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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880204
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-04
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.02.1888
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— Nr. 29. — 8. Jahrgang. — Der jedrn Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tage«) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Anzrlger" mit tSgllch einem besonderen Unter« baltunarblaite und mit dem Extrabeiblatt rüstiges Vilderbach kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Psa., bei denPost-Änst. 75 Ps. (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. 8085.) ürAbonnentenersi. «mmer-Eisenbahnfahrplanhrfl für Sachsen. VInter-Eisenbahnfahrpianbeft flir Sachsen. Zllnstr. «alender des Sächsischen Landboten. IllnstrirttsIahresbnchdesiiander-Snzeigrks. Sächsischer Sonnabend, 4. Februar 1888. iMes-Anjeiaek mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger^ Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. stetitzeile) S< velwiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Ausivärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifügen (je 8 Silben TorpnSschrist bilden ca. IZelle.) Annoncenannahme nur bi» Bormittag. keck,: ßlkWtn Me. Buchdrnckcrei. Chemnitz. Dheaterstraße 8 (Fernsprechstelle Nr. ISS). T«legr «Adr.: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltung Matt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4 Sächsisches Allerlei — b. Jllnsirirtes Unterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 2. Febrnar. Prag. Die dcutschcn Aerzte-Vereine bereiten eine Protest-Ein gäbe an die Regierung vor wegen des böhmischen Landtagsbeschlnsses, daß Gcmeindeärzte in Böhmen beider Landessprachen kundig sein müssen. Paris. Die Rechte beschloß heute, die Regierung über das Urtheil des Kassationshofcs in Sachen des Untersuchungsrichter? Vigneau zu inierpelliren und dabei Ausschluß über das Verhalten des Ministeriums in der Ordens-Angelegenheit zu verlangen. Pion, Cassagnac und Leprovost de Launay unterstützen die Interpellation. London. In Durban (Südost-Asrika) tagt eine Zoll- und Eiscnbahnkonfercnz, welche günstige Aussichten auf ei» Abkommen, vielleicht sogar auf den Abschluß eines Zollvereins der südafrikanischen Kolonien und Staaten bietet. — Der „Daily Chronicle" deutet au, daß der Papst in seiner Ansprache an die irischen Bischöfe den Rath erthcilt habe, den bestehenden Gesetzen zu gehorchen. Moskau. In der gestern stattgchabtcnSitzung der Advokaten gehilfen wurde die Frage des fcrncrweitcn Ausschlusses von Israeliten von der Korporation in Erwägung. Politische Rundschau. Chemnitz, den 3. Februar. Deutsches Reich. Aus San Remo. Professor Virchow's Gutachten über die vom Kronprinzen ausgchustctcn Knorpeltheilchc» ist in San Nemo cingetrvffen. Virchow erklärt, wie Mackenzie dem Vertreter der „Voss. Ztg," mittheilte, er habe trotz genauester Unter suchung und Bemühung, ungünstige Zeichen sich nicht entgehen zu lassen, nichts Schlimmes entdeckt. Das Schreiben ist lang und stellt ein zweites »och längeres und ausführlicheres in Aussicht. Mackenzie erklärt, das Gutachten bestärke seine Ansicht, daß lediglich Perichondritis (Knorpelentzündung) vorliege; mit Perichondritis könne man Jahre lang leben, sic werde oft geheilt. Es stehe dahin, ob später eine Operation nöthig werden könne, vorläufig sei sic unnöthig. Professor Virchow hat über deshalb an ihn gerichtete Anfragen jede Erklärung verweigert. Directe Privatberichte aus San Remo vom Donnerstag bestätigen, daß Virchow nichts Ungünstiges fand. Man meint, wenn Krebs vorläge, hätte Virchow etwas finden müssen, vr. Mackenzie glaubt jetzt, die Lnftröhrcnöffuung werde doch in verhältnißmäßig kurzer Zeit nvthwendig werden, weil mit Perichondritis stets eine Entzündung auch der Knorpel verbunden ist, welche ein Abstcrben der letzteren herbeiführt, worauf die sich ablöseude» abgestorbenen Stückchen Ersticknngsgefahr erzeugen können. Der Unterschied von Krebs und Perichondritis, deren Erscheinungen sehr ähnlich sind, ist der, daß Krebs unheilbar, Perichondritis, wenn auch langsam, heil bar ist. Bei letzterer kann allerdings nachträglich Aehlkvpsschwindsucht eintrete». So bleibt denn das Leiden des Kronprinzen in jedem Falle ein ernstes; cs besteht aber doch die Hoffnung einer vollen Ge nesung im Falle von Perichondritis und vor Allem einer noch laugen Erhaltung des Lebens auch im schlimmsten Fall. Am Donnerstag War das Allgemeinbefinden des Kronprinzen unverändert, er fuhr aus. — Der Reichstag soll, wie von einem Berliner Blatt niitgc- thcilt ist, vor Oster» schon geschlossen werden. Möglich wäre das recht wohl, wenn ans die Dnrchbcrathung des Altersversorgungs- gesctzcs verzichtet würde, aber da hapert eben die Sache. Die Rcichs- regierung ist keineswegs gewillt, diese Frage für diese Session ganz unter den Tisch fallen zu lassen, sie wünscht im Gegcutheil die volle Durchberathung. Der Reichstag wird also schon nach Ostern noch mals in Berlin sich versammeln müssen, kann dafür aber um so früher in die Ferien gehen. Das preußische Abgeordnetenhaus kann hingegen ohne alle Schwierigkeiten bis Ostern mit seinem Arbeits pensum zu Ende sei», so daß der Schluß der Landtagssession dann erfolgen könnte. Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Wie wechselvoll und glänzend hatte sich doch ihr Leben gestaltet, seit die Fürstin in dem väterlichen Hcmse cingekehrt war. Sorglos, heiter und glücklich war sic freilich stets gewesen, denn das einzige vergötterte Uind des vornehmsten Mannes in Frankfurt kannte Kum mer und Traurigkeit nur dem Namen nach. Aber so Prächtig, so neu und glanzvoll, wie seit dem Tage, als die schöne Kaiserin sic zu ihrem Edelfräulcin ernannt hatte, war es doch nimmer zuvor gewe sen. Nur den Abschied von ihrem heißgeliebten Vater, der dadurch bedingt wurde, hatte sie bis jetzt wohl niemals scharf ins Auge ge faßt, die Trennung von ihm »och gar nicht so recht eigentlich bedacht. Heute zum ersten Male war die Frage darnach in dem vorhin mit angehörte» Gespräch an sie herangetreten, und nun fühlte sic plötzlich, daß die Herrlichkeit ihrer Hoffräuleinwürde an ihrer kindlichen Liebe eine Klippe fand, an der sie nothwendigcrweise zerschellen mußte. Mancher Anderen würde auch der scharfe Tadel, den ihr am Tage zuvor ihr etwas respektwidriges Lachen zugezogc», zu denken gegeben haben, ehe sie ihrer Freiheit eine wenn auch vergoldete Fessel anlegen ließ. Ilse Frybcrg hatte in ihrer Harmlosigkeit jenen strengen Verweis ganz und gar wieder vergessen über die herablassende Güte der hohen Frau, mit der diese ein rasches Wort stets wieder gut zu machen pflegte. Es gab ja überhaupt seit gestern so merkwürdig viel zu denken und zu träumen, daß in ihrem Gedächtniß alles Andere davor zurück trat. So mochte es auch gekommen sein, daß vor einigen Stunde» ans dem wachen Traum des jungen Mädchens ein wirklicher ge worden war, als sie nach längerem scharfen Ritt in der frische» Herbstluft endlich im wohldurchwärmtcn Zimmer auf dem traulichen Erkcrplatz ausruhen durste. Plötzlich durch ein Gespräch geweckt, hatte sie, che sie sich recht besonnen, mehr davon vernommen, als dem Kanzler wünschcnswcrth sein konnte. Ein Rascheln ihres Gewandes machte ihn anfmerksam, und als er anssprang, um sich dem Fenster zu nähern, flüchtete sie, einer unwillkürlichen Eingebung folgend, mit Blitzesschnelle in ein Versteck hinein, dessen Zugang ihr aus ihren Kinderjahrcn noch sehr geläufig war. Wie oft hatte sic nicht als kleines Mädchen, ein muthwilliger Schelm, den nachsichtigsten der Väter geneckt, indem sie aus der Fensternische hinter den Teppich geschlüpft war, der wie alle — Die Ausarbiitung des Gesetzentwurfes bctr. die Alters- und Jnvalidcuversichcrnng der Arbeiter scheint nun abgeschlossen zu sein und die bezügliche Vorlage dürfte, nachvem die Ermächtigung dcs Kaisers crthcilt ist, binnen Kurzem an den Bundesrath gelangen. Dort wird der Entwurf den Ausschüssen überwiesen werden und seine Durcharbeitung wird längere Zeit erfordern, so daß die Vorlage etwa erst im März an de» Reichstag kommen kann. Die Unfallversiche rung sollte »ach der Thronrede vom 24. November 1887 auch auf diejenigen Kleinbetriebe von Handwerkern ausgedehnt werden, welche von der bisherigen Uufallgesetzgcbung ausgeschlossen sind. Es heißt aber nun, die Arbeit für die Alters- und Jnvalidenversorgung habe alle vorhandenen Kräfte so in Anspruch genommen, daß diese Vor lage vor der Hand wohl noch nicht an den Reichstag kommen werde. Weiter hatte die Thronrede einen Gesetzentwurf angemcldct, welcher die Verhältnisse der freie» Genossenschaften regeln und insbesondere die Bildung von Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht der Mitglieder ermöglichen soll. Dieser Gesetzentwurf scheint im Neichs- justizamt so weit ausgearbeitet zu sein, daß er nur noch der kaiser lichen Genehmigung bedarf. — Die Reichstagsrommission zur Vorberathung des Socialisten- gesetzes wird ihre Arbeiten erst am Mittwoch den 8. Februar beginnen. — Der Pciitionscommission des Reichstages war eine Petition sächsischer Interessenten über Vorgänge beim Termin-Geschäft an de» Productenbörsen zugcgangen. Die Commission gedenkt sich eingehend mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen und hat deshalb beschlossen, zur weitereil Verhandlung einen Rcgierungscommissar zuzuziehen, um über die Vorgänge beim Getreide-Termingeschäft und über die Ver hältnisse innerhalb der Sachverständigen-Commission der Producten- börse offizielle Feststellungen hcrbeizuführen. — Das bürgerliche Gesetzbuch für das deutsche Reich, dessen lang euvactete und ersehnte Fertigstellung vor einiger Zeit gemeldet worden ist, wird nach dem kürzlich»! Beschluß des Bundcsrathes ohne Aufenthalt durch die Presse veröffentlicht werden. Das Verlagsrecht ist der bekannten juristischen Buchhandlung von I. Guttentag (D. Collin) in Berlin übertragen worden. — Eine sensationelle Nachricht bringt ein rheinisches katholisches Blatt. Demselben wird aus Rom gemeldet, es bestehe die Absicht, die Kölner und Breslauer Diözese zu theilen, die Erzbischöfe Krementz und Kopp würden dann Cardinäle werden. Fürstbischof Kopp habe bei seiner Anwesenheit in Rom die betreffenden Weisungen erhalten. — In hochgradige Aufregung wurde dieser Tage der ostpreußische Ort Kannehlen durch die Nachricht versetzt, daß die Russen über die Grenze vorgerückt, der Krieg erllärt sei. Man suchte in Todesangst nach allerlei Verstecken, bis sich zuletzt das Ganze als blinder Lärm hcrausstellte. Die Ursache davon war die Ankunft zweier Offiziere im Remontedepot Jurgaitschen, welche ermitteln sollten, wie schnell im Kriegsfall die Ncmonten fortgebracht werden könnten. — I» Paris ist ein gewisser Herzog mit seinem Sohne, an geblich deutsche Lumpensammler, verhaftet und beschuldigt, sich in dem Lager von Saint Maux, wo sie Lumpen sammelten, Lebel-Patronen verschafft zu haben. Oesterreich-Ungarn. Gerüchtweise heißt cs, die österreichische Negierung werde von den im Frühjahr zusammentretendcn Delega tionen 100 Millionen Gulden zu einem Kriegsschatz verlangen. Der im Juliuslhurme zu Spandau lagernde deutsche Kricgsschatz bc- trägt bekanntlich die Summe von 120 Millionen Mark. Italien. General San Marzauo hat mit einer Brigade und zwei Batteriec» Saati besetzt. Das Lager ist reichlich mit Geschützen versehe». Hinter Ghinda ist eine abessyuische Patrouille gemeldet worden. Von einem bevorstehenden ernste» Kampf ist aber immer noch nichts be merkbar. — Lord Vivian ist zum englischen Botschafter in Rom ernannt. Frankreich. Die großen französischen Manöver sollen in diesem Jahre von den Armeccorps von Rouen und Montpellier ausgeführt werde». — Am Donnerstag fand wieder eine Confercnz über den die Wände bekleidenden Behänge in damaliger Zeit lose und in einer kleinen Entfernung von der Mauer davor hernicderhing. So war sie denn glücklich der argen Beschämung entgangen, als unberufene Lauschcrin entdeckt zu werden, und hatte noch obendrein Kenntniß von der Gefahr erhalten, die den Ritter von Stahleck be drohte, welcher ihrer Ansicht nach unmöglich etwas Strafwürdiges und Unedles begangen haben konnte. Sie war nur noch nicht einig mit sich darüber, was jetzt zu thun sei Ob sie sich der Kaiserin anvcrtraucn und diese zum Schutze dcs Fremden auffordern sollte — oder ob sie lieber Alles dem Vater erzählen und ihn durch ihre Bitten zu bewegen suche» wollte, von seinem dem Kanzler gegebenen Versprechen abzusiehcn? Das Gelingen dieses letzteren Planes war allerdings mehr wie zweifelhaft. Ilse Fryberg kannte sehr genau die große Macht, welche sic über ihren Vater besaß, allein sie wußte auch ebenso gut, wie heilig ihm Wort und Handschlag galten und daß sie es überhaupt eigentlich nicht wagen durste, sich in Angelegenheiten zu mischen, welche er als Oberhaupt der Stadt zu entscheiden hatte. So saß sic längere Zeit sinnend da und blickte in die mehr und mehr verglimmende Gluth des Kamins, deren feurige Masse sich nach und »ach zu allerei Bildern gestaltete, welche, verklärt vom rosigsten Licht, die Seele des jungen Mädchens nmgaukelten. An dem hieraus folgenden Vormittag befanden sich in einer der verschiedenen Kemenaten, welche der Kaiserin als Vorzimmer zu ihre» Gemächern dienten, ein Ritter und eins der Edelfräulein in eifrigem Gespräch beisammen. Die Dame saß auf einem der hohen Sitzkästen am Fenster und ihre weißen Hände zerrten ungeduldig a» den silbernen Nesteln ihres kostbaren violetten Sammetlcikchens, während der Ritter, welcher neben ihr stand, sich vertraulich und bequem ans die Lehne ihres Sitzes stützte und, sich hcrabbeugeud, im leisesten Flüsterton zu ihr redete. Er betrachtete dabei mit einer gewissen hämischen Schaden freude die unwirsche Regung, welche den madonnenhaft schönen Zügen der Dame in diesem Augenblick einen wenig anziehenden Ausdruck verlieh, und hielt endlich, wie eine Antwort erwartend, in seiner Erzählung inne. Das Fräulein schlug die langen Wimpern auf, und jetzt gewahrte man ein Paar tiefblaue Augen, aus denen alle Dämonen der Welt lust und dcs Ehrgeizes leuchteten, trotzdem dies Antlitz für gewöhnlich eine engelhaft bescheidene Miene zeigte. „Was Du mir da mittheilst," sagte sie, „erfuhr ich zum Theil italienisch-französischen Handelsvertrag statt. Man erhofft schließlich doch noch eine Einigung. — Vondem Zwischenfall von Damaskus zu reden, lohnt thatsächlich nicht mehr. Die Sache ist eine Kinderei. — Die schöne Suezkanalkonvention wird wohl total zu Wasser werden, da die Türkei als Preis ihrer Zustimmung das Besatzungsrecht in allen Plätzen am Rothen Meer fordert. England hat diese Forder ung bereits abgelehnt. England. In Irland beginnt jetzt Gladstone's Partei eine große Agitation gegen das konservative Ministerium Salisbury. Wie ein Telegramm aus Dublin mclbet, find die Parlamentsmitglieder Lord Ripvn und John Morlcy in Dublin angckommen. Bei der Landung in Kingston»! wurden dieselben von einer Deputation be grüßt. In Erwiderung der Ansprache der letzteren sagte Lord Ripon: sie seien gekommen, um eine herzliche Einigung zwischen Irland und England anzubahneu, sowie den lebhaftesten Sympathie»! der liberalen Partei Englands und Schottlands Ausdruck zu geben und gleich zeitig zu erklären, daß die Zeit gekommen sei, Irland die Reformen und die Selbständigkeit zu geben, auf welches es ein Recht habe. Das sind ganz genau Gladstone's Worte. Beide Abgeordneten wurden in den Hauptstraßen Dublin'- von einer ungeheuren Menschen menge enthusiastisch begrüßt. Am Donnerstag fand ein großes Ban kett statt, auf welchem die Selbstregierung Irlands in allen Ton arten gefeiert wurde. Wie die Dinge im britischen Parlament stehen, ist an eine Verwirklichung dieser Hoffnung aber nicht im Handum drehen zu denken. Rußland. Die Garnisonen verschiedener Orte nahe der ost preußischen Grenze sind verstärkt worden. Bei Kowno wird jetzt ein befestigtes Lager hergerichtet, welches im Nothfall 200—300000 Mann soll aufnehmen können. — Aus Batum in Kleinasien wird über ein »ihilistiches Raubattentat berichtet: Der Kasstrer der transkaukasischen Eisenbahn, A. Sidorow, wurde von zwei als Konducteure verkleideten Nihilisten mit Dolchen in der Hand überfallen, tödtlich verwundet und beraubt. Die Räuber nahmen 12000 Rubel mit. Einer der Räuber, Namens Ragosin, wurde verhaftet. Das geraubte Geld hat sein flüchtiger Genosse mitgenommen. Ragosin bekennt sich zur revolutionären Partei und gestand auch, daß der Raub zu nihilistischen Zwecken ausgeführt wurde. — Ueber die vor wenigen Tagen gebrachte Mittheilung von der Entdeckung einer neuen Verschwörung gegen das Leben des Zaren werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Letzter Tage wurde ein im Sterben liegender Offizier in ein Hospital in Petersburg gebracht. Er hatte sich ins Herz geschossen und die Aerzte erklärten sofort, daß die Wunden tödtlich seien. Nachdem man ihm dies mitgetheilt, sprach er den Wunsch aus, wichtige Enthüllungen zu machen. Man schickte sofort nach den Behörden, aber ehe diese ankamen, und bevor überflüssige Zuhörer aus dem Zimmer entfernt werden konnten, gestand er, daß er versucht habe, sich selbst zu tödten, da er den Kaiser nicht habe ermorden wollen. Als Mitglied einer revolutionären Gesellschaft habe ihn das Loos getroffen, den Mord zu begehen. Nur soviel hörten die Personen, für deren Ohren nach Ansicht der Behörden diese Mittheilnngen nicht bestimmt waren. Die Leute wurden sofort verhaftet, da aber zwei von ihnen den höheren Ständen angehörteu und im Hospital angestellt waren, wurden sie nach einer scharfen Verwarnung entlassen. Die obigen Nachrichten stammen angeblich von Jemandem, welcher selbst den ersten Theil des Geständnisses des Sterbenden mit angehört hat. Nachdem die herbeigerusenen Beamten angekommen waren, lauschten sie gespannt den Mittheilungen des Sterbenden, nahmen sie zu Protokoll und er- ösfnetcn dann ein Kreuzfeuer von Fragen auf den Offizier, welches auch einen gesunden Mann hätte erschöpfen müssen. Mit welchem Resultat, ist unbekannt. Ob der Offizier seine Mitverschworenen genannt oder eine Angabe zu ihrer Entdeckung gemacht hat, wissen nur die Beamten, welche die Aussagen niederschrieben. Orient. Fürst Ferdinand von Bulgarien wird in diesen Tagen mit seiner Mutter wieder in Sofia eintrcffen. Er beschleunigt seine schon gestern aus den Erzählungen meiner Gefährtinnen, welche dazu auserwählt waren, die Wallfahrt mitzumachcn. Ich selbst gehörte noch nie zu den Begünstigten der Vvhburgerin, die auf meine Gesell schaft wenig Werth zu legen scheint, und wurde deshalb, wie gewöhn lich, nicht zur Begleitung auscrsehcn." Ein eigenthümlich spöttisches und böses Lächeln verzog bei diesen Worten die weichen Linien ihres kleinen purpurrothen Mun des. „Und doch, wer weiß," fügte sie heftig hinzu, „sie wird es vielleicht dermaleinst noch bitter bereuen, mich jemals beleidigt zu haben." „Gemach, gemach, holdes Schwcsterlcin," beschwichtigte der Jun ker die Zürnende, „laß es Niemanden hören, wie sehr Du die schöne Adetheid hassest und wie so gern Du selbst ihren Platz einnehmen würdest. Mich dünkt. Du bist weiter als jemals vom Ziele entfernt, und die Kluft, welche ein Hoffräulein vom Kaiserthron scheibet, ist himmelweit." Das Fräulein wollte wieder auffahren, allein der Bruder ver wies sie durch ein bedeutungsvolles Zeichen nach den angrenzenden Zimmern zur Mäßigung. „Ich wüßte nicht," sprach sie jetzt ebenfalls leise, aber doch mit vor Erregung bebender Stimme, „worin solch' gewaltiger Abstand läge zwischen einer Markgräfin von Vohburg und einer Rauhgräfin von Dassel! Freilich, wer sich böser Zauberkünste bedient, einen Ge mahl zu gewinnen und alle Männer in toller Anbetung zu seinen Füßen zu zwingen, der besitzt Waffen, welche kaum zu besiegen sind!" „Möchte wohl einmal wissen", spottete der Junker boshaft, „wenn das Jungfräulcin selbst solch' herrlichen Gürtel erlangen könnte, dessen Besitz ihr alle Herzen uutcrthan machte, ob sie solch seltenes Schmuckstückleiu wohl verschmähen würde?" Das Fräulein zuckte die Achseln. „Wozu mich noch höhnen, Richard; laß uns lieber bereden, was geschehen soll, damit der fremde Abenteurer unsere Pläne nicht durchkreuzt. Ich hatte gehofft, daß die wahnsinnige Leidenschaft dcs Ravcnsburgers und der thörichte Leichtsinn Adelheids, welche dieselbe ermuntert, anstatt den Frechen in seine Schranken zurückzuwciscn, mit Nächstem einen Ausbruch herbei- sühren müßte, der dem Kaiser, ihrem Gemahl, die Augen öffnet, da mit fr nicht länger eine Unwürdige an seiner Seite duldet, die seiner Liebe und Achtung so wenig Werth ist." Dem Junker von Dassel war cs offenbar eine Lust, die Schwester zu ärgern. „Der Ohm ist nicht da, Richenza", sagte er und zog wohlgefällig die Glieder seiner prächtigen Kette durch seine feinen Finger, „brauchst nicht so hochklingcnde und tugendsame Rede» j»
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