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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.10.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-190010121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-19001012
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-19001012
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-10
- Tag 1900-10-12
-
Monat
1900-10
-
Jahr
1900
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.10.1900
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»r-tv-rg-r Anzeiger unv Tageblatt. Gelte 12. Oktober. -tr. 237. 1900. Berlin, 10. Oktober. Dem „Beil. Tgbl." geht auS London folgendes Telegramm zu: Nach einer Meldung aus Tientsin vom 7. Oktober ist die britische Expedition nach Hsungfung infolge der Unehrlichkeit deS Führers und Dolmetschers hinfällig geworden. AIS die Expedition in Hsungfung ankam, kam ihr die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Geschenken entgegen. Die Einwohner trugen auch 40 Chinesenköpfe auf Pfählen und erklärten, daß sie alle Boxer getödtet hätten. Da damit der Zweck der Expedition erreicht zu fein schien, beschlossen die Engländer, die Stadt nicht weiter zu brandschätzen. Es ist nun entdeckt worden, daß der Führer am Tage vor der Expedition in der Stadt war und 40000 TaelS verlangte, wofür er versprach, ihnen die Fremden vom Halse zu halten. Der Führer erhielt 10000 Taels und sollte den Rest per Boot bekommen. Die Bewohner Hsungfungs schöpften jedoch Verdacht und wandten sich an einen Vertrauensmann in Tientsin. Dieser versprach- dem Boot entgegenznfahren und den Dieb gefangen zu nehmen. Er hielt das Boot auch an, nahm aber das Geld für sich und weigerte sich, es herauszugeben, da ihm die Leute in Hsungfung Geld schuldeten. Der Führer der Spedition ist durchgebrannt. * Ueber die chinesischen Finanzen schreibt der .Ostasiat. Lloyd." vom 31. August: Darüber kann kein Zweifel bestehen, daß die verbündeten Regierungen, welche sich an der Unterdrückung der chinesischen Unruhen mit einem großen Aufwand von Blut und Geld bethei ligen, es ihren Völkern schuldig sind, ihnen ein Entgelt, wenn nicht sofort zu verschaffen, so doch mindestens für die Zukunft zu sichern. Daß China im Stande sein wird, die Kriegskosten der verbündeten Mächte bei seinem heutigen Finanzsystem Dollar für Dollar zurückzuzahlen, ist, jedenfalls auf recht lange Jahre hinaus, kaum anzunehmen, denn diese Kosten werden sich auf viele Hunderte von Millionen belaufen. Man erinnere sich nur, wie großer Anstrengungen es für China bedurfte, um nach dem Frieden von Shimonoseki die Kriegsentschädigung von 200 Millionen Taels in Silber an Japan aufzubringen. Damals war aber die Schuldenlast Chinas noch lange nicht so groß wie heute; auch war das Land nicht durch die Kosten einer fünf Jahre währenden Vorbereitung für den Krieg ausgesogen, wie es heute ist. Zu den Kriegskosten der Regierung kommen aber noch unge zählte Millionen, die von Privatpersonen als Entschädigung für erlittene Unbillen " und Besitzverluste gefordert werden vürften. Selbst in dem Falle, daß die Pazifizirung des Lan des ohne weiteres Blutvergießen und ohne weitere Zerstörungen erfolgen sollte, muß sich China daher einer solch enormen Schul denlast gegenübersehen, daß ihre Tilgung selbst den gewandte sten Finanziers die schwierigsten Räthsel aufgeben dürfte. China hat leinen Staatsgrundbesitz zu verpfänden. Seine Eisenbahnen und Telegraphen sind bereits zu schwer mit Schuldverschreibungen aller Art belastet, um irgend welche Ga rantien von Bedeutung bieten zu können. Die Einnahme der Staatsregierung fließt aus einer Land- und einer Reisfteuer, welche direkt den Grundbesitz treffen, aus dem Salzmonopol, aus der Stempelsteuer und ähnlichen Ab gaben, endlich aus dem sogenannten Likin- oder Grenz- und Binnenzöllen, die insgesammt nur etwa 80 Millionen Taels, einbringen. Dazu kommen noch etwa 30 Millionen Taels, die der unter europäischer Kontrolle stehende Seezoll abwirft. Aber auch der letztere ist zum Theil bereits an europäische Gläu biger verpfändet. Die Binnenzölle oder der Likin sind eine arge Plage für den Handel, weshalb schon mehrfach der Versuch gemacht wurde, diese Art der Steuer wenigstens theilweise durch eine Erhöhung der Seezölle zu ersetzen. Selbst wenn hierzu die Mächte ihre Zustimmung gegeben hätten, so stieß schon vor einigen Monaten die bloße Anregung der Abschaffung des Likinsystems auf so hartnäckigen Widerstand bei den Prövinzialreaierungen sowohl als in Peking, daß der Plan wieder aufgegeben wurde. Die chinesischen Behörden hätten freilich nichts gegen eine Mehrein nahme durch die Erhöhung des Seezolles einzuwenden gehabt, aber sie glaubten den Likinzoll unter keinen Umständen entbeh ren zu können, hauptsächlich, weil damit ein Theil der Kosten der Provinzialregierungen gedeckt wird, dann auch weil durch die Abschaffung des Systems unzählige Beamte brodlos ge worden wären. Was von diesen Zöllen noch erübrigt werden kann, nachdem die nothwendigsten Staatsausgaben gedeckt sind und alle Mandarinchen ihre Squeezes" abgezogen haben, würde selbst bei größter Sparsamkeit nicht genügen, um auch nur einen ganz geringen Theil der von China zu zahlenden Entschädi gungen zu decken. OertNches unv Sächsisches. Freiberg, den 11. Oktober. — Die diesjährige Diözesanversammlung ver Ephorie Freiberg wurde am Dienstag im Kaushaussaale abgehalten. Der Ephorus, Herr Superintendent Haesselbarth, eröffnete V,2 Uhr nach gemeinschaftlichem Gesänge des Liedes „Gewagt in Jesu Namen!" die Versammlung mit Gebet und einer Ansprache, welcher die Schriftstelle Phil. 3, 12—16 zu Grunde gelegt wurde. Die zündende Ansprache, die von dem Wahlspruche des alten Fürstengeschlechtes: dlungnam rotrorsum, „Nimmer rückwärts" auSging, gipfelte in der Mahnung, daß jenes Bekenntniß des Apostels die Losung unseres Wirkens an der Gemeinde und unseres Lebens in der Gemeinde werden müsse und behandelte unter steter Beziehung auf die kirchlichen Lebensverhältnisse unserer Ephorie die Sätze: 1. „Nicht daß wir es schon ergriffen haben oder schon vollkommen seien" -— das sei unser demüthiges Be kenntniß; 2. „Wir jagen ihm aber nach, ob wir es auch ergreifen möchten" — das sei unser heiliges Gelübde; 3. „Nachdem wir von Christo Jesu ergriffen sind" — das sei unser schönes Be wußtsein! Eine aufrichtige Zustimmung zu den gehörten treff lichen Worten ging durch die ganze Versammlung. Hierauf be grüßte der Herr Vorsitzende die anwesenden Vertreter derKirchen- und Bezirksschulinspektion, insbesondere Herrn Bürgermeister Blüher, der zum ersten Male der Diözesanversammlung beiwohnte, sowie die Herren Kirchenpatrone. Ter folgende geschäftliche Theil brachte eine Fülle von Mittheilungen und Anregungen. Erinnert wurde an die Kollekte für die Protestationskirche in Speyer, deren baldigste Ablieferung an die Kgl. Supermdentur denKirchenvorständen zur Pflicht gemacht wurde, ebenso wurde erinnert an die von dem Berliner Komitee für Erwerbung des Melanchthonhauses zur Verfügung gestellten Luther- und Melanchthonbilder, Nach bildungen der Kranachschen Gemälde, die leider noch recht wenig Abnahme gefunden haben trotz billigen Preises. Im Anschlusse an eine richtigstellende Verordnung des Landeskonsistoriums über die Gotteskastenkollekte, gab der Herr Vorsitzende eine Erläuterung über die Kollekten betreffenden Konsistorialverordnungen vom S. Januar 1891 und 30. Januar 1897, wobei der Wunsch Aus druck fand, es möchten die zuständigen Behörden gebeten werden, die polizeiliche Genehmigung zur Veranstaltung von Kollekten für kirchliche Zwecke immer auf eine Anzahl von Jahren zu ertheilen. Nach einer Verordnung des Landeskonsistoriums haben die Kirchenvorstände sich darüber schlüssig zu werden, wie sie eS mit der seitens des Kantoren- und Organistenvereins gewünschten ständigen Stellvertretung für Kirchschullehrer zu halten gedenken. Auf die Angriffe, welche anläßlich der Wirren in China gegen die Mission und besonders gegen die evangelische Mission erhoben worden sind, antwortet vr. Warneck in einer Vertherdigungs- schrift: „Die chinesische Mission im Gerichte der deutschen Zeitungspresse", die warm empfohlen wird. Die Versammlung aber beschließt einstimmig auf Vorschlag des Vorsitzenden, den jüngst vom evang. Bunde in Halberstadt in dieser Angelegenheit erhobenen Protest zu dem ihrigen zu machen. Der Wortlaut dieser Kundgebung ist folgender: „Der evangelische Bund be gleitet mit sorgenvoller Theilnahme das Geschick der evangelischen Missionare in China während der gegenwärtigen Unruhen. Glaubensmuthig und opferfreudig Haden die Sendboten des Evangeliums ihr Leben eingesetzt sür ihr heiliges Werk, ein neuer Beweis dafür, daß der Zeugengeist der Jünger unseres Herrn und Meisters noch nicht erloschen ist. Um so schmerzlicher empfindet der Evangelische Bund die ungerechtfertigten öffentlichen Angriffe gegen die evangelische Mission, insbesondere den Vor wurf, daß protestantische Missionare schuld seien an dem Aus bruch der chinesischen Wirren. In der Abwehr dieser Angriffe und Widerlegung dieser Vorwürfe erblickt der Evangelische Bund ein wesentliches protestantisches Interesse, das er zu wahren hat. Er hofft zuversichtlich, daß in kürzester Zeit in der gesammten evangelischen Bevölkerung Deutschlands die Ueberzeugung zum Durchbruch kommen wird, daß die evangelische Mission die friedliche Kulturentwicklung Chinas keineswegs aushält, vielmehr an erster Stelle berufen ist, die Wiedergeburt des im heidnischen Aberglauben und in einer todten Kultur erstarrteu chinesischen Volkes zu bewirken." — Hierauf folgte der Vortrag deS Pastor vr. Lehmann über das Thema: „WaS können wir thun, um e Theilnahme am heiligen Abendmahle in unserer Ephorie zu heben", dessen Leitsätze von der Versammlung beifällig ausge nommen wurden. Zu Punkt 7 der Tagesordnung verzichtete man wegen vorgeschrittener Zeit auf besondere Berichterstattung über die Thätigkeit des Vereins zur Fürsorge sür Entlassene im Jahre 1899. Die von einer Deputation geprüfte Rechnung wurde richtig gesprochen und Herrn DiakonuS Schmidt für seine Verwaltung der Dank ausgesprochen. Mit Gesang und Gebet wurde die Bersammlung gegen 0,5 Uhr g^chloffen. — Professor Lehmann-Tharanvr Gestern Mittag ist in Tharandt Herr OskarLehmann, Professor derVolkswirthschasts- lehre an der hiesigen Bergakademie und an der Forstakademie zu Tharandt, verschieden. Der Genannte wurde am 7. April 1830 als Sohn eines Gerichtsamtmannes zu Dippoldiswalde geboren. Er widmete sich nach Beendigung seiner Studien an der Akademie Tharandt und Universität Jena, in den Jahren 1853 und 1854 unter Oberkommissar Münzner den Oekonomie-Kommissariats- Geschästen un Königreich Sachsen, erwarb dann erst in Saida bei Kreischa, später in Berthelsdorf bet Freiberg Landgüter, die er in eigene Bewirthschastung nahm, wurde währenddem vom 1. Januar 1866 an mit der Administration des Versuchs- und Unterrichts gutes der Akademie Tharandt und mit den Vorträgen über Buchführung, landwirthschaftliche Berechnungen, Wiesenbau und Drainage an genannter Lehranstalt betraut, erhielt von da weg den Ruf vom 1. Oktober 1869 an die 1. Professur an der Akademie sür Landwirthschast zu Ungarisch-Altenburg zu über nehmen, und wurde als daselbst die Königl. Ung. Regierung die deutsche Abtheilung im Jahre 1884 aufhob, von der Königl. Sächs. Regierung mittelst Erlaß vom 29. August 1884 vom 1. Oktober 1884 an zum Professor für Land-und Volkswirthschaft an der Königl. Forstakademie zu Tharandt und zum Professor für Volkswirthschaft an der Königl. Bergakademie zu Freiberg ernannt. — Die Staatsbahnverwaltung läßt am 24., 25. und 26. Oktober in allen Zügen die Reisenden zählen. — In den Eisenbahnwagen vierter Klasse werden jetzt an den Decken Drahtseile angebracht, welche den Reisenden, die stehen müssen, während der Bewegung des Zuges zum An halten dienen sollen. — An der Obst- und Gartenbauschule zu Bautzen wird am Dienstag, den 16. und Mittwoch, 17. Oktober für den Landes- obstbauverein im Königreich Sachsen ein Lehrkursus über Obstverwerthung veranstaltet. Am erstgenannten Tage kommt die Obstweinbereitung, die Währung des Weines, die Her stellung von Obstessig rc. zum Vortrag und zur praktischen Aus führung, während am Mittwoch das Dörren des Obstes, die Her stellung von Mus, Marmelade und Gelee behandelt wird. Die Kosten des Kursus übernimmt der Landesobstbauverein, sodaß den Theilnehmern keine weiteren Ausgaben erwachsen. An meldungen sind an den Geschäftsführer des Landes-Obstbau- Vereines Cölln-Meißen Bismarkstraße 17 zu richten. — Die goldenen Fünfmarkstücke, deren Ausprägung schon seit dem Jahre 1879 eingestellt ist, gelten bekanntlich seit dem 1. Oktober d. I. nicht mehr als Zahlungsmittel, bei den Reichs- und Landeskassen werden sie jedoch noch bis zum 30. Sep tember 1901 zum Nennwerthe angenommen. Diese Anordnung hat zur Folge gehabt, daß im Monat September noch ein be trächtlicher Theil der halben Kronen zur Einziehung gelangt ist. Jahre hindurch nämlich belief sich der Bestand der noch im Ver kehr befindlichen goldenen Fünfmarkstücke andauernd auf nahezu 6 Millionen Mark, während zur Ausprägung insgesammt sür nahezu 28 Millionen Mark gelangt waren. Auch während der Zeit, in welcher die Einziehung der halben Kronen durch die Reichs- und Staatskassen angeordnet war, war die Bestands summe bisher nicht vermindert, jetzt hat in dem Monat vor der Außerkurssetzung der Münze der Verkehrsbestand sich um über 1*/, Millionen Mark ermäßigt, da nach dem letzten amtlichen Ausweise üher die Prägungen in den deutschen Münzstätten nur noch für 4,4 Millionen Mark halbe Kronen im Verkehr geblieben sind. Es berechtigt dieser Vorgang zu der Erwartung, daß in dem noch vorliegenden einen Jahre, in welchem der Nennwerth von den Reichs- und Landcskassen für die halben Kronen noch gezahlt werden muß, die Bestandssumme weitere Ermäßigungen erfahren wird. — Von den ferner zur Einziehung gelangenden Münzsorten, den silbernen und Nickel-Zwanzigpfennigstücken, hat sich die im Verkehr befindliche Summe in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert. Von den silbernen Zwanzigpfennigstücken, die in einer Gesammtsumme von 35,7 Millionen Mark geprägt sind, liefen Ende September noch für 7,7 Millionen und von Nickelzwanzigpfcnnigstücken noch fast der ganze zur Ausprägung gelangte Betrag in Höhe von 5 Millionen Mark. — Der Gewerveverein begann seine Thätigkeit für das Winterhalbjahr 1900/1901 am Dienstag mit der Veranstaltung eines „rein gewerblichen Abends", zu dem von Seiten des Vor standes an sämmtliche Vorstände und Mitglieder der hiesigen Innungen Einladungen ergangen waren. Die Bekanntgabe der Tagesordnung: „Dringlich» und wichtige Berathung eines von der Gewerbekammer zu Dresden ersuchten Gutachtens über die in hiesigen gewerblichen Kreisen herrschenden Ansichten und gewünschte« Maßnahmen, die bei der beabsichtigten staatlichen Sonderbe- steuerung der Waarenhäuser Berücksichtigung finde» möchten" — war leider nicht im Stande gewesen, Ler Versammlung au- den Kreisen der Gewerbetreibenden eine solche Besucherzahl zu zuführen, wie man sie im Interesse der Behandlung einer so wichtigen Frage wohl hätte erwarten und wünschen dürfen. Nach dem der Vorsteher des „Gewerbevereins", Herr Baumeister May, die Erschienenen begrüßt hatte, theilte er mit, daß die in Frage stehende Materie bereits die Sitzung deS VerbandSausschusses der Sächsischen Gewerbe- und Handwerkervereine zu Dresden am 12. Febr. d. IS. beschäftigt habe und verlas das bezügliche Protokoll. Neuerdings hat nun, nachdem Bayern und Preußen gesetzgeberisch bereits vorgegangen sind, das Königl. Sächs. Ministerium deS Innern die Gutachten der Sächsischen Handels- und Gewerbe kammern über die beabsichtigte staatliche Besteuerung der Waaren häuser, Bazare, Konsumvereine rc. erbeten. In der sich au die kurze, aber erschöpfende Darlegung anschließenden Debatte ergriff zuerst Herr Landtagsabgeordneter Stadtrath Braun da- sWort, um zunächst seinem Bedauern über den verbältnißmäßig geringe» Besuch einer Versammlung, die eine so ernste und einschneidende Frage behandeln I will, Ausdruck zu geben und erstattet eine» kurzen Bericht über die bezüglichen Verhandlungen in der zweiten Sächsischen Ständekammer. Redner wünscht von dem zu erwar tenden Gesetzentwurf, besonders auch die Geschäfte getroffen zrp sehen, die nur eine Waare im Großen führen (Kaffee-VerkaufS- häuser rc.) Es empfehle sich weniger eine Umsatz- als eine Filial steuer. Die Klassifikation des preußischen Gesetzes in 4 Waareu- gruppen erscheint ihm nicht glücklich und vorbildlich. Herr Rühle, Vorsteher deS Handelswissenschaftlichen Vereins, weist auf di« großen Schwierigkeiten hin, die bei Beachtung so verschiedenartiger,- einander ost zuwiderlaufender Interessen des Kaufmanns- unv Gehilfenstandes in großen und kleinen Städten sich ergeben; er erblickt Hilse für den durch die Waarenhäuser schwer bedrohten Gewerbe- und Kausmannsstand vor allem im Ausbau deS Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb, sowie in der progressiven Besteue rung des Waarenumsatzes. — Herr Klempnermeister Ritter wünschte Berücksichtigung der besonders durch die Waarenhäuser geschädigten Gewerbe in der Einkommenbesteuerung, Herr Eisen- Händler Clauß eine andere Klassifikation der Waarengruppen al- die im preußischen Gesetzentwurf, Herr Bäckerobermeister Fuch»^ eine besondere Besteuerung der Waarenhäuser und ihrer Filialen; ihnen erwiderte, bezw. pflichtete Herr LandtagSabg. Braun bei. In längerer, sehr beifällig aufgenommener Rede begrüßte Herr Literat Richter die geplante Regierungsvorlage. Leider werden,- nach seinen Erfahrungen und Beobachtungen, die Waarenhäuser nicht nur von den unteren, sondern auch von den oberen Äe- völkerungsschichten unterstützt und der Unreellität die Thore ge öffnet. Er mahnt, der Regierung die Hand zu bieten; das Hand werk sei nicht lau und gleichgültig wie einst vor Einführung der Gewerbefreiheit! — Sehr beachtenswerthe Vorschläge unterbreitet Herr Handelsschuloberl. Dietrich, nämlich Rücksicht zu nehme» bei Besteuerung der Waarenhäuser auf die Größe des OrteS, sowie auf die Größe des Betriebskapitals, daS in den einzelnes Waarenhäusern wirkt; ihm schließt sich Herr Klempnerobermeister Witt an und beklagt, daß in der ministeriellen Verfügung nichts über die Handhabung des Gesetzes in Preußen zu ersehen sei. Herr Budra führt aus, daß das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes auszubauen sei und schlägt sür Frecherg die Bildung einer Kommission vor, die sich eingehend mit Ler schwierigen Materie zu befassen habe. Herr Thiemer-FreibergS- dorf wünscht, daß die Waarenhaussteuer Progressiv sei und daß man kräftig zugreifen, sich nicht, wie in Preußen, mit 2°/- be gnügen möge, die leicht — (Waarenhaus Tietz-Berlin!) auf die Schultern der Lieferanten und Angestellten abgewälzt werden können. — Unlautere Geschäftspraktiken erblicktHerr May in der Ankündigung mehrerer Freiberger Geschäftshäuser, Waaren uach der Elle zu verkaufen, in der Uebertreibung der Anbringung von Firmenschildern. — Die folgenden Redner, Herren Rühl«, Braun, Hausschild kommen auf den Vorschlag: eine Kommission sür die Abfassung des vom Ministerium gewünschten Gutachtens zu ernennen, zurück; es werden der schon bestehenden, aus Vor standsmitgliedern des Gewerbevereins gebildeten Kommission »och die Freiberger Vertreter der Handels- und Gewerbekammern, so wie durch Zuruf aus der Mitte der Versammlung die Herre» Thiemer, Obermeister Erler und Rümmler und Kaufmann Rühle zugeordnet. Nachdem Herr Stadtrath Braun noch die Bildung von Einkaufsgenossenschaften in Handwerkerkreisen, die von der Regierung subventionirt werden würden, empfohlen und Herr Rühle zum Zusammenhalt und zur Einigkeit ermahnt hatte, schloß gegen 11 Uhr mit Worten des Dankes der Herr Vorsteher deS Gewerbevereins die Versammlung. — Das Michaelisquartal der BSckeri««u»g wurde am 9. Oktober im Saale des „Brauhofes" abgehalten. Der Vorsitzende Herr Obermeister Böhme eröffnete die Versammlung um 4 Uhr, welche von 91 Mitgliedern besucht war. Zunächst gedachte der Vorsitzende der fünf in diesem Jahre verstorbene» Berufsgenossen, deren Andenken man durch Erheben von den Plätzen ehrte. Es folgte nun Vortrag des Geschäftsberichts der Äegräbnißkasse durch Herrn Fuchs. Die Kasse weist einen Ver mögensbestand von 6217 Mk. 46 Pfg. nach. Auf Antrag des Kollegen Forberg II. zugleich im Namen der Herren O.Reh und M. Schröder als Rechnungsprüfer sprach die Versammlung die Jahresrechnung richtig. Sodann referirte Herr Peukert eingehend über die Haftpflichtversicherung, worauf Herr Obermeister Böhme den Antrag stellte, mit dem Allgemeinen Deutschen Versicherungs- Verein in Stuttgart einen Vertrag auf 10 Jahre abzuschließen. Der Antrag wurde mit großer Majorität angenommen. Die von einer Kommission abgefaßte Sprechmeister-Ordnung wurde vom Vorsitzenden verlesen und von der Versammlung einstimmig ge nehmigt. Man schritt darauf zur Berathung des vom Ausschuß ausgearbeiten Haushaltplanes für 1901, der ebenfalls einstimmig Annahme fand. An Stelle des verstorbenen AusschußmitgliedesHerrn Kästner wählte man Herrn Gust.Oehme mit22 Stimmen in den Aus schuß. Als nächstjährige Rechnungsprüfer ernannte man die Herren Stirl, Tamme und Timmel. Verschiedene eingegangene Schreiben kamen zur Verlesung, darunter auch ein Bittgesuch von einem auswärtigen Arbeitsgenossen um Unterstützung. Der Bittsteller schrieb, daß er durch Brundunglück zum armen Mann geworden. Eine Sammlung ergab den Betrag von 18 Mk. Zum Schluß brachte Herr Seifert noch die Ladenschlußzeit zur Sprache. Ober meister Böhme erklärte hierzu, daß vom Germania-Verband an den Bundesrath, sowie vom Saxonia-Verband an daS Königl. Ministerium bezügliche Petitionen eingereicht worden wären, man solle die Angelegenheit vorläufig ruhen lassen. Hierauf wurde die Versammlung gegen 1/^7 Uhr geschloffen. — Der Erzgebirgsvereiw Freiberg wird am nächsten Sonntage, 14. Oktober, dem freundlichen Bobritzschthale einen Besuch abstatten und 12 Uhr 58 Min. zunächst die Bahn bi- Muldenhütten benutzen, um sodann die Fußtour nach Ober- bobritzsch (oberer Gasthof) und zurück nach Niederbobritzsch anzutreten, von wo die Rückfahrt nach Freiberg mit der Bah»
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