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WeWMOHckrAMW Tageblatt für Kohenstein-Ernstthal» Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Der .KolMstcin-Ernstthaler" Anzeiger erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des solgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Kaus MH. 1.50, bei Abholung in der Geschästshclle Mk. 1.25, durch die Posl bezogen (auszer Bestellgeld) Mk. l.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Poslanslallcn und die Landbrieslräger entgegen. Als Ertra- beilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonnlagsblatt". — Anzeigengebühr für die kgespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Psg., sür auswärts 15 Pfg.; im Rcktameteil die Zeile 30 Psg. Sämtliche Anzeigen finden gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt" Ausnahme. 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Geräuschlos und unauffällig, planvoll vorwärtsschreitend, ist König Eduard VII. seinem Ziele nahe gekommen, dessen Erreichung wohl noch in diesem Sommer bevorsteht. ES besteht in nichts Geringerem als in der Schaffung eines neuen Dreibundes Ruß land, Frankreich, England, der nicht nur ein Gegengewicht gegen den alten Dreibund, die Schöpfung Bismarcks, darstellen soll, sondern der namentlich auch den Zweck verfolgt, Englands Einfluß auf dem europäischen Kontinent zu ver stärken. Die Bildung deS ersten Dreibundes war eine der glänzendsten Leistungen Bismarcks. Diesem Meister der StaatSkunst kommt König Eduard am nächsten, wenn es ihm gelingt, den neuen Drei bund zustande zu bringen. Seit 7 Jahren hält König Eduard die Zügel der Regierung in den Händen. Die Geschichte wird ihm die Anerkennung nicht versagen, daß er in dieser doch immerhin kurzen Zeitspanne, deren erstes Jahr noch dazu von den Wirren des Burenkrieges auSgefüllt war, Unerwartetes geleistet hat. Der Mittelmeer-Vierbund zwischen England, Frankreich, Spanien und Italien ist sein Werk, die bis zum Bündnis-Abschluß gereiste Freund schaft mit Frankreich ist ihm zu danken, und ohne ihn wäre auch nicht das englisch-russische Ab kommen zustande gebracht worden. Mit außer ordentlichem Geschick hat König Eduard die ver schlungenen Fäden der auswärtigen Politik so dirigiert, daß er aus ihnen ein starkes Band ge- schlungen hat, das England mit den dem Dreibunde nicht angehörigen Großmächten Europas eng ver knüpft. England, dessen .glänzende Isolation" einst sprichwörtlich war, bildet dank der Mühe waltung seines Königs gewissermaßen den Mittel punkt eines großen Ttoatenbundes Es besteht sogar zwischen ihm und dem dem alten Dreibunde angehörigen Italien ein vertragliches Einvernehmen in der wichtigsten die beiden Staaten berührenden Frage, in der Mittelmeerfrage. Mit Frankreich herrscht Einigkeit über die Auf nahme Englands in den Zweibund, und auch Ruß land wird den Freund seines Freundes bereitwillig als dritten in den Bund aufnehmen. Noch im Mai findet der Besuch des Präsidenten der Repu blik Frankreich, Fälliges, in London statt, und die ersten Junitage sehen den König Eduard als Gast des Zarenpaares in Reval. Da wird dann aller Voraussicht nach dem klugen König und Diplomaten der neue Dreibund als reife Frucht in den Schoß fallen. Dem allerdings unter schmierigeren Ver hältnissen 1879 abgeschlossenen deutsch-österreichischen Zweibunde trat Italien 1883 bei. Im August 1897 wurde in Kronstadt zum ersten Male von dem Zaren und dem damaligen Präsidenten Frank reichs, Felix Faure, das franko-russische Bündnis offiziell erwähnt. Wird man schon im kommenden Monate in Reval aus dem Munde der beiden dort zusanunentreffenden Monarchen das Wort von dem neuen Dreibunde zu hören bekommen? Sachlich besteht der Bund, auch w.nn seine offizielle Namens nennung unterbleiben sollte. Daß König Eduard mit seiner Annäherung Englands an Frankreich und Rußland den emo- päischen Frieden nicht gefährden will, darf man als selbstverständlich annehmen. Seine Minister haben auch in dem Augenblicke, als die amtliche Ankündigung von dem Besuch in Reval erfolgte, gleichzeitig die feierlichsten Friedenserklärungen ab gegeben. Ebenso wurde in Berlin sofort Mitteilung von der Besuchsreise des Königs Eduard gemacht, wobei anscheinend auch über den politischen Zwick des Besuches Eröffnungen erfolgten; denn es Huß alsbald, in den Berliner maßgebenden Kreisen sehe man der Revaler Monarchenbeaeqnung mit Jnter- .ffe und Sympathie entgegen. Es soll nach dem Willen des Königs Eduard ein Friedenswerk sein, das man in Reval seiner Krönung entgegenführen wird. Da aber der alte Dreibund den Frieden nicht nur nicht bedrohte, sondern in dessen Erhal tung allezeit seine Hauptaufgabe erblickte, so hätte König Eduard die Bildung des neuen vielleicht mit geringerem Eifer betrieben, wenn ihm nicht daran gelegen wäre, daS politische Gewicht Englands auf dem europäischen Kontinent zu erhöhen. Ob unter der Flagge eines Bündnisses oder eines herzlichen Einvernehmens, England wird in Zukunft Hand in Hand mit Rußland und Frankreich gehen und seinen Einfluß durch die beiden Freunde, wo eS ihm wünschenswert erscheint, stärken lassen. Daraus brauchen nicht, aber es können daraus in Zukunft einmal politische Verwickelungen entstehen. Wach, samkeit ist daher im hohen Maße geboten. Der Dreibund steht fest, und schließlich dürfen wir unserer eigenen Kraft vertrauen. „Der Starke ist am mächtigsten allein!" Mn deutscher Schutzbefohlener von den Franzosen - erschossen. In Marokko treiben die Franzosen es anschci- nend immer toller. Es könnte fast scheinen, als ob sie Deutschland zum Aeußersten reizen wollten. Der deutsche Schutzgenosse Mohammed Belarbt, von dem General d'Amade fälschlich behauptet, er sei nicht Semsar, ist, Privatnachrichten der „K. Z." aus Casablanca zufolge, von französischen Truppen in seinem Zelle überrumpelt und erschaffen worden. Wenn diese Nachricht amtlich bestätigt wird, so wäre in der Ermordung BelarbiS die Bestrafung sür dessen Beschwerden über die französischen Uebergriffe und der Versuch, die Nichtigkeit des deutschen Schutzes darzutun, zu erblicken. Ein deutscher Schutzgenoffe schrieb kürzlich an seinen Geschäftsfreund: „Man behandelt mich schlecht, weil ich zu Euch Deutschen gehöre. In guten Zeiten hielten wir zusammen, nun schützt mich auch in bösen." — Sollte sich diese Nachricht bestätigen, dann müßte man allerdings von der deutschen Re gierung erwarten, daß sie mit aller Entschiedenheit gegen Frankreich vorginge. Der Harden-Prozetz erlebt eine Neuauflage, denn das Reichsgericht hat, w>e schon telegraphisch gemeldet, daS auf vier Monate Gefängnis lautende Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückoerwiesen. Zweifellos ein Erfolg für Harden, wenn auch daS höchste deutsche Gericht nicht soweit gegangen ist, wie Hardens Verteidiger es wünschte: Freisprechung Hardens, eventuell Zurückverweisung an daS erste Berliner Gericht, daS Harden freigesprochen hat. DaS Reichsgericht hat also, nach früheren ähnlichen Vorgängen, das zweite, neue Verfahren, das die Staatsanwaltschaft einleitete, als zu Recht bestehend anerkannt. ES hielt aber auch verschiedene in der Revisionsbegründung vorgebrachte Rügen gegen das zweite Urteil für berechtigt und hat letzteres infolgedessen aufgehoben. Der Reichsanwalt operierte in geschickter Weise; als er das Er gebnis der zweitägigen Verhandlung vorauszusehen glaubte, stellte er selbst den Antrag, aus Grund seiner Rügen die Aufhebung des Urteils und die Verweisung an die Vorinstanz zu beschließen. Auf die langen juristischen Auseinandersetzungen zwischen dem Reichsanwalt und dem Verteidiger wollen wir nicht eingehen. Interessant ist, daß der Reichs anwalt darauf aufmerksam machen konnte, daß die Verteidigung einen offenbaren RechtSirrlum des Vorderrichters nicht gerügt hat: Harden ist für ein und dasselbe Vergehen nach zwei ver- schiedenen Paragraphen bestraft worden. Der Reichsanwalt meinte aber, auf die Strafbemessung habe das keinen Einfluß gehabt. Die Verteidigung rügt« u. a., daß das Urteil von dem Verdacht der SensationSlüsternheit als Straferschwerung spricht. Es gibt jedoch, sagte Dr. Bernstein, keine Verdachtsstrafe, und deshalb ist die Begründung im Urteil unzulässig Strittig war die Frage, ob das Vergehen der fortgesetzten strafbaren Handlung seitens Hardens oorliege. Vor der Urteilsver- kündung ergriff Harden selbst das Wort, und während seiner Rede entlud sich ein Gewitter, so daß Blitz und Donner sie begleiteten. Ec stellte sich wieder als den uneigennützigen Vaterlands- sreund hin, der im Interesse des Reiches gehandelt habe. Auch habe er nicht Beleidigungen, sondern nur Warnungen aussprechen wollen. Harden wurde von dem sehr zahlreich erschienenen Publi- kum gefeiert. Man ließ ihn hochleben und schüttelte ihm die Hand. Zur Aufrechterhaltung der Ord nung hatten Schutzleute aufgeboten werden müssen. Darüber, wie das neue Urteil des Berliner Ge richts aussallen wird, können natürlich nur Mut maßungen bestehen. Hotze Schule. Roman von C. von Dornan. 18) (Nachdruck verbaten.) Neuntes Kapitel. Das Wetter batte sick nach dem deftigen, nächtlichen Gewitterregen schnell wieder aufgeklärt, nur dieHivc batte nachgelassen, und Mensch und Tier empfand das als Wvbltat nach der hoben Temperatur der legten Wochen. Schöne, klare Sommcrlagc zogen über das stille Dörfchen in seinem lieblichen Waldcskranzc, und ihr sonniger Frieden senkte sich in Herz und Sinn. In einem unendlich wohligen Einerlei glitten diese Svmmcr- tagc an Lola vorbei, und ihre Geföhncu empfanden gleich ibr den ganzen .Zauber nordischer Sommcrpracht. Bergen mußte noch immer den stark entzündeten Arm in der Schlinge tragen und litt zeitweise noch sehr deftige Schmerzen, aber doch beklagte er keinen Augen blick mehr den verhängnisvollen Zufall, der ihn nack diesem abgelegenen Erdcuwiukcl verschlagen hatte. Er dacktc auch nicht mehr an Abreise und hatte dem Freunde, der ihn in Nnaarn zur Jagd erwartete, telegraphisch abgesagt. Wunschlos, traumhaft friedlich, reihten sich die Tage: schon eine Woche war vergangen, seit er zum erstenmal an des Doktors Seite ans der Dorfstrabe unter dem Pfarrhanse gestanden und die Weibe Gestalt oben ans dem Balkon in dem grünen Rahmen von wildem Wein erschien. — Wie ihm doch schlicblich der prächtige Doktor gefiel mit seinem nn versieglichen Humor und dem klaren, weltkuudigcn Wesen! Er und die lebhafte alte Französin mit ihrem köstlichen Radebrechen der deutschen Sprache bildeten das belebende Element ihrer Tafelrunde. Die vier so wunderlich hier zusammengeführten Menschen hatten sich am Tage nach Bergens erstem Ausgange beim Mittagessen im einzigen Gasthofe des Dorfes, in dem die beiden Herren Wohnung genommen batten, zusammcnaefnnden und bildeten seitdem eine sehr fröhliche, kleine Tischgesellschaft. Was sonst im Dorfe noch von erholungsbedürftigen Lehrer», kleinen Beamten oder einzelnen Tomen wohnte, verfertigte das einfache Mittagsmahl selbst oder teilte es mit den jeweiligen Onariicrwirtcu. Und die wenigen Passanten, die dies wetiemrückic Fleckchen Erde aufsuclnen, abcu im niedrigen, verräucherten Wirtsbanssaale während die kleine Gcscllschast des Dr. Lüders sich im Garten den Miltagslisch bereiten lieb- Da sabcn sie nnn täglich um die Mittagsstunde unter den herrlichen allen Linden ini angeregten Gcvlandcr, und die brave Wirtin trug das Beste herbei, was Küche, Keller und Garten lieferten, und freute sich der vornehmen, nie feilschenden Gäbe — die waren bisher rar gewesen in Watddors! Die Vormittage verbrachte die alte Französin stets im Psarrgartcu oder ans ihrem Balkon, und ihre Nickte leistete ibr dabei getreulich Gesellschaft. Am späteren Nachmittag wurden dagegen täglich weite Spaziergänge oder kleine Ausflüge gemackl: Mile. Herievnr! suhlte sich durch die crgnickcndc deutsche Waldlnft so gestärkt, dab sic sich fast immer an diesen Partien beteiligen konnte. Sie war dann unermüdlich im drolligen Wort gefecht mit dem jungen Arzt, wobei sie mit ihrem ge brochenen Dcnlsch keiner gewandten Dialektik doch nie gewachsen war und sich schließlich nur retten konnte, indem sic ihn mit einer Flut stürmisch hcrvvrgcsprndcllcr sranzösischer Siche überschüttete. Die verstand daun wieder der Doktor nicht, und das schauderhaste Fran zösisch, in dem er zn antworten versuchte, riß die alte Dame zu größter Heiterkeit hin, worauf für kurze Zeit das Kriegsbeil zwischen den beiden begraben wurde, nm bei der nächsten Veranlassung wieder hervorgcholt zu werde». Oft erst spat am Abend kehrten die vier Wanderer von ibrcn genußreichen Ausflügen heim, und sic trennten sich nicht ohne eine Verabredung für den nächsten Tag. Und daun zogen sich die beiden Damen in ihre Wohnung zurück, und Doktor und Patient steuerten ihrem Wirts- house zn — ersterer ebenso übcrfprndelnd heiter und gesprächig, wie vom frühen Morgen an, der andere ea meist still und nachdenklich, die Eindrücke des Tages noch einmal durchlebend. Er war sich noch nickt be wußt, worin eigentlich für ihn der wunderbare Zander dieser Sommcrtage ruhte — er gab sich ihm ohne Skrupel, ohne nähere Prüfung hin, und der stolze, in allen Vorurteilen seines Standes befangene Aristokrat vergaß gänzlich, sich llar zu macken, daß er noch nie in seinem Leben so harmlos verlranlick mit Leuten ans einer anderen Lebenssvhäre, von denen er dock im Grunde genommen so gut wie garnickts wußte, verkehrt habe. Die beidou Dame» waren sehr sparsam mit Mit teilungen ans ihrem Leben, und Bergen würde es sür die nnzarlcstc, unritterlickste Indiskretion gehalten haben, sie durch Fragen zu größerer Mitteilsamkeit anznrcgcn. Wozu auch? Das schöne Mädchen mit dem fremd ländisch klingenden Namen, das doch so echt deutsch war im Acnßern und Wesen, lrng unverkennbar den Ausdruck eines hoben, reinen Geistes, und anck bei der heitersten Unterhalinug umgab sic ein Hauch kühler, selbstbewußter Zurückhaltung. Dies klare, offene Auge hatte nichts zn verbergen: dieser liebliche Mund wäre einer Lüge un fähig gewesen, und die leichte Herbheit, das Abge schlossene ihres 6Hamsters war das Nesnttat einer tadellosen Erziehung — das heißt einer Erziehung, wie sic Herr von Bcrgcn verstand und für eine vornehme Fran unerläßlich fand: in äußcrstcr Zurückhaltung, geschaffen einzig und allein für das HauS und die Familie, streng abgcgrcuzi nach außen, in Unkcnutuis, fern von allen den modernen Bestrebungen und Neue rungen, die das Wesen echter Weiblichkeit erschüttern wollen. Gott sei Tank! Davon hatte dies liebliche Francnbild nichts — klar, kühl und lauter war cs, wie der Mondschein, der jept allabendlich seinen Fcenschlcier über die schlummernde Erde scuste. — S! diese wundervollen Mondnächte nach den lieben, schönen Sommerabcndcn! Wie Balsam legten sie sich ans die Augen, die das flimmernde, gleißende Sonnen licht müde gemacht hatte — und der stolze Manu, der nie vorher geträumt hatte, saß stundenlang am ge öffneten Fenster seines einfachen Wirtsbauszimmers in weltcutrückic Träumereien versnuken, bis der Arzt herüberkam und ihn scheltend zur Ruhe mahnte. „Heute wird cs leider nichts mit unserm Abend spaziergang nach Bebenbcim — oder vielmehr: Sic müssen ihn ohne meine Gesellschaft machen, was ja ein großer Verlust für Sie ist!" sagte Dr. Lüders, als er am Sonnabend nachmittag zu Bergen ins Zimmer trat. Bergen sah von dem Buche auf, in dem er soeben gelesen. „Allerdings!" sagte er höflich: „das ist es ja ent schieden — weSbalb in aller Welt können Sie denn nicht mit uns gehen, Doktor? Sic waren dock heute mittag noch Feuer und Flamme für die Partie!" Der Dokior fuhr sich durch das dichte, borstige Haar und zuckte etwas verlegen die Achseln. „Ich will es Ihnen offen sagen", erklärte er endlich lachend: „Sie würden cs ja dock auch so bald hcrans- bckvmmcu haben — der Förster feiert heute seine» Geburtstag und gibt dazu eine kleine Gescllschafk er und ich sind schon sehr gme Frcnndc geworden, und so bat er mich dazu eingcladcn, besonders da es an Tanz- bciuen sür seine Schmaltiere mangelt —" „Für seine — Schmalticrc!?" „Ja doch, so nenne ich die elf junge» Mädels, die bei der Fran Försterin in Pension sind — allerliebste Bälge darunter, ich versichere Sie! Als Tänzer für die niedlichen Geschöpfe hat er nur zwei Fvrstgebilfcu, den jungen Schulmeister und den Sohn ans dem Kruge - das ist doch ein bißchen wenig für ein ganzes Dutzend tanzfreudiger Weiblichkeit — denn die Försterin macht auch noch mal ganz gerne eine Runde mit!" „Allerdings!" Und da wolle» Sic cinspringen?" „Nun ja — ich bin nun mal solch gutmütiger Kerl und habe mich eben breit schlage» lasse» — diese Schmaltiercbeu können zu reizend bitten!" „Und um dieser abendlichen Tauzgcscllschaft willen müssen Sie »ns schon jetzt Ihrer angenehmen Gesell schaft berauben?" (Fortsesung folgt.)