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Meine Chronik. * Erdbeben in Deutschland. Erdstöße von ziemlicher Heftigkeit wurden im Südmesten Deutsch lands, in der Gegend von Freiburg i Br, Kolmar, Badenweiler usw. wahrgenommen; das Erdbeben schickte seine Wellen bis in die Schweiz, wo es auch an vielen Orten registriert wurde. Die Erd stöße waren so heftig, daß die Fensterscheiben der Häuser laut klirrten, die Möbel sich verschoben, Uhren zum Stillstand gebracht wurden und andere Anzeichen, die ein heftiges Beben verraten, auf traten. Leute, die sich im kritischen Moment die Schuhe schnürten, fielen um. In Kolmar war das Beben, das mehrere Sekunden währte von starkem, untenrrdischcm Getöse begleitet Es handelt sich bei diesen Erderschüttenmgen, wie Prof. Dr. Branca im „B. L.-A." aussührt, um ein sog. tektonisches Erdbeben, das seinen Grund hat in Schollcnverschiebungcn der Erdoberfläche, eine be sondere Gefahr für die betroffenen Striche also nicht bedeutet. Tie ganze Rheincbcne ist ein Ge biet ummsböllicher Erdbeben. Zwischen Schwarz wald und Vogesen erstreckt sich em langer, graben- sörmiger Strich, der immer sällt und so die Rhein- ebene ständig abfiuken läßt. Tie Verschiebungen sind diesmal besonders stark gewesen. Ncbcrjchwlrumurgcn in Südsranlrcich. Aus Toulouse wird gemeldet, daß die ganze von dem Flüßchen Anipi durchslrömtc Geccnd zwischen Castel- naudarh und Revel vollkommen verwüstet sei Sämtliche in dem Tale des Ampi gelegenen Fabriken wurden überschwemmt, mehr oder weniger beschädigt und außer Brricb gesetzt. In Saint-Popoul sind zahlreiche Häuser beschädigt, Brücken und Fußsteige über Flüsse wurden hinweggenssen, die Bäume längs der Landstraßen entwurzel', die Wege an vielen Stellen unterwaschen und ungangbar gemacht. Tie Straßenbahn non Castelnavdary nach Bclpech ist außer Betrieb gesetzt, da sich mehrere Erdrutsche aus der Strecke zugetragcn haben. Ter Posidicnst erleidet Verspätungen. Tas Flußbett des Sor be findet sich jetzt auf der Landstraße, die gänzlich zer stört ist. Im Torfe Turp t blieb nicht ein Haus intakt Die Onsbiückc ist wcggcrisscn, die Zu fahrtsstraßen sind unterbrochen, die Elcktrizüälsan c, >' -r-r»- AH vH T- «. Nr. 120. Sonnabend, den 28. Mai 1910. 37. Jahrgang. k lagen der Gegend völlig unter Wasser gesetzt. Eben so wurden die Kesselschmieden von Martinet und Turfort vernichtet. Im Departement Tarn ist das Tal des Saut verwüstet, der Scheden kann vor läufig noch uicht annähernd abgeschätzt werden. * 4V Husaren am Typhus erkrankt. In Kassel sind 40 Husaren unter thphusverdächtigen Erscheinungen erkrankt und ins Lazaret eingeliesert worden. Der Krankheitsherd beschränkt sich auf die Kaserne, in der Stadt ist kein Erkrankungssaü vorgekommen. Es sind alle Maßnahmen getroffen, um ein Umsichgreifen der Seuche zu verhüten. * 7 Personen au Trichinvfis erkrankt. In Steuschcwv (Pofen) erkrankte die aus sieben Köpfen bestehende Familie eines Besitzers nach dem Genüsse von Schweinefleisch, das vorher nicht untersucht worden war, an TrichinosiS. Ter Vater verstarb, während die Mutter mit den fünf Kindern schwer krank dem Krank«nhausc zugesührt werden mußte. * BergmanusloS. Auf der Zeche Hermann bei Bork a. d. Lippe wurden zwei Bergleute durch vorzeitiges Lvsgchcu eines Sprcngschusscs getötet. * Tödlicher Hinauswurs. In Grafenwiesen in Niederbayern wurde ein betrunkener Raufbold von dem Sobn des Brauers so kräftig zum Wirts garten hinvusgcworfcn, daß er mit zerschmettertem Schädel tot liegen blieb. * Tödliches Jagdunglück. Als der Hoflieferant Engeler aus Berlin in seinem Jagdrevier bei Birk holz einen Pirschgang unternahm, bei dem er das Gewehr geladen auf dem Rücken trug, stolperte er über eine Baumwurzcl und das Gewehr entlud sich. Die Kugel drang ihm in den Hiulcrkopj und sühne seinen sofortigen Tod herbei * Seine Frau und sich selbst getötet. In Darmstadt erschoß sich gestern mittag in seiner Woh nung der Wcißbindermeislcr Georg Hellmuth, nachdem er vorher seine Frau durch einen Schuß in die Schläfe getötet hatte. DaS Motiv soll in Zahlungssch i ierigkeiten zu suchen sein. * In gefährlicher Situation befand sich der im Ncwyorker Hasen liegende deutsche Dampfer „Prinz Friedlich Wilhelm", in dessen Laderaum eine Baumwolladung in Brand geriet. Eine heroische Haltung beobachtete die städtische Feuerwehr von Newyork; in schier übermenschlicher Anstrevgung gelang cs ihr, den brennenden Raum unter Wasser zu setzen und das Schiff zu retten. 19 Feuerwehr leute erstickten c llerdings beinahe in dem Oualm, sie wurden bewußtlos dwongetrageu. * Neun Zuchthäusler zum Tode verurteilt. Das Kriegsgericht in Mohilew (Rußland) verurteilte neun Zuchthäusler, die am 12. März die militärische Begleitung eines Eiscnbahnzugcs überfallen halten, zum Tode. * Hvtelbrand. DaS vornehme Hotel Champlain am Ufer dcS malerischen Champlains«? in Amerika ist in Flammen aufgegangcn. Das Hotel wurde nicht selten als das feinste und luxuriöseste be zeichnet, das Amerika aufzuweisen hat. Man schätzt den Schaden auf mehrere Millionen. Menschen kamen bei dem Brande nicht zu Schaden. * Eiu bäuerlicher Sozialpraktiker. In Götzendorf in Niederbayern hat ein vereinsamter, wohlhabend verstorbener alter Bauer sein ganzes Vermögen mit Haus und Hof seinen fünf Dienst leuten vermacht. Zwei davon waren 30 Jahre bei ihm, die anderen 10 Jahre. Essind Geschwister und Geschwisterkinder, die den jetzt ihv.cn gehörenden Hof gemeinsam weiter bewirtschaften. * Spiele nicht mit Schießgewehr. Ter Oberleutnant Redelhammer in Berlin zielte mit seiner Browningpistole, die er für ungeladen hielt, im Scherz auf die Frau des Bankdircktors Schimck. Die Waffe entlud fick und die Kugel traf die Frau in die Brust. Als der Oberleutnant sah, was er augerichtet hatte, schoß er sich eine Kugel in den Kops, die ihn sofort tötete. Tie Fran ist lebens gefährlich verletzt. * Ein Roma». In Paris erschoß sich dcr Graf Danilow, einer dcr reichsten Aristokraten Rußlands, aus unglücklicher Liebe. Ter Gras hatte mit seiner jungen Frau in bestem Einvernehmen gelebt, als er in Paris eine hübsche HalbwcUlerin kennen lernte, die eS verstand, ihn ganz und gar an sich zu fesseln Tie vernachlässigte junge Frau schwieg eine zeitlang, schließlich stellte sie die Forderung, nach Rußland zurückznkchrcn. Ter Gras sagte schein bar zu, begab sich zu der Geliebten und schoß sich hier eine Kugel in den Kops, die ihn sofort lötete. * Tiamtfische Zwillinge. In einem Groß- Wardeiner Krankcnhause brachte eine Bäuerin zusammengewachsene Zwillinge zur Welt, die aber bald nach der Geburt starben. Die Mißgeburt hat ein gemeinsames Herz und eine gemeinsame Leber, dagegen zwei Köpfe und vier Beine. Handels-Nachrichten. Berlin, 26. Mai. Wechsel-NurS. Amsterdam S Taxe 163,25 do. 2 Monate —, Brüssel 8 Tage 80,85 do. 2 Monate —.— Italien. Plätze 10 Tag- 80,55 do. 2 Monate —.— Kopenhagen 8 Tage l 12,30 Scheck London 2'1,50 London 8 Tage 20 48 do. 3 Monate 20 315 Madrid New-Hork riet» Scheck Pari« 14 Tage 76,00 4,20'/« 81,15 Lari« 8 Tage —, — do. 2 Monate 80 80 Petersburg 8 Tage —. — do. 3 Monat« —.— Schweiz 8 Tage 8105 Slockh. Gotbenb. 10 Tage 112 30 Warschau 8 Tage 84 075 Wien 8 Tag« do. 2 Mona!« —,— 20-ftran!S-Stücke 16,235 Oesterreich. Banknoten 85,05 Rufi. Banknoten 216,75 ReichsbankdiSkLnl 4'/. PrwatdiSkont 3'/«°/. Magdeburg, 26. Mai. »orazucker «xtlustve 8t proz. R-ndemenl —Nachprod. exllus 7: proz Ren- demeul ——,—. Stimmung: ruhig. Brolrafsinade 1 25,28—25,50. Kristallzucker t —,—. Gem. Raffinade 25.00—25,25 «em. Mel. 2450—24,75. Slim.: stetig. Rohzucker t. Produkte Transito frei an Bord Hamburg per Mai 15,07'/, Gd., 15,15 Br., per Juni 15,o7>/, «o., 15,12',. «r., per Juli 15,10 »d, 15,15 «r., per August 15,15 Gd., 15,20 «r., per Oklb.- Dezbr. 11,85 Gd., 11,80 Br., per Jan.-März 11,05 Gd., 12,00 Br. Stimmung: Ruhig Hamburg, 26. Mai. Weizen flau. Mecklenburger und Holsteiner 207.—. Roggen stetig. Mecklenburger und Holsteiner 137—145, russischer 104.00. Gerste stetig, Hafer ruhig. Mais mall. La Plata 103.50. Welter: Bewölkt. Saummave. Bremen, 26. Mai. Offizielle Notierungen der Baumwollbörse. Tendenz: ruh. Upland middl. loko 76,75.