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-- SL Jahrgang. — Donnerstag, den 8. MSrz. vnd Tageblatt Amtsblatt für die kSaiglichea und MW« Behörden zn Freiberg md Brand. verautworUich« Lattung »er StedaNtonr Georg Vurthardt« . > Inserat« «erde» bi« Bormittag« 1t Uhr ! angenommen. Pni« für die Spaltzetle 15 Psg. gUßDß» Außerhalb de« Landgrrtcht«bezirt« 16 Pfq. , M. v V V* . - — ! Erscheint jeden Wochentag Abend« '/,« Uhr sür de» Ü anderen Log Prei« vierteljährlich 1 Mi. 80 Vtg. , LßEF. > einmonatlich 60 Psg. r durch d e Post S Mk. 25 Psg. « Nr«». Kolzversteigerung auf Höckendorfer Staatsforstrevier. Im Gasthofe zu Nuppenvors sollen Donnerstag, den 18. MSrz 1900 von vormittag- s Uhr an, nachstehende Nutzhölzer, al«: 832 w. Stämme, 86 b. u. 1219 w. Klötzer, 41 h. u. 705 w. Derb- u. 8189 w. RerSstangen, 36 r» w. Nutzknüppel «. 8 rm h. Besenreisig, sowie ebendaselbst Freitag, den 1«. MSrz 1900 von Dormtttag- S Uhr an, nach- stehende Brennhölzer, alS: 2,5 rm w. Brennscheite, 10,5 rm h.u. 153,5 rm w. Brennknüppei, 7,5 rm b. u. 0,5 rm w. Zacken, 11,5 rm h. u. 282,5 rm w. Aest«, 50 rm h. u. 1572 sm w. Brrnnreisig u. 49 rm w. Stöcke versteigert werden. Nähere« enthalten die bei den Ortsbehördeu u. iu den Echankstätten der »mliegenden Orte auShängenden Plakate. . . . «önigl. Forstrevierverwaltung Höckendorf und König!. Forstrentamt Tharandt, am 5. März 1900. Gemeiuvcspartasse zu Erbissorf, ist jeden Montag, Nachmittag» von 2 bis 6 Uhr geöffnet, verzinst Spareinlagen zu 3»/, d/, und gewährt Darlehen aus Grundstück« zu mäßiger Verzinsung. De* Semeinverath. G.-Borft. Ass dem Keichstagt. (Eigenbericht.) nd. Berlin, 6. März. Die heutige Sitzung kann man eigentlich eine recht unge wöhnliche nennen. Auf der Tagesordnung standen Petitionen, und im Allgemeinen ist e« üblich, daß diese „im Ramsch" ohne irgendwie wesentliche Debatte nach den Vorschlägen der Peti- tionslommistion erledigt werden. Heute kam e« ganz ander«. Nur zwei Petitionen gelangten von dem reichhaltigen Speise zettel zur Erledigung, da sich bei beiden eine sehr ausgedehnt« Diskussion entwickelte. Beide wurden schließlich der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen, obwohl sie eigentlich durchaus gegensätzlicher Natur waren; da« eine Mal bildete eben das Eentrum eine Mehrheit mit der Linken und das zweite Mal mit der Rechten. Die erste Petition kam von dem Bund« deutscher Frauen- vereine und verlangte eine einheitliche reichSgesetzliche Regelung des Verein«- und Versammlungsrechts; die Frauen wollen eben hier wie überall al« vollberechtigte Staatsbürger aner kannt werden. Die Redner hierzu retrutirten sich ausschließ lich aus der Linken, die in allen ihren Theilen entschieden für di« Petition eintrat. DaS Centrum stimmte schweigend zu, und die Rechte lehnte schweigend ab. Die Sozialdemokraten aber benutzten die Gelegenheit, um ihr Herz auszuschütten über die angeblich durchaus parteiische Handhabung deS Vereins- und Versammlunosrechts in den Einzelstaaten; sie gaben ein, dringliche, oft mit Humor gewürzte Schilderungen, bei denen namentlich das Königreich Sachsen sowie die Großherzogthü- mer Mecklenburg und Sachsen-Weimar schlecht wegtamen. Be sonders wurde, wie neulich schon, auch von bürgerlicher Seite oie Handhabung des Rechts in Mecklenburg getadelt, wo „Reichsverfassung und Reichsgewerbeordnung von den Behör den mit Füßen getreten würden", wie ein Redner sich aus- drilcken konnte, ohne vom Präsidenten gerügt zu werden. Die zweite Petition verlangte die Einführung deS Befähig ungsnachweises für daS Baugewerbe. Hier kamen die Befür worter von rechts,namentlich von derReformpartei, derenRedner behaupteten, daß das ganze Handwerk den Befähigungsnach weis dringend fordere. Von links wurde diese Ächauptung ebenso lebhaft bestritten und die Ueberzeugung ausgesprochen, daß dem Handwerk mit zünftlerischen Einrichtungen nicht auf zuhelfen sei. Beim Bauhandwerk im Besonderen sei vor Allem eine schärfere baupolizeiliche Kontrolle nöthig, denn es herrsche nicht so sehr Mangel an Befähigung als ein solcher an Ge wissenhaftigkeit. Für das Centrum erklärte Abg. Gröber ganz kurz die Zustimmung zu der Forderung der Petition, und so wurde auch diese dem Reichskanzler zur Berücksichtigung über wiesen. — Die Berathung der weiteren Petitionen wurde wegen der vorgerückten Stunde auf morgen vertagt. Politische Umschau. Freiberg, den 7. MSrz. Mit dem Glückwunschtelegramm des deutschen Kaisers an die Königin von England nach der Gefangennahme Cronjes verhält es sich anscheinend ähnlich, wie mit dem Tele gramm an die First Royal Dragoons, daS seiner Zeit in London solchen Freudentaumel erregte. Wie die „Pfälzische Rundschau" erfährt, war da» Kaisertelegramm nur die Antwort auf eine telegraphische Mittheilung der Königin, also mit anderen Worten eine Höflichkeit, die unter diesen Umständen selbstverständlich und geboten war. Das wäre also daS zweite Mal, daß von englischer Seite rin Versuch gemocht wurde, eine selbstveranlaßte höfliche Antwort unseres Kaiser« al» spontane englandsreundliche Kund gebung darzustellen. Wir wissen in diesem Augenblick nicht, wie man diese Art und Weise in englischer Sprache kurz und treffend bezeichnet; aus deutsch nennen wir eS: — fälscht». Die bayrische Kammer der Abgeordneten nahm den Antrag sei Ausschusses auf Errichtung einer staatlichen Mohiliarbrand- versicherungS-Anstalt den betreffenden Antrag mit 81! gegen 44 Stimmen an. Dagegen stimmten fast alle Liberalen, ferner die Sozialdemokraten und ein Theil der Freien Bereinigung. Der sozialdemokratische Antrag, wonach die Anstalt den Charakter einer Monopolanstalt erhalten sollte, wurde abgelehnt. Gegen die Versammlung, die am Sonntag in Berlin Einspruch wider die 1er Heinze erhoben hat, speit die klerikale „Germ." Feuer und Flamme: „Schade, daß die Zeit des Karnevals vorüber ist: Diese bombastischen Phrasen mit dem Motto „Du ahnst rS nicht" würoen vor Kurzem manche Brust mit sonniger Heiterkeit durchglüht und Herrn Hauptmann bei seiner schillernden Sprache sicher den KarnevalS-Schlller-PreiS eingetragen. . . . Der ganze Tamtam, mit dem diese „Protestversammlung" vorher gewaltsam inszemrt und nachher nicht minder gewaltsam als eine ^bedeutsame politische Aktion" dargestellt wird, wird aus das Schicksal der lsr Heinze nicht den geringsten Einfluß ausüben." — Nichts hemmt die schwarzen Herren vom Centrum in ihrem frommen Thatendrangl Bon den Reden, die in der Berliner Protest Ver sammlung gegen di« lex Heinze gehalten wurden, :st die bemerkenswertheste die Sudermann's, der u. A. Folgendes ausführte: Der eigentliche Prügelknabe sei der Dra matiker. Die dramatischen Dichter würden mit einem Male zu Volksverführern gestempelt, zu Leuten, welche die niedrigsten Instinkte schüren, und dabei sei oie dramatische Dichtung bisher als die höchste Entwickelung der Poesie betrachtet worden. Allerdings sei die Zeit fünffüßiger Jamben vorüber. „Eine neue Zeit goß neue Kunst in neue Formen. Wir vergießen keine Thräne mehr, wenn Ludwig der Bayer und Friedrich von Schwaben sich versöhnt in die Arme sinken, und wenn man die arme Agnes Bernauerin in's Wasser wirft, dann gähnen wir. Nicht in Weber's „Weltgeschichte" sucht jetzt daS Drama noch Stoff, nicht bei den Franzosen, nicht bei den jüngsten Leutnants. Aber um daS Drama handle es sich im Grunde gar nicht, der Kampf gelte der neuen Zeit, und weil die neue Zeit nicht vernich tet werden kann, wird der Versuch gemacht, den Spiegel zu zer schlagen, der das Bild der neuen Zelt wiedergeben will. In der lex Heinze sei die Rede von „Schamgefühl" und von „Sittlich- keitsgefühl". Der ehemalige Sergeant, der Böcklin's und Nu- ben's Bilder aus dem Schaufenster entfernen läßt, beschämt das Pensionsmädchen durch seine weit zartere Ausbildung des spezifisch weiblichen Schamgefühls. (Heiterkeit.) Die eigent liche Gefahr birgt der Paragraph in dem Ausdruck „Sittlich- teitsaefllhl". Früher kannte man nur gute und böse Menschen auf der Bühne. Da war es sehr leicht, eine Unterscheidung zu treffen — auch für Sergeanten. Heute herrscht die Ansicht, daß in jeder Menschenseele mancherlei Edles und Unedles sich mischt, das aber wollen die Freunde der lex Heinze nicht gelten lassen. Das modern« Drama wird unmöglich, wenn die lex Heinze Ge setz wird. Stücke wie „Die Weber" „Jugend", „Die Hauben lerche", „Der Talisman" sollen verschwinden nach der Absicht der Väter der lex Heinze. Ein König in Unterhosen! Welche Verletzung des selbstverständlichen Schamgefühls! (Große Hei terkeit.) Wenn man nicht den Fluch der Lächerlichkeit vor der ganzen Welt fürchtet, würde man wohl gern auch die Klassiker verschwinden lassen! Was bedeutet der Stoff für das Drama? Ein Gastfreund, der die Frau seines Wirthes verführt, und bei dem die erotische Gluth noch stärker auflodert, als er erfährt, daß die Geliebte seine Schwester ist, dürfte der Richter einem solchen Stoff seine Zustimmung geben? Er dürfte es nicht, lch selbst würde es nicht, wenn er mir nur als „Stoff" vorgetra- qen wird, und mit dem Beto wäre, wie Sie schon erkannt haben, her erste Akt von Waqner's „Walküre" von der Bühne ver- bamit! Das mag Ihnen beweisen, wie wenig ein Stoff bedeu tet, wie unendlich viel die künstlerische Form zu bedeuten hat. Aber nehmen wir das Gesetz einmal als geschaffen an. Wie würden die Zustände sich dann ausbilden? Panzerrasseln, epi gonenhafte Phrasen, große dramatische Ahnengalerien würden auf der Bühne erscheinen! (Stürmischer Beifall.) Wie viele Fürstenhäuser aiebt es in Deutschland! Alle ihre Ahnen wür den wir bewundern müssen! Und daS sozial« Drama! Da würden die Vertreter der freieren Gesinnung an die Wand ge drückt, da würde der Streik durch daS sanfte Zureden des wacke ren Ortsgeistlichen beschwichtigt werden; und wie ost würde das tugendhafte Minchen sich belohnt sehen durch die Vereinig ung mit dem geliebten Referendar, dem idealen Referendar, der cs noch 'mal bis zum Landrath bringen kann! (Gelächter.) Einst hat Schiller dem Dichter den Platz im Olvmp zuerlannt, heute weist man ihm einen anderen Platz an, unter den Zuhäl tern und unter den Dirnen! (Bewegung.) B«i der ersten Auf führung der größten dichterischen That deS 19. Jahrhundert», des „Ring der Nibelungen", trat Richard Wagner vor das be geisterte Publikum und sagte: „Wenn Sie wollen, dann haben wir auch eine Kunst". Auch wir wollen eine echte deutsche, wohl anständig« Kunst. Wir sind aus unseren Werkstätten auf den Markt des Lebens getrieben und zu politischen Agitatoren ge macht word«n und dürfen nicht eher rasten, bis wir un» die Freiheit und den Frieden unserer Werkstätte erobert haben." Oesterreich. Aus den Ausstands gebieten liegen solgende Meldungen vom 6. März vor: Prag. Ist den böhmischen AuSstandsgebieten ist die Zahl der Angefährenen etwas größer, die Ruhe wurde nirgends gestört. — TropPau. Im Ostrau-Karwiner Bezirk streiken 66 Prozent der Belegschaft, die Streikenden verhalten sich ruhig. — Brünn./ Im Rossitzer Kohlenrevier sind auf 2 Schächten 716 Mann aus ständig; auf allen übrigen Schächten wird voll gearbeitet. Frankreich. Die Deputirtenkammer setzte die Berathung des Marinebudgets fort. Berry stellt eine Anfrage wegen der Angelegenheit Philipp. Redner wirft dem Marine minister Lanessan vor, zu spät gegen Philipp eingeschritten zu sein, und behauptet, Lanessan hege Sympathie für England. Chauviöre wird wegen einer Unterbrechung zur Ordnung ge rufen. Marinemimster Lanessan erklärt, Philipp habe kerne die nationale Vertheidigung interessirende Informationen er halten können, die in Frage stehend« Botschaft habe keinen Brief von Philipp erhalten. Sobald er (der Minister) materielle Beweise in Händen haben werde, werde er das gerichtliche Ver fahren gegen Philipp einleiten lassen. Was die Betrügereien Philipps betreffe, so sei der Direktionsrath mit einer entspre chenden Untersuchung befaßt. Pelletan führt aus, die Angele genheit Philipp bewerfe, daß eS im Marineministerium Speku lanten gebe und unter ihnen zwei Bureauchefs. Pelletan fragt, was der Marineminister zu ihun gedenke? Lanessan erwidert, sobald er das nöthige Material zusamen haben werde, würden die Schuldigen bestraft werden. Ministerpräsident Waldeck- Rousseau erklärt, es müsse mit Vorsicht vorgegangen werden. Wenn die Kammer den von Berry beantragten Abstrich am Budget genehmigen sollte, so würde die Regierung aus diesem Beschlusse die nöthigen Konsequenzen ziehen. Pelletan bean tragt, am ersten Kapitel deS Budgets 500 Francs zu streichen; dieser Abstrich solle aber für die Regierung nicht einen Tadel bedeuten, sondern nur ein Hinweis sein, daß eine Sühne noth wendig geworden sei. Dieser Abänderungsantrag wird, nach dem Lanessan sich mit ihm einverstanden erklärt hat, mit 488 gegen LOStimmen angenommen. —Die nationalistischenBlätter erklären, daß dicStellung desMinisteriums in dieserSitzung der Deputirtenkammer einen argen Stoß erlitten habe; man habe sich überzeugen können, daß dessen Schicksal vom ersten besten parlamentarischen Zwischenfall abhänge. Wenn Pelletan nicht eingegriffen hätte, wäre das Ministerium gezwungen gewesen, die' Demission zu geben oder mindestens Lanessan fallen zu lassen. — Auch einzelne republikanische Blätter erklären, daß Lanessan durch seine wenig klaren Darlegungen daS Ministe rium gefährdet habe. — Wie „Figaro" meldet, wird der Mi- nisterrath sich mit den in der Kammerverhandlung erfolgten Enthüllungen beschäftigen und wahrscheinlich in dieser Hinsicht ernste Beschlüsse fassen. Im gestrigen Ministerrath theilte der französische Marine minister mit, daß er den beiden Beamten im Marineminist«rum Wilher und Valentino, von denen in drr vorgestrigen Kammer verhandlung die Rede war, befohlen hab«, ihre Stellung als Administratoren der Korporativ-Genossenschaft der Staatsbeamten aufzugeben. Der Marineminister kündigte weiter an, daß gegen den Beamte« Philipp eine Voruntersuchung eingeleitrt sei. Im Anschluß an daS MusterungSgeschäft im Aushebungsbezirke Freiberg wird da» in 123 der Wehrordnung vorgefchriebene ZurÜckstellunaSversahre» stattfindeu. Mannschaften der Reserve, Landwehr und Ersatz-Reserve, sowie ausgebildete Landsturm pflichtige deS 2. Aufgebote», welche wegen häuslicher und gewerblicher Verhältnisse für den Fall einer nothwendigen Verstärkung deS Heere» oder einer Mobilmachung bez. Bildung von Ersotz- > truppentheilen hinter die letzte JahrcSklasse der Reserve, bez. Landwehr oder Ersatzreserve oder der ausgebildeten Landsturmpfllchtigen 2. Aufgebotes zurückgestellt zu werden wünschen, Haden .ihre Gesuche b»S längsten» ro. «ör» diese» Jahre» bei dem Gemeindevorsiand« bez. Stadtrathe ihre» Aufenthaltsortes anzubringen und j« begründen und sich sodann zur Entgegennahme der hierauf zu fassenden Entschließung Sonnabend, den S4. diese» Monat», Vormittag» S Uhr in der Restauration »»um rtvolt" in Freiberg einzufinden. Die OrtSobrigkeiten haben die bei ihnen eingehenden ZurückstellungSanträge zu prüfen und darüber «ine Nachweisung, auS welcher nicht nur die militärischen, bürgerlichen und Ver mögensverhältnisse der Antragsteller, sondern auch die obwaltenden besonderen Umstände ersichtlich sind, durch welche eine zeitweise Zurückstellung bedingt werden kann, nach dem für Reklamationen ! Militärpflichtiger vorgeschriebeneu Muster auszusteüeu und an den mitunterzeichneten Civil- vorsitzenden einzureichen. Freiberg, am 8. MSrz 1900. Königliche Ersatz. Lommissto« de» ««»hebung-bezirk» Freiberg. Der Militär-Vorsitzende: Der Eiv,l-Borsttzende: v. Vr. 8t«ta«re, Oberstleutnant z. D. AmtShauvtmann.