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WeHeiMOWAiWr Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, " Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .Kohenftein-Ernltthaler" Anzeiger erschein! mit Ausnahme der Sonn- ugd Festtage täglich abends mi! dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lielerung ins Kaus Mk 1.50, bei Abholung in der Geschäslsslelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern IO Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Poslanstalten und die Landbrieslräger entgegen. Ais Szira- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr sür die Sgespallene Kvrpuszeile oder deren Roum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.; im Reklameteil die Zeile M Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeilig im .Oberlungwitzer Tageblatt" Ausnahme. Anzeigen-Annahme sür die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 1> Uhr, grötzere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebencn Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion L^lLlLlSkLerkrcreLlSlLkrerererskriLlLlLiLeLkLSLkrlseskrererlLeiislscLkrls nicht verbindlich. erisl-LlLererLrLlLtLcLkrLLlLcLkrlLLcreLcLcskrererercsercrescr^lLcLLicLcrkLcr Nr. 173. Fernsprecher Nr. 151. Dienstag, den 28. Juli 1908. «gchssiM»- B-hMr. z. 35. Jahrgang. Wiederherstellung der türkische« Verfassung. Die Lage im türkischen Reiche muß wieder eine so verwickelte geworden sein, daß Sultan Abdul Hamid und seine Ratgeber absolut keinen AuSweg mehr sahen; andernfalls hätten sie sich sicherlich nicht zur Wiederherstellung der Verfassung bereit gefunden. Dieser Schritt aber hat sür den Augenblick Wunder gewirkt. Freude und Jubel herrschen unter der muhamedantschen Bevölkerung, und den Junatürken ist jeder Anlaß zur Fort setzung ihrer revolutionären Tätigkeit entzogen. ES fragt sich nur, wie lange die Herrlichkeit dauern wird. Abdul Hamid II. hat während der ver flossenen 31 Jahre bewiesen, daß man trotz einer Konstitution auch ohne Parlament regieren kann Die Verfassung in der Türkei ist die langen Jahre hindurch rechtlich keinen Augenblick aufgehoben ge- wesen, nur das Parlament ist, nachdem es nach einer ersten kurzen Session vertagt worden war, niemals wieder einberufen worden. Es war selbst sür türkische Verhältnisse eine tolle Zett, in der die Verfassung der Türkei ge- boren wurde. Der unfähige Sultan Abdul Aziz, der übrigen- in dem bisherigen Gebieter Marokko- einen ebenbürtigen Namensvetter besitzt, brachte cs in fünfzehnjähriger RegierungSzeit zu einer voll ständigen Zerrüttung deS Staates. Die Mißwirt schaft erreichte ihren Gipfelpunkt, als nach dem Tode bezw. der Entlassung brauchbarer Minister der unwissende und habsüchtige Mahmud Nedim Pascha zum Großvesier ernannt und mit der Leitung der GtaatSgeschäfte betraut wurde. DaS Ftnanzelend der Türkei wurde immer größer, zu den drückendsten Bedingungen mußte sie Anleihen aufnehmen, auf 5 Milliarden war die Schuldenlast angcwachsrn. Im Oktober 1875 erklärte die Re gierung, nur noch die Hälfte der Zinsen sür die Staatsschuld zahlen zu können. Kriegerische Ver- Wickelungen mit Rußland traten hinzu, das ziem- lich unoerhüllt den Plan verfolgte, die ganze Türkei zu annektieren und Konstantinopel zur Sommer- refidenz der Zaren zu machen. Der Volksunwille kam zur Explosion. Der energische Midhat Pascha hatte inzwischen die RegierungSgewalt an sich ge- rissen. Am 10. Mai 1876 kam es zu einer Palastrevolution, und wenige Tage später, am 29. Mai, wurde Abdul Asts abgesetzt und der Dohn seines Vorgängers, Murad V., aus den Thron erhoben. Der abgesetzte Sultan wurde am 4. Juni im Palaste Tschtragan, wohin man ihn ge bracht hatte, aus Befehl der Minister ermordet. Die Regierung ließ erklären, er habe durch Oeff- nung der Pulsadern Selbstmord verübt. Im Hause der allgewaltigen Midhat wurden eine Woche später die dem alten Regime treu gebliebenen Minister durch einen tscherkessischen Offizier er mordet. Murad V. ist eine der tragischsten Hcrrschcr- erschcinungen. Von seinem Oheim Abdul Aziz, der seinem eigenen Sohn Iustus die Thronfolge zu sichern unablässig bemüht war, wurde er hart behandelt und zu^ückgestoßcn. An Geist und Körper krank, beflieg er den Thron am 30. Mat und wurde schon am 31. August wegen unheil baren Wahnsinns abgeseht. Seitdem lebte er bis zu seinem unlängst erfolgten Tode stumpfsinnig in einem einsamen Palaste. To war die Lage, als am 31. August 1876 Abdul Hamid II., der gegenwärtige Sultan, den Thron bestieg. Durch fortgesetzte KriegSnnruhcn mit Rußland waren die inneren Verhältnisse der Türkei verzweifelte geworden, sodaß England eine Konferenz der Mächte vorschlug, die Ordnung in das osmanische Reich bringen sollte. Diese Kon ferenz verlief ergebnislos, da ihr bei ihrem Zu sammentritt mitgeteilt wurde, daß Abdul Hamid aus Betreiben Midhat Pascha- unterm 23. De- zember 1876 seinem Volke eine Verfassung oktro- piert habe. Auf Grund dieser Verfassung trat das neue Parlament am 19. März 1877 zusammen, wurde jedoch am 14. Februar des solgenden Jahres aufgelöst und nicht wieder einberusen. Neben der jnngtürkischen Bewegung ist cs auch diesmal wieder die Torge um ein Eingreifen deS Auslandes, das den Sultan sehr gegen seinen Wunsch und Willen nötigt, die Verfassung nneder- herzustellen und aufs neue ein Parlament einzu- bcrufcn. Die Ursachen der zweiten Parlaments- einberusung weisen große Achnlichkcit mit denen der ersten aus. Es ist daher auch die Besorgnis nicht ungerechtfertigt, das zweite Parlament könnte das Schicksal seines Vorgängers teilen und sehr bald, gleich diesem, in der Versenkung verschwinden. Tagesgeschichte. Bon der Nordlandfahrt de» Kaiser», die nnn wieder südwärts geht, wird berichtet, daß der Monarch daS vor einigen Jahren abgebranme und aus der Asche neuerstandcne Aalesund be suchte. Bei dicscr Gelegenheit versprach der Kaiser sür die ncuerbaute Kirche die Stiftung eines dreiteiligen KirchensensterS. Die Bevölke rung, die dem Kaiser viel zu verdanken hat, be reitete ihm Huldigungen. Die bevorstehende Zusammenknnft unsere« Kaiser» mit Körig Eduard von England in Schloß Fricdrichshos bei Kronberg wird halb, amtlich auch al- ein politisch willkommenes Ereig nis gefeiert, weil ihr Ansblciben als eine Lücke hätte empfunden und mißdeutet werden können. Ohne im Handumdrehen die Lösung schwebender Probleme herbeizusühren, werden die in FricdrichS- hof auszutauschenden Eindrücke das Bestreben ver- stärken, in den großen Fragen, besonders in den Angelegenheiten des nahen Orients, nicht anders als auf friedlichen Wegen und im guten Einoer- nehmen aller beteiligten Mächte vorzngehen. Kein Zusammentreffen de» Retch»kanzlrr» mit dem russischen Ministerpräsidenten. Von Hamburg war ein Besuch deS russischen Ministerpräsidenten Stolypin beim Reichskanzler Fürsten Bülow in Norderney gemeldet worden. An amtlicher Stelle ist nach der „Magd. Ztg." davon nichts bekannt. Es wird hier auch al« unwahrscheinlich betrachtet, daß «S zu einer Be gegnung der beiden Staatsmänner kommt, zumal ein Grund für sie nicht vorliegt. Da- Gerücht ist wahrscheinlich dadurch entstanden, daß Stolypin dec deutschen Regierung Mitteilen ließ, er werde aus seiner UrlaubSreise mehrere deutsche Häsen (u. a. Stettin und Kiel) anlausen. Die diesjährige» Katsermanöver in Lothringen finden, wie jetzt endgültig festgesetzt worden ist, in den Tagen vom 8. bis zum 10. September statt. An den genannten Manöver« ist auch daS ganze Telegraphkn-Bataillon Nr. S (Toblenz) beteiligt. Die Sammlungen für ein Eugen Richter» Denkmal in Berlin haben so bebrütende Fortschritte gemacht, daß die Inangriffnahme des Denkmalsbaues für den großen Parlamentarier und langjährigen Führer der frei- sinnigen Partci i» absehbarer Zeil erfolgen kann. Da« Denkmal wird auf einem öffentlichen Platze der Reichshauptstadt errichtet werden. Ein Wider- spruch der Regierung wird nicht stallfinden Straßentumulte i« Schroda Bei einer am Sonnabend abend auf dem Vichmarkl in Schroda in Posen abgchaltenen Ver. sammlung betreffend Gründung einer Zwangs, seuerwchr, zu welcher ca. 1000 bis lbOO Petsonen erschienen waren, wurde eine betrunkene Person, Vie skandalierte, vrrhastct. Infolgedessen drang die Menge auf die Polizcibcamlen ein und verlangte die Freilassung dcs Arrestanten. Als diesem Wunsche nicht nachgekommcn wurde, kam cS zu Gewalttätigkeiten, sodaß die Polizei schließlich blankziehen mußte, doch nutzte dies auch wenig, da die Menge von Minute zu Minute wuchs. Erst hcrbrigerusene Gendarmerie stellte die Ruhe vor dem Rathaus her. Da die Menge sich gegen abend wieder ansammelte, stellte daS Bezirkskom mando einige Soldaten zur Verfügung, die bis l1 Uhr in den Straßen patrouillierten. Alle Lokale mußten geschloffen werden. Auch in einem dort weilenden Zirkus wurde die Vorstellung ver boten. Bon den Lenkbaren. Haben die Engländcr endlich den ersten glück- liehen Ausstieg ihres Mtlitärlenkballons „Nullt Sekundus" zu verzeichnen, so sind unsere lenkbaren Militärlustschiffe listig dabei, sich die drahtlose Telegraphie zunutze zu machen und Verbindungen mit den deutschen Funkentelegraphenstationen her- zustellen. Wir sind also bestrebt, unseren Vor- sprung nach Möglichkeit zu wahren und zu erweitern. — In einer Berichtigung über die Be- triebSmittel des Grafen Zeppelin wird von unter- richteter Seite gesagt, daß von den in diesem Jahre vom Reichstag bewilligten 2150 000 Mark noch nichts auSgezahlt ist, wie überhaupt Graf Zeppelin entgegen den dahin lautenden Nachrichten für sich als Ersatz für seine großen Ausgaben vom Reiche weder etwa- gefordert noch erhalten hat. Nur zur Fertigstellung der ReichSballonhalle und zu Reparaturarbeiten an der Halle sind 300 000 Mark gefordert worden und zwar von dem Regierungsbaumeister. Gras Zeppelin bittet, ihn seine große Fahrt in aller Ruhe und Stille ausführen zu lasten. En-lische »nd deutsche Manäver. Die Fahrt unserer Hochseeflotte nach und in dem Atlantischen Ozean ist bisher ohne Zwischen- fälle verlausen. Ihre Dauer ist von vier auf drei Wochen verkürzt worden. Die Gründe hierfür sind noch nicht bekannt geworden, doch sind sie keineswegs politischer Natur. Wir haben ja schon früher unsere Ruhe bewiesen, als unsere Flotte die weite Fahrt antrat, trotzdem mehr al- 300 eng lische Kriegsschiffe und Kriegssahrzeuge ganz in dcr Nähe der deutschen Gewässer manövrierten. Und dann sind die englischen Flottenmanöver, allerdings ziemlich unerwartet, abgebrochen worden. Die beiden Gegner, der Angreifer Lord BercSford und der Verteidiger Konteradmiral Brigdeman, haben sich überhaupt nicht getroffen. Brigdeman konnte ungehindert seine Verstärkungen auS dem Atlan- tischen Ozean heranziehcn. Daraus ergibt sich, sagt der Marinemitarbeiter eine« Londoner Blatte-, die Lehre, daß selbst, wenn da« Kanalgcschwader in der Hauptsache den südlichen Teil der englischen Küsten bewacht, die Heimatflotte im Norden recht zeitig mit den Schiffen deS Atlantischen Geschwa der« verstärkt werden kann, ehe ein von der Ost see hcrkommender Feind eine Schlacht herbeiführen kann. Man kann nur wünschen, daß diese Er kenntnis in England allgemein wird, denn sie gibt vielleicht den Nervösen, die ständig einen deutschen Uekcrsall glauben befürchtcn zu müssen, die Ruhe wieder. Wenn unsere Flotte in den ersten August, lagen hcimkehrt, werden die Führer ihre Lehren au« dem Manöver gezogen haben. Auch für die MannschastsauSbildung ist diese Uebung von großer Wichtigkeit. Bi« Anfang September richten sich die Schiffe dann zu den großen Herbst- manöoern in den heimischen Gewässern her. Der englische Schatzkanzler über die Krieg», gefahr. In der Sonnabend-Sitzung deS englischen Unterhauses übte bet der dritten Lesung deS FinanzgesetzeS Austen Chamberlain (kons.) Kritik Zweifelnde Liebe. Roman von M. K n e s ch l e - T> ch ö n a u. 17. Fortsetzung. (Nnchdrml verboten.) Das cinsachc, jedoch sehr gut znbercitcte Mnbl ist beendet. Maria führt de» schläfrigen Helmuth m das ihr bezeichnete Stübchen. Der Professor bleibt allein zurück. Nachdenklich schaut er den zarten Rauchringcln seiner Zigarre nach, die im Gczwcige der Linde zcrflattern Es ist ihm so eigen, so wohl zu Mute. Dieses Dimm ä. trom hat etwas unsäglich anheimelndes, berückende« sür ihn gehabt. Ganz gegen seine Gewohnheit hat er einmal jede Ritterlichkeit beiseite gelassen und sich von Marias schönen Händen vorlcgen und bedienen lassen. Die Anmut, mit dcr sie das tat, entzückt ihn und erinnert ihn zugleich gar traut au die Art seiner Mutter. Wie wonnig müßte c« sein, dieses Glück täglich zu genießen, diese holde Frau in seinem Heidelberger Heim als Haussrau schalten zu sehen, mit ihr, der Hochgestimmtcu, in mondhellen Sommernächten am offenen Fenster zu stehen und den unvergleichlichen Reiz dcs Ncckartales vereint aus sich wirken zu lassen! Ein leiser Seufzer stiehlt sich von seinen Lippen. Sv schön dicscr Traum ist, so wenig hat er Aussicht, zur Wirklichkeit zu werden. Sein Herz hat er rettungslos an die schöne Frau verloren aber wie cS mit dem ihrigen bestellt ist, das verrät ihm kein Wort, kein Händedruck Manchmal glaubte er wohl m ihren Augen, diese» unergründlich ticscn, blauen Sternen, ein warmes, zärtliches Aufleuchten zu be merken, doch wenn er, dadurch ermutigt, kühner werden wollte, so berührte ihn sofort ihre stolze Unnahbarkeit wie Eiseshauch. Sic ist ihm ein Rätsel. Seit einer Woche täglich mit ihr zusammen, haben sic reizende Stunden miteinander verlebt, in dcr angeregtesten Weise über alle möglichen Lebens fragen deoattiert, wie viele gemeinsame Interessen sie verbinden. Er bat ihr von seiner Mutter, sciiicr Kindheit in dem waldumrauschtcn Thüringer Psarr- hnuse, und seinem jetzigen Lebe» erzählt. Sie hat mit sichtlicher Teilnahme gelauscht, und als er von den schwierigen Verhältnissen seiner Studienzeit be richtete, hat er den feuchten Schimmer in ihren Angcn mit heimlichem Jubel bemerkt. Aber nie, so sehr er daraus hoffte und wartete, hat sie sein Bertraucn erwidert und nur mit einer Silbe von ihren eigenen Verhältnissen gesprochen. Zu taktvoll, um direkt danach zu fragen/ kränkte ihn diese Zn- rückhaltung als Mangel an Bertraucn. Er mußte immer des ersten Morgens im Huttentale gedenken, Ivo sic ihm verheißen, ihm einmal von sich und dem Kinde zu erzählen. Er wartete ungeduldig daraus, aber sic schien es ganz vergessen zu haben. Er hatte einmal ganz harmlos eine Frage betreffs ihres verstorbenen Gatten gestellt, doch — war's Zufall oder Absicht — keine Antwort daraus erhalten. Oft war er versucht, sic kalthcrzig zu schelten, wenn plötzlich bei irgend einer Ansiüclnng seinerseits ihr Antlitz einen so verschlossenen, stolzen Ausdruck zeigte; wenn er sie dann über wieder mit dem Kinde kosen sah, bat er ihr im stillen diesen Verdacht ab. Kaltherzig war sie sicher nicht. Aber vielleicht adelS- stolz? Ja, ja, das mochte es wohl sein. Deshalb ihre Zurückweisung seines Anerbietens, sic mit seiner Tante und Adelheid bekannt zu machen. Schwer legte sich diese Erkenntnis aus sein Herz und eine dumpsc Resignation bemächtigte sich seiner. War sie wirklich adclSstolz, so war jede Hoffnung, sic zu gcwinncn, ausgeschlossen. Schade um jede Stunde Zeit, die er in ihrer Nähe verbrachte und einer hoffnungslosen Neigung opferte. Wohl hatte ihn ihre Freundschaft anfänglich beglückt, doch jetzt, da sein Herz mehr verlangte und Liebe heischte, tat sie ihm bitter weh. Und doch schreckte er vor einem endgültigen Entschlusse zurück. Er sand den Mut zu einer entscheidenden Frage ebenso wenig, als zu einer schleunigen Abreise. Der Gedanke, von ihr sich trennen zu müssen, war ihm furchtbar, uner träglich, jedoch auch diese? Hnngen und Bangen. Aus dcr heutigen Partie, so hat er sich vorgenommen, will er eine Entscheidung herbeisührcn. Die Zeit des Alleinseins, während Helmuth schlummert, will er dazu benützen. Sehnsüchtig schaut er hinüber nach dcr Tür, durch welche Maria zurückkchrcn muß. Wie lange sie ausblcibt! Am Ende kommt sic nicht eher wieder, a>§ bis Helmuth auSgeschlascn. DaS wäre doch aber stark, ihn hier so allein sitzen zu lassen! Ver drießlich lehnt er daS Haupt zurück an den Stamm der Linde und schließt die Augen. DaS Hinstarrcp aus die blendend weiße HauSsassadc macht auf die Dauer müde. „Schlafen Sie?" klingt es auf einmal an sein Ohr. Aufblickend sieht er in Maria? lächelndes Gesicht. Sie ist leise hcrangekommcn und hat schon einige Minuten lang den ganz Entrückten be trachtet Wie sie so vor ihm steht, in dem schlichten, weißen Piqucckleide, da§ ihre hohe Gestalt jo mädchenhaft erscheinen läßt, mit dcr vorgebcugten Haltung, dem schelmisch fragenden Ausdruck in den schönen Augen, da ersaßt den sonst so ruhigen, ernsten Mann ein leidenschastliches Verlangen, diese? reizende Weib in seine Arme zu reißen. Mühsam beherrscht er sich und beantwortet ihre Frage: „Nein, ich schlief nicht, ich träumte nur, träumte seligen Traum." (Fortsetzung folgt.)