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HoWMMtlWerAnMr Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdors, Bemsdors, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund re. Der „Lohenstein-Ernstthaler" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung In der GejchSstssielle Mb l.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern lv Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts-und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Londbrieflräger entgegen. Als Extra- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebllhr sür die «gespaltene Korpuszetle oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg., im Reklameleil die Zeile JO Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen-Annohme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags l l Uhr, gröbere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird enlsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion LererLsertrrereriLererertLLerLtLererLerLiLörtLtLerstLtLiLiLLLtLlLerLer nicht verbindlich. ersiLkrLiLtLertLiLiLeLerkreLertLcLLrercLeLLLcrercLkreLLLelkLi-rsLLLerLrks Nr. 131. Freitag, den 10. Juni 1910. Fernsprecher Nr. 161. «-sch-st-ft-l'' B°h»str.». 37. Jahrgang. Freibank Hohenstein-Ernstthal. PNU- Rohes Rindfleisch, Pfund 4V Psg. --GW Tagesgeschichte Ler Kaiser über die Religio» Unser Kaiser sagte nach einer Mitteilung deS Grneralsuperintendenten Gtolte im „Ltebenwerdaer KreiSblatt": „Ich lese oft und gern in der Bibel, die auf meinem Nachttisch liegt und in welcher ich die köstlichsten Gedanken unterstrichen habe. Be greifen kann ich eS nicht, daß eS so viele Menschen gibt, dir sich so wenig mit dem Worte Gottes be schäftigen. Wer steht nicht beim Lesen der Evan- gelten und andrer Stellen unter dem Eindruck schlichter, erlebter, beglaubigter und bezeugter Wahrheit. Wie hätte sonst Christus der Welt daS Gepräge aufdrücken können! Bei allem Denken und Tun lege ich mir die Frage vor, was wohl die Bibel dazu sagt. Sie ist mir ein Born, au- der schöpfe ich Kraft und Licht. In Stunden deS Beben- und Bangens greife ich nach diesem Trostschatz. Ich habe die Zuverficht, daß viele von Gott abgefallene Menschen in unsrer Zeit wieder zu einem festen Glauben kommen werden, daß viele wieder eine Sehnsucht nach Gott emp finden. Es ist ja das Schöne und Erfreuliche in der christlichen Kirche, daß Zeiten starken Zweifels besonderen Bekennermul und begeisterte GlaubenSfreude wecken. Wir alle müssen Gethse manestunden durchmachen, Stunden, wo unser Stolz gedemütigt wird. Die Demut fällt uns schwer, wir wollen unser eigner Herr sein." Lie Erhöhung der preußischen Zivilliste wurde von der Budgetkommisfion des Abgeord netenhauses in einer einzigen Sitzung einstimmig bewilligt. Auch die Polen stimmten dafür, aller dings unter gleichzeitiger Erhebung eines prin zipiellen Proteste- gegen die preußische Polenpolitik. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter gehörte der Kommission nicht an. In der Sitzung hatte der Finanzminister, was bisher noch nie im preußischen Abgeordnetenhause der Fall war, auf^Wunsch der Mitglieder genaue Zahlenangaben über die Apana- gierung der Prinzen und über alle Einzelheiten deS königlichen Vermögens gemacht. Die Einzel heiten waren bisher unbekannt. Ob darüber auch im Plenum, daS die Vorlage am Freitag oder Lelsrjalsre. Nomau von Emmy v. Borastede. 4s (Nachdruck verboten.) Liebe und Liebe- lehnen waren ihr bis vor kurzem ihres Spottes wert erschienen, und nun? Noch wringe Augenblicke, dann wird er hereiiiireten, er, der immer in bejnrcn Welten schwebte, der den Himmel herabhottc aur die Erde, auch für sie. Sie baue ihm den Gcsa»guuicrrick» übcrtraacn iu ihren Klassen uno auch anher der Schulzeit durfte er ihren Flügel benutze». Za, er war arm und viel zu un praktisch, um glä»zc»de Einnahme» zn erzielen, trog seines herrlichen Talents. Erst seit Andrea sich seiner ouaenommeu batte, war seine alte Mutter vor der bittersten Not acschüel. Kauz zufällig hatten die beiden Frauen sich kennen aelcrnt. Seine Mutter, die sehr an Gicht litt, konnte plötzlich ans der Trcvve nicht weiter, und Andrea hatte sic in ihr Stübchen hinanfacführt. Daun kam sie täglich, Nachfrage zu halten, bis das „Mütterchen", wie Friedhelm sagte, wieder wohl war. Und mährend dieser Zeit hatte sic so mancherlei erfahren. Ter große, unpraktische Sohn war ein Genie, aber ohne Emvfchlnngen, ohne Protektionen konnte er sich nicht Bahn brechen. Schon oft hatte die bittere Not bei den Jansens angcklovst. wenn Friedhelm über dem Phantasieren nnd Komvomeren seine Schüler ver nachlässigt oder gar vergessen hotte. Auch Andrea mutzte ihn schon zu den Stunden herunter! usen lassen, aber ihre sanften Ermahnungen machten sichtlich Ein druck auf den Künstler. Augenblicklich arbeitete Fried helm an einem großen, musikalischen Werk, voll un endlicher Schönheiten, wie Andrea meinte, und war weltentrückter wie je zuvor. Jetzt klingelte er, zweimal — ein wahres Sturmaeläut und stürmte in das Zimmer. „Liebes Fränlein Andrea, Ihr Besuch ist fort, nicht wehr? Mütterchen sagte mir, das; Eie jemand er- warielcn", er zermalmt beinahe ihre Hände. „Sie Sonnabend verabschieden dürste, gesprochen werden wird, bleibt abzuwarten. Z»m Rücktritt Dernburgs versichern die „Berl. N. N.", daß Herr Dernburg gegen den Wunsch der maßgebenden RegierungS- stellen sein Abschiedsgesuch ringereicht hat. Wenn behauptet wird, so schreibt daS genannte Blatt, daß Herr Dernburg in vollkommener Ueberein stimmung mit den Anfichten der maßgebenden Persönlichkeiten sein Entlassungsgesuch eingereicht hat, so widerspricht daS direkt den Tatsachen. Man geht aber sogar nicht zu weit, wenn man behauptet, daß der Rücktritt deS Staatssekretärs im gegen wärtigen Zeitpunkt den maßgebenden Stellen durch- aus unerwünscht ist. Und wenn eS trotzdem nicht gelungen ist, Herrn Dernburg zum Verbleiben in seinen, Amte zu bewegen, so liegt das nur an der Unerschütterlichkeit seines Entschlusses, aus dem Kolonialamt auszuscheiden. Gouverueur v. Schuckmann, der seit Wochen in Deutschland weilt, wird nicht mehr nach Güdwestafrika zurückkrhr?y. Ec ver zichtet darauf jedoch nur, weil seine Gesundheit in mehrfacher Weiss zu wünschen übrig läßt. Da mit ist gleichzeitig gesagt, daß Hrrc v. Schuckmann nicht Nachfolger Dernburgs wird. Maudat-uieberlegung de» Abg. Dr. Müller- Sagan. Dr. Müller-Tagan, einer der Führer der Fort schrittlichen Volkspartei, will sein preußisches Land tagsmandat aus Gesundheitsrücksichten niederlegen. Dr. Müller vertritt den Wahlkreis Berlin IV im Abgeordnetenhaus, in dem er im Sommer 1908 mit 278 gegen 181 sozialdemokratische Stimmen gewählt wurde. Infolge dieses Verzichts wird Dr. Müller laut „Dost. Ztg." auch die Reichs- tagskandidatur für Sagan-Sprottau ablehnen, die ihm schon vor längerer Zeit angetragen wurde. Dr. Müller vertrat diesen Kreis von 1892-1906, kandidierte bei der letzten Wahl aber nicht, weil er schwer erkrankt war. Dr. Müller steht erst im 84. Lebensjahr. Schluß de» preußische» Landtag» Die gemeinsame Schlußsitzung der beiden Häuser wollen doch nicht schon gehen. Nur einen Augenblick noch. Sie müssen meine Arbeit von beute nacht hören." „Ich hatte Sie doch gebeten, Herr Jansen —" „Nicht die Nacht zum Tage zu machen? Ich weiß, ich weiß, Sie lieber Schutzengel! Aber konnte ich denn anders! Das war ein Singen, Klingen und Jubilieren in mir! Hätte ich da Schlaf finden können? O, Sie mitfühlendes Herz begreifen das. Dem Mütterchen wird da die Einsicht schon schwerer." . Regungslos, atemlos fast lauschte Andrea. Gewiß begriff sie Friedhelms Genius und die daraus folgende Eigenart. Ihre ernsten Augen hingen zärtlich an dem bleichen, kaum hübschen Manucrgcsicht mit der hohen Stirn, welche die zurückgestrichenen Haare noch höher erscheinen ließen und den sprechenden Angen. Friedhelm Jausen war groß und gut gewachsen, aber er hielt sich schlecht, seiner schmalen Gestalt fehlte die Kraft und Anmut der Jugend. Das alles sah Andrea nicht. Sie. die mit sich nnd andern oft recht strenge sein konnte, entichnldigte bei dem Musiker alles. „Den Text denke ich mir so", sagte Friedhelm nun zu Andrea gewandt — und gab leise Melodie und Worte an. — „Sie wollen doch nicht schon fort und mich allein lassen?" „Ich muß, Herr Jansen, meine Mutter erwartet mich. Der Graf ißt bei uns, da würde mein Aus bleiben verletzend sein." „Und Mütterchens Eierkuchen, sie glaubte be stimmt —" „Ein anderes Mal. Ihre gute Mutter wird mir deshalb nicht zürnen". — Andrea nahm seine Hand sest in die ihre. — „Schließen Sie auch die Außeuthür. bitte, wenn Sie nach oben binaufgehen. Herr Jansen, und nicht wieder vergessen." „Wie Sie stets an alles denken. Sie sind die klügste und beste Frau, die ich kenne. Also, ade - oder muß ich Sie begleiten?" „Nein, nein, das ist bei Strafe verboten!" — Auf dem Flur blieb sie noch einmal lauschend stehen. Wie deS preußischen Landtag- wird, wie jetzt mit Be stimmtheit verlautet, am Donnerstag, den 16. Juni, nachmittag« oder spätestens am 17. Juni vormit tags stattfinden. Das Herrenhaus tritt am 14. d. M. wieder zusammen. Die Beteranenbeihiife kommt! Im Herbst will die Regierung im Reichstage einen Gesetzentwurf einbringen, wonach allen KrtegS- veteranen, die daS Alter von 6S Jahren erreicht haben und nicht mehr alS 900 M. jährliches Ein- kommen beziehen, eine Jahresbeihilfe von 120 M. gewährt wird. Der Entwurf wird ober nur etn- gebracht, wenn die Wertzuwachssteuer in annehm, barer Weise zur Verabschiedung gelangt. AuS ihr sollen die Kosten für die Veteranenbeihilfe gedeckt werden, da die Regierung nach wie vor die Ein führung einer Wehrsteuer ablehnt. Am morgigen Freitag finden im Reichsschatzamt Beratungen mit Vertretern aller Reichstagsparteien, auch der Sozial- demokratie, über die Frage der Kostendeckung für die Veteranenbeihilfe statt. Da» Ende der Vauarbeiterausfperr»«» Zu der Einigung im deutschen Baugewerbe wird gemeldet, daß die Wiedereröffnung aller Be triebe vom 18. Juni an erfolgen soll und daß spätestens am 1. Juli sämtliche auSgesperrten Ar- beiter wieder eingestellt sein sollen. Retch»t«g»adßeord»ete al» Kläger. In Stegen fand die Gerichtsverhandlung gegen den Redakteur des dortigen VolkSblatteS, Riedel, statt auf Grund einer Beleidigungsklage, welche die der Wirtschaftlichen Vereinigung angehörigen Reichstagsabgeordneten Burckhardt und BehrenS angestrengt hatten. ES handelt sich um einen Artikel deS genannten Blattes, in dem gesagt war, und zwar im Anschluß an die Trtolenaffäre des früheren Abgeordneten Schack: Wenn indiskret verfahren werden sollte, könnte Schack einen Kol legen in der Nervenheilanstalt erhalten. Im Lager der Christlich-Sozialen sei eine wunderliche Ge- schichte passiert, die einem Reichstagsabgeordneten Kopfschmerzen bereiten könnte. Da der Angeklagte erklärte, er habe keinen der beiden klagenden Ab geordneten, sondern einen Parteisekretär im Auge gehabt, der sich in bedenklicher Weise der Frau eines Lehrers genähert hatte, wurde die Gache nach mehrstündiger Verhandlung zwecks weiterer Zeugenvernehmung vertagt. Die Vorromä«»-E»zyklika Man durfte gespannt sein darauf, welches süß die Klänge lockte» und lim Liebe warben! O Gott, wie konnte sie so thöricht sei», diesen Mann mit dem Kindersiml z» ihrem Lebensinhalt z» machen. Hatte Friedhelm denn schon ein Wort von Liebe zu ihr ge sprochen? Nein, nein, nur seine Ange» batten von mehr als Frcittidschaft geredet. Unzufrieden mit sich selbst, eilte Andrea die Treppen hinab, um ins Haus der Mutter zurückzukehren. Man hatte bereits auf sie ge wartet, doch als sie sich bei Fran Amanda cntschnldigte. batte diese einige freundlichc Worte der Entgegnung. Graf Lindberg begrüßte die Stieftochter mit einem Handkuß. Sein stets gleichbleibendes, liebenswürdiges Wesen hatte ihm Andreas Znncignng längst gewonnen. Zudem besaß der Mann ein eigenes Talent, ans die Interessen jedes einzelnen mit frennolicher Bereitwilligkeit cinzngehen. Seit Gras Axel an den Mahlzeiten teil- nahm. waren sie für alle Teile genußreicher geworden. Frau Amanda unterließ ihre Ausfälle ans die emanzi pierten und gelehrten Frauen, und auch Andrea ging mehr auf die Eigenart der Mutter ein. Während sich Graf Lindberg l mit der Lebcus- frcudigkeit eines Jünglings bemühte. Amanda und ihre Töchter zu erheitern, war Wolf weniger rosiger Laune. Die Erinnerung an Irene Andrasson und die damit über nommene» Verpflichtungen lagen gleich einem Alp auf seiner Seele. Er hatte, seinem Versprechen gemäß, so fort an die Vorsteherin des Instituts gejchricben und sie um die Anordnung alles Nöligen ersucht, worauf er die Aulmort erhalten batte, daß sie Irene persönlich nach Badeii-Badeu begleiten und sie ihm übergeben winde. Seufzend telegraphierte Wolf: „Kommen, Hotel du Nord." Je eher diele leidige Sache erledigt würde, je besser war es. Ein wenig neugierig war er nun doch. Die wunder volle Schönheit nnd Anmut Mira Andrassons erschien vor seinen Blicken. Wenn Irene der Mutter glich, wer weiß, ob sie da nicht das Wcib war. dcni zu begegnen er noch immer erwartete! In tadellosem Helle» Anz»gc stand Wolf an dem Fenster seines Wohngemaches mit Echo die unglückliche päpstliche Enzyklika innerhalb deS deutschen Katholizismus finden werde. Denn daß von evangelischer Seite Proteste erfolgen würden, war unschwer vorauSzusehen. Stärker mußte e» aber noch werden, wenn eS gegen dir empörende Auslassung deS Vatikans im Katholizismus selbst sich regte. Da hat nun freilich die katholische Presse fast gänzlich versagt. Erst matte Ausreden und Beschönigungen; bald aber gewann eine frechere Tonart die Oberhand. Jetzt hieß eS, der Papst habe nur historisch wahrheitsgetreu geschildert, wo für er jetzt gröbliche Beschimpfungen erleiden müsse, die Enzyklika enthalte Wahrheiten, die alten Jungfern auf die Nerven fallen. Ja, eine- der ultramontanen Blätter fand, da- päpstlich« Rund- schreiben sei „sehr herzlich und väterlich besorgt". Die Art, wie die kleine katholische Presse die En zyklika verbreitet, verteidigt und kommentiert, be weist unwiderleglich, daß da- päpstliche Schreiben allerdings die Gefahr einer konfessionellen Ver hetzung nahelegt. Um so erfreulicher ist eS nun, daß, wenn nicht in der katholischen Presse, doch aus der katholischen Wissenschaft ein ernstlicher Widerspruch gegen die päpstlichen Herausforderungen sich hervorwagt. Schon am Sonnabend schüttete ein katholischer Geistlicher im „Schwäbischen Mer kur" sein bekümmertes Herz au- und beklagte in maßvollen Worten da» frevelhafte Attentat auf den konfessionellen Frieden unsre- Vaterland«-. Und heute findet sich au- der Feder «ine- Ange hörigen der katholisch-theologischen Fakultät in Tübingen eine geharnischte Zuschrift, worin ver- sichert wird, daß unter den katholischen Lehrern und Studierenden der Lande-univerfität, abgesehen von den Wenigen, die alles billigen, waS von Rom kommt, der Ausfall de- Papste» gegen die Reformatoren und ihre Anhänger die peinlichste Stimmung und wahre Erbitterung hervorgerufen habe. Dieser Ausfall sei unnötig, lieblos, unbe rechtigt, mindestens übertrieben, in manchen Punkten einfach unhistorisch, unwahr. ES wird an die skandalösen Zeiten deS Papsttums vor der Resor- mation erinnert. Katholiken tut eS wehe, auf diese Dinge Hinweisen zu müssen, aber wo dir Gerechtig keit so offensichtlich verkürzt wird, wie in der un glücklichen Enzyklika, kann man nicht mehr schweigen: unsre protestantischen Mitbürger sollen sehen und erkennen, daß wir ihr« Entrüstung teilen. Nur eines kann Rom zur Besinnung bringen, wenn die deutschen Regierungen im Reichstage sich derartige päpstliche Worte mit allem Nachdruck und mit der entsprechenden Konsequenz verbitten. — DaS Berner dem Ausblick über die bewaldete» Höhen. Er hatte angevrdnet, die Ankunft der Damen sogleich zu nielden. Da klopfte es stark an die Thür und an dem verlegen lächelnden Oberkellner vorüber, huschte ein weißes Etwa« über die Schwelle. „Onkel, lieber Onkel Wolf!" — Graf Lindberg fühlte seine Hand ergriffen und mit Küssen bedecken, ehe er irgend ei» Wort hcrvorbri»ge« ko»»te. Dann sah er ei» hellblondes Lockenkövfche» und zwei tiesschwarze Sammetaugcn — Mira Andrassons berühmte Augen — die sich kindlich-iorschend, dankbar und zutraulich aus ihn richteten, und hörte eine andere, etwas strenge Stimme, welche jagte: „Irene, wie kindisch sind Sie! Wie unpassend be nehmen Sie sich! Sic machen meiner Erziehung wenig Ehre! Was soll der Herr Graf davon denken?" Und da hatte er sich gefaßt. Er nahm das kleine, weiche Händchen, welches noch immer seine Rechte umsiiig, sremidlich in seine beiden Hände und sagte lächelnd: „Herzlich willkommen", und zu Madame Bonant gewandt: „Scicn Sic versichert, daß ich keinen Augen blick an Ihrer guten Erziehung zweifle, gnädige Fran." „Ich konnte doch dort mite» im Emvsangszimmcr »sich nicht bei Onkel Wolf bedanken", jagte Irene schmollend, „und ihm sagen, wie nameulos glücklich ich bin. oaß ich nicht mehr lernen nnd immer camm« il kaut zu sein brauche." Wolf lachte leise auf und auch um Madame Bonanls Lippen spielte ein Lächeln. Die gut erhaltene Matrone in dem enganliegenden schwarzen Attaskleide hielt es indessen für ihre Pflicht, die Erzieherin zu markieren und entgegnete seufzend: „Leider, Herr Graf, bringe ich Ihnen in Irenen ein vollkommenes Kind, dem jeder Lebenscrnst mangelt. Tic Schuld liegt wahrlich nicht an mir, ich habe mich genügend bemüht, dem kleinen Kindskopf von dem Ernst des Daseins einen Begriff zu geben, leider nm- ionst." (Fortsetzung folgt)