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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 22.07.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191007229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100722
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-07
- Tag 1910-07-22
-
Monat
1910-07
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 22.07.1910
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Exil««». An dem Eisenbahnerausstand tm englischen Kohlenrevier find bi» jetzt etwa 3000 Nbetter be teiligt. Bisher ist es den Ausständige» nicht ge» lungen, «ine beträchtliche Störung de» Betriebes herbeizuführen. Allerdings ist es sehr Wahlschein- lich, daß der Ausstand bedeutend an Umfang ge winnen wird. Der eigentliche Anlaß zu dem plötzlichen AuSstand war die Maßregelung eine- Rangiermeisters, der sich weigerte, plötzlich auf einer andern Station zu arbeiten. Sin gespannte- Verhältnis bestand aber schon lange zwischen den Eisenbahngesellschaften und den Arbeitern, die günstigere Arbeitsbedingungen verlangen. Ru-l<md. Der Zar hat, wie verlautet, die Niederschlagung deS Prozesses ver vom Senator Garin etngeleiteten Untersuchung über Mißbräuche während de» Ha- panisch-russischen Krieges verfügt. Die Anklage deS Senators richtet fich, wie seinerzeit gemeldet, gegen b Generale und 87 Stabsoffiziere wegen Verschleuderung und Mißbrauchs von Staatseigen tum in Höhe vieler Millionen Rubel. Türket. Die Anhänger deS alten Regime- in der Türkei versuchen immer noch die neue Herrschaft zu stürzen und ihren geliebten Abdul Hamid in die alten Rechte einzusetzen. Neuerdina- wurde ein Geheimbund „JSlahat" von der Polizei aufge- hoben, dessen Bestrebungen in der eben gekenn zeichneten Richtung lagen. Der Hauptbeteiligte der Verschwörung, Alt Kemal, ein früherer Spion de» ExsultanS, konnte nicht gefaßt «erden, er hat fich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. OertlicheS nutz SSchfischeS. * — Gammelt Heilkräuter! In der Natur gibt et manche- Gewächs, welche» «ine gewisse Heilkraft besitzt. Unsere Urahnen kannten derer sehr viele und «endeten sie gegen Krankheiten an. Daß dabet in vielen Fällen ein groß Stück Aber glauben mitspielte, kann zwar nicht geleugnet wer den, besonders dann, wenn solche Mittel für schwere» Geld mit HokuSpoku» abgegeben »urden, wie eS leider nicht selten auch heute noch geschieht. Mit gutem Recht mag man de-halb gegen die Anwen dung mancher Hausmittel kämpfen; sie aber alle verwerfen, hieße da- Kind mit dem Bade au»- gießen. Zweck dieser Zeilen kann e» nun nicht sein, alle bewährten Hausmittel und ihre Anwen dung aufzuzählen, wohl sei aber aus eine Pflanze hingewiesen, welche verdient, ein Wunderkräuiletn genannt zu werden, nämlich die Kamille. Eine» ganzen Schatz von Heilkräften schließt sie in fich. Als schweißtreibende- Mittel bei Magenverstim mungen, al- Bähmittel, zum Autwaschen von Wunden und noch bei manch andrer Art der An- Wendung wirkt sie krankheittvorbeugend, lindernd und heilend. E» gehört zur Sorgsamkeit der Hau»mutter, eine» genügenden Vorrat solcher Heilkräuter für die Hausapotheke eintragen zu lassen. Also nochmal»: Sammelt Heilkräuter, denn sitzt lst die geeignete Zeit dazu! * — Wetterausficht sür Freitag, den 22. Juli: Nordwestwind, bedeckt, kälter, Niederschlag. * — Bezirksfeldwebel. Nächsten Sonnabend ist der BeztrkSfrldwebel im Sitzungszimmer — 1 Treppe — deS Stadthauses am Neumarkt in Hohenstein Ernstthal für die Mannschaften des Be- urlaubtenstandes dienstlich zu sprechen. ES können an diesem Tage Meldungen aller Art erledigt und Gesuche abgegeben werden. Auch wird über alle militärischen Angelegenheiten, soweit sie die Frage steller berühr«», brrritwilligst Auskunft erteilt. (:) TurnorifcheS. Ein Turnen der „Alten" ver- anstaltrt nächsten Sonntag der 1S. Niederrrzgebir- gische Lurngau in der Turnhalle des Turnverein- zu Lichtenstein für da» in Rußdorf demnächst statt findende Gauturnfest. Dasselbe best«ht in einem Gemetnturnen am Barren. Nach dem Turnen folgt ein gemeinsamer Ausflug nach dem Stadt park und Stadtwald. — Wie jetzt die Turnleitung de» GaueS bekannt gibt, ist bei den Pflichtübungen zum Wetturnen die Höhe deS Pferdes nicht 1,80, sondern 1,20 w. * — Vorsicht! Tollkirschen Der Juli, und gerade die Ferienzeit, in der unsere Kleinen durch Felder und Wiesen streifen, bringt uns die Zett der Tollkirsche. Die Zahl der Vergiftungen, die jährlich bei den Kindern durch den Genuß der giftigen Beeren der Tollkirsche hervorgerufen «er- den, ist bedeutend höher, al- man gemeinhin an nimmt. ES ist daher dringend anzuratrn, daß man die Kinder auf die gefährliche und heim tückische Pflanze aufmerksam macht, die an ihren glänzend schwarzen Beeren mit süßsaurem Ge schmack leicht zu erkennen ist. Auf keinen Fall versuche man nach Konstatierung der Vergiftung durch Hau-mittel Abhilft zu schaffen. Man wende sich vielmehr sofort an einen Arzt. Ist dieser, z. B. aus Ausflügen, nicht gleich zur Hand, so bringe man den Kranken sofort in eine Apotheke, weil die in dieser Angestellten Pharmazeuten mit den Gegenmitteln auf Grund einer Prüfung Bescheid wissen. * — Neber Postkarte« enthält das neueste Amtsblatt deS RetchL-PostamtS folgende da» Pu blikum interessierende Verfügung: „In letzter Zeit find Postkarten, die auf der rechten Hälfte der Vorderseite die Adresse de» Absender» tragen, von den Postanstalten mehrfach al» Briefe behandelt und mit Porto belegt oder al» unzulässig von der Postbeförderung ausgeschlossen wocden. DaS wird nicht gebilligt. Wenn früher in Einzelfällen darauf hingewiesen worden ist, daß bei Postkarten die rechte Hälfte der Vorderseite für dir Adresse de» Empfänger», die Freimarken und Vermerke «ie „Einschreiben", Rückschein" u. dgl. bestimmt sei, so sollte damit nur bezweckt «erden, die Deutlich keit und Urberfichtlichkeit der Aufschrift nicht durch umfangreiche Firmenangaben usw. beeinträchtigen zu lassen. Keinesfalls darf der Umstand, daß di« Adresse deS Absender» auf der rechten Hälft« der Vorderseite einer Postkarte ang«geb«n ist oder auf diesen Teil übergreist, dazu führen, derartige Karten al» Brief« zu -«handeln und auSzutaxirren oder von der Postbeförderung auSzuschlirßen." * — Le» Schatz a«S Sachsen. Der Tausend- markschein und die sieben Hundertmarkscheine, die bekanntlich in der Ersurtschen Papierfabrik in Hirschberg von der Arbeiterin Klara Hein beim Sortieren alten, zum Einstampfen bestimmten Pa piers gefunden worden find, stammen aut Sachsen. Die gut erhaltenen wertvollen Scheine lagen in einem Aktenstücke, da» vor ca. 30 Jahren von einer sächsischen Postanstalt angelegt worden war. Al» die Hein da- Aktenstück zerreißen wollte, fielen die Schrine nacheinander heraus. Ihre durch die sofortig: Meldung bei der Fabrikleitung bekundete Ehrlichkeit wurde einstweilen dadurch belohnt, daß Kommerzienrat Erfurt sie zur Saalaufseherin be förderte. Fall- beim Verkauf der Akten als Ein- stampspapier von der betr. Behörde keine Borbe- halte gemacht worden sind, dürften die gefundenen 1700 Mark der Ersurtschen Fabrik gehören; die Hein hätte dann auf eine ganz besonder» reichliche Belohnung zu rechnen. ES wird nach so langer Zeit jedenfalls schwer sein, Klarheit darüber zu schaffen, welche Bewandtnis eS mit dem Gelde hat. * Hohonftein-Srnstthal, 21. Juli. Eine wohl- verdiente Ehrung wurde Herrn Stadtrat Zeißig, der bekanntlich am Dienstag die Frier der goldenen Hochzeit begehen konnte, vom Konsistorium der Evangelischen Landeskirche zuteil. DaS Konsistorium ließ ihm gelegentlich der kirchlichen Einsegnung, die in der Wohnung deS Jubelpaares durch Herr» Pfarrer Albrecht vorgenommen wurde, eine reich verzierte Ehrenbibel und eine Urkund« überreichen. In letzterer ist der Dank und die Anerkennung sür die der Kirche geleisteten treuen Dienste besonders hervorgehoben. Auf de» Reustödter Gchützeufeßplohe mehren fich die Zeichen deS beginnenden FesttreibenS bereit- merklich. Eifrig haben Gchützengesell- schäft und GchützenhauSwtrt auf die kommenden Festtage gerüstet, Fieranten find bereits unterwegs und wenn, wie es heute zwar noch nicht den An schein hat, da- Wetter fich bessert wird die Be sucherschar auch diesmal wieder groß werden und ein regeS Leben und Treiben unter den alten Linden fich entwickeln. ES dürfte in den Tagen am Einzelnen selbst liegen, iS fich recht vergnügt zu machen, an Gelegenheit dazu wird eS Alt und Jung gewiß nicht fehlen. (:) Mit dem Bax der Wafferleitmig nach dem Bethlehemstift hat man jetzt begonnen. Die Leitung nimmt ihren Anfang beim Wasserbehälter an der Eisenstraße unterhalb der KlauSmühle und wird an der nördlich gelegenen Straßenseite fort- geführt. Für die Wasserversorgung deS Bethlehem- stifteS hat übrigens der Rat der Stadt Chemnitz kürzlich ebenfalls 1000 Mk. bewilligt. Was die Arbeiten an unserem städtischen WaffererweiterungS- bau anbetrifft, so haben dieselben in den letzten Wochen erhebliche Fortschritte gemacht. Der Wasserbehälter an der Eisenstraße, der 300 Kdm fassen und von Herrn Baumeister! Richler auSgeführt wird, ist bereit- ausgeschachtet und das Gerüst zu den Betonarbeiten hergestellt. Das Pumpwerk im Silbergäßchen ist schon unter Dach gebracht und soweit fertig, daß man in nächster Zeit mit der Maschinenanlage, die elektrische Kraft erhalten wird, beginn«» kann. Die Maschinenan lage wird von den GiemenS-Schuckertwerken aus geführt werden. DaS Anfahren der Lettungsrohre vom Silbergäßchen durch die Anlagen nach dem bereits auSgeschachteten Wasserbehälter auf dem Pfaffenberge ist auch beendet und war ein schweres Stück Arbeit. Letzterer Behälter wird 230 Irdm fassen und liegt auf dem ehemaligen Rockstrohschen Felde. * — Mine leichtere Verletzung, die ihn aber immerhin für Wochen arbeitsunfähig macht, zog fich ein in Chemnitz beschäftigter Schlosser von hier an der Kreissäge zu. Der Betroffene war erst kürzlich von längerer Krankheit genesen und hatte seine Stelle eben erst wieder angetreten. * — Eine« Ansflug nach hier unternahm gestern die Fleischertnnung von Grüna und Um gegend. Mitglieder der hiesigen Fleischerinnung empfingen die auswärtigen Berufskollegen in der .Hüttenmühle", wo man sodann gemeinsam einige fröhliche Stunden verlebte. Die Rückfahrt wurde in 1S Geschirren angetreten. * Mittelbach, 20. Juli. In unserem Orte herrscht sitzt eine ganz ungewöhnlich rege Baulust. ES werden in diesem Jahre fünf neue Häuser ge baut, darunter ein Doppelhaus. Die in diesen neuen Häusern zu erbauenden Wohnzimmer werden von Mietern schon tm voraus bestellt, ein Beweis dafür, daß Wohnung-mangel hter vorhanden ist. * Limbach, 20. Juli. Der hiesige Verein sür Luftschiffahrt beabsichtigt Sonnabend, den 30. Juli, abends gegen Uhr vom Grundstücke der städtischen Gasanstalt auS den Ballon „Chemnitz" zu einer Nachtfahrt steigen zu lassen. — Vergangene Nacht erschoß sich der 78jährige ehemalige Zigarren, fabrikant Karl Vogler. Lebensüberdruß infolge Krankheit ist dir Ursache dieser Tat. * Vurgstädt, 20. Juli. Heute vormittag geriet in der Werkstatt seines VaterS der Glasergehilse Rudolf Martin mit der linken Hand in die Hobel maschine, die ihm die Hand nahezu abschnitt. Der Bedauernswerte wurde, nachdem ihm ein Notoer- band angelegt worden war, per Automobil in daS Chemnitzer Gtadtkrankenhaus geschafft. * Ehrmmitz, 20. Juli. Als voraussichtlicher Nachfolger deS nach Leipzig versetzten KcetShaupl- mannS von BurgSdorff wird u. a. auch Amts- Hauptmann von Nostitz in Pirna genannt. * Lh«m»itz, 20. Juli. Ein hiesige« Dienst- Mädchen, daS schon manchen Sommer erlebt hat, glaubte auf seine alten Tage auch noch einen Selbst. Mordversuch machen zu müssen. ES hatte gehört, daß man daS mit Lysol recht bequem tun könne, hatte aber offenbar daS Wort nicht recht verstanden und nahm eine gute Portio» Gtdol. Da» Metall- putzmittel hat ihr vielleicht den Magen gereinigt, üble Wirkungen aber nicht gezeitigt. * Haiuiche«, 20. Juli. Der zum Leiter der hiesigen Polizrischule gewählte Oberwachtmeister Pittack auS KottbuS hat die Wahl angenommen und wird die Stelle am 16. S ptember d. I an- treten. * Freiberg, 20. Juli. Im nahen Weigmann-- dorf find in den letzten Tagen drei Personen — zwei Frauen und «in Tchulknabe — an Lyphu» erkrankt. Alle drei fanden Aufnahme im Frei- berger Krankenhaus. Urber die Ursache der Ec- krankungen ist man noch im unklaren, umsomehr, als di« drei Erkrankten drei verschiedenen ziemlich entfernt von einander wohnenden Familien ange- hören. * Freiberg, 20. Juli. Ja H tzdorf fiel daS sünfvierteljährige Kind de-Z mmermanns Thümmel in einem unbewachten Augenblicke — die Mutter war nur wenige Minuten sortgegangen, um Gras sür das Vieh zu holen —, in eine nur einige Zentimeter tiefe Pfütze und ertrank. * Dresden, 29. Juli Gegen die Dresdner Kino-FilmSfabrtk auf der hiesigen Mosenstraße und 20 beteiligte Persönlichkeiten schwebt bekanntlich ein Strafprozeß wegen Herstellung und Verbreitung unzüchtiger Film- im Sinne deS tz 184 de- Reich«. strafgesetzbucheS. Die Hauptver Handlung ist nun- mehr vor der 2 Strafkammer des Landgerichts am 3 August angesetzt und wird nicht, wie üblich, im Landgerichtsgebäude, sondern tm Hauptpolizet- grbäude stattfinden, weil die HauptbeweiSmittel, und zwar die in Frage kommenden FilmS, ver mittels eines technischen Apparates vorgrsührt werden sollen, über den die König!. Polizeidirektion verfügt. Die Voruntersuchung des Prozesse» hat sich monatelang hingezogen, und außer dem Film fabrikanten sind noch eine große Anzahl weibliche Aktmodelle an dem Prozeß beteiligt. Die oben erwähnte Firma hat mit Hilfe dieser Modelle teils in ihren Bureauräumen, teils in der Nähe der Moritzburger Teiche eine Anzahl lebender Bilder kmematographisch ausgenommen, die außerordent lich frivole Sujets zeigen. Die Modelle sollen durch die Versprechungen, daß die FilmS nur sür daS Ausland bestimmt seien, getäuscht worden sein und infolgedessen sich weiter an den Darstellungen beteiligt haben. Durch kinematographische Vor- stellungen in Pirna, welche für geladene Gäste hinter verschlossenen Türen veranstaltet wurden, kam die bekannte Angelegenheit zur Kenntnis der Staatsanwaltschaft, welche durch die dortige Polt- zet daS ganze Material beschlagnahmen ließ. Der Prozeß, der unter Ausschluß der O.ffentlichkeit stattfinden wird, dürste mehrere Tage dauern. — Vor dem Dresdner Landgericht hatte sich der frühere Schutzmann Kurt Alfred Petzold aus Großopitz wegen Betrugs und Unterschlagung tm Amte zu verantworten. Der Angeklagte war eist in Stetzsch und dann in Pirna Schutzmann und wurde beschuldigt, einen m amtlicher Eigenschaft vereinnahmten Betrag unterschlagen, ferner sich eine goldene Uhr erschwindelt und 200 M. Dar- lehn auf betrügerische Weise zu erlangen versucht zu haben. DaS Urteil lautete auf 4 Monate Gefängnis. * Söbrigen bei Pillnitz, 20. Juli. Das 11- jährige Schulmädchen Simon, die einzige lieber- lebende der sechSköpfigen Arbeiterfamilie Timon, die einer Pilzvergiftung zum Opfer gefallen ist, befindet sich auf dem Wege der Besserung, so daß eine völlige Heilung möglich erscheint. * Leipzig, 20. Juli. In der Zuckerhonigfabrik der Firma AnSpach L Co. ereignete sich gestern nachmittag ein schwerer Unglücksfall. Die 16 Jahre alte Arbeiterin Lina Leube wollte sür eine Mitarbeiterin Trinkwasser holen und begab sich zu diesem Zweck nach einem der Maschinenräume. Dat Mädchen, da« etwa« kurzsichtig ist, muß wohl fehlgetreten sein, denn plötzlich fiel es bi« an die Hüften in einen dort stehenden Bottich, der mit kochendem Zuckerhonig gefüllt war. DaS Mädchen erlitt am Unterkörper so schwere Brand wunden, daß eS sofort mittels Krankenwagens in da« Krankenhaus gebracht werden mußte. * Leipzig, 19. Juli. Wegen unbefugter An- maßung eines öffentlichen Amtes hatte fich der Sekretär und Stadtverordnete Hugo Bunzel von hier vor dem Landgericht zu verantworten. Die Verhandlung fand wegen Besorgnis der Gefähr dung der öffentlichen Sittlichkeit vollständig hinter verschlossenen Türen statt; auch der Eröffnungs beschluß wurde unter Ausschluß der Ö ffentlichkeit zur Verlesung gebracht. AuS der Begründung deS Urteils, durch welches der Angeklagte mit zwei Monaten Gefängnis bestraft wurde, erfuhr man, daß fich der Angeklagte in zwei Fällen des Ver gehens gegen den Paragraphen 132 des Reichs- strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat. Als erschwerend hat der Gerichtshof angesehen, daß Bunzel die Notlage zweier verkommener Frauenspersonen auS- gebeutet hat, daß er durch sein Austreten daS An. sehen der hiesigen Sittenbeamten geschädigt hat, die nur durch einen Zufall davor bewahrt geblieben find, daß ihr Rus einen Makel erhielt, und schließ- lich, daß er seine Zugehörigkeit zum Kollegium der Stadtverordneten in einer unerhörten Art und Weise gemißbraucht hat. Aus diesen Gründen konnte daS Gericht das Vergehen des Angeklagten nicht so milde ansehen wie der Vertreter der An- klagebehörde. ' Grimma, 20. Juli. Die 11 und 5 Jahre allen Söhnchen der Frau verw. Siegismund in Hohburg waren in den Besitz eines mit Knallqueck- filber gefüllten Zündhütchen« gelangt Die beiden Knaben brachten daS Zündhütchen durch Anbrennen zur Explosion und zogen sich dabei ziemlich schwere Verletzungen zu, namentlich an Händen und Beinen. Sie mußten in ärztliche Behandlung gegeben werden. ' Glauchau, 21. Juli. Seit dem 13. d. M. wird daS Dienstmädchen Hedwig AgneS Geist von hter vermißt. Man vermutet, daß sich da« Mäd- chen ein Leld angetan hat. Die G ist 17 Jahre alt, 1,60 Mir. groß, schlank, hat hellblonde« Haar, blaue Augen und trug bei ihrem Weggange schwarzen Kletderrock, dunkelblaue, mit schmalen weißen Streifen garnierte Bluse, weißen Steh- Umlegekragen und lila Schlips, weiße Ländelschürz« und hohe Schnürschuhe. * Meeraue, 20 Juli In der Nacht zum Dien-iag gab die bei einer hiesigen Herrschaft be dienstete 21jährige A. au« Altenburg einem Kinde da« Leben. Um da» Ereignis zu verheimlichen, versteckte sie selbst daS Kind in einen Koffer, be seitigte all« Spuren und meldet« fich am anderen Morgen krank. Der herbeigerufene Arzt bemerkte aber ihren Zustand und brachte fi« zum Geständnis. Darauf wurde der KtndeSleichnam beschlagnahmt und die junge Uebcltäterin inS Krankenhaus ge schafft. * Masel, 20. Juli Der 18jährige Johann Schweiger von hter, dessen Verschwinden vor kurzem gemeldet wurde, hat, wie fich jetzt herauS- stellt, mit der ihm anoertrauten Summe von 400 Maik das Weite gesucht. Außerdem soll er schon vorher etwa 1800 Mark bet seinem Prinzipal unterschlagen haben. Dadurch, daß er den leeren Geldbeutel und sein Fahrrad am Ufer der Mulde zurückließ, suchte er den Anschein zu erwecken, al» habe er Selbstmord begangen. * Zwickau, 20. Juli. Der Drucker Schneider aus Crossen, der, wie gemeldet, am Sonnabend in der dortigen C. F. Leonhardtschen Druckerei schwer verunglückte, ist bald nach seiner Einlieferung in dos Krankenstist seinen Verletzungen erlegen. * Reichenbach i. V , 20. Juli. Eine geha» nischte Erklärung erläßt ein Fräulein Lina Demm ler in Oberhrinsdors in einer hiesigen Tageszeitung. Sie schreibt: „Die in Nr. 185 dieses Blatte« in bezug auf meine Person erschienene VerlobungSan- zeige erkläre ich hiermit für unwahr. Den mir leider unbekannten Aufgeber dieser Anzeige halte ich für einen ganz gemeinen, hinterlistigen Men schen. Ec möge sein Geld für bessere Zwecke ver wenden. Im übrigen empfehle ich ihm den Spruch zur Beherzigung: „Der Dieb ist ein schändlicher Mensch, aber ein Verleumder ist noch viel schänd licher." ' Wtlischthal, 20 Juli. Beim Abbruch ein«« Schuppens der Patent Papierfabrik Wilischthal stürzte eine Wand ein, wodurch der Werkführer Dietz schwere Verletzungen am Kopfe davontrug. ' Jahusbach bei Thum, 20. Juli. Heute morgen ist die Ehefrau des Schutzmann- Gnauck, die sich vor sechs Wochen durch Nachgießen von Spiritus schwere Brandwunden zugezogen hatte, ihren qualvollen Leiden erlegen. * Obe«fchl«ma, 20. Juli. In der Person des Schlossers Friedrich auS Bockau hat man einen längst gesuchten Dieb und Einbrecher festge nommen. Wie sich j tzt hcrausflellt, hat dieser auch in Oberschlema, Bockau, Aue und Chemnitz Diebstähle ausgesührt. Er hat eS dabei lediglich auf Uhren, Ringe und Schmucksachen abgesehen gehabt, die er dann in Chemnitz versetzte und den Erlös mit seiner dortigen Geliebten durchbrachte. * Radeberg, 20. Juli. Hier find zurzeit Be- strebungen im Gange, den Achtuhrladenschluß ein- zusührrn. Urheber der Bewegung ist der Rabatt- sparverein. Vor mehreren Jahren scheiterte ein dahinzielender Plan am Widerstande der Inhaber kleinerer Geschäfte. — Ein 52 Jahre alter Bettler, der Maurer Ernst Schmidt, sprach einen selbst mittellosen Arbeiter hier auf der Straße um eine Gabe von 10 Pfg. an. Als dieser ihm dies ab lehnte, geriet der rabiate Mensch so in Wut, daß er ihn auf offener Straße mißhandelte. In der Zelle des Gefängnisses machte er dann einen Selbst- Mordversuch. * Oßritz, 20. Juli. In religiösen Wahnsinn verfiel das 18jährige Dienstmädchen Elsa Weise in Altstadt. Es stand bis vor kurzem bei einer Dresdner Familie in Diensten, die der Heilsarmee angehört. Ihre Begeisterung sür die letztere artete jetzt so auS, daß sie dem Krankenhause in Gruna zugesührt werden mußte. Kleine Chronik. * Di« Teilnahme der Kaiserin. Bei der Ver- Wallung der Zeche „Prinzregent" in Dortmund lief ein Telegramm der Kaiserin ein, in dem sie ihre Freude über die glückliche Rettung der beiden Berg leute ausdrückt, um Nachricht über das Befinden der beiden Geretteten ersucht, sowie den an der Rettungsaktion Beteiligten Anerkennung auSspricht. * Unwetter. Tin furchtbares Unwetter tobte gestern in ganz Oberschlesien. Mehrere Menschen wurden vom Blitze erschlagen. In Rokittnitz wurden zwei Bauarbeiter vom Blitze getroffen Sie waren sofort tot In Miechowitz schlug der Blitz in eine große Menschenmenge und betäubte viele. Ein Fleischer geselle wurde vom Blitzschläge getötet. Beim Schom berg schlug der Blitz in eine elektrische Kleinbahn, glücklicherweise ohne jemand zu verletzen. — Ferner wird aus Kischincw (Rußland) gemeldet: Durch Regengüsse ist während der letzten Nacht die Stadt überschwemmt worden. In den niedrig gelegenen Stadtteilen mußten die Einwohner durch die Fen ster flüchten. Der Bahnhof bildet den Mittelpunkt der überschwemmten Gegend. Der Srraßenbahnverkehr ist gehemmt und die Brücken sind überflutet. Mehrere Häuser sind eingcstürzt. — Wie aus Epinal (Frank reich) berichtet wird ist am Sonntag abend ein furchtbarer Orkan über die Vogesen niedergegangen. In Ubcxy bei Charmax sind zwei Nonnen deS Trappistenvrdens in dem Keller des Klosters, welcher fich plötzlich mit Wasser füllte, ertrunken. Verschiedene Gebäude standen unter Wasser. * Bom Blitz getötet. In Wagwitz bei Halle wurden die Ehefrau und die Tochter deS Ritter- gutsgärtners Halbe von einem Blitzstrahl niedcrgc- streckt, als die Mutter ein Bodenfenster schließen wollte. Die 55 Jahre alte Frau war sosart tot, während die Tochter sich wieder erholte. — Aus dem Wege nach ihren Wohnungen erschlug der Blitz in Wildgrube bei Merseburg den 70 Jahre alten Landwirt Wieneke und den 18 Jahre alten Grubenarbeiter Lehmann. Frau Wieneke sowie ein 10 Jahre alter Knabe wurden betäubt. Wieneke hatte bei dem starken Gewitter eine Sense auf der Schulter getragen. — Aus dem Felde deS Rittergutsbesitzers Kleemann in Borxleben (Kyff-
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