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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 10.05.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191005103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19100510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19100510
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-10
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 10.05.1910
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von Preußen, dem Bruder unser- Kaiser». Noch unter der Regierung der Königin Viktoria trug der Prinz einen Teil der Repräsentation-Pflichten. Er begleitete seinen Vater 1890 nach Berlin, um mit diesem im Auftrage der Königin den «in Jahr zuvor abgestatteten Antrittsbesuch unser» Kaiser» in London zu erwidern. Im Mai 1900 über» brachte der Prinz al» Vertreter der Königin Viktoria dem deutschen Kronprinzen die Glückwünsche der Herrscherin zur erlangten Großjährigkeit. Zu« dritten Male weilte der Prinz im Jahre 1902 in der Reich-Hauptstadt, um dem Kaiser die Glück wünsche seine« königlichen VaterS zum Geburtstage zu überbringen. Wie in seiner Heimat, so machte der Prinz und nunmehrige König auch in Deutsch land den Eindruck eine» ernsten und gediegenen Manne», dem volle- Vertrauen gebührt. König Georg V. ist ein überzeugter Friedensfreund, und eS darf erwartet serden, daß unter seiner Re- gierung die r tch.dmtschen Beziehungen sich günstiger gestalt» , verden. In einer BegrüßungS- ansprache sagte er vor zwei Jahren: .Von dem Geiste der Freundschaft zwischen den Nationen hängt der Fortschritt der Humanität ab." — Der Schlichtung de» tnnerpolitischen Streites Englands wurde König Eduard durch feinen plötzlichen Tod enrzogen. ES gilt heute schon al» auSgemacht, daß König Georg zur Entscheidung in der Velo frage deS Herrenhauses nicht an-' ufen, sondern daß diese Entscheidung durch ev sondere parla mentarische Kommission getroste, werden wird. In der auswärtigen Politik wird der König natur- gemäß die Errungenschaften seines verstorbenen VaterS festhalten. Die auswärtige Politik Eng lands lag während der letzten 9 Jahre zum wesent lichen Teile in den Händen de» beispiellos weit- schauenden König», de» großen Staatsmannes und feinen Diplomaten. Wie wett König Georg per sönlich auf die auswärtige Politik im einzelnen Einfluß nehmen wird. daS bleibt natürlich abzu- warten. ES genügt zu wissen, daß der neue König ein überzeugter und warmer Friedensfreund ist. Der überaus glücklichen Ehe des König- mit der Königin Marie entsprossen fünf Söhne und eine Tochter. Der älteste Sohn und jetztge Kronprinz Eduard Albert vollendet am 23. Juni sein 16. Lebensjahr. Die Kinder des gegenwärtigen König» werden so schlicht und einfach erzogen, wie es die de- König- Eduard wurden; aber sie find gleich diesen gesund an Körper und Seele und bilden den Stolz und die Freude ihn- Heimatlandes. TageSgefchichte Brr Kaiser ist gestern vormittag, von Wiesbaden kommend, auf Station Wildpark eingetroffen. Zum Empfang hatten sich eingefunden die Kaiserin mit der Prin- 'fin Viktoria Luise, der Kronprinz und die Kron- * 'zesfin, Prinz und Prinzessin Eitel Friedrich, Prinzessin August Wilhelm und Prinz Orkan Die kaiserliche Familie snhr vom Bahnhof nach dem Neuen Palai». Mdrr »i. Laufbah» dr- dautscheu Kronprinz«« verlau. aß der Kronprinz nach Beendigung der d< Zjähngen Manöver sein Kommando al» Bataillont- mmandeur abgeben wird, um erneut AuSdildungs- turse bei verschiedenen Zivilbehördeu, vor allem im Auswärtigen Amt, zu nehme». Auch eine längere Uebe»s«reise wird der Kronprinz unternehmen. Ehe dann der Kronprinz wieder Frontdienst (als Regimentskommandeur) tut, wird mindesten» der nächste Winter, wahrscheinlich ein oolleS Jahr ver- streichen. Gesellenprüfung preußischer Prinze». In Groß-Lrchterfelde bei Berlin fand die Ge sellenprüfung der Prinzen Friedrich Karl und Friedrich Siegmund, der Söhne des Prinzen Friedrich Leopold, als Schlosser und Tischler statt. Die Prinzen hatten ib Gesellenstücke zur vollen Zu friedenheit der P ufungSkommiffion avSgesührt, worauf sie freigesprochen wurden. Roosevelt» Reise noch Perlin. Eine Verzögerung der Reis; Lqrodor Roosevelt- infolge de» Ableben- König Eduards und der da durch bedingten Hoftrauer wkd nach dem .B. L.-A." nicht stattfindcn. Aenderunge" im offiziellen Pro gramm find allerdings selbst! kindlich, und es ist fraglich, ob Roosevelt gleich nach seiner Ankunft am DienStar, Gast dek Kaisers oder de- amerikanischen Botschafters sein wird. Der Vortrag an der Ber- liner Universität, der ebenfalls dem Thema de» Weltfrieden- gewidmet ist, findet programmäßig statt. Verschärfung der TeschästSorduuug de» preußische« Abgeordnetenhauses Das preuß.sche Abgeordnetenhaus nahm am Fr? den Antrag über die Verschärfung der Ge schäftsordnung in der Fassung Roeren an, wonach die Ausschließung eines Abgeordneten nur für den betr. Sitzungstag erfolgen darf. Die Sozialdemo kraten beteiligten sich an der Debatte nicht, Zum Hellfeldt-Prozrß. Der Publik^' nslermtn im LandgerichtSprozkß deS Hauptmau. Hellfeldt gegen den russischen FiSkuS ist auf .1 21. Mai festgesetzt worden. Hcllfcldt hatte bei einer deutschen Bank ein russisches Staatsdepot von 4*/, Millionen Mark pfänden lassen, in der Gache war aber der Kompetenzkonflikt erhoben worden. Die politische Seite der Affäre ist die, daß die russische Presse der tratschen Re- gierung den Vorwurf der BrüSkie .,ig Rußland» macht, — völlig zu Unrecht nal^ltch. — In zwischen ist e» übrigen- zu eine^ uen Zwischen fall in der Hellfeldt - Affär kommen. Der Dampfer „Anhalt" nahm im Ha^n von Tsingtau auf Befehl seines Eigentümer», de» Hauptmann- Hellseldt, eine Ladung Kohlen nach Gaiaon an Bord. Gegen diese Verwendung d«S Schiffes bi- zur Prozeßentscheidung erhob der russische Konsul bei der deutschen Marinebehörde Einspruch. Ler Kampf 1« deutschen Baugewerbe dauert in unveränderter Schärfe fort. Die Arbeit geberverbände von Berlin und Hamburg, die ihrer- seit« mit den Arbeitern Frieden gehalten haben, unterstützen nicht nur die allgemeine Aussperrung durch Beiträge, sondern sorgen auch dafür, daß kein au-gesperrter Bauarbeiter Beschäftigung findet. Die Arbeitgeber, welche die Zahl der AuSgesperrten auf 200000 beziffern, während die Arbeiter nur von 130000 AuSgesperrten «iffe», rechnen bereit» mit der Eventualität, daß die Bautätigkeit in diesem Jahre überhaupt nicht mehr ausgenommen wird. Unruhe» tu Deutsch-Oßafrika Die Landschaft Lüd-Njungu in Deutsch-Ost- asrtka wird durch räuberische Banden beunruhigt. Die Rebellen plünderten in regierungstreuen Land schaften und griffen auch eine ASkari-Patrouille an. Zwei Kompagnien ber Schutztruppe wurden gegen d»e Rebellen entsandt. Ein Umsichgreifen der Un ruhen ist unwahrscheinlich. Zu einer eigenartige» Knndgebnng kam e» in Wien. Mehrere hundert katholische ge schiedene Männer und Frauen erschienen in Be gleitung von Kindern vor dem Parlamenl-gebäude, um sür die Aufhebung jener Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu demonstrieren, die den Katholisch-Geschiedenen die Wiederverhetratung ver bietet. Die Sprecher der Abordnung erklärten ver. schiedenen Abgeordneten, die sich gegen diese Wünsche auSsprachen, e- würde ihnen schließlich, wenn ihre Bestrebungen keinen Erfolg hätten, nichts anderes übrig bleiben, al» sich der Los von Rom-Bewegung anzufchlteßen. Ein aufsehenerregende» Attentat wurde in Budapest auf den 73jährigen Direktor de- ungarischen LandeSkatholikenverbandeS, Dom probst Karl Szentiwanyi, auSgeführt Ern Offizier in Uniform überfiel den Priester auf offener Srroße und mißhandelte ihn so schwer, daß er sich blutend in da- Krankenhaus der Franziskaner flüchien mußte. Urber die Ursache des Attentates ist Näheres noch nicht bekannt. Krankreich Am gestrigen Sonntag wurden die 231 notwendig gewordenen Stichwahlen vollzogen, durch die das Wahlergebnis nicht wesentlich verändert wurde. Die Regierung verfügt m der Kammer über eine, wenn auch nicht besonders große Ma jorität. Die Wahlhandlung stand vielfach unter dem Eindruck der Londoner Katastrophe. Unruhe« i« Tibet- Tausend Chinesen der Garnison Lhasa sollen bei einem plötzlichen Ausstande der Tibetaner ge- tötet worden sein. Welche Ursachen die Revolte in dem chinesischen Vafallenlande gehabt hat, da rüber verlautet nähere» noch nicht. Sicher ist jedoch, daß die Verhältnisse in Tibet nicht so find, wie e» die Regierung in Peking wohl wünschte. Ohne Zweifel hat die Flucht de- Dalai Lama die Beunruhigung nur noch vermehrt, denn wenn auch die M-hrzahl der Buddhisten Tibet» sich mit seiner Herrschaft nicht einverstanden erklären konnte, so gab eS doch wieder zahlreiche Mafien, die dir Ab setzung der „Wiedervrrkörperuug Buddhas" durch die Pekinger Regierung als einen Eingriff in die reli giösen Besitztümer empfaadrn. Sächsischer Landtag. Die Zweite Kammer beschäftigte sich au» Sonnabend mit dem Gesetzentwurf über dir Reform de» höheren MädchenschutwesenS und stimmte ihm zu. Gegensätze entstanden nur zwischen der konser vativen Minderheit und der übrigen Mehrheit des Hause» über die Zulassung weiblicher Krä l. zu dem Amte der Schuldirektoren und die Streifung d«r drei untere» Klaffen. Teilweise erhob sich auch noch eine Opposition gegen die Gemeinschaftser ziehung. Die schließlich erfolgte Annahme de»Ge- setze» in der MehrheitSfafiung bedeutet noch keine Verabschiedung, da verschiedene D fferenzpunkte mit ver Ersten Kammer vorhanden find. Am Schluffe der Sitzung beantragte dann der freisinnige Abge ordnete Bcodauf noch Absetzung einiger Punkte von der Tagesordnung der heutigen Montagssitzung, um „gründlich" arbeiten zu können. Dieser Antrag sand aber nicht den Beifall de- Hauses. Im Gegenteil betonten einige Redner, daß man unter allen Umständen versuchen müsse, zum Schluß zu kommen. OertNcheS und TSchfischeS. *— Vom Halleysche» Komet«», lieber den Halleyscher, Kometen liegen interessante neuere Beobachtungen und Berechnungen vor, nach denen der vielfach mit Unrecht gefürchtete Durchgang der Erde durch den Schweis jenes berühmten Haar- fterns überhaupt nicht mchr so ganz sicher ist. ES kommt dabei einmal aus Lie Lage des Kometen. schwerseS zur Erdbahn am 19. Mai (Erdnähe de- Kometen) an und zweitens, waS die Hauptsache ist, auch aus die Länge seines Schweifes, die mindesten- über 25 Millionen Kilometer betragen müßte. Beide BestimmungSgrößen konnten bisher noch nicht mit Sicherheit sestgestellt werden, trotzdem daß der Halllysche Komet bereits von mehreren Sternwarten vor Aufgang der Sonne in der Morgendämmerung über dem östlichen Horizont beobachtet worden ist. Die Aufregung, die der wissenschaftlich hochinterefiante Komet Halley in erdeblichem Maße hervorgerufen hat, ist entweder gan, unberechtigt oder aber jedenfalls stark über- trieben. *— Wet1eran»stcht für^DienStag, den 10. Mai: Westwind, wolkig, kühl, zeitweise Nieder schlag. Zn« Schluß de» Landtage» Am Sonnabend mittag traten die Direktorien beider Kammern zusammen, um über den endgültigen Schluß de» Landtages zu beraten. Leider führte die Sitzung noch zu keinem Resultat, so daß am heutigen Montag abermals eine Sitzung stattfindet, in der die Direktorien mit dem Gesamlministerium tagen werden. Die Regierung steht auf dem ent- schiedenen Standpunkt, am 13 Mai den Landtag zu schließen. Da der Etat aufgearbettet werden muß, liegt die Annahme nahe, daß -««iffe Ge setze von der Regierung zurückgezogen werden müssen, di, erst im nächsten Landtage Erle- dtgung finden werden, z. B. da» Berggefttz usw. *— Vanmfrevler können sich folgende drei kürzlich ergangene Gerichtsurteile al- Warnung dienen lasten. Der Kartonarbeiter Max Böttger in MohSdorf wurde vom Schöffengericht zu Burg städt zu 6 Wochen 2 Lagen Gefängnis verurterlt, weil er auf dem Kommunikationsweg Taura-MohS- darf von 6 Obstbäumchen die Kronen abgebroch-n batte. — Ferner hatte der Arbeiter Lippold in Crimmitschau in angitrunkenem Zustande dort in der MannichSwalder Straße eine Anzahl Bäume durch Abbrechen der Kronen und Aeste schwer beschädigt. DaS Urteil gegen ihn lauteie auf zehn Wochen Ge fängnis. — Weiter verurteilte da- Gchöff nzericht Kronach zu drei Monaten Gefängnis den Arbeiter Johann Böttner, weil er einige Bäume in einer Anlage abgebrochen hatte. In der Urteilsbegrün dung wurde hauptsächlich darauf hingewiesen, daß Anlagen, die der Allgemeinheit dienen, ein her vorragender Schutz gewährt und jede an diesen verübte Roheit gebührend bestraft werden muß Deshalb ging daS Gericht über daS vom AmtS- anwalt beantragte Strafmaß von zwei Monaten hinaus und verhängte drei Monate Gefängnis. * — Stiftung für U«genletde«de. Bei dem Königlichen Ministerium des Innern wird unter dem Namen „Johann-Berta-Ttiflung" eine Stif tung für Augenleidende verwaltet. Die Stiftung hat den Zweck, arme, würdige, in Sachsen heimat»- angehörige Augenkranke bezw. Erblindete zu unter stützen. Insbesondere sollen solche bedacht werden, die infolge von Erkrankung der Augen bezw. nach und trotz Vornahme einer Operation erblindet find; ferner solche, denen eine Augrnkur verordnet ist und denen nach einer Operation oder auS einem anderen Grunde vom Augenarzt eine Schonung der Augen empfohlen wird. Di« Vrrwilligung der StiftungSunterstützungen erfolgt jedesmal zu Weih nachten. Gesuche um Zuwendung der Stiftung find bis Ende August bei der Königlichen KreiS- hauptmannschaft Chemnitz einzurerchen. * Hoheußeitt-Ernftth^l, 9. Mai. Die zur Propaganda sür unser vterhundeitjährigcs Stadt jubiläum hergestellten Reklamemarken find, wie wir hören, vergr.ffen und nur noch bei den Wiedcrver- käufern zu haben. Tollte sich noch großer Bedarf herausstellen, so will mar» u. a. e.nc Neu-H^stellung der Marken in Aussicht nehmen. * — Kür unser vierhundertjährige» Stadt- jsbiläum ist auch die Veranstaltung einer Lotterie geplant, deren Erlös zur Begründung einer Frei stelle an dem neu zu erbauenden Hospital Verwen dung sinder» soll. Wie wir hören, sollen 6000 Los« zu 1 Mk. ausgegeben werden. Die Ausstel lung der Gewinne wird s. Z. in den Schaufenstern eines größeren Geschäfts stat sinken. Da» Juhrmurktsgeschäft scheint, nach dem stark:« Andrang? des Publikums zu urteilen, gestern nachmittag t otz des mißgünstigen Wetters ein recht lebhaftes gewesen zu sein. TS waren viel-' Käufer vom Lande erschienen, die zwischen den langen Budenreihen und sonstigen Verkaufs ständen hin- und herwogten oder sich vor ihnen stauten. Gehandelt und gekauft wurde viel; mit großen und kleinen Paketen beladen konnte man die Hausfrauen vom Ma'kte nach Hause ziehen sehen. I.» den späten Nachm.ltagSstunden herrschte ein solch starkes Gewühl in der kl-in-n Budenstadt, daß kaum durchzukommen war. Bei den Schaukeln und Karussells auf d.m Zillplatze gab sich „Jung- Deutschland" ein anhaltende» Stelldichein und ver gnügte sich hier auf seine Weise. Am späten Abend stillte sich leider wieder der übliche Jahr- markiSrcgen rin und ließ die Budenstadt bald ver einsamen. Die Gingspieltluppen im „Deutschen HauS", in der „Börse" und in der „Cenkalhalle" üblen auch diesmal ihre gewohnte Anziehungskraft aus und boten den Besuchern Abwechselung in reicher Fülle. Heute ist der Wettergott anscheinend auch noch übler Laune. * — Im Tobe wieder vereist. Wir wir in unserer GonntagauSgabe milteilten, starb am Sonnabend früh dec Kücschnermrister und Priva tier Herr Jul. Aug. Urban von hier. Der Schmerz über den Tod des geliebten Gatten und lang jährigen treu-n Gefährten verschlimmerte den Zu stand seiner schon längere Zeil kränkelnden Gattin derart, daß sie gestern mittag gleichfalls die Augen zu ewigem Schlummer schloß. D e gemeinsame Beerdigung des greisen Ehepaares erfolgt morgen nachmittag. * — Der hiesige Rabattsparverein hat in einer Eingabe an den Stadtrat und die Ttadtver- ordneten um Einführung der Umsatzsteuer gebeten und das diesbezüglich; Gesuch aussühi lich begründet. * — Der Turnverein von 1856 hielt gestern sein diesjähriges Anlurnen ab, an dem etwa SO Turner und eine Anzahl Zuschauer teilnahmen. Gelegentlich der am Sonnabend abend stattge- sundenen Vereinsfitzung erinnerte der Vorsteher in kurzen Worten an den am 10. d. M. statifinden« den 54. StiftungStag und wurde die Feier dieses Tages im engsten Lurnrrkreise wie üblich begangen. r — Au dem öffentlichen Wettstreit der Athletenvereinigung zu Pleißa nahm.« am gestugen Trge auch Mitglieder des hiesigen Kcastsport- klubs „Sandow" teil. Wieder gmgen von diesem einige Sportgenofien, und zwar die Herren Ziegner und Vogel, al- Sieger aus dem Wettstreit hervor. * — Aeftgenomme« und dem Kgl. AmtSge- richt zugesührt wurde ein von der Kgl. Staat-- anwaltschaft Zwickau wegen Betrüge- steckbrieflich verfolgter Gelegenheitsarbeiter von auswärts. * — Adhauder: gekommen ist gestern nach, mittag einem auswältigen Jahrmai kiSbesucher daS Portemonnaie nebst Inhalt. Der Verdacht, daß Las Portemonnaie gestohlen worden ist, dürfte nicht zut, essen, da hierfür da- Gedränge nicht stark genug war. r — Oberlungwitz, 9. Mai Die Brand stätte des Gchuberlschen Gute» bildete gestern da- Ziel Hunderter von Schaulustigen. Die Räumung»- arbeiten werden aufs eifrigste betrieben, da der Wiederaufbau deS Gute» schon bald erfolgen soll. — Der Bau der einen Eff« de» hiesigen Elektrizi tätswerkes ist nunmehr soweit gediehen, daß heut« mit dem Abtragen de» Gerüste» begonnen werden konnte. Die Esse dürfte wohl eine der höchsten in der hiesigen Gegend sein, beträgt doch ihre jetzige Höhr 60 Meter. — r. GerSdorf, 7. Mai. Nach einleitende« Vortrag deS Herrn Parteisekretär» Shrich-Leipzig gründeten eine größere Anzahl GerSdorfer Herren einen Verein der .Fortschrittlichen Volkspartei". Herr Ehrich führte ungefähr folgende» au»: Zum ersten Male in Sachsen, seit der letzten Landtags wahl, sieht eS im Landtage ander» au». Leider find die wichtigsten Vorlagen zurückgestellt worden. Nicht durch lange Reden, wie die Konservativen sagen, wird die Arbeit aufgehalten, sondern durch die Herren Konservativen selbst, die die wichtigsten Fragen unter den Tisch fallen lasten. Aber der Zug nach links ist unbedingt vorhanden. ES geht weiter. Anders ist e» im Reiche. Der Block ist glücklich zerbrochen. Die ReichSfinanzreform hat ihn gesprengt, weil die Konservativen einfach nicht anders wollten. Wo saßen dir Leute, die SOO Millionen in den Reichssteuern fertig brachten? Sie waren recht- zu finden, nie und nimmer link-, ja sogar recht- von den Nationalltberalen. Die indirekten Steuern find da- Unglück der In- dustrie. Für di« Nachlabsteuer war man eben nicht zu haben, sie zerstört bekanntlich den „Familien- sinn." Sie entdeckt aber auch die Fälle der Steuer hinterziehung. Deshalb muß sie fallen. Da aber Fürst Bülow direkte Steuern wollte, da er eine Reform de- preußischen Wahlrecht- wollte, darum mußte er fallen, es mochte gehen wie e- wollte. Wir ist diese Reform deS Wahlrecht» ausgefallen? Wenn Preußen mit seinen 17 Sitzen im Bundes rat eS wagt, seinem Volke ein derartige» Wahl recht zu bieten wie daS jetzige, so ist unbedingt auch daS Reichstagswahlrecht gefährdet. Viele Stimmen haben ja schon mutvoll dafür gesprochen. Ja, wenn man Bordellbefitzer ist, dann besitzt man Bildung genug, in die 1. Klaffe wählen zu dürfen. (Kulturträger.) Man hat ja auch daS Recht, „öffentlich" wählen zu dürfen nach dem Willen der Junker. DaS Wenige, waS man hoffte, selbst das wurde vom Abgeordnetenhause verweigert. Die ganze Reform ist illusorisch. DaS nennt man eine Volkspolttik. Die „Fortschrittliche Volkspartei" kämpft mit aller Macht für daS ReichitagSwahl- recht in den Bundesstaaten. Nur nach seiner An wendung kann man von einer Volksvertretung reden. Nicht der Herrenpartei der Konservativen kann das Volk angehören, sondern eben einer wirklichen Volk-partei. Waren ja die Konserva tiven selbst Feinde der Reichsgrüudung, au- egoistischen Gründen. Mau hat nichts sürS Volk. Man hofft ja sogar, seine Vertreter von einem „Leutnant mit 10 Mann" auS dem Parlament zu vertreiben. Die Junker find auf dem besten Wege, da» Reich zu ruinieren. Den ReichSge- danken zu zerstören (SchiffahrtSabgaben), Industrie und Handel vernichten und Deutschland wieder zum Agrarstaat zu machen, ist ihr Ziel. Sie haben auch edle Brüder, die ihnen helfen. (Zen. trum) DaS Volk muß jetzt merken, wer zerstört oder wer aufrichtet. Den wirklichen Fortschritt aus allen Gebieten sördert nur die „Fortschrittliche Volkspartei", mag sie noch so sehr selbst von links angefochten werden. Darum ist e» die Pflicht aller freiheitlich gesinnten Kreise, sich bei unS zu organisieren. Leider hat unsere Nachbar- Partei, die Nationalliberalen, ihren Liberalismus vergeßen. Ihr frühere- Bündnis mit den Kon- servatrvrn können sie nicht vergessen. Ob wir in Zukunst auf ihren Liberalismus rechnen können, ist sehr zweifelhaft. Wir wollen daS Beste hoffen. Umsomehr wollen wir eine Partei der „VolkS- polttik" sein, wollen dem „Fortschritt" auf allen Gebieten huldigen. — Dem Redner spendet« man reichen Beifall. Die Diskussion gestaltete sich sehr lebhaft. Rach dem Schlußwort de- Herrn Ehrich wählte man als Vorsitzenden des neuen Verein- der „Fortschrittlichen Volk-partei" in SerSdorf Herrn Lehrer Schulz-Ger-dorf. Der weiter« Vor stand besteht aut folgenden Herren: 2. Vorsitzender Herr Expedient Kempe, Schriftführer Herr Lehrer Hottenroth, Kassierer Herr Kaufmann Max Schulze. Mag der neue Verein sich gut entwickeln. * Chemnitz, 8. Mai. In einem Hause der Müllerstraße stürzte in einem unbewachten Augen- blick ein Zjähriger Knabe auS dem im vierten Stock befindlichen Treppenflurfenster in den Hof. DaS unglückliche Kind erlitt einen Schädelbruch und Beinbrüche. * Chemnitz, 6. Mai. Einer großen Anzahl Wechselfälschungen hatte sich der am 12. März 1879 in Hohenstein-Ecnstthal geboren« vormalig« Buchdruckereibefitzer und jetzige Geschäftsführer Em,l Georg Tischendorf in Pleißa schuldig gemacht. Ec hatte auf etwa 35 Wechseln, über mehr al so 000 M. lautend, die Unterschrift seines Schwieger vater» als Akzeptanten mißbraucht. Ferner hatte er zwei Briefe gefälscht und diese dann einem Gläubiger vorgelegt zu dem Zwecke, ihn von der Pfändung abzuhalten. Der bekiffende Gläubiger wurde dadurch um 2000 Mk. geschädigt. Bet der Herstellung dieser Briefe war der jüngere Bruder Tischendorf», der am 17. April 1838 in Ober- srohna geborene, noch unbestrafte Schriftsetzer und KartonnagengeschäftSinhaber Georg Paul Tischen dorf in Pleißa beteiligt gewesen und hotte sich deshalb vor Ler zweiten Strafkammer de» hiesigen Landgericht» wegen Beihilfe zu verantworten. Der Hauptangeklagte wurde unter Anrechnung von zwei Monaten der Untersuchungshaft zu drei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrrnr.chtS- Verlust, der Mitangeklagte zu einem Monat Ge fängnis verurteilt. * Thn«, 8. Mai. Unser Bürgermeister, H rc D>. Lohse, wurde in engerer Wahl zum Bürger meister von Olbernhau gewählt. Er wird in Kürze nach dort übersiedeln. * Lre»ven, 9. Mai. Am hiesigen Königl Hofe wird sür den verstorbenen König Eduard von England vom 7. bi» 27. Mai Trauer ang«legt.
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