Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 31.07.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191007318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100731
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-07
- Tag 1910-07-31
-
Monat
1910-07
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 31.07.1910
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
StillejM HchMkii-Eriißthiiln AmnUr Tagevlatt. Nr. 175. i Sonntag, den 31. Juli 1910. 37. Jahrgang. Die Leute wollen essen. Au» einem Händlermunde ist dieser Tage das Wort gefallen, als die Spekulationen auf der., LebenSmittelmarkte erörtert wurden: «Die Leute wollen effen I" DaS soll in längeren Worten sagen, wenn die Großunternehmer und Aufkäufer auf der» LebeuSmittelmarkt untereinander einig find, dann kann niemand etwa« machen. DaS Publikum will essen. eS muß also bezahlen, und eS wird tüchtig verdient, wofern nur Vie Spekulation nicht gar zu sensationell amerikanisch betrieben wird. Das ist eine Tatsache, an der stch nicht rütteln läßt, die. vielleicht die wenigsten sehen, die aber besteht Der LehenSmittelmarkt ist ein Gegenstand der gr- wattigsten Kapitalsanlage, der Zukunftsgeschäft geworden; denn, wie gesagt, die Leute wollen esser. Daß die Art deS Geschäftes eine Preiserhöhung, bedingt, muß man ohne weiteres zugeben. DU Produzenten, die gegenüber früheren Zeiten viel, viel höhere Unkosten haben, wollen sicher gehen; sie wollen nichts von Wechseln wisse», sie ver langen Barzahlung. Bargeld lacht, aber Bargeld ist teuer, und die Zinsen müssen wieder heraus Hochinteressant und vom allgemeinsten Inter, si wäre nun, wenn die Einkaufspreise und die Ver kaufspreise festgrstellt werden könnten. Es isi wohl anzunehmen, daß die D^erenz, der Verdienst in seiner Gesamtheit, für ganz Deutschland in, Jahre einen Posten ausmachen würde, gegen den die Millionen des MilitäretalS nicht einmal aus kommen. Auf diesem ganzen Gebiete herrscht noch seh viel Unklarheit. Der eine schiebt den Gewinn den andern zu, aber niemand bestreitet eigentlich, das, er irgendwo vorhanden ist. Nur will er nie der jenige sein, welcher verdient, welcher also neue Ver teuerungen schafft. DaS Gebiet der Maskerade ist dabei stark entwickelt. Es gibt z. B. Viehaufkäuser, die in den großen Städten als elegante Leute zu promenieren belieben, außergeschäftlich natürlich, während sie bei ihren Reisen zu Anskaufzwccke! auf dem Lande als biedere, schlichte, einfache Reichs bürger auftreten. Der Schreiber dieser Zeilen hat es an amtlicher Stelle in Berlin erlebt, wie eß Bieheinkäufcr offen erklärte, er kaufe für dnivirrte! Millionen Mark Vieh im Jahr, verdiene aber dc bet kaum 4000 Mark. Wenn die Dinge wirklich so liegen, dann lohnte das Geschäft ja überhaup nicht mehr. Denn daß ein Geschäftsmann der einem solchen Umsatz mehr verdienen muß. ist ganz selbstverständlich Die Anschauungen der Lebensmittel-Produzentei. und die ihrer Abnehmer über die Höhe der Un kosten stehen oft schroff gegenüber. Und das Publi kum ist der Teil, welcher sich am meisten wundert Hier wirkliche Klarheit zu erlangen, ist Gold wer>; denn alles, was den Magen betrifft, ist nun ein mal von besonderer Wichtigkeit sür das Voll Es handelt sich nicht allein um die Geldauswen düng, sondern auch um Kölperkrast und Gesund heit. Und darum heißt eS mit Recht nicht: Di Leute wollen essen! — sondern, die Leute wolle-, nicht zn t-mer «fsen! VL In der Hochzeitsnacht. Novellettc von der ungarischen Ebene Von A. Hinze (Nachdruck verboten.) Abend auf der Pußta! Uebcr der weiten, un bewohnten Steppe der ungarischen Tiefebene mit ihren meilenweitcn öden Sandflächen, den meilcn- wciten Sümpfen und den zwischen Sand und Sümpf sich dehnenden blühende» Malsfelder» und saft grünen Weidcstrecken lag traumhaftes Schweigen. Wie riesenhafte Schalten erschienen in dem Zwie licht die auf der Gräsebene nachtlagernden Herden, Rinder, Schafe und Pferde, und ihre Hirten. Ein gehüllt in ihre zottige Bunda, einem Pelz von Schaffellen, nächtigen diese wilden Burschen unter dem Zelt der Sommernacht. Dort, wo die Herden der noch ungezähmten Pferde lagerten, war heute der Platz ihres Hüters, des Csikos, leer. Er ist Gast in der unweit ge legenen Heideschenle, der sogenannten Csarda, denn dort ist heute Hochzcitstrubel. Des Csarda-Wirten älteste Tochter, die schwarzäugige Jlonka, begeht ihre Vermählung mit dem Bauernsohn Stephan RuSkh, und der Csikos ist der Freund des Bräu tigams. Uebcr die schweigende Pußta hin schweben plötzlich einzelne Töne. Erst letze, dann deutlich und deutlicher. Und nun ertönen durch die laue Nacht die Klänge einer Zigeunerbande Zaubcr- klänge! Wie sie jubeln und wimmern, die Töne, wie sie anschwillcn in ewig variierendem Takt. Immer wilder, immer leidenschaftlicher weiden die Klänge, immer hinreißender in seliger Lust, — die braunen Gesellen spielen zur Hochzeit aus; sie spielen den Csardasreigen. In der Gaststube der Schenke, an deren weiß getünchten Wänden Heiligen- und Räuberbilder bunt durcheinander hängen, sitzen aus langen Bänken die Hochzeitsgäste. In einer Ecke die Musikanten, ihicn Lohn, einen Becher mit Tokayer, neben sich. Die schwarzen, in Zöpfe geflochtenen Haare hängen ihnen zu den Seiten des Gesichts mit den melan cholisch blickenden Mandelaugcn. An ihren zerlump ten Kleidern blinken ein paar silberne Kugelknöpse, geraubte Habe. Der große Tisch, der sonst die Mitte der Gast stube einnimmt, ist fortgeräumt; hier drehen sich die Paare im Tanze und in fast bachantischer Lust. Die geliebten Klänge des NalionaltanzcS macht das feurige Blut der Magyaren lodern. Ist das ein Wogen und Wiegen und Blickctauschen; die Sporen der Burschen klirren beim Tanzen, denn fast jeder Ungar geht bespornt; die bunten Röcke der Mädchen fliege» im Wirbel der Lust. Strahlend im Brautglück dreht sich die Jlonka im CsardaS. Die langen, schwarzen Zöpfe, die sic der Landessitte nach heute zum letzten Male hängend trägt, sind mit roten Bändern durchflochten. Biüten- weiß ist das Blusenhemd, das Leibchen silbergestickt. Die roten Stieseln, die sie, wie hier üblich, trägt, lachen uiiter dem kurzen, mit Samt verbrämten Rock hervor. Sie ist nicht hübsch, die Jlonka aber gut ist sie, wie die Leute sagen, herzensgut, und die Lieblingstochter ihres Vaters. Nicht der Bräutigam — der Schwiegervater ist just ihr Partner beim Tanze. Prächtig sieht der alte Magyar aus in der mit Tressen besetzten Tuchhose, die in die Stiefeln geht und dem zur Feier des Tages angelegten Dolman, der ihm husarenmäßig um die Schultern hängt. Den weißen Schnurrbart streichend, tanzt er mit Grandezza der Schwiegertochter zu, daß seine Sporen zusammcn- klirren und die Gäste ob des ungewohnten Schau spiels in jubelnde Eljenrufe ausbrechen Der Gulyas, die beliebte Nationalspeise, dampft in den Schüsseln, die das Gesinde immer wieder von neuem füllt, sobald sie geleert sind. Gastfreund schaft ist Gemeingut der ungarischen Nation; schmunzelnd schenkt der Csarda-Wirt und Brautvater die Gläser der Hochzeiter mit rotem Landwein voll „Tie Jlonka wird Euch in der Wirtschaft fehlen, Janos; sie war's doch, die die Wirtin hier vertrat, nachdem Euch Euer Weib gestorben war," warf einer der Gäste ein. „Nicht nur in der Wirtschaft — im Herzen wird sie mir fehlen," gibt der Schenkwirt zurück. „Denn," fährt er fort, „sie liebt ihren Bräutigam über alle Maßen, und wo es so steht, da hat der Vater eist die zweite Stelle im Herzen der Tochter." „Tröstet Euch, Janos, Ihr habt ja noch eine! Und schön ist sie, meiner Seel', schön wie eine Rose und ein Stern zugleich" Die Stirn des Csarda-Wirten kraust sich „Ihr habt recht, Andras, sie ist schön, die Milka," gibt er zu, aber ein Seufzer hebt seine Brust. „Ich wünschte, sie wäre weniger schön," — stoßhast kommen die Worte aus feinem Munde. „Oho, Janvs, seid Ihr ein närrischer Mann!" protestierte der andere. „Weshalb wünscht Ihr daS?" „Weil Schönheit beim Weibe ost verderbenbrin gend ist!" „Das zu verhüten, seid Ihr ja da," lacht der Hochzeiter. „Meint Ihr —?" Schweratmend klingt es und hinter den buschigen Brauen des Sprechers schießt ein unruhiger Blick durch die offene Türe hinaus zur Diele, wo diejenigen Paare tanzen, die in der Gaststube nicht Raum gefunden. Unter ihnen, lcidenschaftdurchbebt, die Milka. Das Ge sicht deS Mädchens blendet förmlich durch seine brünette Schönheit. Es sieht aus, als habe cs Zeit und Raum vergessen und empfinde nur cms: die Wonne des Augenblicks. Ihrem Tänzer scheint es nicht anders zu gehen Und wie sollte es nicht, ist doch heute sein schönster Tag und er die Hauptperson; denn der Tänzer ist Stephan Rusky, Jlonkas Bräutigam. Sein Freund, der Csikos, hat eben das Braut paar leben lassen. „Eljen, die Neuvermählten!' durchbraust es die Schenke und pflanzt sich auf der Diele fort Der Ruf übertönt die Worte des Csarda-Wirten, der eben raunt: „Ich wünschte, ich hät!e die Milka nicht heibcrufen; aber die Jlonka sollte sie anlernen, damit sie Bescheid weiß, wenn sie statt ihrer hier die Wirtschaft regiert." „Wo war Eure Milka denn vordem?" erkundigt sich der andere, der trotz des LärmS den Janvs verstanden hat. „In Wien, und Kammermädchen bei einer hohen Dam--. Und, bei der heiligen Jungfrau, schon ihre Ankunft stand unter einem bösen Zeichen! DaS Geführt, das sie herbrachte, ging durch." Vielleicht denken die beiden, die dort so leiden schaftlich sich dem Tanze hingeben, gleichfalls an jene Stunde zurück. „Ich besitze kein Gefährt, Stephan, aber Dn!" halte da der Csarda-Wirt zu seinem Schwiegersohn gesagt. „Tu mir den Gefallen, spann' an und hole die Milka von der Station ab, denn ich kann nicht von der Wirtschaft fort und die Jlonka auch nicht." Ein schwüler, aber wundervoller Tag war e- gewesen und just heute vor drei Wochen. Den schnellen Ungarpferdchc», die das Geführt zogen, war das bewundernde Staunen, mit dem der Stephan seine neue Schwägerin, die er bis dahin nicht gesehen, begrüßt hatte, offenbar zu lang ge worden und ihr feuriges Temperament rächte sich. In dem Augenblick, als das junge Paar den Wagen bestiegen, begannen sie zu rasen. Vergebens hatte der Stephan versucht, die wUdgewordenen Tiere zu bändigen. In rasender Karriere, den Wagen wie eine Schleuder nachschlcifend, hatten sie die Pußta erreicht und hier die Insassen herauSgeschleudcrt. Der Stephan erinnerte sich noch heute des atem losen Gefühls, das ihn durchströmt, des Gefühls ungekannter Wonne, trotz des Ungemachs, als er die bewußtlos gewordene Milka in den Armen gehalten. Und diese? Nun, sie hatte gedacht, als sie sich in deS Stephans Armen wiedergefunden, daß cs süß sein müsse, darin zu ruhen für die Ewigkeit. . . . Wie Cymbel und Geige locken! Immer süßer, immer feuriger, immer wilder erklingt'S unter den braune» Meisterhänden, denn die Mitternachtsstunde naht, die Stunde, wo die junge Frau, vom jungen Ehemann und dem Schwiegervater in ihr neues Heim im nächsten Dors geführt werden soll; draußen in der Remise harrt schon der Wagen- Sich umzukleiden, schlüpft die Braut hinaus. Die Gäste werden noch bis zum Morgen bleiben. Wie sie lärmen und jubeln und pokuliercn! Hier im Flur aber ist's jetzt still; alle Gäste sind jetzt im Gastzimmer und dessen Tür ist geschloffen. DaS Gesinde aber feiert in der Küche; — wo mag Stephan, der Herzliebste, sein? Gewiß prüft er draußen die Pferde, daß sie seine Jlonka auch sicher heimbringen. Ein Gefühl der Wehmut beschleicht die junge Frau, nun sie das Vaterhaus verlassen will. Doch das Glücksgesühl siegt und eine heiße, selige Er regung, die sie vergebens zu meister» sucht. Wo mag nur die Milka stecken? Sie sollte ibr helfen, die Flechten aufzunestcln, wie sich sür eine junge Frau zu tragen gebührt. Horch — ist das nicht der Schwester Stimme? Toch wie fremd sie klingt, wie gepreßt! Mit wem spricht sic da? Und wo? Jft's möglich, in der dunklen Vorratskammer? Und nun weint sie gar? Ein Gefühl der Beklemmung erfaßt Jlonka, ohne daß sie weiß, warum. Die Schwester ist un glücklich, so schein! es Und sie weiß nichts davon? Warum hat die Milka sich nicht ihr anvertraut? Und wer nur ist jetzt ihr Vertrauter? „Sprich's »och einmal auS, daß Du mich liebst," dringt cs an Jlonkas Ohr, „und gefreit hättest, wenn Du mich gekannt, bevor —." DaS übrige erstirbt in wildem Schluchzen. Lehrjahre. Nommi von Emmy v. Borg siede. 48! (Nachdruck verboten.) Er ging leise hinaus, angeblich, um »ach Herman» zu lebe», der in dem Hinlerstübcheu »ntcrgcbrachl war, in Wahrheit abcr, um Wolf Zeit zur Sawmlnng ;n »eben. Ler Graf war lief erschiincrt. Die schlichten Worte des Briefes baltcn alle Wnnocu seiner Brust neu geöffnet. Er baue cs ernstlich versuche» wellen, sie zu vergessen, cs gab ja so viele reizende Weiler. Warum gelang cs ibm bisher lischt? Sic stand deutlich, lebendig vor ibm! Wie vertrancusvoli und zagend sic feine Nähe duldete, wie sie niuer seinem Kuß erbebte! Nein, nein, e- war alles, alles au-- und vorbei! Hiugchcu und bekennen: „Ich war ungerecht, ichhabc mich übereilt!" das könnte er vielleicht, abcr sich von ibr zurnckgewiescu zu scben, das ertrüge er nicht. Und das würde die umcblbare Folge seiner An- nähernug sein! Wie könnte die stolze, starkgeisligc Irene ibm je verzeihen! Dann öffnete er halb mechanisch,nnrseincm Pflichtgefühl gehorchend, Heumanns Brief, der Irenes Namen nnzäbligemal enthielt. Das Schreibe» des alten Mannes zeichnete sich keineswegs durch große.Klarheit ans, im Gegenteil, trotzdem aber wurde es Wolf sofort klar, das; in Liudenhof etwas nicht in Ordnung war. Und dann wußte er lächeln. Sein alter, weiberscindlicher Ver walter begeisterte sich für eine Dame: nud diese war Irene. Wenn Fräulein Maiuan nicht gewesen, Ware all der reiche Gottessegcu, das Obst, verdorben! Sie hatte für die kranken Dorflente gesorgt, sic fuhr auch nicht mit zn Prinzeß Thea! Sie wollte haben, daß die Fran Gräfin nach oer Wirtschaft sah u. s. w. Ernstlich besorgt gemacht durch diese Nachrichten, konnte der Graf kaum anders, als der Mahnung des Alten, Getreuen, zur Heimkehr iiachzngeben. Es war das erste, was er dem eintretenden Martin milleilte. „Sie haben mir meine gutgcmciutcn Worte von vorhin übclgenvmmcn, Linoberg?" fragte dieser bestürzt, „das thnt mir aufrichtig leid." „Nordfcld. ich versichere Ihnen auf mein Ehren wort, nein! Sic wären doch garnicht mein Freund, wenn Sic cs nicht versuchcn wollten, diese schmerzende Wunde zu heilen." Die bciocn Männer drückten sich ernst und lange die Hand. , Micb rufen Mißstände »ach Lindcnhof, welche die Verwaltung meines Neste» geschaffen, wenigstens meint mein alter Heumann das. Ich verlasse Sie ungern. Tic Wcli mit ihrem eitlen Jagen ist mir cntfrcnwcl, abcr nm meines Bruders willen, den cs unglücklich machen würde, darf ich seinen Sohn nicht verlassen." Hermann war über die plötzliche Abreise seines GcbieicrS geradezu untröstlich und bestand darauf, mil- znfahrcn, was Wolf unter keinen Umständen duloen wollte. „Sie müssen doch selbst einsehen, Hermann, daß Sie noch sehr der Ruhe .und Schonung bedürfen und mir also eher hinoerlich als nützlich wären." „Aber wer besorgt des Herrn Grafen Gepäck nnd Fahrkarte?" „Es muß eben einmal ohne Sie gehen", lächelte Lindberg, „wenn wir wieder znm Rennen fahren, werde ich Ihnen Arbeit genug machen. Also bleiben Sic ruhig bei dem Herrn Pastor, bis Sie ganz gcsnud sind dann findet stch alles weitere." „Wie soll 'ch Ihnen für alle Ihre Güte danken, Herr Gras", - dabei drüsttc Hermann des Edclmanucs Hand krampfhaft wieder und wieder — „nein, solch einen Herrn gicbt cs sicherlich nicht mehr. Wenigstens soll mir des Herrn Pastors Anne den Koffer und das Beug bcreinbringcn, damit ich cinyaclen kann." „Wenn Ihre Kräfte das erlanbeu, soll es mir lieb sein." Seinem Herrn diesen Dienst zn leisten, liest sich Her mann nicht nehmen, und Marlin hatte nach Wolfs Ab reise ieiuc ganze Beredsamkeit anfznbieten, um den Kranken zn trösten und znr Geduld zn veranlassen. — Wolfs Depesche: „Ich komme morgen!" traf in Lindcnhof ein, als man im Garten den Nachmittags kaffee cinnahm. Eine bäuerliche Sitte, wie Reine nase rümpfend sagte, die Kurt eingeführt halte, weil er dann nochmals einer kleinen Erholung bedurfte. Tie junge Gräfin fuhr mit einem lanien Frendeuruf von ihrem Siv empor. Golt fei Dank! Endlich kam er heim! Endlich würde sie die Schreckgespenster unbezahlter Rechiinngcn los werden, die nun doch allmählich an- siugeu, lästig zu werden. Lisa wurde flammendrot, ihre Ahnung hatte sie also nicht betrogen, nur Kurt nud Irene sahen sich mit schneeweißem Gesicht wortlos in die Augeii. Dem Manne war, als senkte sich die drohende Wolke, die io lange über seinem Haupte ge schwebt, schwer und erdrückend auf ibn nieder. Weiler und weiter entschwand das rettende Land seinen Blicken! Tein leichtlebigen Offizier hatte Wolf manche unnötige Ausgabe verziehen, weil er cs mitfüblen konnte, das; ein AnSschlicßcn im Kreise reicher Kameraden nicht immer möglich und leicht war, dem verheirateten Mann würde er mit Recht das Geschehene zum Vorwurf machen. „Kurl, wie siehst Du aus!" rief Lisa erschreckt, „bist Du krank?" „Es kann wohl sein — mir ist schwindlig." „Dn bist zn lange auf dem Felde gewesen, Dn mußt Dich entschieden ausrnhcn", mahnte Reine, „als ob Heymann das nicht besorgen könnte!" Mit einem traurigen Lächeln schaute Irene auf den znsammcngebrvchcnen Mann, um den die Wasser des Levens in wilden Wogen brandeten. Anch ihr war unsagbar weh zu Sinn. Ihn wicderseheul Herrgott im Himmel, würde sie es denn überhaupt ertragen! Ihr war schon jevt, als müsse ihr Herz breche» bei diesem Gedanken! Wie konnte sie so elend, feige und willenlos sein! Sein glühender Knß brannte wieder auf ihren Lippen, mit einem strahlenden Liebeslächeln »cigle er sich über sie. „Irene, ach Irene, was ist Dir? Dn siehst ans, als ob Dn sterben willst!" rief Reine plötzlich angstvoll. Sie fürchtete nichts mehr, als Krankheit nnd Tob. „Gehe doch lieber hinein, bis Dir besser ist." „Mir fehlt nichts, Dn kannst ruhig sein." Langsam fuhr der Wagen mit Wolf durch die Felder. Sein Auge schweifte über dieses Sluck Erde, das sein ist, wie liebkosend. Es ist doch ein eigen Ting nm die Heimat. Unsichtbare, doch unzerreißbare Fädcn gehen aus von ihr und halten den Fernen gefangen. Jeder Banin, jede Scholle erzählte hier von den Lind bergs, die einst hier wandelten, die lebten und kämvnen gleich ihren Enkeln. Ta lauchte ans einem Stoppel selbe etu Reiter ans. Ter Graf liest den Wagen halten, er wußte, daß es sein treuer Heumann war, der ihm entgegen kam. Freundlich streckte er ihm die Hand entgegen. „Guten Tag, mein lieber Alter, steigen Sie ein. Nur ohne Ziererei. Ibr Brauner wandert ja anch ohne Sie nach Hause. Und null erzählen Sic mir, bitte, einiges ans Lindcnhof." „Herr Graf, ich weis; nicht recht, wo ich beginnen soll." „So werde ich fragen! Also erstens: Sind Sie noch mit meinem Ncffeu zufrieden?" „Gewiß, gewiß, in der Wirtschaft sind der junge Herr unermüdlich lhäiig, abcr, aber — Herr Graf, Sie wisjen, daß ich ei» alter, treuer Diener Ihres Hanfes bin und nur Ihr Bestes will! Kurz heraus, an allem ist die junge Fran Gräfin schuld. Wenn das Fräulein Mainau nicht gewesen, die doch manches ins rechte Geleise gebracht hat, ich glaube, ich wäre gestorben vor Aerger. Und wenn sie nicht gebeten baue, über meine Lippen wäre kein Wort gekommen. Zu schwach ist der Herr Kurt und das sei Golt geklagt. So klein sitzt er unter dem Pantoffel seiner Fran. Und wenn diese Fran Fränlein Jrcnchen wäre, meinetwegen, ich hätte garnichts dagegen. Nun sollte natürlich der alte Hey mann helfen, ja, wenn ich nur gewußt hätte, wie!" (F. f.) Orsksl^srLsiäsnksus Lis§knscl k'nscls.OksmnilL. UÄNT
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)