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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.06.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-190006089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-19000608
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-19000608
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-08
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.06.1900
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129. y, die Leute, „dvS ist der Mann, der auf dem Majubahügel mit den Fassten drein schlug." Den General French achten sie als unseren besten Heerführer — „denn er ist ein Bur und kämpft nach unserer An." , Englische Barbareien. Aus dem Briefe einer in Stellenbosch im Kap- land ansässigen Stuttgarterin an ihr« Angehörigen in der Heimath, der im „Beobachter" veröffentlicht wird, ent nehmen wir folgende Angaben, denen wir nichts hinzuzufügrn brauchen: Wer nicht hier lebt und das ganze Elend und haar sträubende Unrecht von Seiten Englands nvrt ansehen und hö ren muß, kanns nicht verstehen und glauben, und es braucht eine große Kraft, nm ruhig zu halten. Wenn man bloß denkt, daß oi« ganze Ursache- dieses Krieges kein anderer Grund ist, als die Unzufriedenheit englischer Kapitalisten, welche ihre Mil lionen in Transvaal und Freistaat geholt, aber noch nicht ge nug hatten! Ich kann, da mir die Zeit heute fehlt, nicht näher darauf eingehen, nur das Allcrentsetzlichste, Haarsträubendste mußt Du wissen, damit es die Wellt erfährt, wie ungerecht, ja gemein die Engländer sind, die, welche auf alle anderen Natio nen mit Verachtung und Hochmuch herabsehen und allerart Humanität und Christenthum predigen und mit Großmuch prahlen, dies« Lassen ihre Kriegsgefangenen hin siechen, wie man die gemeinsten Verbrecher nicht hinsicchen läßt. Denke nur 400 bis 800 Mann sind auf Transportschiffen, in denen Pferde verschickt werden, zusam- «enaffperrt, und zwar etwa 20 in einen Raum so groß Mfür zwei Pferde, dabei Nahrung geringer als für Zuchthäusler und von frischen Kleidern und Wäsche leine Spur! Männer mit weißen Bärten, welche verwundet vom Schlachtfeld kamen, werden in ihren alten noch mit Blut beklebten Kleidern aus dem Hospital entlassen und auf ein Schiff, wie oben beschrieben, gesperrt. Nun sind etwa 200 Ty phus-, viele andere Fieber- und Masernfälle ausgebrochen. In den letzten drei Tagen 12 Todt«, und wie englische hiesige Blätter sinkst zugebeu, liegen die meisten der Kranken rett ungslos. Und zwar, man kann es kaum glauben, aber es ist völlige Wahrheit! — find diese Kranken ohne Pflege aus den Schiffen: werden mit Mehl und Sodawasser versorgt «mv nur im sterbenden Stadium wird etwas Brandy gereicht. Kein Mensch wird zugelaffen, weder Verwandte noch irgend welche Geistlichen. Die ersten Gefangenen wurden ganz an der See in ein Camp gesetzt und muffen nun mit den schwersten Kranken von den Schiffen wechseln und in die verpesteten Räume an Bord gehen. Ist denn in der ganzen Welt Niemand, der sich gegen solcheunmensch liche Behandlung armer Kriegsgefangener auflehnen kam? Kannst Dir denken, in Welchem Maße hier der Haß und die Verbitterung von Tag zu Tag steigt und wie es gärt in allen Ecken, da beinahe alle die hier in der Kolonie wohnenden holländischen Familien entweder Eltern oder Kinder im Trans vaal- oder Freistaat haben, und wie die Herzen bluten derer, welche mit anfehen Müssen, wie ihre nächsten Verwandten be handelt werden. OertlicheS und Sächsisches. Freiberg, den 7. Juni. — Die Löhne de» Prinzen Friedrich August begaben sich gestern Abend zu mehrwöchentlichem Aufenthalt nach Münster a» Stein. — Londerzüge in da» Erzgebirge. Die StaatSeisen- bahnverwaltung bietet Sonntag, den 17. Juni, eine günstige Gelegenheit zu einem Ausfluge in das Zschopauthal und das obere Erzgebirge durch Abfertigung eines Sonderzugs zu er- mLßigten Preisen von Dresden-Tharandt-Freiberg nach Zschopau, Wolkenstein, Wiesenbad, Jöhstadt, Annaberg, Cranzahl, Ober wiesenthal und Weipert. Der Sonderzug wird am genannten Tage Vorm. 4 Uhr von Dresden Hauptbahnhof, 4 Uhr 14 Min. don Potschappel, 4 Uhr 31 Min. von Tharandt und 5 Uhr 19 Min. von Freiberg abgehen und 6 Uhr 30 Min. in Zschopau, 7 Uhr 7 Min. in Wolkenstein, 8 Uhr 44 Min. in Jöhstadt, 7 Uhr 36 Min. in Wiesenbad, 7 Uhr 57 Min. in Annaberg, 8 Uyr 42 Min. in Cranzahl, 9 Uhr 10 Min. in Bärenstein, 9 Uhr 15 Min. in Weipert und 10 Uhr 44 Min. in Ober wiesenthal ankommen. Die Rückfahrt des Sonderzuges erfolgt am Abend desselben Tags um 6 Uhr 45 Min. von Oberwiesen thal, 7 Uhr 25 Min. von Weipert, 7 Uhr 30 Min. von Bären stein, 7 Uhr 58 Min. von Cranzahl, 8 Uhr 30 Min. von Annaberg, 8 Uhr 48 Min. von Wiesenbad, 7 Uhr 40 Min. von Jöhstadt, 9 Uhr von Wolkenstein und 9 Uhr 27 Min. von Zschopau, die Ankunst in Freiberg findet abends 10 Uhr 50 Min., in Tharandt abends 11 Uhr 39 Min., in Potschappel abends 11 Uhr 51 Min. und in Dresden Hauptbahnhof nachts 12 Uhr 4 Min. statt. Die Fahrkarten, deren Verkauf am 14. Juni beginnt und am Sonnabend, den 16. Juni, abends 9 Uhr geschlossen wird, gelten innerhalb zehn Tagen zur Rückfahrt. Ein weiterer derartiger Sonderzug wird am 29. Juli d. I. abgelassen werden. Die Beförderungsbedingungen, sowie die Fahrpreise sind aus der bei den betheiligten Stationen, ferner bei der Ausgabestelle für zu sammenstellbare Fahrscheinhefte in Dresden-A., Wienerstr. Nr. 2, Erdgeschoß, unentgeltlich zu erhaltenden „Uebersicht" zu ent nehmen. — Beim sächsischen Staatseisenbahn-Betriebe sind weitere bedeutende Vereinfachungen im Schreibwerke geplant, die noch im Laufe dieses Jahres zur Durchführung kommen sollen. Zunächst wird das Rechnungswesen im Werkstättenbetriebe vereinfacht; von hier aus resultirt man auf günstige Wirkungen gegenüber der Rechnungsgeschäste bei den Stationen, Heizhäusern und Bauinspektionen. Man sagt sich, daß während in Preußen auf 100 Werkstättenarbeiter nur 1 Bureaubeamter kommt, in Sachsen auf die gleiche Zahl von Werkstättenarbeitern 44/^ bis 5i/i, Bureaukräste entfallen. Das ungleiche Verhältnis entspringt der verschiedenen Art der Geschäftserledigung und der Zahl und dem Umfange der Geschäfte selbst. Die zahlreichen Buchungen und Rechnungsarbeiten, die in Sachsen vorkommen, sind die Hauptursache zu dem starken Personalbedarf. In Zukunft werden nun Veränderungen eintreten, die das Personal um ungefähr 40 bis 50 Prozent vermindern und durch die, wie man hofft, 75000 bis 90000 Mark erspart werden und das allein beim Etat der Werkstätten. Nun sind aber weitere Vereinfachungen auch bei anderen Hauptverwaltungs-Dienststellen vorgesehen, in der Hauptsache beim statistischen Bureau, dessen Arbeiten theils erheblich rcduzirt, theils auf andere Dienststellen, die Material liefern, mit übertragen werden. Im Bureau für Arbeiterver sicherung, bei der Hauptbuchhalterei u. s. w. wird das Schreib werk auch vermindert, namentlich im Material-Abrechnungswesen. Durch diese erheblichen Vereinfachungen des Schreibwerkes im sächsischen Staatseisenbahndienste ist für lange Zeit hinaus eme An nahme von jungen Leuten für die Beamtenlausbahn ausgeschlossen, und auch ältere Beamte, die an der Grenze des Dienstaltcrs etverger Anzeiger ««b Lageblatt. Gelte S. — v ! stehen, werden wohl nach und nach in Ruhestand treten müssen. An die im Dienste befindliche« Bureaubeamten tritt aber eine erhöhte Anforderung bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit heran. — Die Kniebeugungsfrage vor 60 Jahren. AuS „militärischen Kressen" sendet man den „Dresdn. Nachr." eenen Beitrag zur Kniebeugungsfrage, in welchem der Verfasser die öffentliche Behandlung dieser Angelegenheit als «inen Eingriff in innere militärische Einrichtungen hinftellt. Offenbar hat der Verfasser keine Ahnung davon, wie tiefgehend die Bewegung ist, welche die evangelische Bevölkerung unseres Lande» ergriffen hat. ES widerstrebt unS, gegen die Einzelheiten deS Artikel» zu polemifiren; wenn aber dem Verfasser und den ihm nahestehenden Kreisen da» Berständniß für die Gefühle und Empfindungen, die die evangelische Bevölkerung Sachsen» in dieser Frage bewegen, persönlich völlig abgeht, so hat er noch lange nicht da» Recht, sich zu Beleidigungen der Blätter Hinreißen zu lassen, die in dieser Frage Stellung genommen haben, und den Vorwurf auszusprechen, daß da» Bestreben zu Tage getreten sei, „die ganze Angelegenheit zu politischen Strebereien zu verwerthen." Da» ist ein Vorwurf, der nicht energisch genug zurückgewiesen werden kann. Vielleicht ist ein Streberthum, wenn von einem solchen einmal gesprochen werden soll, in ganz anderen Kreisen zu suchen. Wenn dann der Verfasser die Behauptung ausstellt, daß e» sich um „seit über ein Jahrhundert gebräuchliche militärische Dienst«in- richtungen" handle, so mögen demgegenüber die Ausführungen Platz finden, welche die „Chemnitzer Allgem. Ztg." auszugsweise einem Artikel de» „Neuen Sächs. Kirchenblattes" entnimmt: „In der neuesten Nummer des „Neuen sächsischen Kirchen blattes" giebt der verehrt« Superintendent von Chemnitz II, Fischer, emen Ueberblick über die Thätigkeit des „Vater Großmann" als Vorfechtcr uns«r«s evangelischen Glaubens gegen katholische Uebergriffe. Christ. Gottl. Leberecht Groß mann, seit 1829 Pfarrer zu St. Thomas und Superintendent von Leipzig, Professor der Theologie und Domherr von Meißen ist am bekanntesten geworden durch die Begründung des Gustav- Adolf-Verrins, den er bis zu seinem Tode (1857) leitet«. Als Superintendent von Leipzig war er Mitglied der 1. Kammer. In den dreißiger Jahren wurde die katholische Kirche in der Kammer vom Bischof Mauermann, einem Ultramontanen von reinstem Wasser, vertreten. Ihm gegenüber stand Großmann aus der Warte und ließ kein« Gelegenheit vorübergehen, ohne di« Angriffe des stetig herausfordernden Bischofs mannhaft abzuwehren, wobei er von der Kammer kräftig unterstützt wur de. Der eigentliche Kampf begann jedoch erst, als Bischof Mau ermann gestorben war. In der Tagung 1842/43 kam es zu harten Auseinandersetzungen. Großmann reichte ein« Petition bei der ersten Kammer «m, di« er dann der Oeffentlichkeit in einer ausführlichen Schrift: „Die Uebergriffe der katholischen Priesterschaft in Sachsen" übergab. Bei den ziemlich eingehen den Verhandlungen über diese Angelegenheit kam auch die Kniebeugungsfrage mit zur Sprache. Es wurde bekannt, daß bei den Feierlichkeiten in der katholischen Hofkirche Militär kommandirt würde und daß eine Abtheilung Retter sich zu einem gewissen Zeitvunkte auf die Kniee niederlassen müff«, auch wenn es Protestanten wären. Auffälliger Weise wurde das sogar vom Ministertische beschönigt. Da sagte Großmann: „Mit großem Erstaunen höre ich vom Herrn Kultusminister, daß es nicht auf das Aeußere der That, sondern auf die Gesinnung dabei ankomme. Nun, m«ine Herren, was ist das Andere», als der alte Spruch in dem Verse des Euripides: Die Zunge hat ge schworen, nicht das Herz. Es ist nur eine solche Äeußerung eine höchst gefährliche, um so mehr, als es sich um eine Unter- scheidungSlehre unserer Kirche handelt." Und nun wies er nach — wie auch der ebenfalls in der Kammer befindliche Oberhof- Prediger von Ammon that, — was das trkdentinische Concil über die Anbetung der geweihten Hostie sagt, daß ihr dieselbe Verehrung, die dem wahren Gott gebührt, zu erzeigen sei; daß dadurch der Triumph der katholischen Mehrheit über Lüge und Ketzerei gefeiert werden sollte. „Meine Herren", sagte er, „wir müßten kein Gewissen habm und keine Ehre dazu, wenn wir unsere Soldaten wollten als Werkzeuge hergeden, diesen Tri umph feiern zu helfen. Wir wollen den Triumph der christ lichen Mehrheit im Ganzen feiern, aber nicht diesen. Die ka tholische Kirche sieht in solchen Dingen die Zeichen ihres Supre mates (Oberherrschaft), sie will die herrschende sein und dazu kann kein Protestant der Welt sich hergeben. — Schließlich wur de der Antrag mit einer Stimme Majorität angenommen, daß der Regierung der Wunsch auszusprechen sei, diese K o m ma n d i r u n g e n sollen nicht mehr geschehen! Was dieser Sitzung ein gewisses Ge wicht gab, war das, daß Prinz Johann, der nachmalige König anwesend war, und die Erklärung abgab, es würde sicher «ine diesbezügliche Bestimmung ge troffen werden. Ueberhaupt zeigte sich bei allen dama ligen Verhandlungen Prinz Johann, der im Volke vielfach als bigotter Katholik verschrieen war, als ein edler und gerechter Mann. Hie und da fuhren die beiden Männer zwar heftig zu sammen, aber Großmann konnte dafür dem Prinzen an anderer Stelle wieder das Lob rrtheilen, daß er sich als ein Beschützer der evangelischen Kirche gezeigt habe. Auch später als König war Johann dem mannhaften Leipziger Superintendenten sehr wohl gesinnt und ließ ihn, so oft er in Leipzig war, stets an seiner Seite speisen. Es ist eine alte Sache, daß edlen Herr schern nichts mehr zuwider ist, als das „Schielen nach obe n", wie es ja auch unser König Albert einmal offen aus gesprochen hat. Wir können den Hinweis auf die jetzt doppelt interessante Veröffentlichung des Herrn Superintendenten Fi scher nicht besser schließen, als mit dem Schlußsatz seines Auf satzes: „Lasse es Gott unserer Kirche nie an solchen unerschrocke nen Bekenner» auch in der Volksvertretung fehlen." — Der Verein für Arbeiterkolonien im Königreich Sachsen hat seinen Jahresbericht für 1899 erstattet. Aus dem selben geht hervor, daß im vergangenen Jahre in der Kolonie Schneckengrün 177 Mann, in der Kolonie Lieske 241 Mann ausgenommen wurden. Am Jahresschlüsse verblieb in den Kolonien ein Bestand von 59 bez. 100 Mann. Die Mehrzahl der Aufgenommenen war domicillos. Die Kolonisten bean spruchten zusammen 45 935 Veftsslegungstage; die Arbeitstage, 37 631 an der Zahl, wurden mit zusammen 10 342,77 ver gütet. Hiernach stellte sich der tägliche Arbeitslohn auf 27,5 H. Der Arbeitslohn ist den Kolonisten zum Theil auf Kleidung und andere Bedürfnisse (Tabakusw.) verrechnet worden; in Baar wurden beim Abgänge 3826,84 ausgezahlt. Im Durchschnitt hatte sich jeder der Abgegangcnen etwa 10 er worben. Für Lebensmittel wurden in Schneckengrün 12844,38 Mark, in Lieske 15 920,56 verausgabt. Die Vereinshaupt kasse wies eine Einnahme von 40 853,50 auf, darunter einen Staatsbeitrag von 8000 Die Ausgaben beliefen sich auf 39 898,59 c^. Darunter befand sich als Zuschuß än di« Kolo nien: für Schneckengrün 8778,70 für Lieske 21878 c/A, zusammen 30 656,70 d Dieser Zuschuß konnte nur seine I Deckung finden durch den Erlös von verkcnfften Werthpapieren (rund 17000 -M, denn an Beiträgen gingen außer dem er wähnten StatSzuschuß lediglich 13 681,21 <F, au einmaligen Geschenken nur 11,50 oA em. Unt«r den Beiträgen befanden sich von zusammen 465 Staidt- und Landgemeinden im Gangen 4634,50 vA. Es ergirbt sich hieraus, daß von den 3300 Stowt« und Landgemeinden nur ein verhältnißmäßig recht kleiner Theil das Werk unterstützt. Aus den Zahlenangaben im Be richte geht aber hervor, daß trotz des guten G^chästsgangeS und der gesteigerten Nachfrage nach Arbeitern die beiden Kolo nien von Arbeitslosen dauernd aufgesucht worden sind, also einem Bedürfnisse entsprechen. So wurden im April 1900 m Schneckengrün noch 51, in LieSke 70 Mann unterhalten. Um so mehr würde es angebracht sein, wenn dem Vereine reichlicher« Unterstützung«» zugingen, als es in den letzten Jahren der Fall war, und besonders wäre es zu wünschen, daß die Stadt- und Landgemeinden im Königreich Sachsen in größerem Maße Bei träge leisteten. Erwähnt sei schließlich noch, daß der Verein am Ende des Jahres über einen Vermögensbestand von 408177,83 Mark verfugte, darunter Werth der Grundstücke und Gebäude in Schneckengrün 109 000 in Lieske 192 448,55 Werth des Viehes 46 219,50 -F, deS Mobiliars 34 620,50 usw. Nach Abzug der Passiven (Hypotheken) in Höhe von 228408 Mark verblieb ein Reinvermögen von 179 769,83 <^t. — Die alte« harten Thater müssen nunmehr fort; der Reichstag hat ja gegen die Stimmen der Konservativen und Antisemiten die Abänderung unsere» Münzgesetzes ange nommen. Das ist der letzte Schritt zur Durchführung der rei nen Goldwährung, eine weitere Begünstigung des Großkapital», eine schwere Schädigung des gewerblich«» Mittelstandes und der Landwirtschaft. Durch das Umschmelzen unserer alten Sil- berthaler in Fünfmarkstücke usw. wird diesen VolkSkreisen eine äußerst beliebte Münze entzogen, mit welcher st«, denen da» Gold knapp zu sein pflegt, ihr« Verbindlichkeit in jeder Höhe bezahlen durften, während di« Mark-Silbermünzen nur m» zum Betrage von 20 Mark ang«nommen zu werden brauchen. Alle die zahlreichen Petitionen aus kLeingewerblichen Kreisen zu Gunsten der Beibehaltung der allbeliebten Thalerstücke sind un beachtet von der Reichstagsmehrheit in den Papierkorb gewor fen worden, di« merkwürdigerweise zu behaupten wagte, der Thaler sei ein« weniger beliebte Münze im Volk als das unge füge silberne Fünfmarkstück. Wers nicht glaubt, zahlt — ei« Fünfmarkstück! Allgemein beklagt wird der durch die Gold knappheit herbeigeführte hohe Zinsfuß unserer Reichsbank, nur di« millionenschweren Aktionäre derselben reiben sich vergnügt die Hände, weil ihre Dividenden dabei wachsen. Durch die Be seitigung der Silberthaler, welche als Baardeckung dem Golde gleichgestellt waren, wird eine weitere Steigerung des Zins satzes, der unser ganzes gewerbliches Leben schwer belasten muß, herbeigeführt werden. — Die eminente Steigerung der «ohlenpreise, die durch die geringfügige Erhöhung der Arbeitslöhne nicht gerecht fertigt werden kann und in Wirklichkeit lediglich zur Bereicherung der Aktionäre und Werksbesitzer dient, zieht immer weitere Kreist. Jetzt haben auch die Grubrnverwaltungen der OelSnitzer Stem- kohlenwerke beschlossen, nach dem Vorgehen der Zwickauer Werke, die für den 1. August vorgesehene Preiserhöhung von 20 Mark für den Doppelwagen sofort eintret«« zu lassen. Weiter trifft jetzt ein« Nachricht «in, nach der die sächsischen, sowie die böhmischen Stein- und Braunkohlenbergwerke mit den mitteldeutschen Kohlenrevieren in Unterhandlung stehen, um einen mitteleuropäischen Kohlenring zu bilden, der natur gemäß nur eine Steigerung der Kohlenpreise zum Zweck« hab« kann. — «eb-rdieSntwSfferungberHauSgruudftüöke. Bei großen Regengüssen pflegt in Kellern der an die allgemeine Ka nalisation angeschloffenen Grundstücke Wasser einzudringen, theils durch die Kellerfenster vom Hofe aus, theils durch im Hofe liegend« undichte Senkgruben, theils durch in tiefen Keller« liegende Bodenausgüss« od. durch unoicht« Muffen und undichte Stellen des Fundamentes u. s. w. — Von den Hausbesitzer« wird regelmäßig die Schuld auf die städtische Bauverwaltung geschoben, dabei aber ebenso regelmäßig dasjenige unterlassen, was seitens der Hausbesitzer geschehen kann, um sich selbst zu schützen. Vermuthlich beruhen diese Unterlassungen nur auf Unkenntniß. Es liegt deshalb im allgemeinen Interesse, aus Folgendes hinzuweisen: 1. Der Hvfsinkkasten muß wasserdicht sein und regelmäßig von Sand und Schlamm gereinigt wer den. Das Einfallgitter ist von Stroh, Blättern, Gemüse, Ueberresten usw. — im Nothfallr auch während des Regen» — reinzuhalten. 2. Es empfiehlt sich, die Lichtschächte der Keller fenster und die Schwellen der Krllereingänge in der Nähe d«S Hofsinkkastens um etwas erhöht gegen das anschließende Pflaster anzulegen. Die Einführung von Regenabfallrohren in die Hofsinkkästen ist im Allgemeinen zu vermeiden, ebenso die Verlegung der Sinkkästen in die Nähe der Gebäude. Die beste Lage für den Einfallkasten bildet in der Regel die Mitte des Hofes. 3. Die im Keller angebracht«» Bodenausgüffe dür fen nicht die Hauptleitung unterbrechen, sondern sind seitlich an dieselbe anzuschließen und durch eine Rückstauvorrichtung zu sichern. Letztere ist häufiger, mindestens jedoch alljährlich ein mal, und zwar vor dem Monat Mai, wo in der Regel größere Regengüsse beginnen, zu untersuchen. Bei selbstthätigen Kon struktionen sind die Klappen oder Kugelventile vom Schmutze zu reinigen und die Charniere zu ölen oder zu fetten. 4. Du im Keller befindlichen Reinigungsöffnungen und Jnspektion»- kästen sind stets wasserdicht und fest verschlossen zu halten. Durch den ungenügenden Verschluß dieser EntwäfstrungSthekle und die häufig undichten Rohrleitungen sind schon mehrfach Ueberschwemmüngen eingetreten. 5. Tritt Wasser von der Straße her durch das Fundament oder zeigt sich in der von der städtischen Verwaltung ausgeführten Anschlußleitung ein un genügender Abfluß oder eine Verstopfung, ist die Abhilst meist schwierig; hier empfiehlt sich Anzeige auf dem städtischen Bau amt. — Im Monat Mai meldeten sich zum Gewerbebetriebe an: 1 Putzmacherin, 3 Schuhmacher, 2 Näherinnen, 1 Material- waaren- und Flaschenbierhändler, 1 Kohlenhändlerin, 1 Fleischer, 1 Mechaniker, 1 Kolonialwaarenhändler, 1 Flaschenbierhändler, 1 Bankfleischer, 1 Hauptagent der badischen Feuerversicherung»- Bank in Karlsruhe, 3 Schankwirthe, 1 Weiferei, 2 Seifenhändler, 1 Spirituosenkleinhändler, 1 Grünwaarenhändler, 1 Bäcker, 1 Agent der Hamburg-Bremer Feuer-VersicherungS-Gesellschast, 1 Agent der oberrheinischen Hast- und Unfall-VersicherungS- Gesellschaft in Mannheim, 1 Leder- und SchuhmacherbedarsS- artikel-Händler. — Seit einigen Wochen tritt in hiesiger Stadt ein Betrüg«« auf, der in wiederholten Fällen hiesige Geschäftsleute dadurch geschädigt hat, daß er bronzirte minderwerthige Münzen al» Zehn- und Zwanzigmarkstücke in Zahlung gab. Im Interesse der Geschäftsleute märe es ivünschenSwerth, wenn der Betrüger bei dem Versuche, falsches Geld zu verausgaben, festgehaltrn würde. Der Betrüger dürft« fein.
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