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V Tageblatt für Kohenstein-Emstthal, Oberlungwitz» Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Urspmng, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, FMen» Langenchnrsdorf, Meinsdorf, Küttengrund re. Der .Lohenstetn-LrnsNholer' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. l.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Md. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, dl« Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Posianstalien und die Landbriefirügcr entgegen. Als Extra beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustriert« Sonntagsklatt'. — Anzrigtngebühr sür die «gespaltene Korpuszelle oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.: im Reklametetl die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Ausnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Togen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garanlie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion LMtserk-erLerererLrererlLtLertLLrLererererererererLrLsiLLeriLtLLserL nicht verbindlich. LtLLLrtSLerLreLiserLiLsi-LkLtLiLkSksseLerLrLserereicLereLtLeLLLksereLcLS M. 184 Fernsprecher Nr. 151 D0NNerstttg, VM 11. AlMst 1910. Geschäftsstelle Bahnstr. 3. 37. JührgÜNg. Die Ostastenreise -es Kronprinzen. Die bevorstehende Reise drS deutschen Kron. Prinzen noch China und Japan ist ein Ereignis nicht nur von wirtschaftlicher, sondern auch von politischer Bedeutung. Der Samen, der mit dieser Reise auSgestreut wird, reift erst nach Jahren, und möglicherweise zur vollen Frucht erst dann, wenn in fernerer Zeit einmal Kaiser Wilhelm HI. das Szepter der Regierung führt; denn Ostasten ist daö Land der Zukunft wie kein andere» auf Erden; dort find die Entwickelung-Möglichkeiten noch un. begrenzt. Was Japan in dem internationalen Bülkerverkehr einmal bedeuten wird, das läßt sich heute schon ziemlich deutlich erkennen; welche An- ziehungSkraft und welchen Einfluß China nach seinem Erwachen von fünftausendjährigem Schlafe auSüben wird. daS läßt sich im Augenblick schlechter, ding» noch nicht übersehen. In jedem Fall find da- mächtig aufstrebende Japan und daS uner meßliche China im politischen wie im kommerziellen Betracht Faktoren, die nicht hoch genug eingeschätzt werden können. ES ist daher von der allerhöchsten Wichtigkeit, daß auch die Beziehungen deS deutschen Reiche- zu den beiden Staaten deS fernen Ostens möglichst unmittelbar« und persönliche werden, auf daß Deutschland seinen Platz an der Sonne nicht nur behält, sondern ihn noch erweitert, so weit eS die Verhältnisse gestatten. Für diesen Zweck kann aber nichts ersprteß. licher sein al- die Ostastenreise drS Thronfolgers und künftigen deutschen Kaisers. Der Kronprinz ist nicht nur der liebenswürdige Herr, der die Herzen zu erobern versteht; er hat in seinen 28 Lebensjahren auch zu sehen und zu urteilen ge lernt. Und wenn er, dem Lose der Thronfolger entsprechend, auch nicht mit seiner Meinung her. vortrttt, so dürfen wir überzeugt sein, daß er weiß, waS er will. Wenn der Kronprinz im No« vember die auf mehrere Monate bercchnete Reise nach dem fernen Osten antritt, dann unternimmt er keine BergnügungSfahrt, dann genügt er nicht einer bloßen RepräsentationSpfllcht; dann unter« zieht «r sich den Strapazen, um zu studieren und zu lernen und um seinen persönlichen Einfluß in die Wagschal« zu werfen im Interest« der AuSge. staltung und der Befestigung unserer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den Zukunft reichen des fernen Ostens. Daß Mißgunst und Unterstellung seitens guter ausländischer Freunde dem Schiffe des deutschen Kronprinzen folgen werden, läßt sich voraussehen. Namentlich wird in England, wo man gerade j tzt an dem Aerger über die Wiedergewinnung des wirtschaftlichen Einflusses Deutschlands in der Türkei würgt, ein lautes Halloh anheben. Diesen Konkurrenzneid müssen wir schon mit in den Kauf nehmen, wenn wir ihn selbstverständlich auch nicht zum Ausdruck brächten, falls ein englischer Prinz den fernen Orient besuchte. Was der deutsche Kronprinz im äußersten Osten will und tut, braucht auch das schärfste Licht nicht zu scheuen. Er steht aus seiner Reise im Dienste des ehrlichen Wettbe werbs um die Güler des Friedens Als könig licher Kaufmann fährt er in das Reich der aus gehenden Tonne. Und auch von ihm gilt daher das Wort unsers Schiller: Euch, ihr Götter, ge hört der Kaufmann, Güter zu suchen — geht er; doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an. TageSgeschichte. Fahnenweihe durch den Kaiser in Kastel. Aus Kastel wird gemeldet: Der Kaiser wird am Sonntag im grünen und blauen Saale des Kasseler Refidenzschloffes die Nagelung von 18 Fahnen des 1„ 2, 11. und 17. Armeekorps und der Unterosfizterschule Jülich vornehmen; an dieser Feier nehmen auch die Kaiserin, die Prinzen und die Prinzessin, außerdem der preußische Kriegs. Minister und Abordnungen derjenigen Regimenter teil, deren Fahnen genagelt und geweiht werden. Nach der Nagelung im Schloß findet auf dem Frtedrichsplatz die feierliche Weihe der Fahnen durch den evangelischen Feldprobst dcr Armee, Wölfling, in Gegenwart des katholischen Feld, probstes Dr. Vollmar statt. Am Abend werden die Unteroffiziere der Abordnungen festlich bewirtet, weiter findet eine Festvorstellung im Hostheater statt, zu der den Abordnungen Plätze zur Ver. fügung gestellt werden. Der Kaiser, die Kaiserin, die Prinzen und die Prinzessin werden ebenfalls der Festoorstellung im Hoftheater beiwohnen. Hin- sichtlich des für Sonntag geplanten großen V lc- ranenappellS hat der Kaiser sich noch alle Be stimmungen vorbehalten; wie man hört, wird der Kaiser im Anschluß an die Nagelung und Weihe der Fahnen die Front der alten Krieger abschreiten und den Parademarsch abnehmen. Die Begegnung zwischen Kaiser Wilhelm und dem Zaren ist während des bevorstehenden Aufenthaltes deS Zarenpaares auf deutschem Boden als stchcr anzu- sehen. Was aber in mehreren Blättern schon über den näheren Zeitpunkt der Zusammenkunft und über den Oct, wo sie statlfinden soll, gemeldet wird, beruht nach der „Neuen pol. Korr.- bisher lediglich auf Kombinationen, da zwischen dem deutschen und dem russischen Hose noch keinerlei Vereinbarungen erfolgt find. Die Retch-tag-ersatzwahl i« dem 20 säch sischen Wahlkreise Zschopau-Marienberg findet am 24 d. M statt. Trotz der Erntezeit ist die Wahlagitation sehr rege. Drei Kandidaten ringen um das Erbe des verstorbenen Abgeordneten Zimmermann von der Deutschen Reformpartei: der Obstgutpächter Kurt Fritsche von der Deutschen Reformpartei, der Landgerichtsrat und Landtags- abgeordnete Brodaus von der Fortschrittlichen Volkspartei und der Pfarrer a. D. Göhre für die Sozialdemokratie. In der wahrscheinlichen Stich wahl zwischen dem Reformparteiler und dem So zialdemokraten wird der Freisinn den Ausschlag geben. Die sozialdemokratische Partei Sachseu zählt nach dem jetzt veröffentlichten Berichte deS Zentralkomitees dec sozialdemokratischen Partei Sachsens über das Geschäftsjahr 1909/10 99472, darunter 9442 weibliche Mitglieder (im Voijrhre 89642). Die Zahl der Abonnenten der in Sachsen erscheinenden sozialdemokratischen Partetzeitungen stieg von 1K9640 auf 170201, während die Zahl der sozialdemokratischen G-meindeoertreter sich um 15, von 1595 auf 1610 und die Zahl der Ver» sammlungslokale um 209 auf 1329 vermehrten. Die Gesamteinnahmen der sozialdemokratischen Parteiorganisationen betrugen im Berichtsjahre 549 715 M., die Gesamtausgaben 472217 Mark. Dem Parteivorstand wurden 81256 M. überwiesen». Sozialdemokratisch-freisinnige Konkurrenz Der 76jährige Reichstagsabgeordnete Karl Schrader, der seit 1881 den 1. Anhaltischen Wahl- kreis Dessau-Zerbst mit einer einzigen Unterbrechung im Reichstage vertreten hat, will seines hohen Alters wegen nicht wieder kandidieren. In dem sichersten Wahlkreise des Freisinns will nun dir Sozialdemokratie mit dem Abgeordneten Wolfgang Heine einen ihrer besten Köpfe als Gegenkandidaten aufstellen. Heine, der bisher den 3. Berliner Wahlkreis vertritt, gehört der revisionistischen Rtch- , tung an und ist daher der Parteileitung nicht be sonders angenehm. Gleichwohl will sie ihn nicht I stürzen, indem sie ihm die anhaltische Kandidatur sür die kommenden Wahlen überträgt. Tie er blickt in ihm vielmehr denjenigen Kandidaten, der am ersten geeignet ist, in dem genannten Kreise dem Freisinn das langjährige Mandat zu entreißen. Es ist das eine besonders hübsche Illustration zum Gedanken des Gcoßblocks. Spionage in Deutschland k Wie der „B. L.-A.- mttzuteilen weiß, yat die Militärverwaltung Grund, anzunehmen, daß der kürzlich von Unbekannten auszesührte nächtliche Angriff auf den Posten bei N-dlitz (Potsdam) ein Versuch von Spionen ist, in den Besitz deutschen Pulvers und deutscher Waffen zu gelangen. Leider fehlt von den Tätern jede Spur. DaS Absuchen des Geländes durch Polizeihunde blieb erfolglos. Es besteht einige Hoffnung, daß durch die Schüsse des Postens, bevor er sellfft durch einen Revolver- schuß kampfunfähig gemacht wurde, die Tpione verwundet worden sind und daß daS vielleicht noch auf ihre Spur führen wird. Die Militär behörde hat hohe Belohnungen auf alle Angaben auSgefitzt, die zweckdienlich frin können. Mög licherweise sind dir auffälligen Angriffe auf mili tärische Posten, die in v n letzten Tagen zu ver zeichnen gewesen sind, all« auf das unheimliche Treiben einer Tpionagebande zurückzusühren. «egen die Zufammcufetzusg do» Wirtschaft« lichcu Radschuff«-, der jüngst um 12 Mitglieder verstärkt wurde, füh t der Hansabund Beschwerde. Ec ist damit unzufrieden, daß man ihn bei der Auswahl der Mitglieder einfach ignoriert«, während der Bund der Landwirte durch ein Mitglied seine» Vorstandes in dem Wirtschaftlichen Ausschuß vertreten ist. D.-r Hansabund ist die größte und weitgreisendste wirtschaftliche Vereinigung Deutschlands, und als solcher gebührt ihm ein Recht auf Sitz und Stimme in dem Wirtschaftlichen Ausschuß Hat dieser Ausschuß doch seinen Satzungen gemäß die Auf gabe, sich zu den allgemeinen Richtlinien der Han dels- und Wirischaftspolitik sowie zu einzelnen großen praktischen Fragen gutachtlich zu äußern. In den Ausschuß sollen Männer berufen werden, die ve möge ihres weit n Wicks und ihrer Sach kenntnis geciMt sind, sich über das örtliche oder sachliche Einz Unter esse zu stellen und das Gesamt- intereff: zu wahren. Diese Satzungen klingen, als Lehrjahre. Roman von Emmtz v. Borgstede. 57) (Nachdruck verboten.) Irene sank wieder in ihre Sofaceke zurück. Ihre Blicke folgten jeder Bewegung Wolf«, o, wann würde sie ihn Wiedersehen. Seine Stimme wieder hören dürfen! Al? sic sich endlich erhob und dem alten Dianne zum Abschied die Hand schüttelte, verabschiedete auch der Graf sich freundlich. „Auf morgen, liebes Alterchen, bitte, Franken: Mainau." Irene konnte nicht zurückvleibcn, wie sie möchte, sie mutzte an ilnn vorbei auf den Hof treten. Gerade über dem Park mit seinen rauschenden Bäumen schwamm ini blauen, wolkenlosen Aelber der Vollmond. Un säglicher Friede lag über der Welt. Der Himmel schic» so nah, sein ewiges, unsichtbares Thor öffnete sich den irrenden Seelen. Klarheit und eine Fülle göttlicher Reinheit senkte sich nieder zur Welt. „Herr, hilf mir!" — Das kluge, starkgeistige Mädchen blickte hinauf zur schimmernden Mondscheibe, all ihren Gram, ihre Verzweiflung fatzte das angstvolle Weib in diese wenigen Worte zusammen. In diesem Schrei um Hilfe, nm Errettung offenbarte sich alles, alles, was Irenes Seele bewegte. Wolfs Blicke hafteten an diesem bleichen, leidvollen Antlitz, es stand deutlich in den groben, stehenden Augen zu lesen, die sich nach oben richteten, daß ein Ruf nach Hilfe des Mädchens Seele durchzitterte. Ernst trat er neben sie und ergriff ihre Hand. „Irene, wir werden jetzt auseinandergehen, aber nicht für immer. Martin hat recht, daß es Verblendung ist, ein begangenes Unrecht nicht wieder sühnen zu wollen. Sir sind nicht glücklich, das muß jeder empfinden, der Sie als blühende Rose gekannt hat, wie ich, und Eie nun blaß und trauernd wicdcrsindet." „Herr Graf —" „Nein, lassen Sie mir bitte Ihre Hand! Ich bube viel gut zu machen und ich will es, aber Sie müssen auch verzeihen und vergessen wollen und können! Ich bin sehr stolz, ich kann nicht als Bittender zu Ihnen kommen, nm dann vielleicht zuriickgestoßen zu werden!" „Es kann niemals wieder werden, wie einst!" „Wenn Sie es wolle», doch — Irene, ich will heule weiter nichts von Ihnen als das Versprechen, daß Sie Ihrem Bruder sein Haus cinrichten und einige Zeit bei ihm bleiben werden." Der Schatten eines Lächelns zog um des Mädchens Lipven. „Ich will kein verzeihendes Wort, nur daß Sie nur anstatt ein Lebewohl sagen: Auf Wiedersehen!" Noch einmal wollte Irene ihren Stolz zu Hilfe rufen, sie wollte sich daran erinnern, wie Wolf sic zuriickgestoßen und gekränkt hatte, aber all die lichtlosen Tag« ohne ihn, all jene srend- und hoffnungslosen Stunden, die nicht einmal rastlose Arbeit auszutüllen vermocht batten, sielen ihr ein. Und wenn er nun ge kämpft und gelitten hätte, wie sie, wenn auch seine Liebe nicht hatte sterben können! Sie sah ihm ernst und lange in das bleiche, bewegte Gesicht, eine leidenschaft liche Sehnsucht ergriff sie. an seinem Herzen auszurnkeu von allem Kampf, in seinen Armen geborgen zu sein, und leise ihre Hand zurückziehend, sagte sie: „Ans Wiedersehen!" Der Abschied zwischen Irene und Kurt, der sie bis zur Station begleitete, war geschwisterlich herzlich. „Nochmals Dank", sagte der junge Graf endlich — „Sie werden mir doch Ihre Freundschaft bewahren?" „Sicherlich, davon können Sie überzeugt sein, und dann hoffe ich, daß Martin unser beider Freund sein wird." Noch ans dem Fenster winkte ihre Hand ihm zu und niedergeschlagen kehrte Kurt nach Lindenhof zurück. Wie schwer das Leben ans ihm lastete, wußte niemand, niemand außer ihm! Die Tage und Nächte wurden ihm zur Qual! Ob er doch hätte alles, alles beichten sollen und müssen - alles? - O Golt, es war zu schwer, zu furchtbar gewesen, diesem unerschütterlichen Ehren mann gegenüber, diesem Mann, der ihm wieder, immer wieder nur Milde und Erbarmen zeigte! Er halte es nicht können! Es mußte noch einen anderen Ausweg geben aus diesem Zwiespalt. Er durfte den Mut nicht verlieren, mußte den Kopf oben behalten. Und noch ein anderes lastete auf ihm. Er fühlte es wie eine Entfremdung aufsteigen zwischen sich und Reine, langsam öffnete sich zwischen ihm und der vergötterten Fran eine Kluft. Leise Zweifel ängstigten ibn, ob er wieder geliebt wurde in dem Blaße, wie er liebte, nur um seiner selbst willen. Reine war so rein äußerlich, so oberflächlich. Er batte bei und nach seiner Werbung nie an den Ernst des Daseins und seine schweren Pflichten gedacht. Lachend, im Zauberschein seiner Leidenschaft lag die Zukunft vor ihm. In Glanz und Sorglosigkeit würde sein Leben mit Reine ein einziger Maicutag gewesen sein, an dem Realen, dem allzu Irdischen drohte sein Glück zu zerschellen. Er tadelte sie nicht einmal des halb. Sie war so schön, so jung, so recht geschaffen, bewundert und verwöhnt zu werden, wie konnte er von ihr Entsagung und Verzicht verlangen? Wie konnte er hart mit ihr sein, wenn sie das vom Leben forderte, wozu sic nach allem berechtigt war? Er allein war der Schuldige! Er hätte sie nicht an sein aussichtsloses Leben fcffeln dürfen! Kurt seufzte tief und schwer. Die blühende Sommcrpracht nm ihn peinigte ihn fast körperlich. Vom nahen Walde her wehte der Morgenwind mit würzigem Hanch. Wiese und Felder schimmerten tau beglänzt. In den niederen Hecken am Rain jagten sich Vögel mit munterem Zwitschern. Solch ein kleines Geschöpf brauchte so wenig und durfte auch um Liebe werben und fand Erbörnng. In der Nähe des Dorfes schossen alte und junge Schwalben an ihm vorüber. Ihr bläuliches Gefieder gleißte im Sonnenichein, pfeil schnell enteilten sie. Die junge Brut wußte sich im Fliegen üben zu der weiten Herbstreise. Ermattet, eng aneinandergeschmiegt, saßen einige auf einem schwankenden Ast. Sie fürchteten den stillen Manu dort unten nicht, der so müde nnd traurig durch all das Grünen und das Blühen dahinfnhr, zurück -u sein großes, altes Schloß, wo in Ecken und 'Winkeln die Sorge lauerte. — Beim Mittagcsien, das ziemlich still verlief, wandte sich Wolf plötzlich an feinen Neffen: „Dn ordnest wohl an, lieber Kurt, daß der Wagen morgen früh um sechs Uhr deren ist." „Aber Onkel Wolf!" — nun war Reine doch er schreckt — „Dn willst doch nickt wieder abreisen? Du bist ja eben erst angekommen! Wir freuen uns lehr. Dick endlich bei uns zn sehen und da darnt Du unter keinen Umständen uns jetzt schon wieder verlassen." „Du wirst mich nicht hindern können, Reine. Mich hält nichts mehr in Lindenbot." „Aber ich hätte noch so manches Geschäftliche mit Dir zu besprechen." „Bitte, wende Dich damit an Deinen Mann, ich wünsche nichts Derartiges mit Dir zu erörtern." — Graf Lindberg sagte das alles in einem kühl-höflichen Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Und was wird Thea sagen? Deinetwegen giebt sie doch das entzückende Fest, zn dem sie Dich bereits cingeladcn hat", versuchte Reine noch einmal, den Grafen mnzusiimmcu. „Was soll ich ihr sagen, womit soll ich Dein Ausbleiben erklären?" „Ich fühle durchaus keine Verpflichtung, niir der Fürstin wegen irgend welche Beschränkung aufzuerlegen. Reine: außerdem ist mir die Gesellschaft Deiner ver götterten Thea nie besonders mmpattsisch gewesen —" „Aber, Onkel Wolf! Und ich dachte —" „Etwas ganz falsches, wie mir jetzt klar wird! Es bleibt also dabei, ich reise morgen." „Und darf ich nicht doch vorder mit Dir sprechen?" fragte Reine noch einmal kleinlaut. Sie dachte an all die uubczaoltcn Rechnungen, von denen Kurt ebenfalls meist keine Ahnung hatte. „Ich hatte E vieles aus dem Herzen, was ich Dich bitten wollttz, mir zu er» iüllrn. —" (Fortsetzuna iolall)