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tag-abg. Krauße-Luga« über „Dir Rechtlostgkett der Arbeitrrvertretrr und deren Wahl im sächsischen Bergbau". Der Referent bezeichnete di« Herrschaft der Grubenbesitzer al» eine unbeschränkte, ja e» fehle in der deutschen Sprache ein parlamentarische» Wort, um da» Gebaren der Bergherren zu kenn zeichnen. Er »eise die Angriffe der WrrkSver- «altungen, daß die Vertreter der Bergarbeiter- Organisationen hetzten und schürten, ganz ent- schieden zurück. Erstere kümmerten sich viel zu sehr um andere Sachen, mithin könnten seitens der- selben die erforderlichen Maßregeln bezüglich der Sicherheit und Hygiene im BerawerkSbetrieb nicht genügende Beachtung finden. Der Redner schloß sein deS öfteren non lebhaften Zustimmung-rufen unterbrochene- Referat mit der Aufforderung zum Beitritt in den Bergarbeiter-Brrband. Unmittel bar darauf sprach Sachse-Bochum über „Die Sicherheit-männer im sächsischen Berggesetz und was fordern die Bergarbeiter von demselben?' Der Referent zergliederte in ca. 1'/.stündiger Rede da- Gesetz in seinen einzelnen Paragraphen und formulierte die Forderungen der Grubenleut», eben falls lebhaften Beifall erntend. Ueber beide Themen lagen entsprechende Resolutionen vor, die den Gegenstand ausführlicher Besprechung sowohl seitens der Referenten al- auch der sich anschließenden lebhaften Debatte bildeten. Fast au- allen Be zirken sprachen Delegierte dazu. Die Resolution zum Krauß'schen Referat ermahnt im Namen der Konferenz alle sächsischen Bergarbeiter, angesichts der bevorstehenden schweren Kämpfe geschloffen zusammenzustchen, fordert zur Gründung eines KampffondS, um den Grubenbesitzern gewappnet gegenüberzustehen, auf, und beschließt, den BezirkS- lriter und LandtagSabg. Krauße zu beauftragen, beim Ministerium de- Innern anzufragrn, ob r» bereit sei, eine Deputation der Bergarbeiter zu empfangen, denen die Regierung antworten soll, daß die Rechte der Arbrttervrrtreter von feiten einzelner WerkSoerwaltungen nicht mehr illusorisch gemacht werden sollen. Die Resolution zu Punkt 2 hingegen verwirft daS ganze Berggesetz in der vor- liegenden Fassung und verlangt entsprechend den Forderungen der Bergarbeiter eine totale Umände rung desselben. Beide Resolutionen fanden ein- stimmige Annahme. *— Selbsthilfe sächsischer Handwerker. Der 213 Innungen mit ca. 18000 Mitgliedern um- fassende Sächsische JnnungSverband beschäftigt sich schon seit einiger Zeit, um seinen Mitgliedern die vielfach noch fehlende Gelegenheit zu einer Alters versicherung zu schaffen, mit den Vorarbeiten zur Bildung einer Alter-rentenkofle für sächs. Handwerker. Neuerdings ist nun ein Statutrnentwurf für diese- Unternehmen auf Gegenseitigkeit ausgestellt und sämtlichen Verband-innungen zur Prüfung zuge- fertigt worden. Hierbei sollen die JnnungSmit- glieder aufgefordert werden, auf Grund d?S Sta tuts sich zur Teilnahme an der Altersversicherung zu erklären, damit dann unter Berücksichtigung dieser vorläufigen Anmeldungen auch in verfiche- rungStechnischer Beziehung die notwendigen Er örterungen angestellt und Gutachten, von denen die Genehmigung der Kaffe abhängig ist, eingeholt werden können. Dem Glatutenentwurf ist zu ent nehmen, daß die nur für die Mitglieder der dem sächsischen JnnungSverbande angehörigen Innungen nach Paragraph 63 deS ReichSgesktzeS vom 12. Mat 1901, dir privaten VerficherungSunternehmen be- trtffend, zu errichtende Kaffe den Namen „Alter-- rentenkaffe für sächsische Handwerker, Versicherung», verein auf Gegenseitigkeit', führen und den Zweck haben soll, ihren Mitgliedern vom Ende dek 66. Lebensjahre- an eine Altersrente auf Leben-zeit zu gewähren. Bei der Kaffe sollen vier Klaffen gebildet «erden mit einem Eintrittsgeld von 2, 3, 4 oder 6 Mk. Der Beitrag eine- KaffrnmitgliedeS soll betragen: bei einem Eintritt-alter bis mit 80 Jahren in den Klaffen I: 15, II: 30, III: 45 und IV: 60 Pfg., bei einem Eintrittsalter über 80 und bi- mit 40 Jahren in den Klaffen I: 20, II: 40, III: 60 und IV: 80 Pfg. und bti einem EintrtttSalter von Über 40 Jahren in den Klaffen I: 25, II: 50, III: 75 und IV: 100 Pfg. die Woche. Die Wartezeit beträgt 25 BeitragSjahr«. Um älteren Mitgliedern diese Wartezeit zu ver kürzen, ist für diese eine Erhöhung der Beiträge vorgesehen. Für die Beiträge, die nach Bedarf erhöht oder vermindert werden sollen, leistet die Kaffe nach erfülltem 6b. Lebensjahre an da- Mit glied in Klaffe I: 120 Mk., in Klaffe II: 240 Mk., in Klaffe III: 360 Mk und in Klaffe IV: 480 Mk. JahreSrente bis zum Tode und zwar in monatlich vorau-zahlbaren Raten. Bet vorzeitigem Aus scheiden eines Mitgliedes wird an dieses oder dessen Erben die Hälfte der geleisttten Beiträge ohne Zinsen zurückgezahlt. Der Sächsische JnnungSvrr- band beabsichtigt, der AlterSrentrnkoffe für säch sische Handwerker einen GründungSfoud- von 1000 Mark und einen jährlichen, vom Verband-tage fest zusetzenden Beitrag zu den VerwaltungSkostrn zu gewähren, waS um so anerkennenswerter ist, al ber JnnungSverband selbst nur ein Vermögen von noch nicht einmal 5000 Mk. besitzt. Die Verwal tung deS neuen Versicherung-Unternehmen- soll so einfach als nur möglich gestaltet werden. Die end gültige Beschlußfassung über dir ganze Angelegen heit wird voraussichtlich auf dem in diesem Jahre stattfindenden 23. JnnungSoerbandslage erfolgen. * Hohenstein Ernstthal, 10. Jan. Im amt lichen Teile dieser Stummer wird die Notwendigkeit der Wiederholung der letzten Gladtverordnetenwahl in den Wahlbezirken Alt- und Neustadt bekannt- gegeben, da diese mit Erfolg angefochten worden ist. Der Gtudtrat hatte sich nach seiner Auslegung der betr. Bestimmungen der Revttiertcn Städtc- o dnung für berechtigt gehalten, die Wahllisten nicht am Tage de- Ablaufes der AuSlegungSfrist, sondern zwei Tage später abzuschließen. Demzu folge ist auch bi- zum Lage deS Abschluffe- noch eine Anzahl Einwohner, die fich auf ihre Pflicht zur Erwerbung deS Bürgerrechte- in letzter Stunde besonnen hatte, verpflichtet und in die Wahllisten ausgenommen worden, wie dieS auch in anderen Orten, z. B. in der größten Stadt Sachsen-, Leipzig, üblich ist. Auf Ansuchen war di, MAgltchkett der Verpflichtung »on Nachzüglern und deren Betei ligung an der Wahl, um all«« Kr«isen der Sin- wohnnschast gerecht zu «erden, öffentlich bekannt gemacht worden und dem Umstande, daß hierbei die Au-legungSfrist nicht au-drücklich um 2 Tage verlängert wurde, ist der Erfolg de- Einsprüche» zuzuschrriben. Da die erhobene v«schwerde nicht ctwa ein»n Stimmenabzug bei dem einen oder an deren Kandidaten, sondern eine Neuwahl zur Folge hat und bet dieser der al »dann vorhandene Bestand an stimmberechtigten Bürgern wählen kann, so ist eigentlich nicht einzusehen, in welcher Richtung der von tum Einsprüche erhoffte Vorteil zu suchen sein soll. Von der Einigkeit der bürger lichen Partei«» und dem Pfltchtbewußtsetn aller zur Ausübung de» Wahlrechte- Berechtigten wird «S abhängen, ob e- bei der vorauSfichtlich zu Ende diese- Monat- erfolgenden Wiederholung der Wahl bet dem am 24. November v. I. erreichien Wahl ergebnisse vrrbleibt oder ob fich diese» ändert. * — Le» Kinde» Sugel. Als heut« vor- mittag in der 10. Stunde ein Fuhrwerk de» Gutsbesitzer» Vogel au» LangenchurSdorf die Ehemnitzirstraße passierte, trat da» 1'/,jährige Söhnchen de» daselbst wohnhaften Sattler» V. au» dem Hause und lief direkt in da» Fuhrwerk hinein. DaS Pferd trat indessen vorsichtig über daS hingefallene Kind hinweg, und konnte der Gr- schirrführer den Wagen sodann anhalten. Einen Schritt weiter, und daS Kind wäre von dem Wagen überfahren worden, während e» so nur einige leichte Hautabschürfungen davongetragen hat. Den Geschtrrführer trifft an dem Unfall keine Schuld. * — Der Grwerdeverti» Neustadt hielt gestern abend im Saale deS Gasthofe- „Grauer Wolf" ein Thristbaumoergnügen ab, vaS von den Mitgliedern und deren Angehörigen außerordentlich zahlreich besucht war und zufolge der gebotenen gediegenen Unterhaltungen jeden Teilnehmer auf höchste befriedigt haben dürfte. * Oberlungwitz, 10. Jan. Wie wir erfahren, hält Herr Pastor Ende au- Lichtenstrin-Lallnbera kommenden Freitag abends '/,v Uhr in» Gasthof „zum Lamm' einen Vortrag über Chile. Herr Pastor Ende hat viele Jahre in Chile gewirkt und weiß de-halb über diese- wenig bekannte und interessante Land au- eigener Erfahrung zu sprechen. Der Eintritt zu dem Bortrag ist für alle, auch für Frauen, stet. I r. Hermsdorf, 10. Jan. Ein hiesiger Strumpf- Wirker stahl in einem Limbacher Restaurant einige Grammophonplatten und verkaufte fi« in einem anderen Restaurant zu billigem Preise. Der wegen de» geringen Betrage« zum Dieb geworden«, bisher unbescholtene Arbeiter wurde »on der Gen darmerie in Kändler verhaftet. * GerSdorf, 10. Jan. Art der hiesigen Spar- kaffe wurden im Monate Dezember 1909 208 Einzahlungen im Brtrage von 19107 Mk. 22 Pf. geleistet, dagegen erfolgten 81 Rückzahlungen im Betrage von 17 572 Mk. 18 Pfg. Der Barbe stand betrug am Schluffe de- MonatS 16 728 Mk. 42 Pfg. — In einem HauSgrundstück d«r Feld- straße hier «ar vorige Woche ein Zimmerbrand entstanden, der aber glücklicherweis« al-bald be merkt wurde und unterdrückt werden konnte. ' Glauchau,, 9. Jan. Einem „Sympathie- Doktor" wurde gestern hier da- Handwerk gelegt. Der Unbekannte erschien im Herbst v. I. bet einer hier wohnhaften Frau, die schon viele Jahre an einer Betnwunde leidet und versprach ihr für drei Mark innerhalb 8 Tagen völlige Heilung. DaS Mittel, da» er ihr verordnete, bestand darin, daß er einen der von der Kranken getragenen Strümpfe an sich nahm. Anstatt der ursprünglich geforderten 8 Mark begnügte er fich schließlich mit 1 Mark und verschwand dann. Sestern tauchte der Mann wieder auf und kug der Fra« von neuem seine „Hilst" an. Die GenaSsührte wollte die-mal aber nicht» von seiner „Kur" wissen und übergab den Schwindler der Polizei, die in ihm den „Gelegen heitsarbeiter" Schmidt au» Mittelfrohna ermittelte. Sch. wurde dem König! Amtsgericht zugeführt. — Unbekannte Mietgeldschwindler machen jetzt di« hiefige Gegend unsicher. ES handelt fich vermut lich um ein Ehepaar. Dir Mann ist 50 und die Frau ca. 40 Jahr« alt. Sie vermieten ihre 18 Jahre alte Tochter, die angeblich in der Crimmit schauer Gegend dienen soll, in Wirklichkeit aber gar nicht existiert, und erschwind«ln fich damit in fortgesetzter Weise den üblichen Miet»taler. ES sei hiermit vor ihnen gewarnt. * Allßadtwalbeubur-, 9. Jan. In dem auf der BahnhofSwiese befindlichen Waffrrgraben wurde gestern früh der aus Callenberg gebürtige 63jährige Gelegenheitsarbeiter Friedrich August Janatzschek tot aufgefunden. Da an dem Manne Verletzungen nicht sichtbar waren und ärztlicherseits als Todes ursache Erstickung festgrstellt wurde, fand die poli zeiliche Aushebung deS Leichnam» durch die Se- metndebehörde statt. I. war landarm und dem Trünke ergeben. * Limbach, 9. Jan. Die Hinterbliebenen de- kürzlich verstorbenen Stadtrate» Julius Köhler stifteten der Stadt eine Summe von 5000 Mark zur würdigen Ausschmückung eines Ratssitzung-- zimmer« in dem neuzuerbauenden Rathaus». ' Dresden, 9. Jan. Der Rat und die Stadt- verordneten haben den Ankauf der Luftschiffhalle von Manzell abzelehnt, weil der Transport von Friedrich-Hafen nach Dresden unzweckmäßig und die Frage der Erbauung von Luftschiffhallen für Lenk- ballonS noch in keiner Weise geklärt sei. — Heut« nachmittag wurde der 4jährige Sohn de« Schloffir» Zteroff auf der Großenhainer Straße von der Straßenbahn überfahren und sofort getötet. DaS Kind war in den Wagen hineingrlaufen. * Leipzig 9. Jan. In einem Artikel „Land- wehr-Uebung" d«r Nummer 165 der sozial demokratischen „Leipziger Volkszeitung" wurden mehrere dienstliche Maßregeln beim 7. sächsischen Feldartillerie-Regt. Nr. 77 kritisiert, u. a. auch der Ausdruck „Schinderei" gebraucht. Durch den Inhalt fühlten fich Regimentskommandeur Oberst noch einige Einzelheiten bekannt. Mit den ge planten AuSstellungSb«scheinigung«n für gewöhnliche Pakete konnten sich die Vertreter von Handel, Industrie und Landwirtschaft nicht befreunden, da für jede Bescheinigung ein« Gebühr von 10 Pfen- «tgen erhoben werden soll. Dagegen fand der Vorschlag, zur Abholung chiffrierter postlagernd» Srndungrn gegen eine MonalSgebühr von 25 Pfennigen befand«« Karten auSzustellen, unge teilten Beifall. Mit der Einführung deS Ankunft«- stempelS auf gewöhnlichen Briefen wird «S vor läufig noch mchlS «erden. Di« eingeladenen Ver treter der verschiedenen ErwerbSzwetg« bestätigten nach Besichtigung deS BetriebSgangeS dem Staats sekretär, daß die Wiedereinführung diese- Stempel- während der Hauptbefiellzeit nicht gut möglich sei, solle fich die Bestellung nicht erheblich verzögern. Für den kleinen Rest der Sendungen hat der Stempel dann aber auch keinen rechten Zweck. — Am 15. d. M. werden laut „Deutscher Tag«-ztg." Anordnungen in Kraft treten, durch welche die Verwendung von sogen. Fensterbrirfen — durch sichtiger Umschlag, Adresse auf dem Briefbogen — im Verkehr mit dem Ausland erweitert wird. Ueber die Evfinfra»« berät an diesem Montag «ine Konferenz von Sach verständigen im Reichsschatzamte zu Berlin. Im Anschluß daran findet eine Konferenz der ver schiedenen au der Frage beteiligten Ressort- statt. Zur preußische» Wahlrechtsreform. Die Wahlresormvorlage wird dem preußischen Landtage schon in den ersten vier Wochen der Session zugehen, trotzdem im Augenblick über einzeln» wichtige Bestandteile der Vorlage seilen de- StaatSmintsteriumS noch nicht Beschluß gefaßt worden ist. Da- gilt, wie nach den jüngsten Meldungen verlautet, nicht «twa tnbezug auf da» Oeffentlichk-itsprinzip, wohl aber tnbezug auf da» Maß der Konzessionen, die nach der Seite deS Pluralwahlrecht« gemacht werden sollen. Aba. Dr. Potthoff maudatsmiide? Der Reichstagsabgeordnete Dr. Potthoff hat bekanntlich sein Amt als Syndikus de» „Deutschen Werkmeisterverbandes" niedergelegt. Der „Demokrat" bemerkt dazu: „Wie in den Kreisen der Demokra tischen Vereinigung verlautet, soll Dr. Potthoff daran denken, nicht mehr für den Reichstag zu kandidieren und Herrn Dr. Brettscheid an diese Stelle treten zu lassen." Dr. Potthoff vertritt den Wahlkreis Wa'«.eck-Pyrmont. Ob seine Wähler aber auch mit dem Tausch einverstanden sein werden? Etu sozialdemokratischer Gemeinderat In der ersten Sitzung deS neuen GemrinderatS in Ilmenau, der 14 sozialdemokratische und 6 bürgerliche Mitglieder zählt, wurde ein Sozialde mokrat, Milchhändler Pulvers, zum Vorsitzenden gewählt. Im Armenausschuß nahmen die Gr- «offen sämtliche 4 Sitze sür sich in Anspruch, in den übrigen SuSschüffen bewilligten ste dem Bürgertum Vertreter, natürlich aber immer nur in der Minorität. Dem Konflikt zwischen der elsässische« Ne gier»»» »Nb den Bischöfen Po» Metz und Strvßdur» über d«n Eintritt katholischer Lehrer in den Allge meinen deutschen Lehrerverein widmet die „Kreuz- Ztg." in ihrer Wochenschau eine sehr eingehrnde Betrachtung. Da« konservative Organ sagt darin u. a.: Daß die Angelegenheit einen parteipolitischen Hintergrund hat, geht nicht nur au» dem Gebrauch der französischen Sprache ia dem Erlaß der Bischöfe an die Pfarrgrifilichen hervor, sondern auch darau», daß in dem Artikel de» „Schul» freund" d» L hrer auf den katholischen Lehrer- verbanb hipgewiesen werden. Die elsaß-loth ringischen Behörden haben fich nur um das erstere Moment zu kümmern; denn der Wettbewerb zwischen dem ZentrumSverband der Lehrer und dem Allgemeinen deutschen Lehrerverein ist eine Parteiangelegenheit, zu der fich die Regierungen nach guter alter deutscher Tradition fernzuhalten pflegen. ES ist aber kein Geheimnis, daß sich die katholische Geistlichkeit der Reichslande zum über wiegenden Teile den französierenden Bestrebungen wohlwollend und fördernd annimmt, und daß sie das Hinübergreifen der größten altdeutschen Lehrer organisation in die Reichslande auch auS partiku- laristischen Gründen bekämpft. Ob das in dem vorliegenden Falle nachzuweisen ist, muß freilich bezweifelt werden. Es wäre zu wünschen, daß die Regierung einmal gründlich in diese Heimlich keiten der klerikalen Agitation hineinleuchten könnte. Selbst die deutsche Zentrumspartei muß dies wünschen. Denn sie wird nicht eher die Bor würfe entkräften können, daß sie im Westen wie im Osten aus konfessionellen Gründen mit den antinationalen Elementen zusammenarbeite, als bis nachgewiesen ist, daß ste als Partei allen französischen und polnischen Umtrieben fernsteht. Ge»e» ei»o vermehr««» der Kavallerie sprach fich der kürzlich verabschiedete kommandierende General deS 7. Armeekorps v. Bernhardi auS. Er sagt, daß eine Vermehrung der Kavallerie an gesichts der finanziellen und politischen Lage sowie deS Standes der öffentlichen Meinung undurch führbar sei. Eine Verstärkung der Kavallerie will er durch Zuteilung von Radfahrer-Abteilungen herbetführen. Keßle»«»» des Osterfestes Die Festlegung deS Osterfestes wird in diesem Jahre auch den in London statlfindendrn inter nationalen Kongreß der Handelskammern beschäf tigen. Ueber den Termin der Feier deS Osterfestes gingen die Meinungen anfangs auseinander, jetzt neigen die kirchlichen Behörden und auch die HandelSkreise fast ausschließlich dem von deutscher Veite ausgehenden Vorschlag zu, der dahin geht, den ersten Sonntag nach dem 4. April für da- Osterfest zu bestimmen. Die Arbeitgeberverbände sprechen sich über daS Wirtschaftsjahr 1909 im allg«meinen befriedigt auS. Die Niedergangs- Periode, so heißt e» in ihrem Bericht, erreichte ««der ihrer Dauer noch ihre« Umfange nach di« der vorhergehenden Epochen, insbesondere nicht die der großen WirtschaftSkris« 1901/02. Die Industrie ist gefestigter g«»orde« und kann Krtsenwtrkungen bester widerstehen als früher. — Die ArbeitS- kämpfe find im Jahre 1909 weiter zurückgegangrn, ihre Schärfe hat dagegen zuginommen. Die deutschen Gewerkschaften haben trotz eine- Rück gänge- an Mitgliedern ihre Stoßkraft verstärkt, sodaß sie ihre Fonds von 88 auf 40 Millionen erhöhen konnten. Die vaterländischen Arbeiter- vrttine konnten dafür ihre Mitgliederzahl erhöhen. — Wa- die Organisation der Arbeitgeber anlangt, so brachte daS Jahr 1909 den engeren Anschluß der beiden Arbeitgeberzentralen durch einen Kartell- Vertrag. Dit beiden Zentralen umfassen Verbände mit mehr al- 2'/, Millionen beschäftigten Arbeitern. Insgesamt gibt eS nach den Feststellungen dr- Ttatistischen Amtes 2591 Arbeitgeberverbände mit »'/, Millionen beschäftigten Arbeitern. Thevdvr Roosevelts Reise »ach Berlin Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika Theodor Roosevelt wird, wie die „N. G. C" auS gut unterrichteten diplomatischen Kreisen gehört haben will, gegen Ende de-MonatS April nach Berlin kommen. Man nimmt an, daß er am 28. April in Berlin eintreffen wird. Die Dauer sein«« Aufenthaltes in der Hauptstadt deS Deutschen Reiches ist auf drei Tage berechnet. Graf Zeppelin ans de« Hospital entlasse». Wie auS Stuttgart gemeldet wird, ist Graf Zeppelin am Sonnabend in guter Rekonvaleszenz auS dem dortigen Katharinenhospital entlassen worden. Wie erinnerlich, hat fich Graf Zeppelin in der genannten Anstalt wegen eines Abszesses am Halse behandeln lasten. Graf Zeppelin hat wieder in sein«r Villa in Stuttgart Wohnung genommen. Nachklang z«« Kieler Werftprozrß. In der von der Marineverwaltung herauSge- gebenen „Marinerundschau' ist u. o. folgendes zu lesen: „Allerlei Einflüsse haben dazu geführt, daß der bedauerliche Kieler Werftprozeß von einzelnen Stellen als Mittel zum Zweck benutzt wurde, um dem deutschen Volke die Freude an seiner Flotte zu verderben. Die Marine wird fich in den kommenden Jahren angelegen sein lasten, durch Taten zu beweisen, daß ihr mit d«n er hobenen Vorwürfen Unrecht geschehen ist." Et» Denkmal sür di« bet Hohenfrtedberg ge fallene» Sachse« u«d Oesterreicher. Für die bei Hohenfriedberg gefallenen Sachsen und Oesterreicher wird unter dem Protektorat de- Fürsten Pleß seitens des Vereins ehemaliger Ka meraden der königlich sächfischen Armee sür Breslau unter Mitwirkung de- österreichischen Hilf-vereins „Austria" ein Denkmal nach dem Entwurf dr- Konsuls Wackerow errichtet werden. Die Funda mentierung ist bereit- fertiggestellt. Spanien. 122 Laienschulrn, die die spanische Regierung während der Unruhen im RevolutionSsommer 1909 schloß, sind jetzt wieder geöffnet worden. Der Vater der Laienschulen war bekanntlich Ferrer, der wegen anarchistischer Umtriebe erschaffen wurde. Er hatte in den von ihm persönlich geleiteten Schulen den politischen Mord al- zulässige-, ja gute- Werk gepredigt. OertUcheS »mV Lächstsches. Hoheufteiu-Srustthal, 10 Januar *— Die Jahresbilanz. Der Dichter nennt'- „Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt,' der Bürgersmann ruft: „Katzenjammer!", der Kauf mann sagt: „Bilanz!" E» ist alles dasselbe, denn auch in der Liebe gibt eS Entnüchterung und Bilanz, wie im Geschäft. Die Bilanz de» Kauf mann-, die gesetzlich beim Jahresabschluß gezogen werden muß, ist eine sehr bittere Medizin oft, denn sie duldet keine Täuschungen und stille Hoff nungen auf eincn Segen von oben oder auf bessere Zeiten; sie verlangt unbedingte Klarheit und Wahrheit. Und «eil die obwalten muß, ist ste die beste Erinnerung und Mahnung, sich nach der Decke zu strecken. Wers trotzdem unternimmt, fünf eine gerade Zahl sein zu lassen, den nimmt, wenns schief geht, der Strafrichter wegen Bilanz verschleierung beim Kragen. Die Jahresbilanz ist, wie gesagt, ein bitteres Kraut, aber ein heilsames. Auf ihr beruht die Solidität von Handel und Gewerbe in Deutschland. Den einzigen Nutzen, den sie bietet, ist der, daß die Steuerbehörden sie, eben weil die Unredlichkeit mit schweren Strafen bedroht ist, als Grundlage sür die Steuervrran- lagung anerkennen. Aber nützlich ist sie sür jeden. Wer sich darüber schwarz auf weiß genau verge wissert, was er einnimmt, was er auSgibt, was er hat, der bleibt vor mancher Fahrlässigkeit ge borgen. Allerdings ist die Bilanz auch eine Art von Sündenregister. Aber Fehler verbessert man erst, wenn man sie klar sieht. Dann kann auch mit den Sünden der uunötigen Ausgaben aufge räumt werden. *— Wetterausficht für Dienstag, den 11. Jan.: Lebhafte Südwinde, wolkig, mild, kein er heblicher Niederschlag. —r. Die Landeskonferenz der ver»ardeiter Sachsens tagte gestern von nachmittag» 2 Uhr ab im Gasthaus zur Sonne in Lugau. Ihr wohnten über 1000 Personen bei, die den großen Saal bi» auf den letzten Platz füllten. Auf der Bühne halten die stattliche Anzahl der Delegierten auS allen Bezirken, so auS Borna, Dresden, Plauen, Lugau-OelSnitz, Zittau und Zwickau Platz ge nommen, ebenso daS Bureau de« sächfischen Berg- arbeitervrrbandeS und di« Pressevertreter. Der Bergarbeiter Jakob-GerSdorf eröffnete die Ver handlungen mit Begrüßung der Anwesenden. Hierauf ergriff der RetchStagSabg. Sachse-Bochum da- Wort, um darzulrgen, daß die stattgefundenen letzten Vertreterwahlen und daS vorliegende neue Berggesetz für die Einberufung der Konferenz be stimmend gewesen seien. Nachdem sprach Land