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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191004210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100421
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100421
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-21
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.04.1910
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große zentralifiert« Krankenkassen zulassen, so würde darunter die Selbstverwaltung leiden, und et würden di Garantien fehlen für einen geordneten Gang der Geschäfte. An dem Nebeneinander» bestehen von Kaffenarztsystem und freiwilliger Arzt» wähl muß die Regierung festhalten. Wir sehen einer eingehenden Prüfung dr- Entwurf« in der Kommission mit voller Ruhe entgegen in der Hoff nung, daß man sich dadurch unsre Gründe über» zeugen lassen wird. Lbg. K«ler»kt (Pole): Der Entwurf enthält Fortschritte und wir sind im allgemeinen mit ihm zufrieden. Die Fortschritte wiegen jedoch die re» aktionären Bestimmungen nicht auf. Die Selbst verwaltung wird zu sehr beschnitten zugunsten bureaukratischer Vorschriften. Die Zahl der Kranken kassen sollte man vermindern. Der Gedanke der freien Aerztewahl ist unS sympathisch Abg. Behrens (Wirtsch Bjj.): Die Industrie, die stet- erklärte, g-ößere Lasten nicht mehr tragen zu können, will jetzt 56 Millionen M. auf sich nehmen, indem fie der Halbierung der Kranken- verficherungSbetträge zustimmt. Dafür will fie auch mehr Rechte in den Krankenkaffen. DaS ist ihr 56 Millionen M wert. Gerade da- ist aber auch den Arbeitern 56 Millionen wert. Die Resmm darf die Selbstverwaltung nicht antasten. Zu wünschen ist eine größere Zentralisation der Kranken- kass-n. Abg. Träfe (deutsche Rfp): Wir find mit der Vorlage in ihrer j tzigen Gestalt nicht einver- standen. ES geht nicht an, den Unternehmern durch Halbierung der Beiträge SS Millionen an neuen Lasten aufzuerlegen. Abg. Becker-Arntberg (Ztr): Wo bleibt der Reichskanzler bei diesem wichtigen Gesetz? Auf den HandelStag ist er gegangen, und der Reichs tag ist doch eine mindesten« ebenso wichtige Körper schaft. Von der Gestaltung der VerficherungSämter in der Kommlsfion wird e« abhängen, ob wir ihnen zustimmen können. Abg. Pauli-Potsdam (kons.): Die Halbierung der Beiträge erw ckt große Bedenken wegen der Belastung der kielen Handwerker. Abg. Arni«g (natl): Zugunsten der Ver- ficherungSnehmer wird noch manche Bestimmung in der Kommission geändert werden müssen. Der Krei« der Versicherungsnehmer wächst durch die Neuordnung gewaltig. Direktor Caspar: Die Kaffen dürfen den Forderungen der Aerzte nicht ohne weiteres auS- geltefert werden. Deshalb hält die Regierung an dem System deS Nebeneinanderb-stehrnS fest. Mittwoch 12 Uhr: Fortsetzung. Sächsischer Landtag. Dresden, IS. April. In der Ersten Kam mer erfolgte heute zunächst die Vereidigung deS neu eingetretenen Rittergutsbesitzer- Becker. Die Kammer erledigte di« Etatkapitel 62 und SS, Botanischer Garten und Landwirtschaftliche Versuchsstation, bewilligte di« Einstellungen in den außerordentlichen E at zur Beseitigung von Straßen- üb-rgängen, zur Vermehrung von Lokomotiven, Personen- und Güterwagen — wobei auch di« Berücksichtigung der einheimischen Fabriken mit GtaatSaufträgen angeregt wurde —, zur Erweite rung von Heizhouisiänden sür Lokomotiven und der Eisenbahnwerkstätten in Dresden und L«>pzig und bewilligte 1132000 M. als siebente Rate zum Bau der Strecke Chemnitz-Kappel. Nächste Sitzung morgen: Elatkapitel, verschiedene Eisenbahn-Angelegenheiten und Petitionen. * v Die Zweite Kammer beriet in ausführlicher Breite zunächst über die Neuregelung der staatlichen Beihilfen an die Schulgemeinden, wie sie da» Königl. Dekret Nr. 9 vorschiägt, sowie den sozial demokratischen Antrag auf Wegfall d«S Schulgelde» und Uebernahme der Volksschullasten auf Staat und Gemeinde. Abg. Dr. Schauz-OrlSnItz beantragt namen« dr, Finanzdeputatron die unveränderte Annahme de« Dekrete« Nc. 9, wonach unter Erweiterung der bisherigen Grundsteuer-Dototion jede Gemeinde für jedes Schulkind künftighin eine Beihilfe von 2,50 M., mindestens aber den Betrag von 800 M. erhalten soll. Abg. Bauer-Aue (Natl.) schildert die Ungleich mäßigkeit der bisherigen Verteilung der Schuldo- tauon. Nach dem n«uen Modus würden 1201 Gemeinden mehr als bisher und 721 weniger als bisher erhalten. Die Neuerung sei alt ein gc- rechter Ausgleich zu betrachten. Er bitte um An nahme des Dekretes. Abg. Lange-Leipzig begründet den sozialdemo kratischen Antrag und ersucht, ihn der Regierung als Material zur R.sorm d«r Volksschulgesetzgebung zu üb-rwelsen. Aog. Dr. Mangler-Freiberg (Kons.) erklärt, daß er und einig« seiner Parteifreunde, die rein ländiiche Wahlkreise vertreten, nur schweren Herzen der Vorlage zustimmeu. Er hätte erwartet, daß man wenigstens die bisherigen Zuwendungen allent halben weiter gewährt und hoffe, daß d,e Regie rung bedrängten kleineren Gemeinden wohlwollend entgegenkomme. Abg. Nt-sche-DreSden (Natl.) gibt zu, daß der vorliegende G setzenlwurf «inen wesentlichen Fort schritt bedeute und einen gerechten Maßstab auf. stellt, wenn auch 721 Schulgemeinden weniger be kommen wie bisher. B.fser wäre eS gewesen, den ärmeren Gemeinden bi« aus weiteres di« bisherige Höhe der Unterstützung weiter zu gewähren. Abg. Dr. Noth (Freis) erklärt die Zustimmung feiner Partei zu dem Dekret 9 und zu dem An trag Lange. Wenn der Staat den Schulzwang etngesührt habe, sei die Befreiung vom Schulgeld di« Konsequenz. Abg. Träder-ArnSdors (Kons ) erklärt sich für daS Dekret, aber gegen Ü bernahme der Pensionen der NadrlarbettiSlehrerinnen auf den Staat, wie er es auch verurteilt, daß der Staat Pensionen auf die von großen Städten bewilligten hohen Gehälter gewähren soll. Abg. Kleinhempel (Natl.) sichert dem Dekret 9 die Zustimmung seiner Parteifreunde zu. Der Antrag Lange sei schon au« finanziellen Erwägungen unannehmbar, dann aber auch, weil der Staat dadurch einen großen Einfluß auf die Schulen er lange. Er persönlich sei gegen di« Erhebung von Schulgeld und erwarte, daß di« Regierung keinen Widerspruch erhebe, wenn eine Gemeinde davon abzuseheu beschließe. Abg Schmidt (Kons.) tritt für einen Ausgleich ein. Bei dem Dekret müßten die landwirtschaft lichen Gemeinden mehr al« bisher die Zeche be zahlen. Man sollte die Dotation nicht lediglich nach der Zahl der Kinder berechnen, da e« auch in der Bevölkerung zurückgehrnbe Gemeinden gebe. Trotz der Bedenken stimme er sür da« Dekret. Abg. Wappler (Natl.) schildert den Nachteil, den die Stadt Leipzig durch daS Dekret erfahre. Ec werde aber auch für daS Dekret eintreten. Abg. Dr. Hähnel macht darauf aufmerksam, daß die Vorarbeiten zu dem jetzigen Dekret schon im letzten Landtag vorlagen, damals aber keine Mittel fiüsstg zu machen waren. Kultusminister Dr. veck erklärt, die eingestellten 600000 M. seien bei der Finanzlage de« Staate- sehr zu begrüßen. Der sozialdemokratische Antrag bedeute eine Verstaatlichung der Volksschule sowie eine wesentlich« Einschränkung der Gemeinde-Auto nomie. Die Aufhebung de« Schulgelde« würde sür die Schulgemeinden eine Einbuße von 5^/, Millionen Mark bedeuten. Außerdem würde eine große Zahl neuer Beamten zur Kontrolle der Gchuleinrichtungen im Lande anzustellen sein. Finanzminister Dc. v. Rüger spricht sich vom finanziellen Standpunkte au« gegen den Antrag Lange aus. Auch die Steuergesetzgebung stehe unter dem Einflüsse der Billigkeit, und eS sei un möglich, alle Lasten den Bemittelten aufzulegen und die Unbemittelten frei zu laffen. Er bitte dringend, den sozialdemokratischen Sirenengesängen nicht zu folgen. Es würde das der erste Schritt zum Untergange des SlaateS sein. D>.S Gegenteil zu behaupten, sei nur ein Gerede der sozialdemo kratischen Partei. (Zuruf links: Gerede?! Abg. Nitzsche: Ungezogenheit l Ordnungsruf für den Minister!) Präsident: Ich verbitte mir jede Zen sur! Dafür ist der P äfident da! Abg. N-tzsche: Er hört es ja nicht! Präsident: Er hat e« wohl gehört. ES ist Ihnen bekannt, daß ich über Re gierungsvertreter keine Gewalt habe. Finanzminister Dr. v. Rüger bittet fortfahrend nochmals um Ablehnung deS sozialdemokratischen Anträge«. (Abg.Nitzschr erhält einen Ordnungsruf.) Nach einem Schlußwort deS Abg. Lauge wird der Gesetzentwurf (Dekret Nc. 9) einstimmig un verändert angenommen, gemäß dem DeputationS- antrag. Der Antrag, den Antrag Lange der Regierung als Material zu überweisen, wird mit 46 gegen 80 freisinnige und sozialdemokratische Stimmen abgelehnt. Unter Punkt 3 wird dann gemäß dem Anträge der Deputation und in Konsequenz deS soeben zu Punkt 1 gefaßten Beschlusses debatteloS die in Tit. 14», Kap 96, Volksschulen, eingestellte Summe von 2858 000 M. bewilligt. Als Punkt 4 steht auf der Tagesordnung der anderweite Bericht der GesetzgebungSdeputation über den mit Deket Nr. 18 vorgelegten Entwurf ein.S Radelarbettslehrerinnengesetzes. Abg. Frenzel (Kons.) als Berichterstatter und Lauge-Leipzig (Toz.) als Mitberichlerstatter bean tragen 1) gleich der Ersten Kammer in tz 3 Abs. l die Worte „beziehentlich Schulausschuß" zu streichen, so daß die Anstellung der Nadelarbeitslehrerinnen lediglich durch den Schulausschuß zu erfolgen hat; 2) beantragt die Mehrheit der Deputation (Freisinnige, Nationalliberate und Sozialdemokraten), bei dem Beschlusse vom 25. Januar stehen zu bleiben, also in tz 9 die Penstonslast dem Staate aufzuerlegen, während die Minderheit (Konservative) beantragt, gleich der Ersten Kammer in tz 9 die Regierungsvorlage wiederherzustellen, also die Pen- fionSlast den Gemeinden aufzuerlegen; 3) beantragt die gesamte Deputation, die Peti tion der Vorstände des Leipziger Nadelarbeitslehre- rinnenvercins und des Vereins Dresdner Nadel- arbettSlehrerinnen, die Anerkennung des Ständig- keitSrechts betr., auf sich beruhen zu laffen. Abg- Dr. Seyfert (Null.) führt aus, der Ge setzentwurf solle einen Notstand beseitigen, der schwer empfunden werde. Jetzt sei das Gesetz in Gefahr zu scheitern. Seine Freunde würden das sehr bedauern. In den Kreisen der NadrlarbeitS- lehrerinnen verlange man keineswegs nur die Re- gelung der Grhaltsfroge, sondern auch Anerkennung deS Rechtes auf ständige Anstellung. Möchte man doch den Gemeinden das Recht geben, auf die Pen sionszahlung durch den Staat zu verzichten. In DreSaen sei eine Gehaltsvorlage des StadtraiS sür die NadelarbeitSlebrerinnen bereit« umgearbeitet ge wesen, aber mit Rücksicht auf das möglicherweise e.ntretende Scheitern des Gesetz s zurückgezogen worden, waS natürlich große Bestürzung erregt habe. Seine Fraktion werde auf dem einmal eingenom menen Standpunkt beharren. (Bravo!) Kultusminister Dr. Beck legt nochmals den Slandpunkt der Regierung dar. Nur eine kleine, aber Nicht unübersteigbarr Klippe hindere daran, da- Gchtz in den Hafen zu bringen, wohin man eS wünsch». Etst diesem Landtage sei eS Vorbehalten geblieben, den Antrag in das Gesetz hinetnzu- dringen, daß der Staat die Penstonslast tragen solle, und dabei würde die Tragung der Pension«- last den notleidenden Gemeinden gar keine Schwie rigkeiten machen. Nach dem heute angenommenen Dekret erhielten die Gemeinde:« 129 000 Mark mehr als br« jht (Hört, hört! rechts.) Also würden fie wohl 40 000 Mark PenfionSlasten tragen können. Bet Annahme des MehrheitSantragS der Deputation, der die Pensionslasten drm Staate zu weisen «olle, werde da« Gesetz sür die Regierung nicht annehmbar srtn, sondern einer Umarbeitung bedürfen, die in d«r gegenwärtigen Session nicht mehr möglich sei. Er.bittr daher um Annahme dr» MtnderheitSgutachtenS. Wenn diese Annahme heute nicht erfolgen sollt«, so würde e« doch hoffentlich im Vereinigung-verfahren geschehen. (Beifall recht«.) Abg. Laughammer - Chemnitz (Natl): Die Urberzeugung von der Wichtigkeit de- Gesetze« fei allgemein. Seine Freunde wollt«n e» aber nur s, verabschieden, daß es den Schulzwecken möglichst diene, und sie befinden fich dabei in völliger U«ber- einstimmung mit dem Kultusminister von 1908 Neue Gründ« hätte die Regierung sür ihre ab lehnende Haltung heute nicht vorgebracht. Wenn fie nur gewollt hätte, dann hätte sie seit Abschluß der ersten Beratung in diesem Hause Zeit genug gehabt, da« Gesetz so umzuqestalten, daß sie «S heute annehmen könne. Früher hätte der Kultus minister denselben Standpunkt eingenommen, auf dem heute die Nationalliberalen ständen, die durch aus konsequent geblieben seien. Möchte der Minister doch heute wieder auf diesen Standpunkt treten. Abg. Dr. Böhme-Pirna (Kons.) tritt dem Vor redner entgegen. Ec verteidigt den Standpunkt der konservativen DeputationSminderhett. Man möge doch nicht an einer nebensächlichen Frage das Gesetz scheitern lassen. Kulturminister Dr. Beck erwidert dem Abg. Langhammer, der hierauf kurz entgegnet, worauf Abg. Uhlig-Zittau (Soz.) noch im Sinne der Deputation-Mehrheit spricht. Damit schließt die Debatte, und nach einem Schlußwort des Mitbe- rtchterstatters Abg. Lauge-Leipzig (Soz.) wird ein stimmig die von der Ersten Kammer in tz 3 Abs. 1 beschlossene Streichung der Worte „beziehentlich durch den Tchulau-schuß" gutgeheißen. Mit 59 gegen 36 konservative Stimmen wird dann der Antrag der DeputationSmehrheit ange nommen; es wird also der frühere Beschluß zu tz 9 aufrcchterhalten, wonach die Pension-last dem Staate auferlegt wird. E« werden alssann bewilligt bei Kapitel 99, Taubstummenanstalt, nach derVorlagedie Einnahmen mit 59 433 Ma>k, dis Ausgaben mit 469 705 Mark, bei Kapitel 95, Seminare, die EtatSüberschretlungen von zusammen 11 866 Mark, sowie bet den ein- maligen außergewöhnlichen Ausgaben au« der Fi nanzperiode 1904/05 nachträglich die Summe von 736,58 Mark, da die Beträge hauptsächlich mit der Vermehrung der Stellen und der gesteigerten Schüler zahl Zusammenhängen. Die Kammer beschäftigt sich schließlich mit Pe titionen. Aus Antrag der Beschwerde- und Peti- lionSdeputation wird«, a beschlossen, die am 21. Ja nuar gefaßten Beschlüsse über die Petition de« Verbandes von Inhabern offener Ladengeschäfte in Zwickau und deS Sächsischen VerkehrSoerbandeS in Leipzig um Aufhebung des tz 3,5 dcS Gesetzes, die Sonn-, Fest- und Bußtagsfetern betreffend, rück gängig zu machen, und in Ueberetnstimmung mit der Ersten Kammer die StaatSregierung zum Er- laß einer Verordnung zu ermächtigen, die besagt, daß die in tz 8,5 vorgeschriebene Schließung der Schaufenster unterbleiben kann, soweit die« durch OetSstatut (tz 142 der Gewerbeordnung) nach Ge hör der Handels- und der Gewerbekammer, sowie der kirchlichen Behörden für zulässig erklärt worden ist. Nächste Sitzung Donnerstag vormittag 11 Uhr. s öffentliche Stadtverordnetenfitzung zu Hohenstein-Ernstthal am IS. April 1910. Vorsitzender: Herr Stadtveeordnetenvizvor- steher Dietze. Am RatStische sind erschienen Herr Bürger, meister Dr. Patz, sowie die Herren Stadträte Anger, Bernhardt, Bohne, Lapitz und Schneider. Vom Stadtvrrordmtenkollsgium sind 2l Herren anwesend. Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Kenntnisnahmen gibt der Herr Vorsitzende bekannt, daß die Höhe deS Bezeigungsqeldes vom Elektrizitätswerk an der Lungwitz für das Jahr 1909 2943.28 M. —6°/, beträgt. Dieser Betrag ist satzunasgemäß an dir Stadt abgesührt worden. — Ein Naturalisations- gesuch eines hiesigen Handwerkers ist von der Re gierung genehmigt worden. — Ferner wird bekannt gegeben, daß der neue Ratsdiener, Herr Kampf, verpflichtet worden ist und daß wegen brr Behänd- lung einer Armensachc mit Namensnennung in einer öffentlichen Ttadtverordnetensitzung von den Angehörigen Beschwerde geführt worden ist. — Die Verwaltung der Gasanstalt beabsichtigt mit stadträtlicher Genehmigung Abonnements für Rei nigung von Gasglühl chlflammen und in Verbin dung hiermit einen vermehrten Vertrieb von Be leuchtungskörpern und Bestandteilen herbeizuführen. Als Grund hierfür wird die teilweise schlechte Beschaffenheit vieler Flammen angeführt, auch hoff: man du ch die Einrichtung in der Hauptsache einen vermehrten Gaskousum herbeizuführen. Ein- gcführt sind solche Abonnements bereits in einer ganzen Anzahl von deutschen Städten, so u. a. in Crimmitschau, Hannover, Berlin usw., und hat sich die Einrichtung überall gut bewährt Der Rat hat beschlossen, die Einrichtung vorläufig p.obe- wrise auf eia Jahr zu genehmigen. Hierzu ist eine Eingabe aus Handwerkerkreisen eingegangen, welche in längeren Ausführungen darum bittet, die ge plante Einrichtung im Interesse des Handwerker standes nicht einzuführen, da sonst eine große Schädigung deS Kleinhandels zu erwarten sei. Der Rat stellt sich auf den Standpunkt, daß eS jeder mann unbenommen bleibe, die gleiche Einrichtung zu treffen; eine Schädigung dcS Kleinhandels fei nicht beabsichtigt. Die Stadtverordneten haben nur Kenntnis zu nehmen, ein Recht zur Mitberatung steht ihnen nicht zu. Herr Gtadto. Lange bemerkt hierzu: Ich muß mein Bedauern darüber auS- sprechen, daß der Rat di« Einführung genehmigt hat. Ohne Zweifel wird die Gasanstalt versuchen, daS ganze Geschäft an sich zu ziehen. Ich muß doch zu bedenken geben, ob e« nicht bester wäre, w«nn man da» Handwerk mehr in Schutz nehmen würde. H«ut« gilt e», da» Handwerk zu schützen, aber von dieser Stell« versucht man da» Handwerk zu vernichten. Die Regierung predigt den Schutz deS Handwerk« und versucht ihm zu helfen, doch hier findet man da« direkte Gegenteil. Dir haben hier die Motore mit 15'/„ ca. 5 Jahre lang ver zinsen müssen, ohne irgendwelche Anrechnung für Amortisation usw., keine andere Stadt hatte solche Bedingungen an drn Handwerkerstand gestellt. Ich möchte Sie doch bitten, der Sache nicht zuzusttm- men, denn ohne Zweifel wird hierdurch der Klein handel und mit ihm der Handwerkerstand schwer getroffen. Herr Stadtrat Anger: Die Ein- führuug von Abonnements ist eine Maßnahme zur Hebung de« GaSkonsumS, die den Handwerker nicht treffen soll. Der Verbrauch an Leuchtga- ist im Vorjahre bedeutend zurückgegangen und nur ein vermehrter KochgaSbedarf hat dir Lücke mied« ausgefallt. ES mußten deshalb Mittel und Wege gesucht werden, den GaSkonsum wieder zu heben. Di- Brenner befinden fich oft in einem derart schlechten Zustande, daß man unbedingt den Man gel der in Aussicht genommenen Einrichtung aner kennen muß. ES muß ein Mann angrstellt werden, der die Brenner stet- nachsteht. Wenn von feiten der Handwerker jemand die Sache über nimmt, wird e- der Stadt nur recht sein. Herr Bürgermeister Dr. Patz: Wir find nicht Feinde de» Handwerk-, da- Wohl dr« Handwerkerstandes liegt uns wie da» eine- jeden anderen Standes am Herzen. Insoweit handwerksmäßige Leistungen in Frage kommen, bietet hier die Gasanstalt bei Installationen keinerlei Konkurrenz. E» bleibt jedem Konsumenten unbenommen, seine Sachen beim Handwerker Nachsehen zu laffen. ES liegt der Gasanstalt daran, daß die Klagen über schlechtes Licht aufhören. Vor läufig handelt e» fich auch nur um einen Versuch, stellt fich später «in« schwere Schädigung heraus, dann wird der Rat die An gelegenheit nicht weiter verfolgen. Herr Stadtv. Lange: Ich halte eS für sicher, daß, wenn da» Probejahr vorbei ist, die Sache später auch weiter zur Einführung gelangt. DaS Handwerk ist ge zwungen, den Kamps mit der Gasanstalt aufzu- nehmen und werden wir kämpfen, wie e» dem Handwerk gebührt. Ich gebe hier die Erklärung ab, so leid wie eS mir tut, ich möchte künstighin dem Stadtoerordnrtenkollegtum nicht mehr ange- hören. ES ist wohl zuviel verlangt, daß ich unter diesen Umsiänden hier meine Zeit opfere, wo man versucht, daS Handwerk derart zu vernichten. Ich bitte drn Pro tokollanten, meine Erklärung im Protokoll zu vermerken. (Herr Stadtv. Lange verläßt kurze Zeit darauf da« Sitzungszimmer.) Herr Vizevorsteher Dietze bittet, die Angelegenheit nicht persönlich zu nehmen, da es im Interesse der Stadt liege, da» Handwerk lebenskräftig und steuerfähig zu erhalten. Redner glaubt nicht, daß die Befürchtungen de» Herrn Stadtv. Lange eintrrten werden. Herr Stadtv. Grießbach hält eS für gut, wenn die Gasanstalt in gewissen Zeiträumen die Gasflammen nachsehen lasse, während Herr Stadtv. Stützner erklärt, schon im GaS- und WasserwerttauSschuß dagegen gewesen zu sein, da er unter allen Um ständen eine Schädigung deS Handwerkes vermieden sehen möchte. Bei den Kontrollgängen würde der Beamte jegliche Ersatzteil« bei sich führen und den Konsumenten empfehlen. Er stehe auf dem Stand punkt daß der Versuch lohnend sei und deshalb, wenn daS Prob.jahr vorbei sei, eine weitere Ein führung sicherlich zum Beschluß erhoben würde. Die ganze Angelegenheit laufe unbedingt auf «ine Schädigung de« Handwerke« hinau«. Herr Stadtv. Feldmann steht in der Maßnahme eine von dentaufindKleinigkeiten, diedie Schädigung unserer Handwerker im Auge haben. — Hierauf wird der Gegenstand, der den Stadtverordneten nur zur Kenntnisnahme zugcgangen, verlaff«». 2. Bekanntmachung über die Veranstalt««» öffentlicher kinematvgraphtschkr Vorführungen. Der Gtaotrat hat hierzu ein Statut auSgr- arbeitet, daS gewisse Auswüchse im Ktnemato- graphenwesen, namentlich in der Teilnahme der Kinder bei den Vorstellungen, bekämpft. Die Ver sammlung gibt ihre Zustimmung. 8 Erhöhung der Stundenzahl bei der Bäcker- fachklaffe. Die jetzt 26 Schüler zählende Klaffe hatte bis her wöchentlich 3 Stunden Unterricht. Nach einer ministeriellen Verordnung müssen Schüler, die vom Besuch der obligatorischen Fortbildungsschule befreit sind, mindestens einen vierstündigen Unter- richt haben und außerdem muß eine teilweise Trennung in Klaffen vorgenommen werden. Statt der bisherigen 3 Stunden, di« 225 Mk. kostet««, sind jetzt 5 Stunden notwendig. Die Bäckerinnung hat nun eine erhöhte Unterstützung beschlossen, in dem fie für einen Bestand bis zu 80 Schülern eine Summe von 180 Mark und noch 50 Mark besonder» bewilligte, in Summa also 230 Mark. Da auch daS Ministerium in diesem Falle ein« erhöht« Beihilfe gewährt, würden der Stadt etwa 50 Mk. Kosten erwachsen. Nachdem Herr Stadtv. Bohne noch für die Bewilligung gesprochen, ge- nehmigte die Versammlung die Vorlage. 4 Einrichtung von 8 Kinderspielplätzen Einer der Plätze soll auf dem Neustädter Teich platz, der andere auf der Kindschen Parzelle an der König Albertstraße errichtet werden. Die Kosten betragen für je 2 Sandplätze und je 2 Bänke ca. 80 Mk für den Platz. Wenn fich die Einrichtung bewährt, soll dieselbe auch in anderen Stadtteilen zur Einführung gelangen. Gin« Ver antwortlichkeit der Stadt bei event. Unglücksfällen besteht nicht, da den Eltern der Kinder die Ueber» wachungSpflicht auch weiter obliegt. 5 Wafferabgade a« da» vethlehemsttft. Die Abgabe von Wasser ist unter den jetzigen Druckoerhältnlssen nur unter Aufwendung ganz außerordentlicher Kosten möglich und empfiehlt der Rat, dem Bethlehemstift zu erlauben, vorläufig täglich bis zu 20 ebm Wasser au- den Quellen an der Elsenstraße (auf Widerruf nach 10 Jahren) zu «ntn«hmrn. Die Versammlung stimmt dem zu.
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