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Seist-eWMin ErnWln AmriM Tagebl atl Nr. 65. Sonntag, den 20. März 1910. Jahrgang. Zur Konfirmation. (Nachdruck verboten.) An diesen milden Frühlingstagen, ( ( Da linde Lüfte find erwacht, Da tretet ihr ohn' Furcht und Zagen Entgegen ernster Lebensmacht I Und eurer Jugend frische Fülle Beherrscht besel'gend daS Gefühl, Beherrscht der frohe, feste Wille Zum höchsten Ziel! Zum höchsten Ziel . . . Wir alle strebten Danach! Und rastlos war das Müh'n! Und jede Stunde, die wir lebten, Dürft nicht enteilen, nicht entflieh'n, Bracht' sie nicht näher uns der Höhr! wenn manchem schwer der Weg auch fiel, Er trug ihn dennoch in die Nähe Zum höchsten Ziel! Ihr aber, die daS Unschuldreinel Der holden KindheitSblute schmückt, — Ihr, den>n noch im Mittagsscheine Das ferne Ziel den Blick emzuckt, — Laßt euch auf keinen Abweg locken, Gibt'- auch der Eeitenpfade viel, — Euch führen nur deS Herzens Glocken Zum höchsten Ziel! Nicht Geld, nicht Macht, nicht Ruhm, nicht Ehre Sei euch des höchsten Zieler wert! Denn abwärts drückt die Erdenschwere Den, der vergängliches begehrt. Erstrebenswert ist nur das eine, Das nicht dem Alltag dient als Spiel. SS führt nur schlichte Herzensreine Zum höchsten Ziel! Und reines HerzenS, reiner Seele Ist der, der stets zum Guten strebt, In dem nicht Hap und Neid und Fehle, Nicht Mißgunst und nicht Argwohn lebt. Wer bis in späten Alters Pfade Eich solche Reinheit wahrt, hat viel verziehen und ihn führt dir Gnade Zum höchsten Ziel! Ihr habt die Reinheit! Hütet weise Den holden Schatz, den ihr besitzt, Daß er euch in der Jahre Kreise Ein Segen sei, der reich euch nützt! Der heut'ge Tag führt euch ins Leben Und euch durchströmt ein Festgefühl! Bleibt rein und gut! Wahrt euch das Leben Zum höchsten Ziel! Denn wir Alten auf unser Leben zurückblicken, dann erscheint uns kein Tag unserer Jugend weihe voller und festlicher als der Tag unserer Konst > mation, da wir zum ersten Male uns als erwachsene Menschen fühlten und auch von den Erwachsenen als solche anerkannt wurden. Solche Tage hinter- lasten tiefe Spuren im Leben drS Einzelnen und wirken weiter, selbst wenn man sie schon längst vergesten wähnt. Denn daS ist eine der Eigen arten kirchlicher Handlungen im Menschenleben, daß ihre Weihe andauert und unvergeßlich ist, mag man sich in späteren Jahren auch noch so materiell ausspielen: Die Aufnahme deS Kindes in die Gemeinde der Erwachsenen bleibt in uns hasten unttlgbarsund unverlöschbai: in allen ihren Spuren. Und heute sollen auch wieder eine ganze Reihe von Kindern in die Gemeinde der Erwachsenen ausgenommen werden. Die Aufnahme Erheischen den find unsere Kinder, unsere Söhne und unsere Töchter. Da wird uns der weihevolle Tag doppelt teuer. Denn es ist unser eigen Fleisch uns Blut, daS er weihen soll; eS stad diejenigen, die unseren Herzen am nächsten stehen, die unsere höchste und reinste Liebe, unser bestes Wollen, unsere edelsten Abfichten, unsere schönsten Hoffnungen besitzen! Ein Stück unseres eigenen Lebens soll am hruttgen Tage zum zweiten Male die feierliche Weihe der Konfirmation empfangen DaS greift auch an unsere Herzen und läßt sie erschauern und beben in Wehmut der Erinnerung an die eigene Jugend und in Wonne der Hoffnung auf diejenigen, die heute konfirmiert werden. Und zu all dieser hohen inneren Stimmung kommt noch die äußere, die durch den Frühlings- charukter der Natur hervorgerufen wird. Jung ist auch dort daS Leben, daS die Weihe köstlicher Werdestundrn tagtäglich empfängt. Alle die Knospen und Keime gleichen nur allzusehr unseren Kindern. Auch in ihnen steckt Hoffen und Erwarten. Auch sie harren des Sommers, der ihnen Leben und Verheißung bedeutet und die Früchte eines vielver sprechenden Herbstes vorbereiten soll. Jetzt aber, da daS Knospen und Keimen überall im Lande angehoben hat, ist die Zeit der Saat. Denn ernten soll nur der, der ausgesät hat, und wie im Leben der Natur, also auch im Menschenleben. Darum, ihr jungen Menschenkinder, werdet Säeleute, die die Harzen als Saatfeld nehmen und daS Korn des Guten auf ihnen ausstreuen! Euer eigenes Herz lasset das Saatfeld sein, das ihr be ackern sollt! Ermüdet nicht, rastet nicht, höret nicht auf, bis ihr es bestellt habt! Und laßt euch nicht ablrnken von eurem Tun durch dis tausend fachen Verlockungen der Welt, die euch wohl über den Augenblick hinsortzutäuschcn vermögen, euch aber nichts geben von dauerndem Wert, das euch in den Stunden der Verzagtheit und Kümmernis zu trösten vermag! Nichts Bleibendes hat die Erde. Denn Erde ist Vergänglichkeit und waS ewig dauern will, be freit sich beizeiten von allem Irdischen. Nur daS Unvergängliche aber ist das Erstrebenswert». DS- halb bitten wir euch am heutigen Tage: gebt eurem Leben eine ideale Richtung, die das innere und nicht daS äußere Wesen deS Menschen und aller Dinge, mit denen er in Berührung kommt, wertet. Nur so wird eure Seele Nutzen ziehen auS diesen Erdentagen I Eine Freude wird euch aber auS einem solchen Verhalten erblühen, wie sie reiner, edler und schöner nicht gedacht werden kann. Dieses sei eure Richtschnur für daS Leben! Erwachender Frühling singt draußen in Wald und Feld. Der Winter ist endgültig besiegt und überwunden. Ihren Goldglanz gießt die höher und höher steigende Sonne über die erblühende Welt. Freude und Jubel haben ihren Einzug ge- halten in der Natur und auch in die Seelen der Menschen. Mit seiner eigenartigen Schönheit und seiner hohen Bedeutsamkeit für unsere Kinder greift der heutige Tag tief in unsere Herzen, erweckt Stim mungen und Gefühle in unS, die wir in die folgen- den, auS tiefster Seele auffleigenden Worte kleiden möchten: In holder Jugend wir euch sehen An Eurer Kinvheit Schwelle stehen Und vor Euch liegt das LebenSland. Euch hängt der Himmel «oller Geigen, Euch schimmern Blüten an den Zweigen, Die Hoffnung hält euch an der Hand . . . Mög' diese Stimmung ewig dauern! Mög' nie der Kummer euch umlauern, Nie euch umdräuen Not und Plag'! Wirkt Gutes, sei's auch nur im Kleinen! Lebt allem Schönen, Edlen, Reinen! DaS wünschen wir am heur'gen Tag! Und wenn dieser Wunsch in Erfüllung ginge, dann wäre auch der Wunsch unseres Lebens, die wir alt find, ersüllt, denn wir wüßten, daß wir nicht umsonst gewirkt haben, daß daS Gute in unS sortlebt in unseren Kindern, die versprachen, vorbildliche Menschen zu werden in des Wortes allerhöchster Bedeutung. So wird auch sür die Erwachsenen jeder KonficmationStag zu einem Feiertag von besonderer Weihe, der sie an ihre eigene Jugend gemahnt und die Gelübde längst verrauschter Kindheit in ihrem Herzen wieder neu erwachen und stark werden läßt. Ihr aber, denen sich am heutigen Tage zum ersten Male daS Lcben erschließt, täuscht uns nicht um unsere Hoffnungen! Werdet daS, was wir von euch erwarten! Bleibt jung und gut, bleibt stark und fest, auch wenn euch die Stürme des Lebens umbrausen! Das ist unser Wunsch am Konficmationstage! —n Sächsischer Laudtag. Dresden, 18. März. Heute hielten beide Kammern ihre Schlußsitzungen vor d-n Ferien ab. Die Erste Kammer bewilligte die Titel 9 und 37 des außerordentlichen Etats, Umgestaltung der Vetkeh sstelle Deuben und HainSberg, sowie den Bau einer Nebenbahn Limbach-Obnfrohnabetrkffsnd, und bewilligte die Kapitel 27 und 28 deS ordert- lichen Etats. Im übrigen wurden eine Anzahl Eisenbahn-PriMonen und Eingaben privater Natur erledigt. Nächst« Sitzung 4 April * * * In der Zweit«« Kammer verzögerte sich der Beginn der Sitzung um ein beträchtliches, da das Direktorium zunächst nicht erschien. Dagegen bil deten sich im Saale h.er und da lebhaft disputie rende Gruppen. Erst nach 20 Minuten nach dem angesetzten Beginn erschien daS Direktorium, sowie Staatsminister Graf Vitzthum. Präsident Dr. Bogrl gab nach Verlesung der Reglstrande bekannt, daß die Abgg. Fräßdorf und Sindermann namens der sozialdemokratischen Frak tion den Antrag gestellt haben, eine Untersuchung einzuleiten, ob Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion, wie es die „L N. N." und die ,Zw. Ztg." behaupten, das amtliche Stenogramm zu be einflussen versucht haben. Die Antragsteller haben gebeten, das Untersuchungsergrbnis der Kammer mitzuteilea und es soll der Antrag aus ein. Tages ordnung kommen. Der Präsident verliest weiter, 'ein. längeres Schreiben vom Ministerium deS Jaaern über die Untersuchung darüber, wie der Pfuiruf m den Sitzungsbericht des „Dresdner Journals" gekommen sei. Der betreffende Berichte, stattsr hätte in der übrigen Presse den Zuruf gefunden, ihn sich be stätigen lassen, hätte bei dem Minister angefragt, ob ec diesen Zwischenruf rinfügen dürfe, und tele- phonisck d.ffen Einverständnis eingeholt. Auch der Aba. Greulich habe erklärt, den Zwischenruf gehört zu haben. Bei dieser Mitteilung ruft Abg. Roch. Annaberg nach der Richtung deS Abg. Greulich: Da haben Tie jedenfalls selbst gerufen!" Der Präsident erteilt dem Abg. Roch einen Ordnung»- ruf, und Abg. Roch erklärte, er habe damit die rechte Seite deS HauseS gemeint. (Große E°t- rüstung rechts.) Der Präsident erwidert, dann müsse er seinen Ordnungsruf erst recht aufrecht erhalten. Nun meldet sich Abg. Hvf«a«»-Meißen (kons.) zur Geschäftsordnung und erklärt, auch er habe den Zuruf „Pfui Teufel" gehört, habe aber bis« her darüber Stillschweigen beobachtet, da er ge glaubt habe, die Angelegenheit werde sich auf andere Weise erledigen lassen. Der Zwischenruf fei nicht von der rechten Seite gekommen. Er habe den Rufer nicht erkannt, weil alles dicht ge- drängt stand. (Auf der linken Seite erhebt sich höhnisches Gelächter.) Abg. Fkäßdoi f Dresden (So .) erklärt«, man werde ja bei Beratung des sozialdemokratischen Antrages Gelegenheit haben, die Sache klar zu stellen. Wenn der Ruf von sozialdemokratischer Seite gefallen wäre, würde diese sich dazu bekennen, weil sie gtgenüber einem Arbeitgeber, also auch dem Staate, der sein- Arbeiter wegen politischer Betätigung maßregele, keinen Ausdruck scharf genug findsn könne. Abg. Hartmuuu-Bautzen (natl.) erklärt, auf seinem Schüflführerplatz den Ruf nicht gehört zu haben, dagegen sei er erstaunt gewesen, wie der Finanzminister plötzlich daS Wort Ungezogenheit geäußert habe. Die Abgg. Langhammer und Günther er- klären ihr Bedauern, daß Hofmann den Namen nicht genannt habe. Man werde ja auf die Sache zurückkommen. Abg. Böhme-GroßröhrSdorf (kons.) ersucht, wenn ein Abgeordneter eine Erklärung vor dem Hause abgtbt, bis zum Beweise deS Gegenteils dieser Aeußsrung auch Glauben beizumess.n. Unter lebhafter Unruhe des HauseS wird hierauf in die Tagesordnung eingetreten. Ohne jede Debatte erledigte die Kammer einige Kapitel des R chenschastSbertchtS, bewilligte 125000 Mark sür Arealerwerbungen, 545000 Mk. für ein zweite- Gleis zwischen der Rangle, st. ll- G ra (Reuß) und Bahnhof Wünschsndorf, 470000 Mk. sür »in zweites Gleis zwischen G-ra und Gößnitz, 52000 Mk. für Erweiterung des Bahnhoj» Nossen und 1772400 Mk. sür die Schmalspurbahn WtiSdluff- Gäri'tz. Dann wünscht der Präsident den Abgeordneten mrgvügte und angenehme Feiertage, beraumt die nächste Sitzung aus Mittwoch, SO. März, an und setzt auf die Tagesordnung: Eisenbahnpetitionen. Marga. Roman von C. Crone. 331 (Nachdruck verboien ) Mir Sekunden legten sich die Lider fest über Margas Augen, als fürchte sie etwas zu leben, das ihren Ent schluß waukcnd machen konnte, aber gleich darauf wandte sie dem Grafen den vollen Blick zu. „Ich danke Ihnen, Herr Graf, daß Sie nicht von Liebe gesprochen. Es beglückt mich mehr, als ich sagen kann, daß Sie mich dieser Wahrheit wert gehalten." „Marga", unterbrach er sie heftig, „wenn ich nun niemandem mehr vertrante wie Dir. Für mich bist Du der Miede, der Engel, in dessen Nähe nichts Unheiligcs sich wagt." „Der Miede vielleicht, aber nicht das Glück", erwiderte sic leise. „In Deiner Nähe wird alles Harmonie. Deine Seele ist klar und durchsichtig wie der See, durch dessen Fluten man jeden Bvrgaug in der Tiefe wnhrnchmeu kann. Wenn Dn fingst, Marga, verstummt alles Leid, alles Weh in der Brust. Ich höre nur die glocken hellen Töne, Sendboten ans dem Paradies." Ein seltsames Lächeln spielte um die znckenoen Mädchenlippen. „Auch David sang den Saul zur Ruhe, aber trotzdem versuchte es der König, das Herz des Säugers zu durch bobreu. Saul liebte den David nicht, Gras Arco. Er wollte nur in den Schlaf gewiegt werden, träumen, das; er glücklich sei. Allein, jedem Traum folgt ein Er wachen, das oft eine erschreckende Achnlichkeit niit Ent täuschung und Verzweiflung hat." „Marga, kann ich Dir einen höheren Beweis meiner Zuneigung geben, als indem ich Dich bitte, mein Weib »u werden? Mir ist es, als zöge sich ein Faden durch die Jahre hindurch, von meinem Aufenthalt in der Haide au, ti» zu dem Tage, da Du Dich mir zu erkennen gabst Ich habe das Gefühl, als wärest Du es, auf die meine Seele gehofft und geharrt in sehnsüchtigem Warten und Dein Jawort sei die Offenbarung, die dem Leben Wert giebt — es weiht und krönt." Eine stille Ruhe halte sich über Margas Gesicht ge breitet. Ter La upf war vorüber. „Es giebt Augenblicke, Graf Arco, da man alles Kleinliche abffrciien darf, da das Geistige den Menschen so völlig beherrscht, als sei er körverlos und nicht ein sprödes Gebilde, an enge Schranken gefesselt. In solchen Augenblicken ist cs, als berühre Gottes Allmacht und Herrlichkeit die Zunge und inner diesem heiligen Einfluß spricht man rulug und unbefangen das aus, was sonst für onle Zeit in der eigenen Brust begraben worden 'wäre." Marga Holle tief Atem, aber ohne Stocken fuhr sie fort: „Ich habe Sie lieb gehabt, Graf Arco, von dem Augenblick au, da Sie kraul und erschöpft über unsere Schwelle in die Haidehülle traten. Die wenigen Wochen, die Lie damals bei uns in der Einöde znbrachten, sind die köstlichsten meines Lebens, und als Onkel Pastor Sie abholte, bin ich vor Sehnsucht fast gestorben. — Um Ihretwegen habe ich später jede Anstrengung, jeden Unbill ertragen. Ihnen war meine Stimme wert, folglich wurde sie mein Kleinod, und unter Mühe und Arbeit strebte ich dem Ziel entgegen, das ich jetzt znm Teil erreicht habe." „Als ich Sic unvermutet in Waldungen wiedersah, habe ich niit unbeschreiblicher Dankbarkeit empfunden,- daß meine Kunst Ihnen Mende bereitete. Damals hieß es. Sie wären mit Ellinor von Dahlberg verlobt, man erwartete allgemein, die Gewißheit darüber zu hören. Statt dessen reisten Sie plötzlich fort, den Grund wußte niemand. Während meines Aufenthalts in der Residenz sah ich Sie nicht. Man wußte nickst, wo Sie sich anshicltcn. Es mar den meisten um so unerklärlicher, als mit aller Bestimmtheit behauptet wurde, Sie liebten die junge Verwandte noch mit derselben Innigkeit, wie Sie es Zeit Ihres Lebens gethan. Als ich sväter die Erkennung herbeiführte — nur Gott allein weiß, wie sehr ich es bereut habe — wollte ich nur, daß Sie wüßten, was aus der kleinen „Haide lerche" geworden. Jeder andere Gedanke lag mir fern. — Damals, wie jetzt, sah ich in Baron Dahlberg den Gegenstand Ihrer Liebe, Graf Arco, und so wird es immer bleiben. Ich habe kein Recht gehabt, darüber zu reden, aber jetzt möchte ick es sagen, daß die junge Dame in rührender Zuversicht der Stunde harrt, da jedes Mißverständnis zwischen Ihnen und ihr sich geklärt haben wird. Streit und Kummer, Zorn und Zwang hat sie geduldig ertragen — nm Ihretwegen. Nur in der Liebe hat sie Kraft zum Widerstande gegen den Willen der Mutter gesunden. Können Sie mir sagen, daß Sie, Graf Arco, auf- aehört haben, Ellinor zn lieben, daß dieses Gefühl aus Ihrem Herzen geschwunden? Sie können es nicht, und ich möchte es auch nicht hören. Mir soll nur eine Liebe gehören — die meiner Muse. Auch in meiner Brust lebt nur ei» alles besiegendes Gefühl — die Hingabe an meine Kunst! Die Erinnerung an die Zeit, da das Bild des stillen, blassen Fremdlings mein Höchstes war, hat in de» letzten Wochen eine große Trübung erfahren. Schenken Sie es mir wieder, uno zwar in dem alten Glanz, indem Sie von einer Werbung ablassen, die nicht einem Herzensbedürfnis entspricht, sondern mir eine Leere bannen soll, die jedoch nicht dadurch ansgesüllt wird, daß ich mein Jawort gebe. Nur eine ist imstande, Ihnen das volle, ungetrübte Glück zn schenken, von dem ich Sie von ganzem Herzen umgeben wissen möchte, und diese eine, ich wiederhole es, gedenkt Ihrer in unwandelbarer Treue." In tiefer Bewegung hatte der junge Graf zngchört, ohne Biarga ein einziges Mal zu unterbrechen. Jetzt stand er auf und ging durch das Zimmer, als müsse er sich fassen. Dann blieb er vor Marga stehen. Ihre Hände fassend, zog er sie in seine Arme und druckte ihren Kopf an seine Brust. Seine Lippen berührten das schimmernde Haar, die Stirn und die Lider, die stch dicht über die wundersamen Augen gelegt. „Gott schütze Dich, Marga! Hätte ich eine Schwester, sie hätte sein müssen, wie Dn, so rein, so hochsiuuig und engelsgleich. Lebe wohl!" Noch ein Blick auf das liebliche Gesicht, das sich ihm mit einem glückseligen Ausdruck zuwandtc, und im nächsten Angenblick war Marga allein. Sie stand noch unbeweglich aus derselben Sicllc, als die Thür wieder aufgiug und eine schlau!: Fraueu- gestalt in dem Rahmen erschien. Ein staunendes Zögern, als traue sie den eigenen Sinnen nicht, dann warf die junge Künstlerin fick mit einem gedämpften Ausruf iu zwei sie umfangende Arme. Als kurz daraus die Muhme in das Zimmer zurück kehrte, fand sie zu ihrer Verwunderung Gras Ferrari nicht mehr vor. Statt dessen hielt Fanny von Dahlberg die schluchzende Biarga fest umschlungen. Fünfzehntes Kapitel. Zur allgemeinen Freude hatte die Krankheit der Fürstin einen so günstigen Vcrianf genommen, daß der Hof Anfang Juli nach Schloß Sonuenblick. dem Liebliugsaufenthalt der hohen Mau, übersiedeln konnte. Hier hoffte man die Kräfte vollends gehoben zu sehen, welche durch das lange Kranksein sehr gelitten hatten. Warm und voll schien die Sonne ans Zinnen und Türme des kleinen Schlosses und die weit geöffneten Fenster ließen eine köstliche Luft vom Wald und Park hineinströmen. In den Gemächern traf man die letzten Vor- bereitnngen. Die Ankunft der hohen Herrschaften stand unmiilelbar bevor. (Fortsetzung folgt.) Vrsksläsi- Lsiäsnksus Sis§ki-isä r>is6s,vksinnUL. N ULL