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Wagr W HohcMeiii Erijtlhilkr äiffisn Tageblatt. Nr. 75. Sonntag, den 3. April 1910. 37. Jahrgang. Sächsischer Landtag. In der Freitag-Sitzung der Zweiten Kammer saß der Krieg-minister Freiherr v. Hausen, ein seltener Gast in diesem Hause, an dem Regierungs» tische. Auf der Tagesordnung stehen ausschließlich Privatpetitionen. Unter Punkt 1 läßt man nach einem Bericht de» Abg. Lange-Chemnttz (Soz.) die Petition des Reinhold Knuhr in Dresden um Untersagung des SingenS vorüberziehender Militärabteilungen wäh rend der Begräbnisse auf dem St. Pauli-Friedhofe zu Dresden auf sich beruhen. Unter Punkt 2 beantragt für die Beschwerde- und Petitionsdeputation Abg. Hettuer-DreSden (Natl.), die Petition der Dchutzgemeinschaft für Handel und Gewerbe, S tz Leipzig, betr. die Einstellung nur Studierender der Universität Leipzig bei den in Leipzig garntsonieren- den Jafanterie-Regimentern Nr. 106 und Nr. 107 al- Emjährig-Freiwillige, der Regierung zur Kennt nisnahme zu überweisen. Kriegsminister v. Hausen: Die Entscheidung über die Einstellung stehe den Generalkommandos allein zu. Das Kriegsministerium habe also keinen Einfluß darauf und müsse sich darauf beschränken, den Generalkommandos den Verlauf der Berhaad- langen mitzuteilen. Daraus habe daS G neral- kommando des XIX. Armeekorps ihn ermächtigt, mitzuteilen, daß ab 1. April 1911 die B schrär. kung der Einstellung von Einjährig-Freiwilligen auf Studierende in der Weise versuchsweise aufge hoben werden soll, daß von da an bei den Regi- meutern 106 und 107 je 60 Einjährige eingestellt werden und dabei die Söhne Leipziger Einwohner einen Vorrang vor anderen haben sollen. Abg. Wappler-Leipzig (Natl.) befürwortet leb haft die Petition. Der jetzige Zustand bedeute eine schwere Benachteiligung für die Betroffenen. Abg. Dürr-Leipzig (Freikons) schließt stch dem Vorredver an. Die Zahl von 60 Einjährigen per Regiment genüge nicht. Abg. Gindermanu-Dresden (Soz.): Seine Freunde seien überhaupt gegen das Institut der Einjährig-Freiwilligen, da es eine ungerechte Bevor- zugung darstelle. Abg. Bär-Zwickau (Freis.): Das KriegSmi- nisterium möge im BundcScate dahin wirken, daß auch unvermögende Einjährig-Freiwillige bei ge nügender Qualifikation zu Rrserveosfizieren ausrücken könnten. Abg. Dr. Löbner-Leipzig (Nul) schlicht stch den Abgg. Wappler und Dürr an, woraus der Deputationsantrag einstimmig angenommen wird. Zu Punkt 8 und 4 erstattet den Bericht Abz. Koch-Dresden (Frris) und beantragt zu 3: De Petition des Stadtgendarmen a. D. K. A. Zimmer in Oderpoyritz um Abänderung des Gesetzes vom 24. Dezember 1908. Penfionscrhöhunzen betreffend, auf stch beruhen zu lassen. Zu 4: Die Petition Ernst Fuhrmanns in Seidau u.Gen. um Abänderung der revioiertcn Landgemeinde ordnung (O.ffentlichkeit der Gcmeinderatswahlen) der Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Ohne Debatte genehmigt das HauS einstimmig den Deputationsantrag zu Punkt 3, ebenso nach kurzer Befürwortung durch die Abgg. Hartmann und Uhlig den zu Punkt 4. Nächste Sitzung: Dien-tag, 5. April, vormittags 10 Uhr. Tagesordnung Titel deS außerordentlichen E'ttS. Dev Bezirksobstbauverein Glauchau versendet an die Obstboumbesitzer der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau folgendes Rund schreiben: Durch die von Jahr zu Jahr stch steigernde Zunahme unserer BevölkerungSzahl, durch die brsfere Lebenshaltung, sowie durch die Erkenntnis, daß die menschliche Gesundheit eine bessere Mischkost fordert und daß das Obst eine sehr begehrte Hilfsnahrung ist, vergrößert sich der Obstbedarf beständig. Schon lange aber kann Deutschland seinen eigenen Bedarf an Obst nicht mehr decken. Schönes deutsches Geld geht daher in Mengen ins Ausland, was bei besserer Umsicht, bei tatkräftigem, mehr kauf männischem Tun und Handeln dem eigenen Volke erhalten bleiben könnte. Es ist für jedermann be trübend, zu beobachten, wie alljährlich in den Obst geschäften ausländisches Obst in bester Sortierung aufgelegt ist und der ansässige Obstzüchter, im besonderen der Lindwirt, seine zumeist geringen Flüchte in unschönem Aussehen auf dem Markte feilhält. Nach unseren heutigen Kenntnissen und Er fahrungen liegt dies aber weniger an der Lage, dem Boden u. s. w., sondern viel mehr an den Obstsorten und an Pflanzung und Pflege der Obstbäume. Wenn nun auch zugegeben werden kann, daß der deutsche Obstzüchter etwas mehr Umsicht, Fleiß und Ausdauer seinem Obstbau zuwenden muß als z. B. der Amerikaner, der die Bäume mit kurzen Wurzeln in kleine Baumlöcher pflanzt, so hat da gegen der deutsche Obstzüchter andere Vorteile. In Amerika, das uns das meiste Obst liefert, ist der Obstbau ein besonderer B^ruf, rs gibt so genannte Mafsenzüchter, und das übrige Volk muß sich von diesen das Obst kaufen. Dagegen bringt in Deutschland, wo fast jedes HauS seine Bäume hat, der sogenannte Kleingarten. Obstbau große Mengen freudige Arbeit und viel billiges Obst, und es ist erwiesen, daß bei eigener Erzeugung mehr Obst verbraucht wird, als wenn es gekaust werden soll. Dieser ländliche Kleinobstbau ist aber in seiner Art und Gestalt recht rückständig. Jahrzehntelange Arbeit von Vereinen und Interessenten haben nur ausllärend und aufmunternd gewiikt, ohne zu einem greifbaren Fortschritte zu gelangen. Soll hier Wandel gcschaff n werden, soll dem Baumbesitzer ein höherer, sicherer Gewinn von seinen Bäumen erwachsen, so muß der forlschritttichen Zeit entip cchend ein einheitliches, fachliches Wissen und fachlich kräftiges Tun das jetzige zerfahrene, träge, unwissende Arbeiten auf diesem Gebiete adlöfen. Es ist weiter erkannt, daß unsere Landwirte zum Obstbau weder Zeit noch die notwendigen Kenntnisse haben und auch nicht haben können. Es muß daher den Laudwirten bsz. den Baum besitzern bei tunlichst geringen Unkosten für sie fachlich doppelt geholfen werden. Die berufenen Fachleute, Wanderlehrer und Baumwärter stehrn in ihrer jetzigen Tätigkeit dn Obstzüchtern viel zu fern. DaS W rken derselben muß in Zukunft mehr praktisch werden, soll daraus dauernd ein gründlicher Nutzen erwachsen. Diese Fachleute sollen zunächst die Gärten besichtt'^ n-d dem sitz"- Begutachtungen bez. Anweisungen erteilen. Der Verkauf des Obstes soll vermittelt werden, um auch hier dem Erzeuger Mühe und Torge abzu- nehmen und um aleichmäßigere Preise als bisher herbeizuiühren. Nur hierfür würde ein kleines Entgelt an den Baumwärter zu zahlen sein. Gew ff« wertvolle Facharbeiter, sollen von den Baumwärtern ständig ausgeführt werden, wobei der Besitzer helfen, wie er auch andere Arbeiten selbst aussühren kann. Besondere Dienste des Baumwärters würden nach einem festzusetzenden Stundenlohn zu bezahlen sein. In weiterer Folge wird dabei angestrebt, neben den Torten für den HauS- und OrtSverbrauch ge wisse wertvolle Handelssorten in Mafien einzusühren, welche höheren, sicheren Gewinn erzeugen, und so mit würde ein Maffenobstbau im Kleinen erreicht weiden. In Ausführung dieser Gedanken ist geplant, in der Amtshauplmannschaft Glauchau bestimmte Bezirke zu bilden, denen die erforderliche Zahl fachlich gebildeter Bauw.wärter zugewiesen werden soll. Alle diese Bestrebungen haben das Endziel, einer B.sitzung durch verbesserte, geordnete Pflan zung bei steter Ordnung und Sauberkeit höheren Wert zu geben. Mit Sicherheit steht zu erwarten, daß diese Ausgaben dauernde Freude und gute Zinsen zeitigen werde». Möchten daher alle, oder wenigsten- recht viele Garten- bez. Baumbesitzer von dieser cinzusührenden, zeitgemäßen Einrichtung Gebrauch machen, Vie übrigens in Sachsen neu ist, in anderen Ländern aber schon lange mit gutem G folge be fiehl! Möchten stch recht viele Interessenten zu- sammensinden, wenn zur weiteren Besprechung dieser Angelegenheit eine Versammlung einberufiN wird! Christentum und Kirche. Evangelische Freiheit. In seiner Echrist „Vom Wort und Kirchen liede" sagt Ernst Moritz Arndt: „Wir halten es für das Verdammlichste, baß eine andere Gewalt Macht habe, als die freie Gewalt deS göttlichen Wortes, daß die Gewissen gezwungen werden können von solchen, die gleich uns mit menschlicher Gebrechlichkeit behaftet sind. Denn — damit ich eine große Wahrheit in einem etwas greulichen Gleichnisse ausspreche — lieber mögen Hundert- laufende in ausgelassener Freiheit zur Hölle wan deln, als daß eine einzige Teele um die Freiheit betrogen werde, die Gott seinen von den Schrecken des Gesetzes und dem Bann der Priester erlösten Kindern geschenkt hat, wie das menschliche Ge wissen schon in weltlicher Hinsicht sagt: lieber laß Millionen Schuldige der Strafe entrinnen, als daß ein einziger Unschuldiger hingerichtet werde. ES steht ja eine sichtbare Kirche mit einem sichtbaren Oberhaupt« an der Spitze, an welcher auch viele fromme Männer von jeher gebaut haben und noch bauen. Wir haben uns auS Scheu vor de- sicht baren Herrschaft und der sichtbaren Kirche zu dem unsichtbaren Herrn Jesu- Christus und zu brr un sichtbaren Kirche des Wortes hingewendel. Unsere Kirche muß denen, welche stch zu jener bekcnnm, kaum eine Kirche scheinen: so dünn und luftig ist sie. Mögen sie sagen, sie sei in die Lust gebaut; was schadet's. Es liben ja alle Geister in der zartesten Lust und dem feinsten Licht. Wir haben nichts, al? die B"°e*, als das Wo't; wir baßen nur einen Priester, einen Meister, einen Versöhner und Mittler, ein Licht, ein Bild und einen Weg, den Herrn Jesus Christus; Hieronymus und Atha nasius, Ambrosius und Augustinus, Thoma» von Keuipen und Johann Tauler, Luther und Zwingli, Karl BorromeuS und Johann Arndt, Spener und Franke, Penn und Zinsendorf sind uns nur sterb liche, sündliche, dem Irrtum und der Gebrechlichkeit unterworfene Menschen. Wir dürfen der Lchrr kein Gesetz, dem Geiste kein Maß setzen; wir müssen bekennen: alles ist vergänglich und wandel bar, aber daS Wort müssen sie unS lasten stahn. Denn das dürfen wir nicht leugnen, daß da» Kleid, die Gestalt, die Art und W ise des Gottes dienstes, daß das Aeußerliche wechseln und wandeln muß mit den Zeiten und den Menschen, daß nur eines unvergänglich und fest ist, daS lebendige Wort und der lebendige Geist und daß diese» bleiben wird in Ewigkeit, länger als Kirchen und Altäre aus Holz und Ttein gebaut und als Ober priester und Hohepriester mit Jnsuln und Kronen. DaS Kleid der Dinge muß verwandelt werden, aber das Wesen wird blerben. Die Tätigkeit katholischer »Grauer Schwester»" wird durch folgendes Vorkommnis in grelles Licht gesetzt: In Graudenz lag die Frau eines dortigen Boten seil Wochen hoffnungslos darnieder. Zu ihrer Pflege berief der Ehemann eine graue Schwester, die die Kranke eiwa sechs Wochen ver sorgt hat. Vor etwa 14 Tagen, als der Mann abends nach Haus« kam, sagte ihm sein kleiner Tohn, „ein Pfarrer" sei bei der Mutter gewesen. Am nächsten Morgen fiel eS dem Manne auf, daß die graue Schwester schon um 7 Uhr früh erschien. Er beauftragte seinen Sohn, ihn zu rufen, falls in feiner Abwesenheit wieder „ein Pfarrer" zu seiner Frau käme, ging aber selbst gegen 8 Uhr nach Hause, um nach seiner Frau zu sehen, fand seine Kinder dort nicht vor, da sie von der Schwester foltgesch.ckt waren, und traf einen katholischen Priester, der sich um die Kranke bemühte, nachdem er ihr, wie sich herauSstellle, schon am Abend vor her die Beichte abgenommen hatte, allet hinter dem Rücken deS Ehemannes. Trotzdem der Mann dem Priester sagte, er habe hier nicht- zu suchen, da er wie seine Frau evangelisch feien, antwortete ihm dieser, daS hätte nicht« zu sagen, er fei gleich fertig. AuS Rücksicht aus feine kranke Frau ver« mird »S der Mann, dem Priester sofort die Tür zu weisen, tat cs aber bald danach. Die graue Schwrster hat die Zeit der Pflege benutzt, die schw.rkranke Frau heimlich so zu bearbeiten, daß sie, die vor Jahren katholisch gewesen, aber au» freiem Entschluß evangelisch geworden war, ein- willtgte, katholisch zu werden. Weder der Piester, noch die Krankenschwester hielten es für nötig, dem Ehemann davon auch nur ein Wort zu sagen. — So sehr uns das Auftreten dieser „Grauen Schwester" empött, so richtet sich unser Zorn nicht gegen deren Person, sondern gegen das harte, rö- myche System, da- die Bekehrung der Anders gläubigen, selbst mit so verwerflichen Mitteln, zur Fo derung erhebt und al» Verdienst anrechnet. Ikeuel-kol-n UM I L.IH I u Lti emnilr, „Es ist etwas Grobes um das Trösten und Aus gleichen, »in das liude Aufasseu einer verwuudctcu Menscheufcele und für ein hangepruftes Traueugemiu wäre gerade Deine Gcgeuwan Sonnenschein, mein Herzenskind, das weis; ich. Aber —" W arga. Noman von C. Crone. (Nachdruck verboten.i „Arco, der diesen Plan mit regster Slmwatbie be- grübie, vereinigt seine Bitten mit den meinen, daß Marga Sie begleitet, wenn Sie jetzt zu uns kommen." Unterzeichnet war der Brief: Hildegard. Graf Arco hatte dem Schreiben einige Zeilen an Marga beigefügt. „Meine kleine Haidelerchc! Komm zn uns! Der geliebten Muller wirst Du Tochter, Elliuor nud nm eiuc liebe Schwerer sein Im süuuigen Süden wirst Dn ganz umblühen und an den Wundern der Knust nud Natur werden Deine blauen Kinderangen sich weiden. Das Empfinden, das Dich bei Deiner Ankunft begrüßen wird, fasse ich in den Worten zusammen: Unser Heim soll auch das Deiue sein, ein Baud mehr, das uns mit dem lieben, altcu Pfarrhaus« verbindet, allem zuvor Deinem treuen Bruder Arco Ferrari." Mitternacht war vorüber, als Pastor Biehler vom Schreibtisch aufstand. Er öffnete ein Fenster und sah hinaus. Ein dichter, weißer Nebel schlug ihm entgegen und lieh ihn fröstelnd zurückweicheu. Der Norden war rauh. Der Süden mochte seine Vorzüge habe» und der Brief dort war ein Fingerzeig, den er nicht unbeachtet lassen durfte. Gcheünrat DürkenS batte inbetreff Margas' aller dings nur vou Schonung gesprochen, von keiner augen blicklichen Gesahr, aber über die Znknnst Halle er ' nicht znversich Uch geankert, und inehriuals die Bari! , des OrganiSmns betont. Aber das Kind mnsttc auch selbst gehört werden. Vielleicht, dah es noch für den inneren Frieden zuviel Ivar. Nicht jeder vermag cs, in einer gegebenen Zeit ccm Herzen Nahe zu gebieten. Manche brauchen Fahre dazu. Manche erreichen es nie. Ein Seufzer glitt über die fest geschlossenen Lippen. „Herr, Deine Wege sind wunderbar — Dein Wille geschehe!" Kurz darauf verschwand der Schein des einsamen Lichts. Lantlos breitete der Schlummer seine weichen Flügel über das stille Pfarrhaus, um dessen spitzen Giebel der Nebel strich, von dein schwermütigen Pscisen des Windes begleitet. Tante Ulla schlief noch fest und traumlos, als Pastor Biehler am anderen Morgen Marga Bruchstücke aus Gräfin Hildegards Brief vorlas. „Du kennst nnn den Inhalt, soweit er Dich betrifft, Kind", sagte er in seltsam weichem Ton. „Ueberlcge es Dir, liebe Marga, und sage mir später, wie Dn darüber denkst." Mit einem fragenden Blick sah sie in sein ernstes Gesicht. „Bin ich so krank, Onkel Pastor, das; ich fort innß." „Das nicht, Marga, obgleich es Dir entschieden zuträglicher ist, in sonniger Luft zn leben, während wir hier im Norden de» Kampf mit dem rauhen Wetter ansfechten." Marga hielt einen Augenblick inne. „Wie erschein! die Sache Dir sonst, Onkel Pastor?" fragte sic leise. Panor Biehler nahm Margas Kopf zwischen beide Hände und sah ihr liebevoll in die Angen, „es handell sich vor allen Dingen darum, ob Dn - ruhig in den Kreis einlrctcn kannst, wo Deine Gefühle ans eine Probe gestellt werden, deren Tragweite Du vielleicht nicht deutlich genug ermesseu kannst. DaS ist mein einziges Bedenken, Marga." In den blauen Augen schinuuerte ein leuchtender Strahl nud ein rührendes Lächeln umspielte den Mnnd. „Dann sei ganz ohne Sorge, Onkel Pastor! In meinem Herzen wohnt Ihr alle, von denen ich soviel Liebe erfahren. Für das Bild eines Einzelnen, nve Dn es voraussetzest, ist jedoch kein Nanni. Meine Mission ist es allein, in der Sprache der Töne zn den Menschen zu reden, ihnen zur Freude, zum Trost, zum Vergessen von Leid und Weh, und dieser Vorzug ist so gros; und beglückend, das; er wohl der ganzen Hingabe eines Menschenlebens wert ist. Wenn Dn cs willst, dann last mich mit Dir gehen, aber nur für absehbare Zeit. Im Pfarrhause ist meine Heimat, laß es so bleiben. Du und Taute Ulla wollt mich nicht forigcben. Bin ich Euch doch mit jeder Faser meines Herzens zu- gethan." Boller Güte sah Pastor Biehler auf den blonden Mädcheukopf herab, der sich an seine Schulter schmiegte, während Marga seine Hand fest nmsc, lassen hielt, die sich, so lange sie denken konnte, schützend über sie ge breitet hatte. „Dann wollen wir hingehen, wenn wir gerufen werden. Tante Ulla wird zwar zuerst die Trennung von Dir schmerzlich empfinden, aber die Muhme soll zu ihr komnieu und ihr darüber forthelfen. Gottlob, im Alter lebt inan mehr im Hiuimel als auf Erden mit dem vielen Stückwerk und den Hinfälligkeiten. ES ist ein Trost, daß eine Zeit kommt, da irdische Em- psiudnngcn an Lebendigkeit verlieren, während daS Seelenleben an Tiefe nnd Innigkeit znnimmt." „Und", fuhr er heiterer fort, „im Frühjahr hole ich unser Vögelchen wieder, dessen Heim das alte Pfarr haus bleibt, so lange meine Augen die Sonne über unsere Haide brausten aus- und unlergeheu sehen." „Das Leben", fügte Pastor Biehler sinnend hinzu, „hat mir neben viel Trübsal und Schmerz auch manche hohe Freude geschenkt, aber alles, was ich au letzterer erfahren, erblaht vor dein Dankgcfühl, das mich ergreift, nun ich die liebsten Menschen auf Erden einem ruhigen Glück entgegengchen sehe. Möge eine gütige Vorsehung es ihnen für alle Zeit gnädig erhalten!" „Und Du, Oukel Pastor, was bleibt Dir?" Lächelnd sah dieser in das ihm zugewandte Gesicht. „Vergibt Du die beträchtliche Zahl derer, die mir anverlraut sind? Vor vielen kann der sich glücklich vreiseu, dem ein grobes und reiches Arbeitsfeld gegeben! — — Da kommt Taute Ulla, Kind: Ich will sie langsam vorbercilen." -- End«. —