Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189907272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990727
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-27
-
Monat
1899-07
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 27.07.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite S. — 27 Und vor Allein wird in nicht zu ferner Zeit der übertrieben?" Fiskalität, die sich jetzt noch bei jeder Gelegenheit Geltung ä" verschaffen sucht, der Tod bis aufs Messer erklärt werden. D?r 'Kaiser äußerte jüngst, wie ich Ihnen aus unanfechtbarer Quelle mittheilen darf, er hasse den FiSkus wegen der lUebertreibung der Fiskalität. Die gesegnete Zeit der Lberrechnungskammer und anderer Instanzen in dem einen und anderen Staatsdepartement soll in keiner Weise verkleinert wel chen, in unser Zeitalter paßt es aber nicht, daß der Fiskus -Taufende und Abertausende von „Beamten", die sich als Herrscher fühlen, damit beschäftigt, nachzuspüren, ob irgend eine Mark oder noch weniger von einem Steuerzahler zu wenig entrichtet worden .sein möchte. Wie aber der Kaiser ein abgesagter Feind aller FiskalitA am unrechten Orte ist, so widerstrebt er auch aller Geheimnißthuerei, namentlich wenn es sich nm seine Entschließ ungen handelt. Sofern ein Staatsinteresse dagegen spricht, daß die Oeffentlichkeit rechtzeitig insormirt wird, läßt es sich erklären, wen« die betreffenden Stellen ihre Weisheit unter Verschluß be halten. Sofern aber ein solches Interesse nicht in Frage kommt, möge immerhin prompt mit der Thatsache gerechnet werden, daß unsere Zeit im Zeichen des Verkehrs steht." Dem Bundesrath ist eine Neuausgabe der VerkehrSordnung für die Eisenbahnen Deutschlands als „Eiseubahn-Verkehrs- ordnung" zugcgangen. Vize-Admiral z. D. ValoiS veröffentlicht unter dem Titel „Seemacht, Seegeltung und Seeherrschaft" kurze Be trachtungen über Seekriegführung. Ein gewisses Aussehen er regen diese Betrachtungen, weil sie zum ersten Male darzulegen »ersuchen, daß unsere maritimen Rüstungen gegen den in erster Linie m Betracht kommenden Gegner „Großbritannien" gerichtet sind. Admiral Valois faßt seine Betrachtungen in folgende Thesen zusammen: 1) Die Seerüstungen müssen gegen England gerichtet sein, da in den Kämpfen der Kontinentalmächte unter sich den Marinen nur die zweite Stelle zufällt. 2) England will -en Krieg in gewaltigen Schlägen um jeden Preis schnell be endigen und auf enges Gebiet beschränken, die Gegner müssen den Krieg in di« Länge ziehen, über so viele Gebiete ausdehnen wie möglich, die feindlichen Küsten und den Handel zu beunruhigen suchen. 3) Panzergeschwader bilden den Kern der Flotten. Der Schwerpunkt muß aber in den großen Panzerkreuzern liegen, denn dieselben find die Träger der Offensive. — Admiral Valois hält es nicht für möglich, eine eben so große Panzerflotte zu bauen, wie England sie besitzt, welches nicht nur einen großen Borsprung hat, sondern welches auch jede Steigerung unserer Bau leistung um das Doppelte überbieten kann. Deshalb empfiehlt Valois den Kreuzer» und Kaperkrieg. Di« Abänderung des stenographischen Reichstags berichtes vom 21. Juni beschäftigt wieder lebhaft die Presse. .Neue Behauptungen in dieser Sache, die ebenfalls nicht besser -wird, wenn man daran rührt, stellt der Berliner Berichterstatter der „Franks. Ztg." auf. Es handle sich uni keine politische Jntrigue, um Kin Komplott, sondern um unangebrachten Ver- besserungseifer. Die Regierung oder irgend Jemand darin habe gar keinen Grund, eine solche Aenderung zu wünschen: Als Beweis für das, was ein Redner gesagt hat, dient nicht etwa der gedruckte stenographische Bericht, sondern das ursprüngliche Steno- HraWPi. Das ist unkorrigirt, wird nie korrigirt, kann nie lorri- chirt werden und wird imArchivdesRecchStages ausbewahrt. Wir er erben es in jeder Session wiederholt, namentlich bei nachträglichen Ordnungsrufen und bei Streitigkeiten über Aeußerungen eines lRednerS, wenn darüber Tage verflossen sind, daß der Präsident Erklärt: Ich habe mir das Stenogramm kommen lassen, meistens .fetzt er hinzu: daS unkorrigirte Stenogramm, und meint damit oie erste schriftliche Uebertragung des Stenogramms, in welcher natürlich auch jede Korrektur, jede Streichung oder jeder Zusatz schon durch die Handschrift sofort erkennbar ist. Man überschätzt die Bedeutung und auch die Genauigkeit der gedruckten steno graphischen Berichte, die gewöhnlich amtlicheBerichtegenannt werden. Sie sind nicht daS Protokoll, sondern nur eine Ergänzung zu diesem. Das Protokoll wird von den Schriftführern angefertigt und nicht gedruckt. Was der Reichstag gethan und beschlossen hat, geht aus dem Protokoll hervor. Und wenn in einem ge druckten Bericht aus Versehen oder auS böser Absicht etwas Falsches steht, so hat das keinerlei rechtliche Folgen und läßt sich zu nichts und gegen Niemanden verwerthen. Der Herr, der un befugter Weise den Zusatz gemacht hat, und der vielleicht gewohnt war, daß frühere Präsidenten sich durch den geschäftserfahrenen Beamten zuweilen berathen und auch korrigiren ließen, hat sicher geglaubt, im Sinne des Grafen Ballestrem zu handeln, weil dieser früher einmal davon gesprochen hatte, daß Kundgebungen des Kaisers nur erörtert werden dürften, wenn sie offiziell ver öffentlicht wären. Er hat vielleicht auch geglaubt, daß es dem Grafen Ballestrem angenehm wäre, vielleicht mit Rücksicht auf seine Beziehungen zu hohen Stellen, wenn er diesen Zusatz ge macht hätte. Er hat sich geirrt und ist an den Unrechten ge kommen. — Also wäre dem Herrn Direktor Knack als Schutzgeist des Herrn Reichstagspräsidenten ein Unfall passirt. Seltsam bleibt er immerhin, und noch seltsamer ist der Umstand, daß man erst jetzt zu einer Aufklärung und Vertheidigung des Sachverhaltes durch ein demokratisches Blatt schreitet. Warum läßt man übl^ Gerüchte, boshafte Andeutungen wochenlang wirken, wenn ein kurzes Wort genügt, sie zu vertreiben? Oesterreich. Aus Innsbruck wird berichtet: Die Uebertritts- bewegung macht in Tirol stetige Fortschritte, und fast jeden Tag werden neue Uebertritte zum Protestantismus angemeldet. Sonntag fand in Kufstein der erste evangelische Gottesdienst statt. Niederlande. Das Schlußprotokoll d«r Friedenskon ferenz hebt hervor, daß die Delegirten beständig von dem Wunsche geleitet waren, in möglichst erschöpfender Weise die hoch herzigen Ideen des Urhebers der Konferenz zu verwirklichen. Die Konferenz hat beschlossen, folgende Punkte den Bevollmächtigten zur Unterzeichnung und den Regierungen zur Genehmigung zu unterbreiten: 1) Eine Konvention für friedliche Schlichtung internationaler Streitigkeiten. 2) Eine Konvention betreffend Bestimmungen und Gebräuche sür den Landkrieg. 3) Eine Kon vention betreffend Anwendung der Grundsätze der Genfer Kon vention von 1864 auf den Seekrieg. 4) Drei Erklärungen, wonach es verboten sein soll, Geschosse und Explosivstoffe aus Luftballons herabzuschleudern oder in analoger Weise anzuwenden, wonach es ferner verboten sein soll, sich solcher Geschosse zu be dienen, deren einziger Zweck ist, Stickgase oder giftige Gase zu verbreiten oder solche Kugeln zu gebrauchen, welche im mensch lichen Körper explodiren. — Das Protokoll enthält sodann fünf Wünsche: 1) Die Konferenz ist der Ansicht, daß eine Beschränk ung der militärischen Lasten, welche gegenwärtig die Welt be drücken, in hervorragender Weise wünscheuswerth ist für die Förderung des materiellen und moralischen Wohlbefindens der Menschheit. 2) Die Konferenz spricht den Wunsch aus, daß die Frage der Rechte und Pflichten der Neutralen aus das Programm der nächsten Konferenz gesetzt werde. 3) Die Konferenz spricht den Wunsch aus, daß die auf die Art und das Kaliber der Ge wehre und der Marinegeschütze bezüglichen Fragen, soweit sie durch die Konferenz bereits geprüft sind, Gegenstand des Studiums der Regierung bilden würden mit dem Ziele, eventuell zu einer einheitlichen Lösung mittels einer späteren Konferenz zu gelangen. 4) Indem die Konferenz in Erwägung zieht, daß seitens der Bundesregierung der Schweiz bereits vorbereitende Schritte zur Revision der Genfer Konvention gethan sind, spricht sie den Aeffie's ßeirath. Roman von Heinrich Lee. (6. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Leonie dachte auch an Curt. Es war, als ob Etwas in ihrem Herzen dabei lächeln mußte. Gräfin Almaviva und der Page Cherubim. Nur war der Page Cherubim noch kühner. Curt war ein guter Junge. Er betete sie an wie ein Heiligen bild und er wagte nur noch aus der Ferne zu ihr zu belen. Auch Gräfin Almaviva duldete zu ihrem Tröste die hübsche Pagenliebe. Leonie dachte dann an Steffie. Im Anfang, als Hermann ihr von seiner Absicht mit dem ihr noch unbekannten Mädchen sprach, stellte sie sich — sie wußte selber nicht, wieso—unterSteffie ein jugendliches blühendesGeschöpf vor. War es, wenigstens nebenbei, die Eifersucht gewesen, weshalb sie sich dazu erst ablehnend verhielt? Vielleicht der Gedanke, daß ihr, die schon in des Lebens Sommer trat, von dem Frühling »eben ihr eine gefährliche Mitbewerberschaft erwachsen könnte ? Oder war es wirklich nur der Grund, den sie vorgab, nämlich durch eine solche neue Hausgenossin auch zur Uebernahme von einigen neuen Umständlichkeiten und damit verbundenen Pflichten genöthigt zu werden, was ihre Bequemlichkeit störte? Leonie beantwortete sich diese Fragen nicht. Aber sie hatte gesehen, mit welcher Vorliebe Hermann an diesem Plane hing und daß ihr ablehnendes Verhalten ihn verstimmte. So hatte sie sich dazu entschlossen, Steffie sich wenigstens erst einmal persönlich anzu- .sehen. Der Augenschein belehrte sie, daß ihre vorgefaßte Meinung von Steffie unbegründet war. Sie war dasselbe be scheidene Wesen wie Curt. Sie konnte ihr in ihrem Hause sogar nützlich sein. Leonie hatte sich selber in manchen Augenblicken schon darauf ertappt, wie sie sich nach einer anspruchslosen weib lichen Gesellschaft sehnte. Es gab zuweilen Dinge, über die man nicht mit dem ersten Besten sprechen konnte — zu denen ein Geschöpf gehörte, wie es Steffie gerade war. Auch hatte sie sich nun -avon überzeugt, welche Wirkung Steffie auf ihren Mann ausübte. Er behielt darin Recht! Steffie war zwischen ihnen beiden wie ein Medium und das war gut. Sie nahm einen Theil seiner Aufmerksamkeit für sich in Anspruch und auch das war gut. Es war ihnen beiden mit Steffie geholfen. Durch die zugezogenen Fenstervorhänge fiel jetzt der Schein des Mondes in das Schlafgemach. Fahl glitt er auch über das Gesicht des Oberst. Wie von Bronce gegossen sah es jetzt aiL Zwischen den tief herabgezogenen Brauen grub sich eine Fiwche auf der Stirn ein, die ihm fast etwas Finsteres, etwas Drohendes gab. Leonie wußte nicht, warum sie, als sie das schlummernde Gesicht ihres Gatten betrachtete, plötzlich ein Gefühl der Furcht überkam. Sie schloß die Augen und versuchte, einzuschlafen. Nach einer kurzen Weile lag sie so still und regungslos in ihren Kiffen wie er. Drittes Kapitel. Wochen waren vergangen und der Winter, der seine Herrschaft über Gebühr ausgedehnt hatte, schien sich seinem Ende nähern zu wollen. Auch die geselligen Vergnügungen der Residenz waren allmählich an ihrem Ende angelangt. Man fühlte sich erschöpft und über- sattigt. Ihren glorreichen Abschluß hatte der Osfiziersball gebildet, der von den Offizieren der gesummten Garnison gemeinschaftlich gegeben wurde. Die Welt wartete auf den Frühling. Im Garten des Oberst blühten auf den von dem schützenden Stroh befreiten Beeten Hyacinthen, blaue Krokus und Tulpen. Die Sträucher streckten vorwitzig schon ihr erstes Grün hervor und der Gärtner war gerade damit beschäftigt, die lebende Hecke, die sich an das herumziehende Eisengitter lehnte, mit seiner großen Scheere zu bearbeiten. Es war ein prächtiger Morgen, zum Einzuge des lang ersehnten Gastes wie geschaffen. Der Oberst hatte frühzeitig, um dem Exerzierplatz einen Be such abzustatten, sein Pferd bestiegen, Leonie ivar noch nicht auf gestanden und Steffie im Garten allein. Sie stand aus dem kleinen Kiesplatz, der vor ihrem Zimmer lag, unter den noch nackten Aesten einer alten breitkronigen Platane und fütterte die Spatzen, die sich lärmend um die ausgeworfenen Brocken drängten. Steffie hatte sie verwöhnt. Brotbrockcn verschmähten sie, es mußte feine Semmel oder gar Kuchen sein und immer wußte Steffie vom Frühstücks- oder dem nachmittäglichen Kaffeetisch für den folgenden Morgen etwas zu erübrigen. Sie trug ein weißes, mit blauem Baud und goldenen Knöpfen besetztes Cheviotkleid. Auch sonst sah sie verändert aus, wozu das hübsche, elegante Kleid allerdings das seinige beitragen mochte. Ihre immer zier lich gewesene Gestalt, die in der unförmlichen Pensionstracht nur nicht zur Geltung gekommen war, trat jetzt hold und anmuthig hervor. Mit der Stefaniesrisur war es nichts geworden, weil der Oberst, für den Steffie nun ein richtiges Töchterchen ge worden war, es hübscher fand, wenn sie ihr starkes Haar in lang herabhängenden Zöpfen trug. Zwei blaue Bänder steckten darin, von derselben Farbe wie die an ihrem Kleid. Steffie fand nun selber ein Gefallen daran, sich möglichst hübsch zu machen, weil sie so auch dem Onkel gefiel. Ihr Gesicht, das, als sie noch in der Pension war, unverändert — für manchen Geschmack sogar vielleicht zu sehr — in der Röthe der Gesundheit glänzte, war etwas blaß geworden, eine Folge der ungewohnten gesellschaft lichen Anstrengungen, nicht aber zu seinem Nachtheile. Steffie sah jetzt diftinguirter aus. Die wenigen Wochen hatten sie in ihrer äußeren Erscheinung reifer gemacht. Ihren Eintritt in die gesellschaftlichen Kreise hatte Leonie durch eine Reihe Visiten bewerkstelligt, die sie mit ihr unter nommen hatte. Sie waren weit glimpslicher verlaufen, als Steffie in ihrer stillen Angst sich vorgestellt hatte. Die Damen waren alle lieb und freundlich zu ihr und schienen gar nicht zu merken, wie es ihr ums Herz war. Dann kam der Jour. Zum ersten Male wurden ihr Herren vorgestellt — fast alles Offiziere. Auch Herr von Brockstreek war darunter. Steffie wußte nicht, warum, als Leonie ihn mit ihr be kannt machte, ihr das Herz noch zehnmal stärker schlug, als bei den übrigen Herren. Sie war ordentlich sroh und fühlte sich wie von einem zuschnürenden Drucke befreit, als Herr von Brockstreek, nachdem er dieselben kurzen Fragen an sie gethan, wie die übrigen Herren — wie es ihr in der Residenz gefalle, ob sie hier dauernd bleiben würde und dergleichen mehr — sich bald wieder von ihr wandte und gleich darauf kurz empfahl. Zum zweiten Male begegnete sie ihm dann auf einem Ball. Es war in ihrem Leben der erste. Statt der freudevollen Erwartung, mit der andere Mädchen diesem großen Augenblicke entgegensetzen, fühlte sie wieder nur ein dunkles Wunsch auS, daß in einem kurzen Zeitraum zur Zusammen» berufung einer Spezialkonferenz geschritten werde, welche zum Zweck die Revision dieser Konvention hat. 5) Außerdem hat die Konferenz, abgesehen von einigen Delegirten, die sich der Stimm abgabe enthielten, einstimmig den Wunsch auSgedrückt, den Bov- schlag, welcher bezweckt, das Privateigenthum im Seekriege für unverletzlich zu erklären, und ferner den Vorschlag, die Frage des Bombardements von Hafenplätzen, Städten und Dörfern durch feindliche Flotten zu regeln, einer Prüfung durch weitere Konferenzen zu überweisen. DaS Schlußprotokoll wird durch die sämmtlichen bevollmächtigten Delegirten unterzeichnet werde«, die Konventionen dagegen nicht, da mehrere Länder sich ihren Bei tritt für später Vorbehalten. England wird bei der Unterzeichnung des Schlußprotokolls gewisse Vorbehalte machen, indem eS erklärt, daß eS die zweite und dritte Erklärung und von den geäußerten Wünschen den dritten und fünften nicht annehmen könne. — Nicht nur die drei Konventionen, sondern auch die drei Dekla rationen werden gesondert unterzeichnet werden. Die Begleit worte für die Konventionen und Deklarationen sind gestern DienStag festgestellt worden. Es ist wahrscheinlich, daß die Kon ferenz erst am Sonnabend oder Montag schließen wird. Die Amerikaner verlangen, daß in dem Artikel 27 des Schiedsgerichts- entwurfes, beginnend „die Signaturmächte halten es für ihre Pflicht", das Wort „Pflicht" definirt werde, damit in keinem Falle dies Wort irgend eine Nöthigung für die Vereinigten Staaten einschließen könne, in europäische Angelegenheiten sich einzumischen und umgekehrt; man sucht nach einer Fassung des Artikels, die den Wünschen der Amerikaner Rechnung trägt und zugleich die Tragweite des Art. 27 nicht abschwächt. Die englischen Marine-Manöver haben mit einem schweren Unfall begonnen. An Bord deS Torpedobootzerstörers „Bull- finch" hat sich eine furchtbare Explosion ereignet, der neun Menschenleben zum Opfer fielen. Der „Bullfinch" ist ein ganz neues Schiff, das zu Uebungszwecken in eine Bucht in der Nähe von Portsmouth beordert worden war. Die erste Nachricht von dem Unglück wurde durch das Schiff selbst gegeben, das in Eile nach Portsmouth zurückkehrte und die Explosion signalisirt«. Der Unfall wird folgendermaßen dargestellt: Vierzehn Mann waren im Maschinenraum des Schiffes beschäftigt, als man gegen 2 Uhr Nachmittags plötzlich eine starke Erschütterung im Schiff verspürte und dichte Dämpfe aus dem Maschinenraum aufsteigen sah. Eine Steuerbordstange war, während das Schiff unter vollem Dampf mit einer Geschwindigkeit von 30 Knoten in der Stunde lies, plötzlich gebrochen. Die unmittelbare Folge war, daß der Maschiuen- raum zu einer förmlichen Ruine nmgestaltet wurde und alle vier zehn Leute, die anwesend waren, verbrüht wurden. Neun erlagen ihren Wunden, die übrigen wurden durch den plötzlich hervor schießenden Dampf und das kochende Wasser lebensgefährlich ver letzt. Die Verwundeten wurden nach der „Australia" gebracht, wo ihnen vom Schiffsarzte die erste Hilse geleistet wurde. Ein« genaue Untersuchung der Ursachen des Unglücks ist im Gange. Frankreich. Siecle versichert, Deroulsde habe vor seinem Putschversuch sowohl von den Orleanisten als auch von den Bonopartisten Geld genommen, allerdings mit dem Hinter- gevanken, beide Parteien hineinzulegen und für einen Volks abstimmungsgeneral oder einfach für sich selbst zu arbeiten. In den Kassen der Bonapartisten seien damals mehrere Millionen flüssig gewesen, die zu einem kleinen Theil auch von der Ex- Kaiserin Eugenie beigesteuert worden seien. — „Eclair" verzeich net das Gerücht der nahe bevorstehenden Begnadigung A r t o n s. Quesnay de Beaurepaire hat mit seiner Privatunter suchung, durch die er, unabhängig von dem Kassationshose und im Gegensätze zu diesem, die Schuld des Kapitäns DreyfuS be- Bangen. Tanzen konnte sie natürlich, aber in der Tanzstunde in der Pension tanzten die Mädchen nur unter einander. Mit Herren hatte sie noch niemals getanzt. Und wie würde sie in ihrem Ballkleid aussehen? Gewiß würde sie unter allen Mädchen die Häßlichste sein. Aber als sie erst in ihrem rosa Fähnchen fertig dastand, sagte der Onkel über sie zu Leonie: „Man sollte gar nicht denken, wie hübsch unsere kleine Maus aussehen kann." Er machte gewiß nur seinen Spaß mit ihr. Denn neben Leonie, die ganz in herrlichen Spitzen prankte, von Brillanten und Perlen übersäet, konnte sie nur wie ein unscheinbares Wiesen blümchen aussehen. „Wie schön Du bist!" sagte sie zu Leonie, als sie allein waren und hingerissen schlang sie die Arme um ihren Hals und küßte sie. Zum ersten Male kam ihr ohne Zwang das „Du" von den Lippen, an das sie sich noch nicht hatte gewöhnen können. „Du zerdrückst mir mein Kleid," wehrte Leonie sie ab, aber doch stand ein befriedigtes Lächeln in ihrem Gesicht. Dann nahm sie der vom Lichterglanz, von der Pracht der Toiletten und den glitzernden Uniformen funkelnde Saal auf. Ein dichter Kreis umringte sie — sie sah, daß dieser Leonie'n galt, an deren Seite sie stand. Dann schwebte sie dahin. Alle die Herren, die sie schon auf dem Jour gesehen hatte, machten ihr, einer nach dem andern, ihre Verbeugung und zeichneten sich in ihre Tanzkarte ein. Zuletzt nahte auch Herr von Brockstreek. Sie sah, wie er erst Leonie ansprach. Plötzlich tauchte er vor ihr auf und Leonie schien etwas überrascht. Während er mit Leonie sprach, nahm sein Gesicht einen Ausdruck an, den Steffie nicht verstand. Auch Leonie veränderte sich. Tann stand er vor ihr selbst. Und wieder wußte Steffie nicht, warum eS sie heiß überwallte. Er bat sie um den zweiten Walzer, den sie noch frei hatte. Er that das gewiß nur aus Höflichkeit, wie die anderen Herren, und doch empfand Steffie mitten in der Verwirrung, m die er sie versetzte, ei» sie durch bebendes Gefühl wie Stolz. Soviel von ihm wußte sie nun, daß er unter seinen Kameraden eine Art von Ausnahmestellung ein nahm. Der Onkel selber hatte einmal bei Tisch davon gesprochen, wenn auch in abfälliger Weise. Es war am Tage nach dem Jour. „Ich sehe es gar nicht gern, wenn Brockstreek zu uns kommt", sagte er — „ich beurtheile ihn nicht ungerecht. Er ist ein fähiger Kopf, der beste Reiter im Regiment und er schlägt die beste Klinge. Aber die Frauen haben ihn verwöhnt, er ge nießt den Ruf eines Don Juan und Euch hier sticht der Gardepli ins Auge. Ich habe ihn gestern einmal gründlich beobachtet. Ich halte ihn für prätentiös. Unser Haus kann ich ihm natür lich nicht verschließen. Es Iwürde aber, liebe Leonie, für Dich wohl ein Leichtes sein, ihm fernere Besuche zu verleiden. Ausgenommen, Du findest an ihm dennoch Gefallen, dann füge ich mich natür lich Deinem Geschmack." „Ich denke nur, man kann ihn nicht gerade brüskiren", erwiderte Leonie ruhig. Damit brach die Unterhaltung über Herrn von Brockstreek ab. In Steffie's Ge- dächtniß hatte sich jedes Wort eingegraben. Keine Stunde in den nächstfolgenden Tagen »rgmg, wo sie nicht an die Schilderung, die der Onkel von ihm entworfen hatte, denken mußte. Was dem Onkel tadelnswerth an ihm erschien, das gerade verlieh ihm in ihren Augen etwas Magnetisches. Sie fragte sich nur noch, ob er auch auf dem Balle sein würde. Nun stand sein Name in ihrer Karte, geschrieben von seiner eigenen Haud. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)