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iss Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite 2.-15. Juli. 189» „Kaiser", „Deutschland" und „König Wilhelm" wird im Laufe der nächsten fünf Jahre der Ersatz sertiggeslellt werden. Der Entwurf eines Gesetzes betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst wird im „Reichs anzeiger" veröffentlicht. Der Schutz erstreckt sich auf Schrift werke und solche Borträge, welche dem Zwecke der Erbauung, der Belehrung oder der Unterhaltung dienen, Werke der Ton kunst und solche Abbildungen bezw. plastische Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art, welche nicht ihrem Haupt zwecke nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Das Recht des Urhebers geht aus die Erben über, auch kann es beschränkt oder unbeschränkt auf Andere übertragen werden. Die Zwangsvoll streckung in das Recht des Urhebers findet gegen den Urheber selbst nicht statt. Ausschließliche Befugnisse der Urheber sind: Vervielfältigung, gewerbsmäßige Verbreitung,Aufführung?-, Ueber- setzungs- undDramatisirungsrecht, A uszüge aus Werken der Tonkunst. Bei einem Werke der Tonkunst ist jede Benutzung unzulässig, durch welche erkennbare Melodien aus dem Werke entnommen und einer neuen Arbeit zu Grunde gelegt werden. Als Nachdruck ist nicht zu betrachten der Abdruck von Gesetzen, amtlichen Erlassen und Entscheidungen rc., die Wiedergabe öffentlicher Verhandlungen aller Art und von Reden, die bei Verhandlungen der Gerichte, der politischen, kommunlichen und bürgerlichen Vertretungen ge halten werden. Die Wiedergabe ist jedoch unzulässig in einer Sammlung, die der Hauptsache nach Reden desselben Verfassers enthält. Als Nachdruck ist nicht anzusehen, wenn ohne wesent liche Aenderung des Inhalts aus Zeitungen oder ans Zeitschriften thatsächliche Mittheilungen abgedrnckt werden, die zu den Tages neuigkeiten oder zu den vermischten Nachrichten gehören, oder einzelne Artikel, die nicht mit dem Verbot des Nachdrucks oder einem allgemeinen Vorbehalt der Rechte versehen sind; doch ist in solchen Fällen die Quelle deutlich anzngeben. Der Abdruck von Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen oder unter haltenden Inhalts ist in jedem Falle unzulässig. Für Schrift werke, Vorträge und Abbildungen erlischt das Urheber recht, wenn seit dem Tode des Urhebers 30 Jahre und seit der ersten Veröffentlichung des Werkes 10 Jahre abgelaufen sind. Bei Werken der Tonkunst tritt an die Stelle der Frist von 30 Jahren eine solche von 50 Jahren. Wer vor sätzlich oder fahrlässig Nachdruck begeht bezw. unter Verletzung der ausschließlichen Besugniß des Urhebers ein Werk öffentlich aufführt oder vorträgt, ist dem Berechtigten zum Schadenerfatz verpflichtet, außerdem steht Geldstrafe bis zu 3000 Mark daraus, die im Fall, daß sie nicht aufzutreiben ist, in Gesängniß bis zu 6 Monaten umgewandelt werden kann. Außerdem kann noch auf Buße bis zu 6000 Mk. erkannt werden. Die widerrechtlich hergestellten oder verbreiteten Exemplare und die zur wider rechtlichen Vervielfältigung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen, wie Formen, Platten rc. unterliegen der Vernichtung. Wer vor sätzlich solche Privatbriese, Tagebücher oder persönliche Auszeich nungen aller Art, für welche ein Schutz des Urheberrechtes nicht besteht, und die noch nicht erlaubter Weise veröffentlicht worden sind, wörtlich oder dem Inhalt nach unbefugt öffentlich mittheilt, den trifft eine Geldstrafe bis zu 1500 Mk. bezw. Gejängniß bis zu 3 Monaten, soweit die Msttheilung nicht zur Widerlegung einer öffentlich aufgestellten Behauptung oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen ersolgt. Wer es den Vorschriften zuwider unterläßt, die Benutzungsquelle anzugeben, wird mit Geldstrafe biS zu 500 Mk. bestraft. Anspruch aus Schadenersatz und Straf verfolgung wegen Nachdrucks verjährt in drei Jahren. Für sämmtliche Bundesstaaten sollen Sachverständigen-Kammern be stehen, die verpflichtet sind, auf Verlangen der Gerichte und der Staatsanwaltschaften Gutachten über die an sie gerichteten Fragen abzugeben. Der Entwurf will das geltende Gesetz dahin ergänzen, daß nicht nur die Verwerthung der geistigen Arbeit, sondern auch das persönliche Interesse des Verfassers an seinen Erzeugnissen gesichert wird. Er spricht deshalb den Grundsatz aus, daß der Urheber, der sein Recht auf einen Anderen über tragen hat, Aenderungen des Werkes durch den Erwerber selbst dann nicht zu dulden braucht, wenn die Uebertragung ohne Be schränkung erfolgt ist. In dem Disziplinarverfahren gegen den Privatdozenten vr. AronS ist, wie der „Vorw." meldet, auf den 22. Juli ein Termin zur Verhandlung vor der philosovhischen Fakultät in Berlin anberaumt worden. Nach dem Privatdozentengesetze fungirt die Fakultät als Gericht erster Instanz. Ein bedauerlicher Mangel an Nationalgefühl zeigt sich in dem Gebühren der Norddeutschen Hagelversicherungsgesell- schaft, die, wie der „Elbinger Zeitung" versichert wird, an die bei ihr Versicherten Abrechnungen in polnischer Sprache versendet, wenn die Gesellschaft glaubt, es mit einem Polen zu thun zu haben. Selbst ein kerndeutscher Offizier in der Nähe Dirschaus, desfen Name auf ki endigt, empfing kürzlich ein der artiges Schreiben, obwohl sich doch annchmen läßt, daß ein preußischer Major Briefe lieber in deutscher als in polnischer Sprache liest. Keinem englischen, keinem französischen Kausmanne würde es einfallen, deutschen Abnehmern seiner Waaren deutsch zu schreiben. Aus Augsburg, 12. Juli wird berichtet: Gestern Abend wurden etwa 30 arbeitswillige Maurer, die sich von auswärts hierher zur Arbeit begeben wollten, in der Nähe der Stadt von streikenden Arbeitern überfallen und, nachdem der cnsührende Polier durch Schläge unschädlich gemacht worden war, in ein Wirthshaus geschleppt, wo sie die ganze Nacht festgehalten wurden, um ihren Arbeitsantritt heute früh zu verhindern. Die Sache ist, wie die „Augsb. Abendztg." mittheilt, gerichtlich anhängig gemacht worden. Oesterreich. Die „Wiener Deutsche Zeitung" schreibt: „Das Herrenschloß, das bei Tetschen stolz auf die ruhige Elbe herab steht, dort, wo sich die Marken Böhmens und Sachsens begegnen, der Stammsitz der Grasen von Thun-Hohenstein, zu denen auch unser gegenwärtiger Ministerpräsident Gras Franz Thun gehört, trägt seit der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag einen neuen Schmuck. Jener Fels, auf dem sich das Schloß Tetschen erhebt, ist in der bezeichneten Nacht mit einem sinnigen Embleme geziert worden. An der dem Flusse zugewendeteu Seite des Blockes wurde nämlich ein wunderschöner — tz 14 gemalt, der weithin sichtbar ist. Die freundliche Widmung dieses Symbols auf dem Stammschloß der Thun soll offenbar bedeuten: In Iwa siAno vinoes! Vielleicht erweist sich Graf Thun 'für diese An erkennung seines Wirkens dadurch empfänglich, daß er den K 14 (auf Grund dessen Graf Thun seit anderthalb Jahren Oesterreich ohne Parlament regiert) in die Heraldik seines FamilienwuppenS aufnimmt. Es ließ sich dazu eine fschöne Legende ersinnen, die sich an die Geschichte von den vierzehn Nothhelsern anlehnen und mit dem wehmüthig-stolzen Ausruf schließen könnte: Wie er haben müßte Oesterreich dastehen, wenn es, der Zahl des Z 14 folgend, statt einen — vierzehn Grafen Thun als Nothhelfer hätte. Dieser verwegene Gedanke ist kaum auszudenken und würde unseren Nachkommen noch mehr imponiren als uns." Es verlautet, Bürgermeister vr. Lueger werde gegen den Reichsrathsabgeordneten Wols, der in einer Rede über die politische Lage den Bürgermeister persönlich aufs Schärfste an griff, dir Ehrenbeleidigungsklage erheben. — Das ist der selbe Lueger, der seinem politischen Gegner unter dem Schlitze der parlamentarischen Straflosigkeit die gemeinsten Beleidigungen ins Gesicht schleudert! Italien. Der „B. Lok.-Anz." bringt über daS Einkommen des PapsteS folgende interessante Details: Zu der Zeit, als der Papst noch weltlicher Herrscher war, bezog er, von anderen Hilfsquellen abgesehen, eine Civilliste im Betrage von 600000 römischen Thalern, gleich 3225000 italienischen Lire. Nach der Annexion des Kirchenstaates zeigte sich die italienische Regierung bereit, dem päpstlichen Stuhl sür den.Ausfall seiner sicheren und regelmäßigen Einnahmequellen vollen Ersatz zu gewähren. Ans ihren Antrag wurde am 13. Mai 1871 das sogenannte Garantie gesetz genehniigt, das dem Papst außer der Unverletzlichkeit seiner Person und bestimmten souveränen Rechten eine jährliche Rente von 3255000 Lire als Dotation zugestand, überdies den Besitz des Vatikan, des Lateran und des Kastells Gandolso garantirte. Pius IX. weigerte sich jedoch, dieses Garantiegesetz anzuerkennen und mußte sich deshalb ohne die ihm zugedachte Dotation be helfen. Leo XIII. bedarf einer jährlichen Summe von 7 Millionen Franken zur Bestreitung der Ausgaben für die Kirche und seinen eigenen Haushalt: Kardinäle und diplomatische Vertretungen beanspruchen 500000 Franken; die Verwaltung und Unter haltung des Vatikan 2500000; Almosen-und Unterstützungsgelder ür die katholischen Schulen Roms 1500000; Geschenke und onstige Unterstützungen ebenfalls 1500000; andere Ausgaben une Million. Worin bestehen nun die Einnahmen des päpst- ichen Stuhles ? Auf diese Frage giebt Julien de Narson in seinem oeben veröffentlichten Buche „Vöon XIII. intime" Auskunft. Man muß dabei zwischen dem „Erbtheil des heiligen Petrus" und dem Peterspsennig unterscheiden. Dos Erbtheil, d. h. die esten Einkünfte, setzt sich zusammen aus den Zinsen angelegter Kapitalien, den Erträgen, die einige Immobilien abwerfen, den Einnahmen der päpstlichen Kanzlei aus der Verleihung von Adels titeln und aus Dispensen, besonders in Bezug auf Ehescheidungen — im Ganzen etwa eine Million Franken. Den Peterspsennig bilden bekanntlich die freiwilligen Spenden von Katholiken aus aller Herren Ländern. Vor einigen Jahren beliefen sie sich im Durchschnitt jährlich auf zehn Millionen, von denen aus Frank reich allein weit über die Hälfte in die Kassen des Vatikans floß. Gewisse politische Umstände haben jedoch den Peterspsennig ziem lich stark geschmälert, da die französischen Monarchisten sich jetzt dem Papste gegenüber wegen seiner wohlwollenden Stellung zur Republik weniger sreigebig zeigen. Leo XIII. wird diesen Ausfall aber wohl kaum allzu schmerzlich empfinden; denn wenn der Ver fasser des uns vorliegenden Buches recht unterrichtet ist, trugen ihm seine Jubiläen in den Jahren 1886 und 1893 ungefähr 40 Millionen ein, und da der Papst mit seinen Geldern sehr haushälterisch umgeht, so dars man wohl annehmen, daß er von dieser ungeheuren Summe sür etwaige magere Jahre einen sehr beträchtlichen Theil zurückgelegt hat. Pius IX. hinterließ seinem Nachfolger 30 Millionen, die der sparsame Kardinal Antonelli zu Gunsten des päpstlichen Stuhles aus dem Peters psennig und sonstigen Einnahmey im Laufe der Jahre gesammelt i ntte. Sie wurden später in italienischen Werthen angelegt, wobei 20 Millionen „verloren" gingen. Jetzt sind die päpstlichen Kapitalien im Auslande angelegt, besonders bei Rothschild in London. Leo Xlll. kann natürlich ganz nach seinem Belieben über den Peterspsennig verfügen und scheint ihn auch persönlich unter Verschluß zu haben. Wenn der Schatzmeister oder Finanz minister des Vatikans Geld nöthig hat, muß er sich direkt an den Papst wenden, der dann, wie Narson schreibt, ohne irgendwelche andere Förmlichkeit aus einem Schubsach die verlangte Summe hervorholt — falls er geneigt ist, sie herzugeben. Auf bereit williges Entgegenkommen wird der päpstliche Schatzmeister für seine Gcldsorderungen wohl nicht immer rechnen können, denn Leo XIII. ist, wie schon erwähnt, ein sparsamer Haushalter. Nur für die Gründung und die Unterstützung katholischer Schulen und Erziehungsanstalten hat Papst Leo ungeheure Summen ausge geben, desgleichen auch für die Errichtung und Ausbesserung kirchlicher Gebäude. Im Vatikan ließ er ans das Prächtigste das sogenannte Appartement Borgia restauriren, das aus sechs Sälen besteht. Im Uebrigen ist er äußerst sparsam, wenn es sich um Ausgaben für rein praktische Zwecke handelt. Zu solchen giebt er nur dann Geld her, wenn sie eine wirkliche Ersparniß für die Zukunft bedeuten. Kürzlich gab er seine Zustimmung zur elektrischen Beleuchtung des Vatikans, aber erst, nachdem man ihm nachgewiesen hatte, wieviel weniger er dann im Jahre sür Beleuchtung anszugeben brauche. Für Gas mußten bis dahin im Jahre mindestens 15000 Francs bezahlt werden, und man rechnete dem Papst vor, daß elektrisches Licht im Vatikan höchstens 1800 Francs Kosten im Jahre verursachen würde. Der Unterschied war doch zu groß, als daß Leo der Neuerung seine Einwilligung hätte versagen können. Den Strom liefert ein Wasserfall von 14 Meter Höhe in den Gärten des päpstlichen Palastes, der jetzt in den Stunden der Dunkelheit mit vielen elektrischen Lampen taghell erleuchtet werden kann. — Das päpstliche Heer (wenn man in der Gegenwart von einem solchen noch sprechen darf) besteht aus 600 Mann, verursacht aber weniger Ausgaben, als man annehmen möchte. Es setzt sich zusammen aus drei Garden: Der Nobelgarde, der Schweizer garde und der palatinischen Garde; Dazu kommt noch eine Ab- theilung Gendarmen. Die Schweizergarde allein nimmt die päpstliche Kasse bedeutend in Anspruch. Die Nobelgarde rekrutirt sich ausschließlich aus der römischen Aristokratie, die palatinische aus dem mittleren Bürgerstand; diese beiden Abtheilnngen der päpstlichen bewaffneten Macht liegen jedoch im Gegensatz zu der Schweizergarde nicht im Vatikan im Quartier und werden auch nur bei feierlichen Gelegenheiten dorthin befohlen. Wer in die Nobelgarde ausgenommen werden will, muß zwischen 20 und 25 Jahre zählen, einen im Kirchenstaat seit mindestens sechzig Jahren anerkannten Adelstitel führen und ein Vermögen von mindestens 620 000 Fr. nachweisen können, außerdem von aus gezeichneter Gesundheit sein. Die Nobelgardisten dürfen sich ohne Erlaubniß ihres Kommandanten nicht verheirathen. Sje avanciren dem Alter nach, mit Ausnahme des Befehlshabers, den der Papst selbst ernennt. Man benützt sie zu auswärtigen Sendungen, wenn fremden Prälaten ihre Ernennung zum Kardinal angekündigt werden soll. Niederlande. Die zweite Kommission der internationalen Friedenskonferenz, in der insbesondere die zweite Unterkommission ihre Ansichten über die Gesetze und Bräuche des Land krieges zu äußern hatte, hat durch Herrn Rolin-Jacquemyns über das Ergebniß ihrer jetzt abgeschlossenen Berathungen Bericht erstatten lassen. In diesem Bericht, der in 11 Abschnitte zerfällt, sind von allgemeinem Interesse die folgenden Abschnitte 3 und 4, die wir nach der „Köln. Ztg." wiedergeben: 3. Die Mittel, dem Feinde zu schaden. Entsprechend den früheren Vorschlägen der Brüsseler Konferenz wurde die Anwendung von Gift oder vergifteten Waffen, die Tödtung eines Feindes, der die Waffen niedergelegt hat, die Drohung, keine Gnade zu üben, und endlich die „Verwendung von Waffen, Wurfgeschossen oder anderen Materialien, die überflüssige Schmerzen erzeugen können, sowie der verbotenen Wurfgeschosse" untersagt. Die in Gänsefüßchen wiedergegebene Bestimmung führte zu langen Verhandlungen. Hierzu hatte England be antragt, daß die Verwendung von Geschossen, wie die Dumdumkugeln, im Kampfe gegen wilde Nationen erlaubt sein sollte, doch fand es auf keiner Seite Unter stützung. Sodann lag ein Vorschlag vor, wonach die Staaten auf vorläufig fünf Jahre darauf verzichten sollten, die augenblicklich gebrauchten Gewehre durch neue zu ersetzen. Etwaige Aenderungen sollten sich auf Typ und Kaliber nicht erstrecken und nur nebensächlicher Art sein dürfen. Außerdem beantragte Rußland, daß sür die Schwere des Gewehrs, das Kaliber, das Geschoßgewicht, die Anfangsgeschwindigkeit und die Feuergeschwindigkeit gewisse Grenzen festgesetzt werden sollten, innerhalb derer jeder Staat Verbesserungen vornehmen dürfe. Beide Anträge wurden abgelehnt, und zwar unter dem Eindruck von Ausführungen, durch die nachgewiesen wurde, eine wie ungeheure technische Schwierigkeit ihrer Durchführung entgegen stände. In der That wäre die Erzielung einer Uebereinstimm ung in dieser Frage gewiß wünschenswerth, aber der dabei leitende Gedanke ist doch der, daß große Ausgaben vermieden werden sollen. Das kann aber durch den Antrag nicht erreicht werden. Selbst wenn man seststellen könnte, welche Aenderungen und Verbesserungen den Typus nicht änderten, so ist doch immer der Fall möglich und wahrscheinlich, daß irgend eine Macht ihr Gewehr so verbessert, daß die andern nachfolgen müssen. Kein Staat kann sich dann dazu verpflichten, auf eine weitere Ver besserung zu verzichten, sondern er wird immer danach zu streben haben, sich in den Besitz des augenblicklich besten Gewehres zu setzen. Hier wurde auch die Frage der Kontrolle gestreift, die ja so außerordentlich schwierig liegt. Es wurde denn auch von zwei Vertretern erklärt, eine solche Kontrolle würde eine Beleidigung der Mächte bedeuten. Eine solche ist gewiß von keinem der Vertreter beabsichtigt worden, es bleibt aber die Thatsache bestehen, daß es sich bei diesen Dingen nicht um einen absichtlichen Vertragsbruch zu handeln braucht, sondern daß man in der Praxis sehr wohl darüber in Zweifel sein kann, welche Verbesserungen unter das Verbot fallen und welche erlaubt sind. In diesem Falle giebt es keine Stelle, die den Zweifel in maßgebender Weise lösen kann. Als praktisches Ergebniß bleibt also aus diesem Kapitel nur das Verbot der englischen Dumdum geschosse und ferner noch das Verbot des Schleuderns von Sprengstoffen aus Luftballons. 4. Belagerungen und Beschießungen. Auch hier ist eS im Wesentlichen bei den jetzt schon völkerrechtlich giftigen Be stimmungen geblieben, wonach unvertheidigte offene Orte nicht beschossen werden sollen, von der Beschießung anderer Orte aber vorher Anzeige zu erstatten ist und Kirchen, Krankenhäuser und der Kunst gewidmete Gebäude thunlichst verschont werden sollen. Hier wurde auch die Frage angeschnitten, ob Beschießung offener Städte von der Seeseite zulässig sei, oder ob auch hierfür die von der Konferenz ausgestellten Grund sätze zu gelten hätten. Wenn auf ver einen Seite betont wurde, die Kommission habe sich hiermit nicht zu beschäftigen, da ihr Programm auf den Landkrieg begrenzt sei, so wurde auf der andern Seite erwidert, daß man die Beschießung einer Stadt von der Seeseite nicht wohl als einen reinen Akt des Seekrieges betrachten könne, daß hier vielmehr uns xuerrs mixte vorliege. Es handle sich hier nicht um den Seekrieg, sondern um den Küstenkrieg. Die Kommission befand sich hier in einiger Ver legenheit und beschloß, die Frage von der Tagesordnung abzusetzen. Frankreich. Von vertrauenswürdiger Seite wird ver sichert, die Regierung thue in Berlin Schritte, um die Be gnadigung der wegen Spionage verurtheilten Franzosen Dekock und Goldhurmer zu erwirken, da das Urtheil gegen den Spion Decrion sestgestellt hat, vaß die Beiden bloß Opser Decrions waren, der sie unter betrügerischen Vor wänden nach dem Reichslande schickte, ihnen bloßstellende Auf träge ertheilte und sie dann selbst den Reichsbehörden als Spione anzeigte. Spanien. Die Königin-Regentin hat einen selbstständigen und höchst eigenmächtigen Schritt gethan, der sie einerseits in Konflikt mit dem Minister-Präsidenten Silvela bringt, andererseits ihr die Sympathieen des spanischen Volkes in weit höherem Grade als bisher zuwenden wird. Sie hat erklärt, daß sie zu Gunsten des Staatsschatzes auf eine Million Pesetas ihrer Civil liste verzichtet, und zwar, nachdem Silvela in den Cortes wieder- holentlich versichert hat, daß er niemals einen derartigen Verzicht der Königin dulden und solchen Falls sich sofort zurückziehen würde. Aus allen Theilen Amerikas laufen die herzlichsten Beglück wünschungstelegramme an Admiral Cervera zu seiner Freisprech ung ein. Blätter, wie die Newyorker Tribune widmen dem Admiral sympathische Artikel und erklären, jeder amerikanische Offizier, der dem edlen Helden Spaniens die Hand habe drücken dürfen, sei stolz auf diesen Ausgang des Prozesses. Cervera wurde von der Königin Christine aus das herzlichste empfangen. Oerttiches und Sächsisches. Freiberg, den 14. Juli. — Das Ministerium des Innern hat angeordnet, daß die in einem Regulativ über Erhebung von Besttzwechseladgaben enthaltene Strafandrohung, nach welcher die unterbleibende Anzeige von Kaufrechtsabtretungen mit 25 bis 100 Prozent der Abgabe als Strafe zu belegen ist, auszuheben und durch An drohung einer Geldstrafe bis zu 30 Mark zu ersetzen sei. — Das königliche Ministerium des Innern hat jetzt, unter Aufhebung der an die Kreishanptmannschaften erlassenen Ver ordnung vom 20. September 1893, die Entschließung darüber, ob ausnahmsweise an sächsische Staatsangehörige, die sich außer halb Sachsens aufhalten, Unterstützungen aus Mitteln ves sächsischen LanVarnrcnvervanSes zu bewilligen sind, den Kreishauptmannschafteu übertragen, setzt jedoch dabei voraus, daß eine solche Bewilligung nur nach eingehender, bei laufenden Unterstützungen in angemessenen Zeiträumen zu wiederholender Prüfung der Hilfsbedürftigkeit des zu Unterstützenden und jeden falls nur dann erfolgt, wenn 1) die in t; 5 Absatz 1 und 2 der Verordnung vom 5. Juni 1876 festgesetzten Tarifsätze nicht über schritten werden und außerdem 2) entweder bei Ueberführung des Hilfsbedürftigen nach Sachsen mindestens der gleiche Auf wand wie bei seiner Unterstützung außerhalb des Landes entstehen würde, oder in der Uebersührung unter den besondere» Ver- i hältnissen des einzelnen Falles eine außerordentliche Härt« er«