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WeOin-ClOIM Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Ernftthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdors, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund re. Der »Svhensteln-Ernskthaler' Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn» und Festtage »glich abends mit dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieserung ins Laus Mir. 1.50, bei Abholung in der Geschäftsstelle Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Wk. l.SO. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts» und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. Als Extra, betlage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das .Illustrierte Sonntagsblatt*. — Anzelgengebühr sür die «gespaltene Korpuszetle oder deren Raum 12 Psg., für auswärts 15 Psg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im .Oberlungwitzer Tageblatt' Aufnahme. Anzeigen»Annahme sür die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. gröbere Anzeigen werden am Abend vorher erdeten. Bet Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an oorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantte jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe eingesandter Manuskripte macht sich die Redaktion 18LiSlLlS!8ILlLe:lLlL«Ll»lLlLILiLlLi-reriLLILlL<LILr8lLlLILerLriLILtLILlLiLlL nicht verbindlich. ILLLILiLeiLertLereLerLLlLLILLLLILILILlLLSLSLSLLLLLrLriLLL Nk. 41. Fernsprecher Nr. 151. Sonnabend, den 19. Februar 1910. B-bnstr. g. 37. Jahrgang. TageSgeschichte Eine IndiSpofitio« de» Kaiser». Infolge einer leichten Erkältung muß der Kaiser da» Zimmer hüten und sich Schonung aus erlegen, zumal die Unpäßlichkeit bereit» seit drei Lagen besteht. Die ärztliche Behandlung de» Kaiser» liegt in den Händen de» Generalärzte» Dr. v. Jlberg. Ler Deutsche LandwirtschastSrat änderte infolge de» Ausbleibens de» durch eine leichte Erkältung am Besuche der Sitzung ver. hinderten Kaiser» seine Tagesordnung und erörterte nicht dir Elektrokultur, sondern die Aussichten und Aufgaben de» Ackerbau- im Norden von Tüdwest- afrtka. Oberförster Dr. v. Eschstruth bezeichnete die Bodenverhältnisse dort al- nicht ungünstige, forderte aber für die Erweiterung der landwirt schaftlichen Produktion: Vertiefung der meteoro logischen Beobachtungen, Gründung einer land wirtschaftlichen Versuchsstation, Gewinnung der ansässigen Bevölkerung zur Kulturarbeit. Staats sekretär Dernburg dankte der Versammlung, daß sie die Aufmerksamkeit von den Diamantenfunden ablenke und der landwirtschaftlichen Frage zuwende, in der die Kraft und die Zukunft der Kolonien liege. Für die Zukunft de» Nordens der Kolonie sei e» wichtig, daß der Reichstag den Bau einer Eisenbahn bi» dahin bewilligte, wodurch eine spätere Besiedelung und der eventuelle Absatz von Produkten ermöglicht werde. Es sei hier ja noch viele» Zukunftsmusik; aber andrerseits doch auch schon durch mancherlei bewiesen, daß Südwestasrika nicht die unfruchtbare Sandwüste ist, für die sie früher angesehen wurde. Auf Anregung deS Herrn v. Wangenheim erklärte Unterstaatssekretär v. Lindkquist, daß im Norden der Kolonie Baum wolle in größerem Maßstabe gewonnen werden könnte, wenn die nötigen Verkehrsmittel da sind. Der große Rückschlag durch den Krieg sei fast überwunden. Die Vorschläge deS Referenten wurden angenommen. Darauf berichtete Professor Gering- Berlin über die Herkunft der deutschen Unteroffiziere und Soldaten und stellte fest, daß dies» sich vor nehmlich au» der ländlichen Bevölkerung rekru tierten. Am heutigen Freitag ist die Schlußsitzung; am kommenden Montag Generalversammlung de» Bunde» der Landwirte. Ler Reichskanzler empfindet die Vorwürfe süddeutscher Blätter, er sei preußischcr Partikularist, besonder» unangenehm und hat sie sowohl durch eine halbamtliche V-r- öffeotlichung wie in seiner Rede auf dem Festmahl deS Deutschen LandwirtschastSrat» entschieden zu- rückgewiesen. Gleichwohl kommt j tzt noch ein so national gesinnte« und reich-deutsches Blatt wie die „Münchn. N. N.", um in den gleichen Ton einzufallen. Das Blatt sagt: .Die Würdigung, die der Reichskanzler und preußische Ministerpräsi dent der Kritik der preußischen WahlrechtSvorlage zuteil werden ließ, hat im Süden de» Reiches sehr verstimmt und mußte verstimmen." — Da der Reichskanzler für die deutschen Stämme und Staaten außerhalb Preußens nur Worte der An- Erkennung hatte, so ist die Mißstimmung der Süd- staaten, die ein freies Landtag-Wahlrecht besitzen, wohl darauf zurückzuführen, daß der Kanzler auS- sührte, die Demokratisierung de» Wahlrechts habe immer eine Verflachung und Verrohung der poli tischen Titten im Gefolge, und daß er eir» Ober aufsicht deS Reiches über Preußen ablehnte. Man wird sich hoffentlich bald wieder verstehen lernen. Wichtige Beratungen fanden in Weimar in der .Erholung" von über hundert Vertretern d,r Krieg-Ministerien, Militär- und Eisenbahnbehvrben au- dem ganzen Reiche statt. E» handelte sich bei den unter völligem Ausschluß der Orssentlichkeit geführten Verhand lungen um die bet einer plötzlichen Mobilmachung zu treffenden Maßnahmen im gesamten Verkehr», wesen. Lar Zollfriede mit Kanada ist auf folgender Grundlage erreicht worden: Deutschland verzichtet aus di, gleichen Rechte, die England in Kanada genießt. Kanada gewährt dem Deutschen Reiche denselben Tarif wie andern Mächten, sodaß der 8SK,proz«ntig» Zollzuschlag auf deutsche Warrn vom 1. März ab wegfällt. An die Stelle de- Provisoriums. HgS nach zwei monatlicher Kündigung aufgehoben werden kann, soll möglichst bald ein fester Vertrag treten. Der von Kanada erhobene Zollzuschlag auf deutsche Waren betrug von 1903—1810 nicht weniger al- 260 Millionen Mark, die deutsche Einfuhr ging in dieser Zeit von 880 auf 150 Millionen Mark zurück. — Auch der französische Zolltarif wird durch die Revision voraussichtlich so gestaltet werden, daß die deutschen Interessen dabet eine genügende Berücksichtigung erfahren und Zerwürf nisse vermieden werden. Die Moximierusg abgeledut. Die Wahlrechtskommisfion deS preußischen Ab geordnetenhauses Hal die B stimmung deS Evt» wurss einstimmig abgelrhnt, wonach Kategorien von P rsönlichkeiten wegen ihrer Bildung, amt lichen Tätigkeit oder berufi chen G fahrung in höhere Wählerabteilungen rtnrücken sollen. Schwere R»schuldis»se« ge-e» die Marine- verwalt»»» erhob der sozialdemokratische ReichStagSabgrordnete Severing in der Budgetkommisfion bei der Be ratung de» Marineetat». Der Abgeordnete erklärte laut „Vorwärts", daß die Kieler Werft di» Lieferung langer hölzerner Wäschestangen drmjenigen Liefe ranten übertrug, der doppelt so hohe Preise stellte al» zwei andere Mi.bewerbsr. Bon eittem Torpedo boot in Wilhelmshaven wurde» Meffingstangen, Kupf rplatlen usw. im Wert« von KOO Mk. eiufach inS Meer geworfen. Im November » I. wurden auf der Kaiserlichen Werft in Danzig d»r Fische wegen Löcher inS Eis gehauen, in die dann wert volle Materialien versenkt wurden, um später ver- kauft zu werden. Der Abgeordnete Severing gab dem Staatssekretär auf deffrn Wunsch »in» genaue Beschreibung der Oertlichkett, an der dieser Bor- gang sich zugetragen. Da» ReichSmarineamt hat sofort eine gründliche Untersuchung vorgenommen und wird die schärfsten Maßnahmen treffen, wenn sür jene Anklagen ein positiver Anhalt gewonnen werden sollte. Frankreich. Um Erschütterungen seiner Macht in Zukunft oorzubeugen, wie sie soeben durch die Nieder- mrtzrlung von 100 Mann und s Offizieren stott- fand, wird Frankreich wahrscheinlich ein Korp» von 20 000 Genegal-Schützen bilden und dauernd im Wadailande erhalten. Da- kostet natürlich ein enormes Geld. — Der pensionierte Major DreyfuS, derZ einstige Gefangene der TeufelSinsel, bewirbt sich um einen Sitz in der französischen Deputiert»«- kammer. Da- wird Streit und Zank genug geben. Vielleicht ist die betr. Pariser Meldung unbegründet. Grieche»!««». Zwischen der Militärliga, die ihr Schäfchen inS Trockene gebracht, und der Marine, die für sich den erhoffter.Profit noch nicht herau»geschlagen hat, ist es" zum offenen Bruche gekommen. Da die Landosfiziere aber die fixeren stnd, so haben sie den wenia-m Kriegsschiffen rechtzeitig die Munition weggenommen, sodaß Herr TppaldoS und seine Freunde auß°>sta'de find, R vo'niion zu machen. W-nn die Murineoifiziere nicht ganz ruhig find, will der P ästd-nt der Liao, G neriA Zo baS der j tzt ja auch KrieoSmimfter ist, die lauesten unter ihnen kurzer Hund hinter Schloß und R egel s tzen. Do lanue König G org fich der Lma beugt, haben deren Mttgliedrr mit ihrer Ve sick-rung ganz recht, daß die Dynastie unter ihrer Oohut gut geborgen ist. Aber wo» ist ein König, der in allen Stücken von seiner Armee abhängig ist, deren oberster Kriegsherr er sein sollt». Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. Lresde», 17. Febr. Der heutigen Satzung wohnten die Staatsminister Graf Vitzthum von Eckstidt, Dr. von Oliv und ein sehr zahlreiche» Publikum bei. Auf der Tage-orduung standen in erster Linie die Antläge der Nationalltberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten auf eine Reform dar Erste» Stä»d»k«»«»r. Die Verhandlungen über die drrt Anträge wurden vereinigt. Zunächst begründete Abg. Gstvther den frei sinnigen Antrag. Sein, Partei sei der Ansicht, daß das Gesetz vom 1b. November 1848 niemal» außer Wirksamkeit getreten sei und daß da» Sin- kammer-System für Sachsen genügen werde. Seine Partei werde sich deshalb sür den weitergehendeu Antrag de» Abg. Drescher und Genoffen in dem Fall« verwenden, wenn Autficht bestände, ein Ein- kammer-Spllem in Sachsen zu erreichen. Zunächst beschränke sie sich auf den vorliegenden Antrag. Die Reformbedürftigkeit der Ersten Kammer sei schon lange betont und auch von der Regierung anerkannt worden. Wenn behauptet »erde, daß die VerfaffungSresorm von 1848 nur einen provi sorisch»« Charakter getragen habe, so sei da« ein» große Legende. Seine Partei vermöge eine Verjährung öffentlicher Rechte niemals anzuerkennen. Ec er- warte, daß die Regierung fich auf den Boden der VsrsaffungSmäßtgkeit stellt und da» G setz von 1848 wieder in Wirksamkeit treten laste. Nur wenn dieser Weg nicht beschritten werden sollte, empfehle er »ine Reform der Ersten Kammer in der Weise, daß allen größeren BerusSgruppen in angemestener Zahl Sitz und Stimme in der jen seitigen Kammer eingeräumt werde. Abg. Heltaer begründet den nationalliberalen Marg a. Roma» von C. Crone. 8j (Nachdruck verboten.) »Morgen?" - Ein funkelnder Blick streifte die Züge des Sohnes und die Stimme klang fast rauh. „Morgen ist es vielleicht zu spät. Auch nicht einen Augenblick darfst Du zögern." „Mein Gott, Mama, Lindenwalde wird doch nicht gleich snbhastiert werden, weil der Inspektor mit einigen Lausend Mark vielleicht davonläuft. Die Schererei ist unangenehm, der Verlust jedoch ersetzbar. Es geht doch um eine solche Lappalie nicht gleich an den Kragen." Die Baronin lehnte sich in den Sih zurück. Ein flackerndes Licht glomm in den uustät unchcrblickenden Augen und die schlanken Finger griffen achtlos in die kostbaren Spitzen des eleganten MorgcnklcideS. Hannibal halte den Eindruck, als müsse sich bei den nächsten Worten der Mutter eiu ktaffeuder DUH in dem Boden aufthun, den der Sohn bisher für unvergänglich gehalten und sic würden zugleich den Knebel verirrter Gefühle enthalten, der ihn ihren Plänen gefügig machen sollte. „WaS nennst Dn ersetzbar?" sagte sie nud hüllte sich fester in den seidenen Umhang. „Seit einer Reihe von Jahren schon nehmen wir gröbere Kapitalien auf. Lindenwalde wie Ulmcnhof tragen zusammen eine Schuldenlast weit, merke cs Dir, weit über ihren wirklichen Wert. Zum Zusehen ist nichts da." .Mama!" „Was willst Du!? Das Leben erfordert einen groben Aufwand, wenn inan seine Stellung behaupten will. Und dab wir mit den Jahren immer weniger Lust spüren, eine Lücke in der zweiten Reihe der Gesellschaft anszufüllen, brauche ich kaum zu erwähnen. Weshalb auch? Eine günstigere Umgestaltung als diejenige, welche durch die geplanten Berbinduugcn geschaffen wird, läßt sich kaum erzielen. Wann Ellinor Arcos Frau Wird, kann nur als eine Zctlfrage betrachtet werden, und hältst Du um die Hand Fauuh von PatrhS g», kommst Du aller Wünschen entgegen. Tic Eltern warten nur ans dm formellen Antrag. Fauuh selbst auch, soweit mau es nach ihrer ernsten zurückhaltenden Art beurteilen kann, und das; wir mit der sehr ver mögenden und standesgemässen Verbindung einverstanden sind, darfst Du Dich überzeugt halte»." Wie eine Lähmung batte es sich auf Hannibals Sinne gelegt. Er sah das blasse, wie an? Stein gemeißelte Gesicht der Mutter vor sich, hörte die kühle Erwägung der Vorteile, wie er es aus diesem Muude gewöhnt war, und glaubte sich doch von einem bösen Traum umfangen. Die Güter verschuldet, der Untergrund seit Jahren morsch! Mit lachender Miene und tändelndem Fus; waren sie darüber hiuwcggeschritteu, als müsse der Boden in alter Treue und Gediegenheit noch das Geschlecht tragen, das sich persönlich immer weniger um sein Bestehen gekümmert. Baron Hannibal schüttelte den Kopf, als könne er das Unfaßbare nickst glauben. Daun wallte die Liebe in seinem Herzen zu dem angestammten Besitz Heib auf und er gelobte sich, seine ganze Kraft eiuznsetzcn, die Ställe zu erhalten, die so lauge und so eug mit dem Ramen seines Geschlechts verbunden gewesen. „Wir hatten erwartet, Dn würdest aus eigenem Antriebe diese Angelegenheit zn Ende bringen", begann die Freifrau wieder, dcu Hauptgedanken verfolgend, denn für sic war die Schuldcnfrage keine neue mehr. „Ich verstehe Fran von PatrhS Staunen, das; Dn immer noch zögerst, nachdem Du vorher Fauuh so auffalleud bevorzugt hast, daß Dein Benehmen zu den weit gehendsten Schlüssen Anlaß gab. Niemand hat ein Recht, eiu Edelman» am wenigsten, seinem Denken und Empfinden solchen Ausdruck zn gebe», wenn er nicht willens ist, die Konsequenzen zn tragen. Zum Aus-- füllen müßiger Stunden dürften die Gefühle eines junge», »»berührten Mädche»herze»S ein zn sprödes Maicrial sei». Tas bitte ich Dich, während es noch Zeit ist, z» bedenken." Baron Hannibal sah die Mutter immer noch stumm an. Wie sie da saß in nachlässiger Grazie, zurückgelchnt, Phrasen geschickt zu einer Art Perlenschnur aneiuander- rcibend, das kannte er. Was ihm als neu entgegentrat, war die pathetische Art. für Gefühle einzntretem die sie sonst nicht nur verspottete, sondern auch bekämpfte, das kannte er noch nicht. Plötzlich kam ihm ein klärender Gedanke und für einen Augenblick atmete er erleichtert auf. Vielleicht, daß das Bild der Verschuldung mit etwas starken Farben versehen wurde, um ihn de» Wünschen der Mutter gefügiger zu machen. Eine lebhafte Bewegung flog über sein hübsches, offenes Gesicht. „Ich kann es nicht glauben", waren seine ersten Worte, „dab Rybergs Bericht dem Sachverhalt ent spricht. - Eiben hatte ja gar keinen Grnnd, nntreu zu werden. Sein Gehalt war reichlich bemessen. — Und — sollte es dennoch sein — so trübe, wie Du cs schilderst, Mama, kann es kaum sein, Papa hätte doch sicher davon gesprochen." Die Baronin machte eine ungeduldige Bewegung mit der Hand. „Um so schlimmer für Dich und uns, wenn Du es nicht glaubst. Ich kann nur wiederholen, daß die Geldfrage eine bitter ernste ist, und halte cs für durchaus notwendig, daß Du Dich nach Lindeuwalde beziehst, nm persönlich die Sache zu untersuchen." Die kauni erwachten Hoffnungen wurden von der sichtlichen Angst und Sorge der Mutter wieder zerstört. Es lieb sich nicht leugne», in diesem Falle war seine Gegenwart unstreitbar das richtigste — aber — jetzt fort zu gehen — gerade jetzt? — Hannibal stand auf und ging unruhig hin und her. In der feuchten trüben Luft gaben die Schritte einen dumpfen Widerhall auf den Sleinfliesen. Die Gedanken fingen an, in tollem Reigen zn kreisen. Der Mittelpunkt war Blanca, aber ihr lieM. süßes Gesicht schien ihm unter Thränen zu lächeln. Er meinte auch zu hören, daß sie ihm Vorwüks« wegen seines Schweigens machte — und sie hatte recht. Er blieb vor der Freifrau stehen, und war daS Gesicht auch nm einen Schein bleicher geworden, di« Stimme klang fest und klar. — i „So leid es mir thut, Mama, Dir noch eine Ent» täuschung zu bereiten, so könnte «In Schweigen meiner seits leicht noch größere Unklarheit bringen, deshalb erlaube, daß ich berichtigend eingrcife. Du irrst Dich in Betreff Fräulein von Patrys. Ich habe durchaus nicht die Absicht, das Geschick der jungen Dame an das meinige zu knüpfen, und bin mir bewußt, mein Ver halten ihr gegenüber streng darnach gewahrt zu haben." , Er hielt einen Augenblick inne. zj Die Baronin erhob sich nicht um eine Linie au» ihrer teilnahmlosen Stellung. Sie wußte ja ganz genau, was kommen würde, aber jetzt galt es, die gs<< schaffene Sachlage richtig zu beurteilen, durch Ein* Wendungen nicht an Boden zu verlieren. Das Spiel war diesmal ernst. „Ich möchte Dich auch nicht darüber im Zweifek lassen, weshalb ich Deinen Wunsch nicht erfüllen kann"» fuhr Baron Hannibal in etwas erregtem Ton forkz „Ich beabsichtige, mir das Jawort von Fräulein Blanca von Holten zu erbitten, und hoffe sic Euch, vielleicht heute noch, als meine Brant zuzuführen." Ein leichtes Beben der feingeformten Nasenflügel war das einzige sichtbar« Zeichen, daß die Baronin nur mühsam die äußere Gelassenheit aufrecht erhielt. „Und dann?" klang es so unnatürlich ruhig von ihren Lippen, daß es den Sohn fast verblüffte. „Dann? — Nun, wenn wir später, wie ich hoffe, als junge Eheleute auf den Nlmenhof einzieheu, werden wir den Verhältnissen Rechnung tragen." (Forts, f.)