke sei von der Aenderung im Mi nisterium völlig überrascht worden. E» muß da hingestellt bleiben, wie weit da» zutrifft, jedenfalls darf man annehmen, daß Herr von Bethmann Hollweg seinem Ministerium ein bestimmtere», charakteristisches Merkmal hat geben wollen. Zu bemerken ist noch, daß der neue Minister de» Innern, von Dallwitz, als alter Herr drr Bonner Borussen ein Korp»bruder deS Kaiser» wie de» Reichskanzler» ist. Zu« Streit t» v»»>«werbe. Die Maurer und Zimmerer, die mit den neuen Dresdener EinigungSbeschlüflen nicht einverstanden find, haben demgemäß die Wiederaufnahme der Arbeit abgelehnt Dle Arbeitgeber betonen, daß sie mit ihrem Entgegenkommen so weit wie möglich gegangen wären, ein Mehr sei ausgeschlossen. Wenn die Bauarbeiter noch lange streiken wollten, ist ja die Saison schließlich vorüber, und der ganz« Frühling», und Sommerverdtenst fällt au». Atir die 1krie,sv«tera»e» wird endlich etwa» unternommen. Da» ReichSamt deS Innern wird am 1. Dezember d. I. eine Zählung der Kriegsteilnehmer von 1848, 1864, 1866 und 1870/71 vornehmen, um dir Höhe der Veteranenbeihilfe genau bestimmen zu können. Hoffentlich ist man dann auch so weit, daß man für die Beihilfen da» nötige Geld beschafft hat Sozialdemokratische Wahlvorborettuuge«. Da di« Sozialdemokraten angesichts deS Mi- nisterwechselS glauben, daß drr Wahlkampf sich Lehrjahre. Roman von Emmy v. Borg siede. 15) (Nachdruck verboten.) „Ick bedanre, Reine, daß wir uns nickt mein ver sieben." die braunen Augen hefteten sich ernst aus daS erhitzte Gesichtchen. „Uebngcns wirst Du Tick be sinne». daß ick Dir nack Baden-Baden schrieb, al-? Tu mich um meinen Rai baicit. daß ich in dieser Sacke, wo es sich nm Dein Lebcnsglück hondeli. Dir allein die Entscheidung überlassen muß. Und heute habe ich Dich nur gefragt, ob Du am Grafen Lindberg nichts weiter bewunderst, als seine neunzackige Krone und sein wundervolles, altes Wappen. Ich wünschte nur von Dir zn wissen, ob Du auch bereit seiest, mit dem erwählten Manne zu gehen, wenn er nickt der Edel mann, sondern.sagen wir einmal ein ennackeS, brot- erwcrbendes Individuum ohne Titel nnd Rang wäre!" „Und das ist es eben, was mich so von Dir empört", stieß Reine beftig hervor, „Knrti ist nun einmal Kurli! Du gönnst es mir eben mchl, daß ick mich über die Krone ans den Briefbogen nnd in der Wäsche und über all das Schöne, das mit Kunis Namen znsammenhäugi, freue. Du — Du — beulst auck, wie all die neidischen Mädchen in der Pension, ich würde niemals einen Mann bekommen, weil ich arm und verwaist bin und nun gönnst Du cs mir nicht, weil ich schon mit achtzehn Jahren eine Gräfin werde." Irene Mainau halte sich wortlos abgewendet. und Wolf «rsch ak über den herben, gramvollen Ausdruck, der plötzlich sich um den schönen Mund zeigte, über die tiefe Mutlosigkeit, die sich in der Haltung der herrlichen Franengcstalt ansprägte. „Sichst Du", ertönte da die Helle Kinderstimme wieder, „nun stehst Du wieder da, als ob ick jemand ermordet habe und die Häscher schon hcraunahcn. Ick soll niemals die Wahrheit sagen, immer mich nnter- ordnen, immer demütig und bc l eiden sein. — ick —" Reine warf sich schluchzend in einen Sessel und verbarg das Antlitz in den Händen. Irene Mainau schritt an ihr vorüber und der Thür zu, da sprang das Mädchen empor und hielt sie zurück. „Du sollst hier bleiben, Du sollst nicht tbun, als ob ich schlecht gegen Dich gewesen bin!" „Ich werde wicdcrkommen, wenn Du Dick gefaßt hast. Jetzt ist nicht niit Dir zn sprechen", sagte Irene ernst, sich von den sie umklammernden Handelt befreiend. — „Wozu uns mit Streit erhitzen? Wenn Du Dein Unrecht eingcsehen hast, können wir weiter über eine Angelegenheit sprechen, die mir nicht minder am Herzen liegt, als Dir." „Irene, Du sollst nicht fortgehenl Du sollst hier bleiben!" Fräulein Mainau schritt ohne Antwort ins Neben- immer und stand im nächsten Augenblick vor Lindberg, der viel zu stolz war, um sich zurückznziehen. Minuten lang standen Sie sich sprachlos gegenüber. Der Mann heftete seine blauen, strahlenden Augen lange und sinnend auf das erblaßte Antlitz des Weibes und plötzlich ruhlcu ihre Hände ineinander. Es kam beiden überraschend nnd doch konnten sie beide nicht anders. Wolf führte Irene in den lauschigen Erker, der sie den Blicken der Ein- tretcnden entzog. An allen Gliedern bebend, sank Irene auf den Diwan und brach in Tbränen aus. „Reine bat Ihnen wehpcthan?" fragte Wolf, sich über sie neigend, in leisem, sanften Ton, „Fräulein Irene, ich bitte Sie herzlick, sprechen Sie, seien Sie aufrichlig! Ich mag Sie nicht belügen, ick habe vieles von Reines Unarten gehört, haben Sie kein Vertrauen zn mir?" „Toch", — die thräncnschimmcrnden Augen be gegneten den seinen nnd leicht errötend wollte das Mädchen ihre Hand, die der Mann noch immer fest- hiclt, znrückziehen. „O, Sie wissen nicht, wie ick nm die Seele dieses Kindes gerungen habe", sagte Irene leise, „mit Strenge und Liebe. Gerade weil es ihre freie Wahl war, mir ihr Her» zu schenken, glaubte ich Macht über die bösen Geister in ihrer jungen Seele gewinnen zu können, und heute nach Jahren stehe ich ratlos, wie beim Beginn meiner Erziehung!" „So mutlos, Fräulein Mainau? Zudem kann ich mir nicht erklären, woher Sie die Verpflichtung leiten, für Reines Seele verantwortlich zu sein. Sie haben meines Wissens ihr möglichstes an dem Mädchen ge lbem —" „Aber durch mich wurde sie anderen entzogen, die vielleicht nachhaltiger auf sie hätten einwirken können", versetzte Irene traurig. „Glauben Sie das nicht'. Soviel ich bis jetzt ge sehen habe, sino Sie die einzige, welche irgend einen Eiuslnß auf Reine ausübt —" „O, Herr Graf, spotte» Sie jetzt wenigstens nicht!" Tic braunen Angeu schauten stehend und angstvoll zu ihm empor — „vergessen Sie jetzt wenigstens, daß ein gelehrtes Weib, welches Sic verabscheuen, vor Ihnen steht nnd helfen Sie meiner zagenden Seele, sich dnrch- zuringeu." Merkwürdig, Graf Lindberg O hielt schon wieder die kleine, bebende Mädchenhand in der seinen und beugte sich mit einem strahlenden Lächeln über Irene Mainau! Wie wundervoll diese Augensterne waren! Welch ein Zauber von diesem Weibe ausgiug, das angstvoll nnd erschreckt neben ilnn lehnte. „Wer Hal Ihnen gesagt, daß ich Sie hasse?" fragte er leise und in seinen Klanen Augen entzündete sich eine Flamme. „Wenn Sie wüßten, wie ich Sie mir gedacht habe, Sie würden lachen! Natürlich wissen Sie von Reine, daß ich den gelehrten Weibern nicht hold bin, sie kann eben niclus verschweigen, doch haste sie auch hiuzufügen müsseu, daß ich meine Abneigung damit be gründe, daß der Reiz des 'Weibes unter diesem Tnll des Geistes leidet. Wie ein Falter nicht den auf seinen Schwingen ruhenden Staub vermissen kann, so bcdars das Weib, meiner Ansicht nach, ebcnsalls aller jener Kleinigkeiten, die wir Männer entbehren können, mit einem Wort, es büßt mit seiner Männcrühnlichkeit sein eigentliches Wesen — seinen gebtimniSoollen Zauber ein." Um Irenes Lippen schwebte ein Lächeln. „Ach", sagte sie »fit ihrer weiche», vollen Stimme, „ich habe nie gefühlt, daß ich etwas Unweibuchcs that, wenn ick mit meines teuren Vaters Schülern lerme. Er vermißte fr sehr eine» Sohu, eiucu Erben seiner Geistessckätze, denn irdisches Gut betast er wenig, daß ich mich freute, diese Lücke ausfüllen zu könne». Wenn Sie Ihren Vater ebenfalls geliebt nnd verehrt haben, werden Sie mir nachfühlen. Herr «straf, wst süß es für mich war, diesem meinem treuesten Freunde zeigen zu können: Ich bin doch Geist von Deinem Geist, obwohl nur ein Weib!" „Fräulein Maina» —" Da wurde die Thür aufgcstoßen nnd Reine er schien erhitzt nnd vermeint ans drr Schwelle. Ter Graf trat ihr schnell entgegen. „Hast Dn Irene nicht gesehen, Onkel Wolf?" — und sie wollte an ihm vorüber. „Wohin, Reine?" „Zu Irene! Sie soll nickt länger mit mir trotzen nnd tbun, als ob ich ein Verbrecher wäre, es M einfach albern." „Reine", — Wolfs Finger legten sich energisch um des Mädchens Handgelenk -- „höre mich fünf Minuten an. Ich will Dir etwas sage». Wenn D» das gute Einvernehmen zwischen uns nicht auf immer stören willst, wirst Du Dich bemühen, Fräulein Mainaus Zu friedenheit zu erringen!" Reine starrte den Mann, der so ernst nnd ge bieterisch vor ihr stand, sprachlos mit weitgeöfineten Augen an. «Onkel Wolf, wie sprichst Dn zu mir? Hat Irene Dich beauftragt, mir den Tert zu lesen?" „Du bist ein thörichtes Kind, Reine, und hast keine Ahnung von den Gefühlen einer so reinen, edlen Natur wie Fräulein Mainaus. Du hast mich indessen, wie ich hoffe, verstanden.". (Fortsetzung folgt.)