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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 23.11.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-190011232
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-19001123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-19001123
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-11
- Tag 1900-11-23
-
Monat
1900-11
-
Jahr
1900
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 23.11.1900
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Skr.^271 woo. zu iKack Lresden, lik Milltärbel nngkwiesrn, sü Weißkraut und Brau» Gut verthels werden müsse. Diese Arbeit wurde denn auch in kürzester Zeit auSgeführt, sodaß bereits Nachmittags 4 Uhr daS auS dem Ge bäude gewonnene Material verauktionirt werden konnte. DaS Resultat der Auktion war für die Feuerwehr zufriedenstellend. nieisterS, Cellovirtuosen Max Schildbach-Leipzig willkommene Abwechslung bieten wird. sich, daß der Zeuge ausgesagt hat, die Kuh sei weiß gewesen. Zeuge: Das kommt daher, weil sie gescheckt war. Von oben besehen war sie schwarz, von unten besehen weiß. Der Geschworene: Wir legen Gewicht darauf, den Zeugen darüber zu Horen, ob die Kuh grüne Flecken hatte. In den Zauberbüchern des Animaxagolus von 1557 ist ausdrücklich von den „grünen Flecken" bei Hexentühen die Rede. Zeuge: Jawohl, die Kuh hat mehrere grüne Flecken gehabt, (Zustimmende Bewegung im Publikum.) Staatsanwalt: Wo waren die? Zeuge: Unter dem Schwanz. Präsident: Wie konnten sie denn die grünen Flecken sehen, Herr Zeuge, wenn sie unter dem Schwanz waren? Zeuge: Als der Kantor Rosenbaum die Kuh melken wollte, schlug sie ihm mehrfach mit dem Schwanz ins Gesicht. Dabei sah ich die Flecken. Präsident: Von wo aus hat der Herr Zeuge denn den Vor gang beobachtet? Zeuge: Ich war auf einen Apfelbaum gestiegen Staatsanwalt: Es ist doch auffällig, daß der Zeuge, der nicht mehr jung ist und ein lahmes Bein hat, aus einem Apfelbaum steigt. Was wollte der Zeuge dort oben auf dem Apfelbaum? Zeuge: Ich suchte meinen Hausschlüssel. Präsident: Ich konstatire aus der Lokalskizze, daß an der be sagte» Stelle kein Apfelbaum, sondern nur ein Pappelbaum steht. Zeuge: Damals stand ein Apfelbaum da. Präsident: Woher wissen Sie, daß es ein Apfelbaum war? Zeuge: Es hingen ja noch die reifen Birnen an allen Aesten. Ich habe sogar meiner Frau noch welche von den Pflaumen mit gebracht. Ein Geschworener: Nimmt der Zeuge die grünen Flecken und die Pflaumen auf seinen Eid? befragen, welche Farbe die Kuh hatte. Zeuge: Schwarz. Staatsanwalt: Ans den Akten der Voruntersuchung ergiebt L DerthdervorrH Naturalien Außenstände m Waaren Angelegte Gel' Verth d. Grun! Werth d. Jnver Rach zu erfüll Stammanth. Baue Kasse MPsehl« Lo st grün und Ltatice uni «Vilm Preiß Die Zahl Beigetreten 1, M Mitgliede Die Haft Men, wos seien. Das Ges st Pfg., ist u BMrei eingetrage» L. L. stellvertret yr-ib-rg-r ««z-tg-r und Tageblatt. Seite 4. — S». Srov-moer Dagegen klang seine Stimme Innigkeit empfundenen geistlichen Abendlied von Reichard, das er mit Frl. Müller und 2 Mitgliedern des Kirchen- Marseille, 21 Mtlveise verlaut Ln signaltsi' SSM 7 Marseille ernt stange des Präsi Mistelle Aufste! Al die Volks» Laßen von M- A -hr belebt, hartem-, 2 Präsidenten! „s morgen versck ""'Paris, 21. S Ainedepartement! deuten Kmger du dose anzuschließen «achmttag Wiede» Muß aufrecht, wle zu empfang. Mag im Saal Wunkt des Ei Paris festgeses ' Petersburg «strigen Rede tzktersburger Zb Meren Geiste, ja der Selbständi Metes Wesen, Artung komme aber auch mit jej deutsche auswärt vernünftig gefül Freude, aus de Freundschaft zwi M zu sehen. New-York, die Stadt Colun westen gelegenen ist, sind 15 Pers New-York, Waten von Te ja Columbia sc Wüstungen anger zusolge 15 Weis ! Pew-York, au» Memphis Personen umgek vloemfon Bureaus".) T Hale, und zw welche sich zu il ergeben, sind I Kommandant le I schießen zu last, I beiden Damen I Petrusbrrg gek l sie hierher zur, I Kapstadt, I ter Müun bege I irr eine allm I ir rüden zu treff I und nach folge, wird erst die gr I aber alles nur die ganz verkehrte Behandlung der Vokale, mit einem Worte: Ls fehlt alles, was zu einem künstlerischen Vortrag gehört, in dem mit religiöser Zeuge: Da hinauf geht noch mehr! ... Ich nehme über. Haupt Alles auf meinen Eid, was ich am elften April ge. sehen hab«. Präsident: Woher wissen Sie so genau, daß eS der elfte April war? Zeuge: Weil am fünfundzwanzigsten Oktober der Geburtstag meiner Schwiegermutter ist. Daran hab' ich mir's gemorst. Staatsanwalt: Wir werden nachher zwei Zeugen hören, daß thatsichlich Ende April von den Juden auf dem Markt eine Kuh verkauft wurde, die grüne Flecken hatte. Allerdings nicht unter dem Schwanz, sondern an der Seite. Der Angeklagte: Das war die Kuh von Löb Hirsch, die hatte sich an einem frischgestrichenen Scheunenthor gerieben. (Höhnende Zurufe im Publikum.) Staatsanwalt: Herr Zeuge, sagen Sie unS: ist ei möglich, daß die gescheckte Kuh, die Sie sahen, auch an der Seite grün war? Zeuge: Grün, wie junger Spinat, war sie an beiden Seite». Und nach Oelfarbe haben die Flecken nicht gerochen. Präsident: Waren Sie denn auf Ihrem Apfelbaum so nahe bei der Kuh? Zeuge: Ich konnte, wenn ich mich niederbeugte, ganz gut a» der Kuh riechen. Auch ist die Kuh, als der Rabbi und der Kantor ihr den Rücken drehten und im Grase Milch trank», einen Augenblick zu mir auf den Baum geklettert. Präsident: Das ist aber doch auffällig, daß eine Kuh aus einen Baum klettern soll. Herr Sachverständiger KreiSthierarzt Bestibus, darf ich Sie bitten, sich über den Fall zu äußern. Der Sachverständige: Die Kühe, die ich behandelt hab«, waren kranke Kühe. Wie weit die Fähigkeit einer gesunden Kuh im Klettern geht, entzieht sich meiner Beurthcilung. Staatsanwalt: Wie denkt der Herr Sachverständige darüber: ist es möglich, daß bestimmte Lebewesen, bei denen man bisher Neigung oder Talent zum Klettern aus die Bäume nicht beobachtet hat, unter dem Eindruck besonderer Umstände plötzlich aus die Bäume zu klettern streben? Der Sachverständige: Jawohl. Staatsanwalt: Kann der Herr Sachverständige ein Beispiel nennen? Der Sachverständige: Jawohl. Der gesunde Menschen, verstand in gewissen Prozessen. Verschiedenes. * Uebe« de« großen Brand in Balparalso, über den wir bereits berichteten, liegt folgende weitere Nachricht vor: Der Schaden soll sich auf mehrere Millionen Dollars belaufen. Die Zahl der umS Leben gekommenen Personen ist noch nicht feftgestellt. Man nimmt an, daß sie sich auf über 100 beläuft. Infolge der Zerstörung deS Telegraphennetzes sind die Ver bindungen abgeschnitten, sodaß Einzelheiten über den Brand noch fehlen. Valparaiso (das Thal des Paradieses) ist die Hauptstadt der gleichnamigen chilenischen Provinz und zählt etwa 150000 Einwohner. Die Stadt liegt unter dem 88" 2' südlicher Breite und leidet im Sommer, also eben jetzt, an heftigen Südwinden. Sie besteht aus zwei Theilen, der Altstadt, El Puerto, die sich vom Hafen in steilen, engen und krummen Straßen zu den vom Meere aufsteigenden Höhen hinzieht und der ostwärts in der Ebene gelegenen Neustadt, El Amendral. DaS Feuer ist in der engen Altstadt auSgebrochen. Dort befinden sich daS großartige Zollhaus, riesige Speicher und die Hauptkirche an der Plaza de la Municipalida. Die deutsche Kolonie in Valparaiso, wo ein deutscher BerufSconsul residirt, ist sehr ansehnlich. Unter den evangelischen Kirchen der Stadt ist auch eine deutsche Kirche und in Valparaiso erscheint eine deutsche Zeitung. - Gegen den Mitangeklagten des Herrn August Sternberg, den Bergwerksdirektor PaulLuppa aus Charlottenburg, der am Montag nicht vor Gericht erschien, ist bereits ein Steckbrief erlassen worden, weil er flüchtig geworden ist. Frau Luppa theilte mit, ihr Mann sei am Sonnabend Nachmittag und Abend zu Hause gewesen. Am Sonntag habe er gesagt, daß er eine geschäftliche Reise antreten müsse, von der er am selben Tage zurückkommen wolle. Sie warte voll Aufregung auf ein Tele gramm von ihrem Manne. Wo sich dieser aufhalte, sei ihr völlig unbekannt. Da ihr Dienstmädchen am letzten Sonntag AuSgehtag gehabt, und sich schon zeitig entfernt habe, sei diesem die plötzliche Abreise des Herrn nicht bekannt geworden. Am Montag Vormittag habe das Mädchen geglaubt, daß die Herr schaft, wie dies in der Vorwoche mehrmals geschehen, gemeinsam fortgegangen sei. Dieses habe die Magd auch dem Kriminal kommissar v. Treskow gesagt, der am Montag in der Luppaschen Wohnung zu Charlottenburg, Herderstraße 11, erschienen sei. Frau Lnppa will zu dieser Zeit im Sternbergschen Kontor in der Wilhelmstraße gewesen sein, um zu hören, ob ihr Mann dort näheres über seine Reise hätte verlauten lassen. * Zwei uievliche französische Adressen sind dieser Tage wieder in Berlin eingetroffen. Die eine lautete: „Herrn Vorsicht Glas, Oranienstraße", die andere: „A Monsieur Preis« courant, Zimmerstraße". Da zum Glück die Straßennummer an gegeben war, so war es unsern findigen Postboten ein Leichtes, die Briefe an die richtige Adresse zu befördern. * Beim „Kriegspielen" erhängt. Ein entsetzliches Vorkommniß wird aus Sokolniki bei Ostrowo gemeldet. Dort spielten etwa vierzig Knaben „Krieg", und zwar bildete die eine Partei die „Chinesen", die andere die „Russen". Letztere siegten und nahmen einen „Chinesen" gefangen, der von einem sofort zusammengetretenen „Kriegsgericht" zum Tode durch den Strang verurtheilt wurde. Zu diesem Behufe wurde dem Delinquenten ein Strick um den Hals geschlungen und er selbst nach einem Baume gebracht und hinaufgezogen. Als der unglückliche Knabe nach wenigen Minuten die Zunge heraussteckte und sein Körper heftig zu zucken anfing, glaubten die übrigen „Krieger", er treibe Spott mit ihnen, doch mußten sie bald zu ihrem Entsetzen wahrnehmen, daß,der strangulirte Gefangene ^ine Leiche war. * Der Zeuge. (Ein Zukunftsbild.) Unler dieser Spitzmarke bringen die „Lustigen Blätter" im Hinblick auf die Vorkommnisse während deS Zeugenverhöres im Könitzer Prozeß nachstehende blutige Satire: Vorsitzender: Also Sie bleiben dabei, daß der Rabbiner Veilchenstock seinen Knecht Peter in eine Kuh verhext hat? Zeuge: Jawohl. Staatsanwalt: Könnte es nicht ein Ochse gewesen sein? ES ist doch sonderbar, daß ein Knecht männlichen Geschlechts in eine Kuh (Murren im Publikum.) Zeuge: Es war eiue Kuh. Denn der Kantor Rosenbaum aus Czernowitz hat sie gleich gemolken. Das wär' bei einem Ochsen doch nicht gegangen. Vorsitzender: Sprach der Rabbi mit der Kuh, als der Zauber beendet war? Zeuge: Ja, er sprach hebräisch mit ihr. Er sagte, daß er sehr zufrieden fei, nun statt eines unnützen Knechts eine dicke Kuh zu haben. Staatsanwalt: Versteht der Zeuge hebräisch? Zeuge: Ich? Nein. Aber die Kuh hat's verstanden. Ein Geschworener: Es erscheint uns wesentlich, den Zeugen Neueste Nachrichten. Cronberg, 21. November. Der Kaiser, welcher heute Vor mittag in Homburg dem Gottesdienste beigewohnt hatte, traf kurz nach 1 Uhr mit kleinem Gefolge auf Schloß Friedrichshof zur Gratulation bei der Kaiserin Friedrich ein. Aus Anlaß des Geburtstages Ihrer Majestät fand um 1^ Uhr Tafel statt, an welcher der Kaiser, Prinz und Prinzessin Heinrich, Prinz und Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, Erbprinz und Erbprinzessin Bernhard von Sachsen-Meiningen und Prinz und Prinzessin Friedrich Karl von Hessen theilnahmen. Während der Tafel trank der Kaiser auf das Wohl der Kaiserin Friedrich. Brüssel, 21. November. In Verfolg der Interpellation über die Auslieferung, Sipidos nahm die Repräsentantenkammer die Tagesordnung Woeste an, welche feststellt, daß die Regierung ihre Pflicht gethan habe. London, 21. November. Der 60. Geburtstag der Kaiserin Friedrich wurde in Windsor durch Glockengeläut Und Abfenern eines Geschützsaluts gefeiert. Auch in vielen Kirchen der City und in Westend wurden die Glocke» geläutet; die öffentlichen und zahlreichen Privatgebäude haben Flaggen aufgezogen. London, 21. November. Nach Meldungen der AbendblLtter aus Kapstadt soll ein dort eingegangener Privatbries die M- theilung enthalten, daß der stellvertretende Präsident von Trans vaal Schalk Burger am 9. d. M. im Militär-Hospital zu Johannesburg an erlittenen Wunden gestorben sei. Die Meldung hat von amtlicher Seite bisher keine Bestätigung erfahren. London, 21. Nov. Der „Eveniug Standard" verzeichnet unter Vorbehalt das Gerücht, daß Feldmarschall Roberts vom Pferde gestürzt sei und sich schwere Verletzungen zugezogen habe. London, 21. November. Ein Telegramm des Feldmarschalls Roberts aus Johannesburg vom gestrigen Tage besagt: Der Kommandant von Thabanchu berichtet, ein Burenkommando, anscheinend etwa 800 Mann stark, rückte am 19. ds. Mts. von Dewetsdorf auf Wepener vor, kehrte aber am Abend zurück. Die Buren haben neun Farbige erschossen, weil sie dieselben im Verdacht hatten, den Engländern Nachrichten übermittelt zu haben. — Der Kommandant von Standerton meldet, der Vor posten bei Waterval Bridge sei am 19. ds. Mts. angegriffen worden, wobei ein Mann verwundet worden sei. — Eine flie gende Kolonne hat das Land westlich von Standerton und Vrederoad zwischen dem Vaal und dem Klip aufgeklärt und viele Schafe und Rinder erbeutet sowie große Mengen von Vor- räthen mit Beschlag belegt. — Oberst White berichtet vom Aas vogel Kop, daß er 200 Buren am 19. ds. Mts. aus starken Stell ungen vertrieben habe. Der Feind habe sich in der Richtung auf Petrusberg zurückgezogen. — Eine von Vrede nach Harrismith vorgogangene Kolonne, die das Gelände aufgeklärt hat, meldet, daß bei den letzten Operationen 22 Buren getödtet seien. Laut Bericht des Generals Hunter wurde ein aus 11 Mann bestehen der Polizeiposten in Staydonsdam am 16. ds. Mts. angegriffen und mußte sich nach tapferer Vertheidiqung, wobei 3 Mann der Polizeitruppe fielen, ergeben; die Überlebenden wurden aber von den Buren später wieder freigelassen. Gleichzeitig hatten die Buren ein größeres Lager, in dem sich 100 Polizeimannschaften befanden, angegriffen und dasselbe heftig beschossen. Die Auf forderung, sich zu ergeben, ließ die Polizeitruppe unbeachtet; später zogen sich dann die Buren zurück. Auf Seiten der Eng länder gab es 2 Todte, während die Buren, wie Eingebo>-me erzählen, 6 Todte und 10 Verwundete gehabt haben. — General Lyttleton berichtet, daß eine Außenstellung südwestlich von Bal moral am 19. ds. Mts. von den Buren überrascht worden ist,' und daß nach den bisher vorliegenden Meldungen 6 Mann getödtet, 5 verwundet, 1 Offizier und 30 Mann gefangen ge nommen sind. Die Position wurde später von den Engländern wieder erobert und dabei 4 Buren zu Gefangenen gemacht; außerdem wurden tz schwerverwundete Buren vorgefunden. Livadia, 21. November, Vorm. 11 Uhr. Der Kaiser ver brachte den gestrigen Tag befriedigend. Das Empfinden war gut. Um 9 Uhr Abends betrug die Temperatur 39,2, der Puls 76. Se. Majestät schlief in der Nacht wenig ohne besondere Gründe. Das allgemeine Befinden ist befriedigend. Heute Mor gen betrug die Temperatur 38,1, der Puls 70. Paris, 21. November. Der „GauloiS" schreibt: Die vor gestrige China-Rede deS Grafen Bülow ist ein Musterwerk von Klarheit, Bestimmtheit und Geschicklichkeit und zeichnet sich durch eine maßvolle Sprache, durch große Gesichtspunkte und richtige Beurtheilung der Sachlage aus. Graf Bülow hat in glänzender Weise dargethan, wie gerechtfertigt sein Ruf als Staatsmann ist. Kunst, Wissenschaft, Literatur. * DaS Programm der geistlichen Mustkaufführung in ver Jakobikirche bot nicht viel Neues, aber desto Bewährteres, und eS sei rühmend anerkannt, daß sich unter die mannigfaltigen Darbietungen nichts Minderwerthiges verirrt hatte. Der frei willige Kirchenchor brachte unter der umsichtigen Leitung deS Herrn Kantor Franze mehrere Chorgesänge zum Vortrag, deren Ausführung von ernstem Streben und fleißiger Einstudirung zeugten. Dem Chor fehlen allerdings die frischen Stimmen, die belebend und fortreißend auf die andern einwirken, namentlich geht der Sopran nicht genug aus sich heraus, hält auch die Stimmung nicht immer rein, worunter der ganze 23. Psalm von Schubert (für 4 stimmigen Frauenchor) zu leiden hatte. Besser gelangen die s-eLxella-Chöre „Entsagung" von Mendels sohn und „Führe mich" von Schreck, wenn auch im letzteren der Tenor auf Kosten des Basses zu sehr hervortrat. Sehr gut, im richtigen Tempo und in angemessener Schattirung wurde der bekannte Chor von Mozart „Liebe, die für mich gestorben" gesungen. AIS Solistin behauptete sich Fräu lein Helene Müller wiederum mit Ehren, sie brachte , daS Solo in der unvermeidlichen Meditation über Bachs 1. Prälu dium von Gounod mit ihrer nicht hervorragend ausgiebigen, aber sehr sympathischen Stimme und durch ihren beseelten Vor trag zu schöner Wirkung. Herr Houben aus Verdiers, der eine formvollendete Komposition von Kienzl „Selig sind, die Ver folgung leiden" sang, besitzt einen schönen, kräftigen Tenor, der namentlich im Medium wohllautend ist, während Höhe und Tiefe begrenzt erscheinen. Im übrigen fehlt ihm aber noch sehr vieles, was für ein öffentliches Auftreten unbedingt die nothwendigen Voraussetzungen bilden muß: vor allem versteht sich Herr Houben noch nicht auf die Kunst deS Athmens und der Phrasirung, besonders stört jedoch die mangelhafte Textaussprache, am meisten chores vortrug, ganz prächtig, überhaupt wurde das Quartett von ollen Betheiligten wundervoll gesungen. — Mit dem Solo in der Meditation, sowie dem aus dem Larghetto des Klarinettenquintetts von Mozart und dem Air auf der S-Saite Von Bach hat Herr Konzertmeister Maier seinen Ruf als ein Künstler, der seine Sache sehr ernst nimmt, bedeutend gefestigt. Sein Spiel war nicht nur technisch einwandfrei, sondern zeugte auch von so liebevollem Versenken in die Schöpfungen der größten Meister, daß man dem talentvollen Künstler, wenn er in diesen Bahnen weiter strebt, ohne Bedenken eine große Zukunft prophezeien kann. — Die.Begleitung zu den Chören von Mozart und Schubert und zu den Violinsolis führte das durch mehrere Akademiker verstärkte Streichquartett des städtischen Orchesters im allgemeinen mit bestem Gelingen aus. Allerdings ließ sich zuweilen daS straffe Zusammengehen der Streicher vermissen, manchmal wandelte dieser oder jener seine eigenen Bahnen, fand sich aber immer wieder zurecht. Auch dieRhythmisirung war oft nicht scharf genug, bedenklichere Schwankungen gab es in dem Larghetto von Mozart, das überhaupt, besonders im Orgelpart, wenig geschickt arrangirt ist, und in der Begleitung zum Schuberi'schen Psalm, theilweise mochte hier auch die recht ungünstige Ausstellung schuld sein. DaS Largo aus dem Streichquartett op. 76 von Haydn klang am besten, während das ^näantv relixioso von H. Schar wenka, eine melodiöse und durchsichtig gearbeitete Komposition, etwas oberflächlich wiedergcgeben ivurde. — Eingelcitet wurde das Konzert durch den 3. Satz aus derv-woll-Fantasie sür Orgel von Hesse, vorgetragen von den Herren Lehnert und Kantor Franze, letzterer führte auch die begleitende» Orgelpartien überall angemessen durch und beschloß die Ausführung mit einer Fuge von Bach. —Die Jakobikirche war dicht gefüllt, was in Anbetracht des wohlthätigen Zwecks recht erfreulich war. ** Das für den Todtensonntag bevorstehende Konzert Des Lehrergesangvereins dürste durch die getroffene Auswahl der Musikvorträge ebensowohl, wie auch durch die Person der gewonnenen Solisten in besonderem Maße geeignet erscheine», allseitiges Interesse zu erwecke» und nachhaltige weihevolle Ein drücke zu hinterlassen. Im Mittelpunkt der Konzertaufsührung steht, der ernsten Bedeutung und Stimmung des Tages ent- fprechend, das hier noch nicht gehörte, jedoch in Düsseldorf, Hannover, sowie jüngst in Stuttgart unter Professor Langes Leitung mit großem Erfolg zu Gehör gebrachte „Requiem" von I. Verhulst (7 1891). Die Bedeutung des niederländische» Komponisten und namhaften Dirigenten Verhulst, eines Freundes Rob. Schumanns, liegt auf dem Gebiet der Kirchenkomposition. Unter dem Einfluß Mendelssohns stehend, ohne doch seine kraft volle, musikalische Eigenart aufzugeben, die sich besonders als echt niederländische Schlichtheit und Ruhe charakterisirt, hat Verhulst in seinem „Requiem" ein Merk von bleibendem Werth geschaffen, nicht blendend und berauschend, sondern den einfachen, kirchlichen Charakter wahrend, aber gerade in seinem Verzicht auf alle äußerlichen Klangeffekte tief ergreifend und erbauend, eine Todtenklage, die in ihrer Innigkeit jedes Gemüth rühren muß. Eine bei ausdrucksvoller Wiedergabe tiefgehende Wirkung zu erzielen, ist auch in ganz hervorragender Weise „Das Abend mahl" von Fr. Hegar geeignet. Es ruht über diesem Werke der schwere, düstere Ernst der Stunde, der letzten, die der Meister in der Mitte seiner Jünger verweilt, die bange Ahnung drohenden Unheils, und wiederum doch die himmlische Ruhe, der nach schwerem Kampf errungene selige Frieden des, der die Welt überwand durch die Liebe; und so malt die Komposition in den Männerstimmen das scheue Flüstern, das bange Fragen und dann das gläubige Vertraue» der Jünger, während das darüber schwebende Baritonsolo die Einsetzungsworte des heiligen Abend mahls in freier Fassung des biblischen Textes illustrirt. In feierlichen, kraftvollen Rhythmen läßt der Schlußchor des Konzertes, „der 84. Psal m" von A. Becker die Stimmung ausklingen, die Franz Schuberts wahrhaft erquickende, süß ergreifende „Hymne" an seinem Beginn Hervorzuruse» bestimmt ist. Albert Becker, der berühmte Dirigent des Berliner Domchores, ist in diesem Werke der unvergleichlichen Schönheit des Psalm wortes gerecht geworden und läßt die charakteristischen Momente rm Aufbau des 84. Psalms durch die Töne plastisch hervor treten; mit dem Orgelsatz (^nckante enntadils von CH. Widor) bildet die Komposition einen feinsinnigen Nahmen um das Konzert, das außer den genannten Werken noch durch hoch künstlerische Darbietungen des Herrn Königl. Hofopern- und Kammersängers-Gießen-Dresden und des Herrn Konzert-
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