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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 19.03.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191003190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100319
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100319
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-03
- Tag 1910-03-19
-
Monat
1910-03
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 19.03.1910
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MW IM WiMM-UMMn AYNAN Tagedlatt. Nr. 64. Sonnabend, den 19. März 1910.37. Jahrgang. Sächsischer Landtag. Dresden, 17. März. Die Erste Kammer beriet heute über mehrere Kapitel des Rechenschafts berichtes und vom Etat über Kapitel 6. Elsterbad. Im übrigen standen nur Petitionen auf der LageS. ordnung, darunter die Petition des VolksbundeS zur Bekämpfung deS Schmutzes in Wort und Bild, worüber sich eine Debatte entwickelte. Zum Kapitel Elsterbad wurde von den Ober« bürgermeistern Dr. Kaeubler-Bautzen und Dr. Brutler-DreSden die Anbringung von landschaftlich schönen Gemälden in den Eisenbahnwagen erneut angeregt. Geh. Kommerzienrat Waentig empfiehlt Photo graphien, die auSgewcchselt werden. Finanzminister Dr. Rüger dankt den Vor rednern für Ausrollung dieser Frage. Man habe bis jetzt geglaubt, mit kleinen Reklameplakaten auS- kommen zu können. Schwierigkeiten für die Eisen bahnen würden dadurch entstehen, daß man die Wagen als Hintergrund bildlicher Darstellungen benutzen will. Man werde aber immerhin neue Erwägungen über diese Anregung anstellen. Geh. Rat Exz De. Mehnert verweist darauf, daß in Amerika, Oesterrrrch und Frankreich aus« wrchselbare Photographien in den Eisenbahnwagen hängen. Kammerherr v. Schönberg vertritt gleichfalls die Ausschmückung der Eisenbahnwagen mit guten landschaftlichen Bildern. Daraus findet der Deputationsantrag einstimmige Genehmigung. * * Die Zweite Kammer hatte neun Punkte auf der Tagesordnung, zunächst die auf Aenderung der geschlossenen Zeiten gerichteten Anträge und Peti tionen. Die Gesetzgebungsdeputation schlägt eine Reihe Abänderungsvorschläge zu dem Gesetz über die Beobachtung der geschlossenen Zeiten, sowie zu dem Gesetz über die SonntagSfeicr vor, wodurch Ein schränkungen der jetzigen Bestimmungen vorgeschlagen werden. Minister Graf Vitzthum gibt vor Beginn der Debatte eine Regierungserklärung ab, in welcher er eine Verkürzung der stillen Zeit vor Ockern, vor allem aber der geschloffenen Zeit vor Weih nachten in Aussicht stellt. Auf den Antrag jedoch, daß in der Karwoche Familienfeftlrchkeiten mit Tanz bis einschließlich Mittwoch vor Ostern er- laubt sein sollen, wird die Regierung nicht ein- gehen können. Sie will aber die Anträge berück sichtigen, dos Sonntagsruhegesetz nach der Richtung einzuschränken, daß V rgnügungen an Sonnabenden bis zu einer längeren Nachtstunde gewährt werden Welche Nachtstunde sich empfiehlt, werde noch fest- zusitzen sein. In der Debatte vertrat Abg. Dr. Spteß-Pirna die Anträae der Deputationsminderheit dahingehend, daß die Nachtstunde aus früh 2 Uhr sestzusitzrn sei, während die Minderheit sich sür früh 6 Uhr ausgesprochen hatte. Abg. Nttzschke Leutzsch vertritt den Standpunkt der Mehrheit. Der Sonnabend sei >ür Versamm lungen und sür Vergnügungen der geeignetste Tig und vor 6 Uhr früh werde wohl kaum eine Slö rung dis Gottesdienst»« stat; finden. Einem so arbeitsfreudigen Volke, wie dem sächsischen, dürfe man seine harmlosen Vergnügungen nicht nehmen. Wecker beteiligten sich die Abgg. Brodaus, Rie«, Hoeft, Kockel an der Debatte. Letzterer bekämpft lebhaft die Petition der Saalinhaber, auf welche fettens der Abgg. Spieß und Horst Rück sicht genommen worden ist. Abg. Kockel (kons.) meint, zur Vorbereitung auf die höchsten Feste der Christenheit diene nicht der Besuch von Tanzsälen. Er selbst habe in seiner Jugend gern getanzt (Heiterkeit), aber da- Tanzen müsse zu rechter Zeit, mit Maßen und am rechten Ort geschehen. Kultusminister Dr. Beck sagt, die Erklärung deS Ministers deS Innern sei auch im Namen deS Kultusministeriums abgegeben worden. Er erweckt bei den Sozialdemokraten ein heftiges Murren, als er sie darauf verweist, daß fie bei der Beratung über die Verlegung des Epiphaniasfestes selbst die Wichtigkeit einer Sonntagsruhe betont hätten. Bei Verkürzung der geschloffenen Zeiten würde keine Vermehrung der Privatfestlichkeiten zu er- warten sein. Nachdem ein Antrag auf Schluß der Debatte verworfen worden war, spann sich die Aussprache noch eine Weile fort. Schließlich nimmt man die Deputations-Anträge im allgemeinen an und hin sichtlich des SonntagsruhegesetzrS den Antrag der Mehrheit auf Ausdehnung der Sonnabend-Festlich keiten bis 6 Uhr morgens gegen die 26 konserva tiven Stimmen. Der Antrag, daß in der Kar« woche Familienfefllichkeiten bis einschließlich Mitt woch erlaubt sein möchten, wird mit 49 gegen 21 Stimmen angenommen. Die Kammer beschäftigte sich weiter mit einer größeren Anzahl Etats-Kapitel und genehmigt je 100000 Mark zu Erweiterungsbauten bei den Seminaren zu Borna und Grimma. Bei Kapitel 64, Gewerbe- und Dampfkessel- Aussicht, ersucht Abg. Merkel (natlib.) darum, daß die Gewerbe-Jnspekttons-Beamten bet ihren JahreS- berichten die statistischen Ausweise über die Lohn bewegung der sächsischen T'xttlberufSgenoffenschaft benutzen möchten. Er bestreitet, daß 1908 die Arbeiter unter Lohnreduktionen zu leiden gehabt hätten. Der Durchschnittslohn der Textilarbeiter sei 1908 vielmehr gestiegen. Ec bitte ferner, die Revision der Dampfkessel den Gewerbe-Aussichts beamten abzunehmen und dem Dampskcffelreoi- sionsverein zu übertragen, wie es in Preußen ge schehen sei. Abg. Heid (Toz.) wirft den Arbeitgebern vor, daß sie die Arbeilerschutzgesetze in nur unzu reichender Weise befolgen. Abg. Dr. Hähurl-Kuppritz (Kons) stellt fest, daß die ländlichen Verhältnisse duichaus nicht da zu angetan seien, nachteilig auf die Gesundheit der Jugend einzuwirken. Das flache Land bilde einen Jungbrunnen sür die städtische Bevölkerung. Abg. Linke N-ugerSdorf (Toz.) vertritt den Standpunkt, daß die heute auSgesühtten Revisionen unzulänglich seien und nicht mit der nötigen Sorg falt durchgeführt würden. Abg. Günther-Plauen (Freis. Vpt.) meint, ohne eine gesunde Arbeiterbevöikerung könne kein Staat auf die Dauer existieren. Deshalb sollten alle hygienischen Verbcfferungeu nach Möglichkeit in den Fabriken durchgesührt werden. Abg. Merkel-Mylau (Natl.) bestreitet ent schieden, daß die Revision vorher angemeldet wurde. Davon könne gar keine Rede sein, daß plötzlich alles aufgeräumt würde, und am nächsten Tage erscheine die Revision. Solche Fälle würden doch sofort ins „Volksblatt" gebracht. Die In spektion durch die Sozialdemokratie sei noch viel strenger als durch die Gewerbeinspektion. (Zuruf von links: Funktioniert auch besser!) Die Forderungen der Arbeiter dürften auch nicht zu weit gehen. Zu einem Speisesaal habe er eS als Fabrikant selbst noch nicht gebracht. Abg. FleiAurr-DreSden (Soz.) meint, die Akkordarbeit und die dadurch bedingte ZettauS- nutzung führe dazu, daß bisweilen die Schutzvor- richtungen nicht beachtet werden. Im Bezirk Chemnitz II hätten Fabrikanten die Arbeiterlöhne herabgesetzt, um eine Erhöhung der Rohmaterial preise auszugleichen. Nach kurzen weiteren Ausführungen der Abgg. Günther (Freis.) und Langhammer (Natl.) wird Kapitel 64 gemäß dem DepulationSantrag nach der Regierungsvorlage angenommen. Beim letzten Punkt der Tagesordnung, Ent wurf eines Gesetzes über die FeuerverficherungS- ordnung bei privaten FeuerverficherungSunter- nehmungen berichtet im Auftrage der Gesetz gebungsdeputation. Abg. Dr. Löbuer-Leipzig (Natl.): Der Ent wurf habe in der Deputation eine Umgestaltung an Haupt und Gliedern erfahren. Die ßA 1—7 seien gestrichen worden, die die Nachkontrolle der Versicherungsverträge betreffen, ebenso die tztz 13 und 14 mit den hierauf bezüglichen Strafbe stimmungen und die M 8 und 9 des Entwurfs, so daß nur die 88 10 bis 12 geblieben seien, die aber auch eine anoere Stelle im Entwurf enthalten hätten. Dieser selbst sei infolge der Streichungen umgetauft worden in „Gesetz über die Feuerlösch kaffenbeiträge der privaten Feuerversicherungsunter- nehmungen". Ec bittet, den Entwurf in der De- putationsf- ffung anzunehmen. Abg. Dr. Hähnel (Kons.) befürwortet den Deputationsantrag, ebenso Abg. Kleinhempel (Nail.), der nur bei tz 3 der Deputattonsfoffung eine kleine redaktionelle Aenderung vorschlägt. Nach kurzen Tchlußbemerkungen des Berichter, statters Dr. Löbner folgt die Abstimmung. Der ganze Entwurf wird hierbei in der Deputations fassung mit der Kleinhempelschen Aenderung ange nommen, nachdem Geheimrat Dr. Rumpelt namens der Regierung auf namentliche Abstimmung ver zichtet hat. Nächste Sitzung, Freitag 10 Uhr. Tagesord nung: Rechenschaftssachen, Eisenbahn-Angelegen heiten. Deutscher Reichstag. 60. Sitzung vom 17. März. Die Novelle zum BesoldungSgesch (Umwande lung des Veterinärkocps in ein Vetermär-Osfizier- koipS) und das Rcichs-Kontrollges.tz werden in dritter Lesung debattelos angenommen. Es folgt die dritte Lesung dis Etats. In der Generaldebatte bemerkt Abg. v. Gamp (Rpt): Nach den gefaßten Beschlüssen darf den Einzelstaaten für die nächsten 5 Jahre nicht mehr als 80 Pfg. pro Kopf an Matrikularbeiträgen auferlegt werden. U-berschüffe im ReichShauShalt sollen in dieser Zeit nicht zur Herabminderung des gen. Sotzcs dienen, sondern der Schuldentilgung des Reiches. Der gegen wärtige Etat dalanztert in erfreulicher Weise dank der vorgenommenen und vom Tchatzsekretär ge- billigten Abstriche. G sorgt muß künftig werden für einen richtigen Voranschlag der Einnahmen sowie dafür, daß keine Etats- Überschreitungen vor- kommen. Eine Reform deS Rechnungshofes und namentlich eine Verminderung der Beamten find dringend erwünscht. Aber auch der Reichstag darf die ReffortS nicht zu immer neuen Ausgaben auf- fordern. Ich beantrage daher jetzt schon, die Re- solution wegen Einstellung von Mitteln zur Unter- fiützung deS Schiller-Bundes zur Gründung und Erhaltung jährlicher nationaler Festspiele nicht ohne weiteres anzunehmen, sondern der Budget- kommisfion zu überweisen. Die Abgg. v Hertling (Ztr.) und v. Richt- Hofe« (kons.) schließen sich den im Namen der Kommission gemachten Darlegungen deS Abg. von Gamp an. Abg Ledebonr (Soz.); Der Abg. v. Gamp sprach von der Tätigkeit der Oberrechnungskammer al§ von einer Kinderei, ohne eine Rüge zu er halten. Ich freue mich, daß auch wir über Be hörden in Zukunft mit erfrischender Deutlichkeit werden sprechen können. Abg. Paasche (ntl.): Wir treten für die Wünsche der Budgetkommisfion ein; lehnen aber eine Bindung der Matrikularbeiträge ab. Abg. Wiemer (fortschr. Vp): Ueber die Statistik und deren Wert als Unterlagen sür die gesetzgeberischen Arbeiten deS Reichstags urteilen wir nicht so abfällig, wie eS der Abg. v. Gamp im Namen der Budgetkommisfion tat, auch wünschen wir nicht die Bindung der Matrikularbeiträge. Abg. v. Hertli«g (Ztr.): Auch wir wollen keine gesetzliche Bindung der Matrikularbeiträge; wir wünschen nur, daß im allgemeinen der Satz von 80 Pfg. als Maximum festgehalten wird. Damit schließt die Generaldebatte. Der Etat des Reichskanzlers wird debatteloS erledigt. Beim Etat des Auswärtigen Amts den Geheimfonds von einer Million um 200 000 Mk. zu erhöhen, mit 149 gegen 93 Stimmen abgelehnt, trotzdem Staats sekretär v. Schön erklärt hatte, der Geheimfonds werde nur für Zwicke des Auswärtigen Amtes verwendet. Beim Etat deS Reichsamts des Innern wünscht Abg. Becker (Ztr.) Veröffentlichung der Protokolle über die vertraulichen Verhandlungen deS Stahl- werkoerbandeS. Abg. Vogel (ntl.) wünscht einen Einfuhrzoll auf Eisenerze. Abg. Mayer-Kausbeuren (Ztr): Die großen Petroleum-Gesellschaften beeinträchtigen durch die ihnen gewährten TranSportoergünstigungen die Detailisten. Abg Gräfe (Wirtsch. Vg.) empfiehlt die ec- wähnte R solution wegen der Festspiele. Die Resolution gehl an die Budgetkommisfion. Auf Anfragen erklärt Staatssekretär Delbrück: DaS Hausarbeitcr-Gesktz wird hoffentlich noch in dieser Session verabschiedet werden. Ein Kur- psuschereig'setz wird in Preußen vorbereitet. Beim M.titäretat bemerkt Abg. v. Oldeuburg- Januschau (kons.): In den Zeitungen habe ich gelesen, daß der bayrische Kriegsminister sich in der bayrischen Kammer mit meinen Aeußerungen beim Milttäretat beschäftigt hat. Ich erbitte eine authentische Mitteilung darüber. Bayrischer Generalmajor v. Gebsattel: Ich fceue mich, zwei Legenden zerstören zu können. Der bayrische Kriegsminister hat kerne Aeußerungen getan, die den Abg. v. Oldenburg persönlich ver- letz'N könnten. Der Minister sagte: Wenn der Warg a. Roman von E. Crone. 321 (Nachdruck verboten.) Mit ungestümer Hast ließ Marga die Stickerei zu Boden fallen nnd legte beide Arme um den Hals der Muhme. „Tkme es nicht, ich bitte Dich. Wozu die Beunruhigung. Kewitz ist es unrecht von mir, das; ich so weinerlich geworden, aber das wird ja anders. Latz mir nur ein wenig Zeit. Bin ich erst zn Hanse, werde sch wieder sroh." Bittend schmiegte sie den Kopf an die Schulter der alten Dame, deren Hand liebkosend über das goldige Haar strich. Eine Frage schwebte der Muhme ans den Lippen, aber wie östcr vorher, drängte sie die Worte zurück. Einst war auch sie jung gewesen, und noch im Alter hatte sic es nicht vergessen, datz cs Dinge gicbt, an die es heilsamer ist, nicht zu rühren- Eine fremde Hand, nnd ist sic noch so wcich und sorgsam, greift doch oft zn fest in ein Gewebe hinein, zn dessen Zerstörung manchmal nur ein Hauch genügt. Marga hatte die Augen geschlossen und lchmc still im Arme ihrer mütterlichen Freundin. Ach, wer doch jetzt sanft nnd leise in das Jenseits hinüber schweben könnte, ohne Kampf, ohne Zwiespalt, um in dem Hellen Licht der Vollendung zn erwachen. Wie manche Bitterkeit, manche wahrhaft tragische Last würde dabei einem erspart bleiben! Wie schwer trugen sich zum Beispiel die Folgen ihres Ungehorsams gegen die erfahrene Fürsorge Onkel Pastors, der sie so eindringlich gewarnt. Seit dem Aufenthalt in Klostcrwalde war Graf Ferrari ihnen von Stadt zn Stadt gefolgt. Abend für Abend sah man ihn im Konzertsaal, wenn Marga lang, den Blick unverwandt auf sie gerichtet, als wäre nur diese eine Gestalt für ihn da. Zuerst sprach man im Flüsterton darüber, nachher lauter. Jehl kam es sogar vor, datz ein dreister Blick aus Männeraugen d e junge Künstlerin musterte, oder eine vorschnelle Aentzernng ihr Ohr erreichte, wenn sie vortrat. Zwar versuchte Graf Arco sie weder in ihrem Hanse ausznsnchen, noch sic, wie damals in Klosterwalde, ans der Stratzc zn begegne», aber keine Bitte, kein Verbot vermochten ihn davon abzuhaüeu, abends nach dem Konzert die Damen zu ihrem Wagen zu begleiten, und datz,er dabei Gelegenheit fand, einen kurzen Grutz, ein paar flüchtige Worte zn wechseln, war selbstverständlich. MargaS feiner Sinn litt darunter, aber jetzt hietz es anSharren und das Versprechen halten, sich nicht blenden zn lassen, was sic damals so leicht düuktc. Mit der schwindenden Zeit war eS ihr immer schwerer geworden, das Lockende in dem Bcwutztsein von sich zu weisen, daß sie es sei, die ihn fessele. Mit unter ergriff cs sie mit zwingender Gewalt, das sonnige Glück, das sich ihr bot, als ihr gutes Recht hinzunelnneu. Aber das war nur ein flüchtiges Anfflackcru, ein augen blickliches Verlangen. Gleich darauf hörte sie im Geiste Onkel Pastors klare Stimme von Unbeständigkeit reden, von Täuschung nnd Wankelmut, von Irrlichtern nnd Trugbildern. Sic sprach weiter von einem Trotz, den Willen durcd- zusctzen, der ein Erbteil eines hochfahrenden Vaters war, nnd manchen feinen Zug im Charakter des jungen Grafen gleichsam beiseite schob. — Vielleicht lag der Grund zu Graf Arcos auf fallender Beharrlichkeit, ihr zn folgen, in Langeweile. Sein Leben hatte kein Ziel, die Tage vergingen mit Nichtsthun. Die energielose Schlaffheit, mit der Onkel Pastor Jahre hindurch gcruugcn, schien in dieser Richtung noch nicht überwunden. Daun erwog Marga auch Fannhs Behauptung, nur ein Mitzverstäudnis hätte eine Entfremdimg zwischen Graf Arco und Ellinor herbeigeführt. Es müsse die Zeit kommen, da alle Schatten schwänden. Täglich durchlebte Marga diese Vorstellungen. Sie suchte sich mit aller Macht klar zn machen, datz jeder einzelne Grnnd für sich genügte, die Vernunft allein walten zn lassen. — Und doch war es ihr auch, als sei ihr Ideal von seiner Sonnenhöhe herabgestiegen, um die Gestalt eines wandelbaren, selbstsüchtigen Menschen anznnchmeu, wenn abends die dunklen Augen mit dem seltsam traumhaften Ausdruck auf ihr ruhten, schlug ihr das Herz in jauchzendem Glück. Ein Geräusch im Zimmer ließ Marga ausblicken. Ter Hoteldiener brachte zwei BcsuchSkancu. Die Damen sahen sich überrascht an, denn die trugen Karten den Namen: Graf Arco Ferrari. Marga richtete sich hoch auf. „Er scheint nun auch zu vergessen, datz ich keine Besuche auuehme", dachte sie gekränkt. Nach kurzem Besinnen hietz es jedoch: „Ich lasse bitten." Vielleicht, daß eine mündliche Aussprache der Qual ein Ende machte. Die Muhme, die auf so frühen Besuch nicht vor bereitet war, verließ eiligst das Zimmer, nm die Toilette zu wechseln. Ernst und vorwurfsvoll sah Marga den Eiu- trctcndcu au, aber die sicluliche Erregung in Graf Arcos Zügen lies; sic den eigenen Unwillen fast vergesst». Er ging hastig auf sie zn nnd streckte ihr beide Hände entgegen. „Ich komme, um Abschied zn nehme» und erhoffe deshalb Verzeihung für mein Eindringen", begann er in gcdämpstcm Ton, während ein warmer Blick ihre ganze Erscheinung umfaßte. „Mit dem Nachizngc eile ich an das.Kranken-, vielleicht Totenbett meines Vaters, zu dem eine Depesche mich soeben gerufen hat." Marga war blaß geworden. Sie fühlte eine Ent scheidung nahen, deren Richtung und Ausfall sie jedoch nicht übersah. „Eine traurige Veranlassung", erwiderte sie leise, indem eine Handbewcgung vem Gast einen Platz anbot. „Heute abend höre ich Sie zunächst znm letzte» Mal singe», Marga", fuhr er fort: „den» wie lange meine Mutter meine Gegenwart wünscht, weiß ich nicht, ebenso ist es unberechenbar, ob der Kranke die Gegenwart eines Tritten erträgl." Er hielt eine» Augenblick inne. „Ich kann jedoch nicht von hier, nicht von Ihnen scheiden, ohne eine Frage an Sic zn richten, die mit meiner Zukunft anfS engste verbunden ist. Mit einem innigen Ausdruck ruhte sein Blick auf der vor ihm sitzenden Gestalt, deren schlanke Glieder ein Frösteln durchlief. „Wollen Sie mein Weib werden, Marga?" sprach er bewegt, „darf ich Sic schütze» und schirme», Ihre» Weg ebnen und soviel zu Ihrem Glück beitrage», wie es in meiner Macht steht? Geben Sic nur da-- Recht Sic mit allem zu umgebe», was ma» ciuem Wese» zn Füße» legt, dessen süßes, reines Bild das Her; crgnickc und dessen Vorzüge alles andere auswiegcn!" Marga hatte den Blick gesenkt. Tic Haude dielt sie über der Brust gefaltet und die todblasse» Lippe» lagen sest anfcinandcrgcpretzt. ES schien, als ver weigerte» sic de» Gehorsam. „Lasse» Sie »sich hi»zusüge», Marga, daß, von meiner heißgeliebte» Minler abgesehen, die Fraucuwcl: in meiner Beurteilung viel ciugebützt Halle. Tie Gründe erspare» Sic mir. Sic, Marga, t abc» mir dc» Glaube» an die hohe Mission, an den Hedren Sinn der Fran wiedergegcbcn. Ideale, sür welche wir Männer immer bereit sind, das Knie hnld'genb m beugen. Durch Sic, Marga", schloß er beweg:, „weiß icd, datz eS Wese» gicbt, deren Geist sich mit allem Edlen eins Weitz und auch imstande ist, dem eine uucrschütlcrliche Trene zu bewahren." (Fortsetzung folgt.)
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