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WenstüMnsttWer Anzeiger Tageblatt für Kohenstetn-ErnsNhal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdors, Bemsdors, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund re. Der .«ohenstetn-Lrnstthaler- Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage «»glich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle MK.1.L5, durch die Post bezogen (autzer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern «0 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts» und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Äatserl. Postanstalten und die Landbrtefträger entgegen. Als Extra beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonntagsblatt'. — Anzeigengebühr für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Baum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.: tm Reklameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen sinden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen-Annahme für di« am Abend erscheinende Nummer bis vormittags lt Uhr, grützere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird mbglichst berücksichttgt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte mach! sich die Redaktion LiLlsl8iskriLt8lLLLre:lLl8«LlLLrs:srtLlLisersriLiLer<seriLLrertLL!LtLlLlLe: nicht verbindlich. LsrtLererLLtLertLtLLtLsiLiseLeLLLiLLLLLLeriLlLcLLLlLtLcLcLLtLLLrlLLLr Nr. 108. Freitag, den 13. Mai 1910. Fernsprecher Nr. 151. A-jchsMst-n- B-hnftr. s. 37. Jahrgang. Der 1. Termin Einkommen» und Ergänzungsstener LSI« ist spätestens bis den IS. Mai d. I. an die OrtSsteuereinnahmc, Rathaus Zimmer 1 links, zu bezahlen. Oberlungwitz, am 11. Mai 1910 Der Gemeindevorstand. Der Thronwechsel in England. Der neue König Georg V. hat sein Volk auf gefordert, da- Andenken an den verstorbtnen König durch daS Trag«» von Lrauerkleidern auch äußer lich zu ehren. Dieser immerhin nicht überall ge- bräuchlichen Aufforderung hätte eS in England kaum bedurft, denn auch ohne sie tragen alle bester Situierten Trauerkletdung. Daher der immense Bedarf an schwarzen Kleiderstoffen, di« zum großen Teil auS Deutschland bezogen werden, während die Pariser Modeartikel keinen Absatz finden. London macht den Eindruck einer Lrauerstadt. Bon den meisten Häusern wehen auf Halbstock ge hißte Fahnen, zahlreiche Geschäfte weisen Trauer- dekorativ»«» auf. Der großes,Feflzug de» Weltreichs", der im Juni i« Londoner Kristall-Palast hätte stattfinden sollen, wurde auf daS nächste Jahr verschoben; dagegen wird die britisch-japanische Ausstellung am Pfingst- Sonnabend eröffnet, jedoch ohne osfijielle Feier. Die Feiertage sollen dem Wunsche des König- ge mäß der Erholung und dem Vergnügen gewidmet werden. Allgemeine Landestrauer ist andrerseits vom heutigen Donnerstag ab angeovdnet worden. Die Aufbahrung der Leiche König Eduards findet nicht im offenen, sondern im geschlossenen Sarge statt. Ein Erlaß deS neuen Königs an die Armee dankt dieser für die dem toten Könige geleisteten Dienste und sichert die Fürsorge deS gegenwärtigen für daS Wohl und die Tüchtigkeit deS Heeres zu. Einen besonderen Dankerlaß erhielt Indien. Die Königin-Mutter Asixandra dankt dem englischen Volke in einem ungemein herzlichen Schreiben für seine große Teilnahme. „AuS der Liefe meine- armen, gebrochenen Herzens", so heißt eS darin, „wünsche ich dem ganzen Volk«, daS ich so sehr liebe, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen für den rührenden Ausdruck dcS Mitgefühls in meinem unaussprechlichen Kummer. Möge Gott uns allen helfen, dies schwerste Kreuz zu tragen, daS er uns auserlegt hat. Ich vertraue meinen lieben Sohn Eurer Fürsorge an in dem Bewußtsein, daß er in des Vaters Fußtapfen irrten wird, indem ich Euch bitte, >hm dieselbe Treue und Ergebenheit zu beweisen, die Ihr dem Vater erwiesen habt. Ich weiß, daß mein lieber Sohn und meine Schwiegertochter ihr Aeußerstes tun werden, um sie zu verdienen.' Aus diesem Brtcfe klingt ein so tiefer Schmerz heraus, daß man es begreift, wenn trotz des halbamtlichen D> mentis die Gerüchte von einer ernsten Erkrankung der Königin-Mutter nicht verstummen wollen. Aus der vorschriftsmäßigen Erklärung des König- bet der Thronbesteigung soll zur Be schwichtigung der katholischen Staatsangehörigen England- folgender PassuS ausgeschieden werden: „Ich erkläre, daß die Anrufung oder Anbetung der Jungfrau Maria oder irgend eines anderen Heiligen ynd die Zelebrierung der Messe, wie fie jetzt von der römischen Kirche gehalten wird, aber gläubisch und götzendienerisch find". Die letzten Worte sollen durch die Wendung „meinem Glaubt n entgegengesetzt find" ersetzt werden. Ein Gesetz entwurf, der zu diesem Zwecke eingebracht wurde, wird nur von den extremen Protestanten des Parlaments bekämpft werden und zweifellos mit großer Mehrheit zur Annahme gelangen. Die beiden Worte, die jetzt durch mildere ersetzt werden sollen, waren seit der Thronbesteigung des Königs Wil helm im Jahre 1689 im Gebrauch. Interessant ist es, daß trotz ihrer der König von England den Titel führte: Verteidiger des Glauben-, d. h. deS katholischen. Außer dem erwähnten Gesetzentwurf wird daS Parlament auch die Feststellung der königlichen Zivilliste zu erledigen haben, die sich auf 7 700 000 Mark stellt, wovon nach Abzug von Gehältern, Pensionen usw. dem Könige jedoch nur etwa 2 Millionen M. zur freien Verfügung verbleiben. Da der Thronfolger Prinz Albert Eduard erst 16 Jahre zählt, so muß auch an die Eventualität einer Regentschaft gedacht und auch diese Frage vom Parlament erledigt werden. Wie das „Reutersche Bureau" erfährt, wird der Sarg mit der Leiche König Eduards am Dienstag vormittag 11*/, Uhr nach der Westminsterhull überführt werden, wo er am Mittag eintreffen wird. Der Weg, den der Zug nehmen soll, ist noch nicht endgültig festgestellt. TageSgeschichte Aus dem sächsische« Laudtsge. In der Ersten Kammer nahm gestern bei Be ratung des Kapitels Universität Leipzig Geheimrat Profiffor Dr. Wach Gelegenheit, die Angriffe d>s Abg. Keimling in der Zweiten Kammer auf die LandeShochschule in schärfster Form zurückzuweisen. Niemals habe die Regierung die Selbständigkeit der Universität angetastet, und stets habe die Uni versität die Wissenschaft als Wahrheittsorschung betrieben. Redner schloß seine warmen Worte mit der Versicherung, daß man unserer altberühmten Hochschule auch in Zukunft Vertrauen schenken könne, und Kultusminister Dr. Beck versicherte ebenfalls, daß es daS unausgesetzte Bestreben der Regierung sein werde, unser kostbarstes Juwel, die Universität Leipzig, auch in Zukunft auf ihrer jetzigen Höhe zu erhalten. Im übrigen nahm die Kammer noch den Gss-tzentwurf über die Gemeinde- osrbände «u b1oe ohne Debatte an. — Die gestrige Sitzung der Zweiten Kammer brachte zurrst eine etwas erregte Auseinandersetzung zwischen dem Abgeordneten Merkel und Vertretern der Regierung über die Richtigkeit der von beiden Seiten vorgc- brachten Zahlen. Später gab eS noch eine Debatte aus Anlaß der Beratung des Antrages Fräßdorf, die Vergebung staatlicher Arbeiten betreffend, und Besprechung der sozialdemokratischen Interpellation über die Bauarbeiter-Aussperrung. Von allen Seiten wurde aber zum Frieden geblasen und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß dieser Kampf bald ein Ende finden möge. Auch Staatsminister Gras Vitzthum versicherte, daß die Regierung vollste Parität wahre. Heute müssen nun beide Kammern versuchen, die vielen entstandenen Differenzpunkte auSzuglnchen. Austritt de» Abg Merkel au» der national- liberale» Partei Der sächsische Landtagsabgeordnele Merkel- Mylau, der auch zugleich das Amt eines Rcichs- tagsabgeordneten bekleidet, ist aus der national- liberalen Fraktion des Landtages wegen Differenzen ausgetreten. Er dürfte sich voraussichtlicher fort schrittlichen Volkspartet anschließen. AuS Anlaß der Moltke-Frier i» der Walhalla richtete Prinzregent Luiipold ein Telegramm an den Kaiser, in dem er seiner Genugtuung darüber Ausdruck gab, daß nunmehr auch der große Heerführer im deutschen RuhmeStempel den Ehren platz an der Seite seines kaiserlichen Herrn ein nehme. Der Kaiser dankte herzlich und erwiderte, die Aufstellung der Büste sei nicht nur eine solda tische Huldigung, sondern auch eine nationale Tat, sür welche er, an der Spitze der Armee und im Namen der deutschen Nation aufrichtig danke. Roosevelt» Besuch i« Berit» An der großen militärischen Uebung auf dem Döberitzer Felde am Mittwoch, die insofern hoch- interessante Momente bot, al- sie Szenen au- dem südwestafrtkanischen und dem kubanischen Feldzuge darstellte, nahm auch der Kaiser teil. Die Teil nahme des Monarchen war bis zum letzten Augen blick zweifelhaft geblieben. Die Uebung war durch ein ausnahmsweise mildes und sonnige- Wetter begünstigt, sodaß auch die Aerzte des Expräfidenten diesem die Teilnahme, die ebenfalls wegen seiner Heiserkeit in Frage gestellt war, gern gestatteten. Roosevelt zeigte höchste- Interesse an der Uebung. Der „Lolonel" hat ja früher, im kubanischen Feldzug, das Krieg-Handwerk selber aktiv ausge übt, und man erzählt manche tapfere Tat von ihm. Seine Reiter allerdings sahen ihn mit abergläubischen Augen an, da der „Lolonel" gegen Kugeln gefeit schien. Er war einmal an der Spitze einer attackierenden Truppe von 600 „rauhen R-üern' gegen den Feind gestürmt Als er sich kurz vor der feindlichen Schützenlinie umschaute, mußte er bemerken, daß ihm von den KOO nur 16 Reiter gefolgt waren. . . . Hatte der Kaiser tags zuvor seinem Gast persönlich die Potsdamer Schlösser und Sehenswürdigkeiten gezeigt, so machte er auch bei der Uebung den Führer, seinen Gast bald zu Pferde, bald im raschen Auto an die interessant» sten Punkte bringend. Die Absicht, das MiUtärluftschiff „M. 111" an der Gefechtsübung teilnehmen zu lassen, mußte aufgegebeu werden. Bald nach Anfang der Uebung kam ein so heftiger Wind auf, daß da» Luftschiff in der Halle bleiben mußte. Die schleunige Flucht de» deutsche» Retch»tag» in die großen bis zum 8. November währenden Ferien Hal dazu geführt, daß daS Kaligesetz gründ- Kei ZonnrnnnterMng. Littauischer Roman von M. von Wehren. L8l (Nachdruck verboten.) „Lengnen Sic nicht, es ist nicht richtig mit Ihnen! Wahrscheinlich ist Ihnen die Waldfee begegnet nnd hat Sir behextl" „Zerkratzt bat sie mich, meine Herrschaften, wie Sie an der Runenschrift in meinem Besicht icken, weil ich imr erlaubte, in ihrem Gebiet zu übernachten, nnd von diesem Kampf mit überirdischen Gewalten fühle ich mich noch etwas matt. Eigentlich sollte ich mich schämen, es cinzugcstehcn: früher war das anders, da mackien mich Strapazen, lange Fußtouren immer widerstandsfähiger." „Es ist für mich augcnbiicl.ick ein grober Genuß, in IhrerMitte zn sitzen und zuzulu rcn; inzwischen kommt schon die gme Laune wieder. Gr muß ja auch einmal Aprüwettcr sein, nicht Wahr, Fräulein Rose?" „Meine ich nicht, jetzt im Her! sk, wo das Wachstum nicht mehr geschädigt werden kann durch znvicl Regen oder Sonnenschein. Die düstere Rocht der Herbsttage kommt wohl erst im November, warum sie jetzt schon uns vor Augen führen?' „Sic sind mir also auch böse. Fräulein Rose? Am Vormittag, meine Freunde, war meine Schülerin ziemlich rebellisch aufgelegt: darf sich der Lehrer das gefallen lassen, alter Herr?" „Mich, bester Freund, lassen Sie ans dem Spiel; ich habe vergessen, was in der Zeitpcriode Komment ist." „Nun, dann muß ich mich bescheiden oder mir selbst Gcnngthunug schaffen. Haben Sie gar keine Angst vor mir, Fräulein Rose?" „Nein, Herr Romberg, Sie sind zu gerecht, um mich für etwas zu bestrafen, was nach mcmcr Ansicht keine Strafe verdient. Kann ich Ihnen üaerdies, eine Tasse Thee einschenken?" - ;. , „Gewiß, ich warte schon jchmüchlig auf meine Portion, um später den herrlichen lingarwcin zu ver suchen, der von vorzüglicher Güte ist." „Wohl auch geschmuggelt, Herr Wilmsen?" fragte scherzend Wöge. „Wah schcinlich, wenn ich auch nicht direkt beteiligt bin. Der Zoll ist zn hock, sodaß wir nächstens alle znm Schmrggeln greisen werden, nm etwas Ordentliches zu erhalten. Dieter ist ans polnijcken Klosterkellern herübcrgekommen und sehr alt. Tie Franzosen haben nichtig darnach gesucht nnd der Mühle manchen Schaden zugefägk, da inan ihnen den Wcinvorrat verraten Halle. Sic fanden aber das 'Versteck nicht und so soll es auch bleiben, nicht wahr, Karl, wenn sie mich ans dem alten Friedhof cingraben nnd Dn ans Nndcr kommst." „Ach, Baier, daran denke nur noch lange nicht.' „Run, wie Golt will, mir solls reckt sein, wenn Du nur etwas luftiger würdest. Sitzt der Junge da, sein sittsam wie ein zimperliches Mägdlein. Wozu habe ick Dick fvrigcgcbcu? Doch nicht, um Tick und nnS tolznschwcigcn. sondern nm uns zn unterhalten. Das ist eine takramenliichc Manier, das ewige Lulle- sein!" Ter 'Alle snhr sich erregt mit dem Taschentuch über das crhihlc Gesicht. „Aber Vater, warum bringst Du mich in den Vordergrund?" „Weil ich Dein Wesen nickt ertragen kann. Du gehörst eigentlich nicht unter Menschen, die froh nnd heiter sind, sondern in das Trappistenkloster!" „So tadle dock nicht immer an mir herum, das ist doch nickt angenehm und ganz interesselos für die andern. Es bedarf einiger Anregung bei mir, nm warm zu werden; so schlimm, wie Tu es aber machst, ist cs doch nicht. Ick kann doch meine Natur nicht gewaltsam ändern!" „Leider, und das regt mich immer ärgerlich auf. Wenn Tu nur einmal einen dummen Streich macktest! Bist dock keine alte Jungfer! Ick glaube, Junge, Dn hast noch nie ein Mädchen geküßt!" ' „Alle Wetter, -en Vorwnrf würde ich mir nicht macken lasten, junger Herr, ohne das Gegenteil zn be weisen!" rief Wöge in ungebundenster Weinlaune. „Uebrigens glaube ick, Herr Wilmsen, wird er Sic nickt znm Zeilgen nehmen, wenn er die Absicht hat, es ans- znsühren." Der junge Mann errötete bis an die Stirn, schwieg aber. „Aber Bruder, was sind das für Reden! Wohin sind die Herren gcraien? Ich kalte diese Art der Unter haltung in Gcgenwan nwerer 'Richte nicht für passend, Dn setzest das Kind nur in Verlegenheit." „Na, Alte, Du bist komisch nnd scheinst die jungen Mädchen falsch zu beurteilen. Ein Küßchen in E! i kann niemand wehren. Wenn ich Karl wäre, w.. .c ich schnell unseren Sausewind diese Wissenschaft lehren." Romberg rückie unruhig auf seinem Stuhl hin nnd her und sein bleiches Gesicht färbte sich ein wenig. Wöge lachte hell auf: „Ja, ich versuchte cs auch, wenn ich das Glück hätte, der Vetter von Fränlcin Rose zu sein." „Und ich bin überzeugt, mein Herr, daß Sie diesen gewagten Sckerz nicht ansführen würden; nm in dieser Weise vorzngehen, gehören andere als Vetterrechte." Ihre Augen hatten einen wunderbaren Ansdrnck angenommen; einen Augenblick streiften sie Romberg, der wie traumverloren und glückstrahlend vor sich hinsah. „Nun, das ist eine eigentümliche Auffassung von Dir, Rose", fuhr erregt der junge Wilmsen auf, und seine Stimme klang beleidigt. „Das ist doch von Dir eine Schroffheit, an die mich Deine Schwestern nickt gewöhnt haben. Bin ich Dir so gleickgülng und un angenehm?" „Sprich nicht so unklug, Karl, das nimmt der Sache das scherzhafte Gepräge, was Onkel dock nur bezweck! Hal. Du hast mich selbst als Kind nicht an dergleichen Liebkosungen gewöhnt, und jetzi habe ich die Kiuoenchnhe doch wohl abgelegt." „Jawohl, 'Rosel, Du wirst in acht Tagen siebzehn Jahre alt", fuhr die Tante dazwiicken. „Na, eben deshalb", brummte der Onkel, „da heiraten bei uns Littauern schon die meisten Dirnen." „In Berlin auch", rief Wöge dazwischen, „wenn sie nickt häßlich wie die Nacht oder arm wie die Kirchen mäuse sind." „Siehst Du, Sauscwind", wandte sich der alte Herr an seine Nickte, das angeregte Thema mit merk würdiger Zabigkeit verfolgend. „Willst Du denn nie heiraten nnd ohne einen Mann zu küssen ins Grab steigen, Kleine?" „Das sind Herzensfragen, einziger Oheim, die kann ich Dir jetzt beim besten Willen nicht beantworten; wirst darauf wohl noch etwas warten müssen. Du erhältst aber jetzt schon einen innigen Ruß von Deiner Rickie, mein allerbester alter Ohm! Höre aber nun aum auf, Deinen Sanscwind zn ärgern, sonst gehe ich fort nnd lasse Dich allein." Dabei bog sie sich über die Sofacckc und legte ihr Köpfchen an des Onkels Wange, während ihre Lippen seine Stirn berührten. „Da, nun geht sie mir aus dem Garn, die Schmeichel katze", brummte der alte Herr; „wenn ich aber Karl wäre, wüßte ich wohl, was ich thät — so behandeln ließe ick mich nicht." „Das wird er auch, lieber Onkel, nur mußt Du ihn nick; immer bevormunden wollen; nicht wahr, Belter? Wir wissen, wie wir miteinander dran sind, es bedarf keiner Schaustellung von Zärtlichkeiten. Ich bin fest überzeugt, Du wirst mich nie verlassen, niir stets ein ireuer Beschützer sein." „Ja, das werde ich, Rösel, ich könnte garnicht anders." „Nun aber ist's genug des Streites um Kleinig keiten: ich lasse die Herren allein und will das neue Liev probieren, Karl, das Du mir aus G. milgcbracht hast." „Das ist «in gnter Gedanke, Kind!" rief der alte Herr, „nur lustig muß es sein, sonst kann ich es nicht brauchen." , „Ja, singe, Töchterchen", sekundierte auch die Tante, „ich habe Dich lange nicht gchört." (Fortsesujig folgt-)