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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 01.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189907011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-01
-
Monat
1899-07
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 01.07.1899
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150. Arelderger Anzeiger und Tageblatt. Sette 4. — 1 Juli. Zweier und Früchte an ihn unter genauer Angabe des Absender- aus jedem Packet einsenden wollen. Einen originellen Scherz leistete sich dieser Tage der Feldwebel einer im Ostragehege bei Dresden übenden Pionierlompagnie. Er hatte die Mannschaft vom UebungSplatze „Pieschener Winkel" nach der Kaserne zu führen. Der humoristisch angelegte Feldwebel besaht nun vor dem Abmarsch, daß alle Radfahrer vor die Front treten sollten. Dies geschah, und nicht : weniger als 58 Mann meldeten sich als Fahrer. „Na", meinte der Feldwebel, „ich brauche nur acht Mann, mögen mal die besten vortreten". Wieder traten alle 58 Mann einen Schritt vor, da Alle selbstredend die besten zu sein vermeinten. „So wird nichts", meinte der Feldwebel; „mag das Loos entscheiden!" Richtig, eS ward geloost und die glücklichen Gewinner glaubten nun, stolz zu Stahlroß in die Kaserne einziehen zu können. Doch eS kam anders. Mit der Mahnung, ;a nicht etwa der Kompagnie davonzufahren, führte der Feldwebel die 8 Radfahrer Hinter die Front und zeigte ihnen 8 — Schubkarren, welche die besten Fahrer der Kompagnie nach Hause zur Reparatur fahren mußten. Natürlich machten drastische Bemerkungen der Kameraden den geprellten „Einradsahrern" das Leben recht sauer. In Halle a. S. wurde ein Uhrmacher in Hast genommen, der im Verdacht steht, Helfershelfer einer sogen, „schwarzen Bande" zu sein. ES wurden bei der Haussuchung eine Partie Goldwaaren im Aschenkasten gefunden, die von einer Dresdner Goldwaarenfabrik herrühren, von welcher sich, wie berichtet, die beiden Schwindler Gold- und Silberwaaren von sehr hohem Werthe zu verschaffen wußten. Diese Waaren suchten sie in Halle an den Mann zu bringen. Bei dem verhafteten Uhrmacher wurden Goldwaaren im Werthe von etwa 1700 Mk. für 450 Nik. verpfändet. Ein Barbier vertrieb Waaren aus der zweifelhaften Quelle, was ebenfalls seine Verhaftung zur Folge hatte. Auch die beiden Schwindler hat die rächende Nemesis ereilt, sie waren nach Holland geflüchtet, wurden aber auSgeliefert und sitzen in Leipzig hinter Schloß und Riegel. In Pilsen wurden auf Veranlassung der Dresdner Kriminal polizei eine gewisse Margarethe Haurowitz und Friedrich Altmann verhaftet. Die beiden Flüchtlinge haben sich längere Zeit in Dresden aufgehalten, wo die Haurowitz einem Bankier, den sie durch ihre auffallend schöne Erscheinung zu bethören wußte, eine Briestasche mit 8000 Mark und eine werthvolle goldene Uhr entwendete. Der Beraubte erstattete die Anzeige bei der Polizei, welche sofort den Telegraph in Bewegung setzte und die Ver haftung des Paares veranlaßte. Bor dem Schöffengericht zu Dresden hatten sich gestern der Steinarboiter Lienicke in Dresden, der Redakteur Beyer in Dresden und der Redakteur Jacobey aus Berlin wegen öffent licher Beleidigung der Redaktionsbeamten des „Dresdner Journals" zu verantworten. Jacobey ist verantwortlicher Redakteur für den „VonvärtS" i« Berlin, Beyer für die „Sächsische Arbeiter-Zeitung". Der „Vorwärts", die „Sächsische Arbeiter-Zeitung", sowie ein „Flugblatt", auf dem Lienicke als Verleger angegeben war, haben die offiziöse Darstellung des „Dresdner Journal" über „Die Löbtauer Landfriedensbrecher" (Schwurgerichts-Ver handlung vom 3. Februar dieses Jahres) als „offiziöse Fälschung" bezeichnet. Weiter war gesagt „das Urtheil des Dresdner Schwur gerichts sei ei« Klaffenurtheil, dessen Härte das „Sächsische Re- gierungSorgan" durch Lug, Trug, Täuschung und Fälschung ver- theidigen zu können glaube"; das „Dresdner Journal" habe in der arbeiterfeindlichen Absicht, bewußt zu täuschen, „die Schilde rung deS ThatbestandeS wörtlich der Anklageschrift entnommen, ohne Berückfichtigung der in der Hauptverhandlung ermittelten und zu Gunsten der Verurtheilten sprechenden Thatsachen, es habe festgestellte Thatsachen einfach unterschlagen". Auf Grund dieser Beschuldigungen ist gegen die drei Angeklagten zufolge ge stellten Strafantrags des Königl. Ministeriums deS Innern das Mrafperfahren wegen Beleidigung eingeleitet worden. Das Urtheil wird Montag Mittag verkündet. In der Fabrik Lochmann'scher Musikwerke zu Leipzig haben vorgestern Mittag die etwa 700 daselbst beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen fast alle die Arbeit eingestellt, weil die Direktion sich den Wünschen der Arbeiter bezüglich der Versetzung eines Werkführers nicht gefügt hat. (!) Im Fieberwahn stürzte in Leipzig eine 37jährige Frau auS dem 3. Obergeschoß eines Hauses auf die Straße und war sofort todt. Großes Glück hat die launische Fortuna einem Gutspächter in einem Orte bei Meerane bereitet, der eben vor der Ver steigerung seiner Wirthschaft stand. Derselbe spielte die Loos- nummer 30166 der Aachener Dombau- und Krönungshaus- Lotterie und gewann hierauf 3000 Mark mit der Prämie von 300000 Mark, welches Kapital dem Manne gerade zur rechten Hert in die Hände kommt. Der nun mit einem Male reich ge wordene Gutspächter erhält die Summe von 281000 Mark aus- gezahlt. Nach einer anderweitig noch nicht bestätigten Meldung eines sozialdemokratischen Blattes sollen im 8. sächsischen Reichstags wahlkreise — Pirna — die Konservativen den Grasen Rex- Zehista und die Nationalliberalen den Fabrikant Lange in Glas hütte als Kandidaten aufzustellen die Absicht haben. Da die Freisinnigen einen eigenen Kandidaten bereits nominirt, die Anti semiten voraussichtlich an Lotze sesthalten und die Sozialdemo kraten für den „Genossen" Fräßdorf zu Felde ziehen, würden sich nicht mehr und nicht weniger als fünf Kandidaten die Ehre des Mandats streitig machen. Daß hierbei auf bürgerlicher Seite mindestens drei Kandidaten überflüssig und von Uebel sind, liegt auf der Hand. Einigen sich die den bürgerlichen Parteirichtungcn angehörigen Wähler im Wahlkreise nicht von vorn herein auf eine solche Persönlichkeit, die ganz abgesehen von der Partei stellung, durch Qualifikation und ihr Ansehen von vorherein die Aussichten des Sieges erhöht, so wird das eintreteu, was die „Sächs. Arbeitcrztg." schreibt: „Am 18. September muß das rothe Siegesbanner auch über Pirna und auf den Höhen der säch sischen Schweiz wehen." Es liegt in der Hand des Bürgerthums in Stadt und Land im 8. Wahlkreise, diese sich überhebende Siegeszuversicht zu Schanden zu machen. In den Stcinbrüchen zu Oschatz entstand durch die Unvor sichtigkeit eines Arbeiters eine furchtbare Explosion. Ein Arbeiter wurde getödtet, zwei schwer, mehrere leicht verletzt. Am Dienstag Abend gegen 7 Uhr (!) versuchten 6 biS 8 mit langen Stöcken bewaffnete böhmische Treiber oberhalb des an der Ebmath-Roßbacher Straße gelegenen k. k. Ansagepostens auf dem sog. Wurzelwegc 6 starke Ochsen in der Richtung Obcrgettcn- grün nach Sachsen einzuschmuggcln. Ein Postenführer trieb die Schmuggler durch einen abgegebenen Schreckschuß in die Flucht, wobei ihm ein Ochse im Werthe von 400 bis 450 Mk., den ein 15jähriger Bursche am Strick führte, in die Hände fiel. An Stelle des als Stadtrath in Zwickau gewählten fetzigen Bürgermeisters Haupt in Schöneck ist von den Stadtverordneten einstimmig Assessor Thicnemann in Jena zum Bürgermeister von Schöneck gewählt worden. Berg- und Hüttenwesen. K Die sür den Abbau der muthmafilich zwtsche« Vem Zwickauer «uv Oelsnitz - Lugauer Revier lagernve« Steinkohle zu gründende Gewerkschaft Oberzschocken giebt 1000 Kuxe L 500 Mark aus. Von dem Grundkapital von 500 000 Mark sollen 230 000 Mk. auf Ankauf der Kohlenunter- irdischcn, 60 000 Mk. zum Ankauf eincS Bauergutes, 160 000 Mk. für zwei Bohrversuche, 50 000 Mk. Betriebskapital verwendet werden. Die Bohrversuche werden vom Ingenieur Thumann in Halle ausgesührt und auf je 800 Meter gebracht. Thumann erhält für je 1 Meter Bohrteufe 100 Mk. bewilligt. -- Zu der Gruben-Explosion im Steinkohlenberg werke König und Königin Luise zu Zabrze wird von der Kgl. Centralverwaltung Folgendes mitgetheilt: Mittwoch Nachmittags gegen 2 Uhr fand auf dem Ostfeld des fiskalischen Steinkohlenbergwerks Königin Luise beim Pfeilerabbau im Schuckmannflötz auf der 340 m-Sohle eine Entzündung von Brandgasen statt, bei welcher 11 Bergleute verletzt wurden. Der Unfall ist darauf zurückzuführen, daß eine „Glocke" (großer auS- gekohlter Hohlraum) plötzlich zu Bruch ging und der dadurch ent stehende Luftdruck die Gase aus dem „Alten Mann" in die Strecken und Pfeiler drückte. Die Gase haben sich wahrscheinlich an den Lampen der dort arbeitenden Bergleute entzündet. Auf die Nachricht von dem Unfälle begaben sich der Direktor der Königin Luisegrube, Salzbrunn, Bergassessor Moeser, sowie der Königliche Bergrevierbeamte, Bergmeister Tschersich nach dem Ost felde, um in Begleitung des Königlichen Obersteigers Dubiel und deS Grubensteigers Knorr die Unfallstelle zu befahren und die zur Rettung der Verunglückten nothwendigen Maßregeln anzu ordnen. Die Verunglückten, sechs Häuer und fünf Schlepper, wurden sofort in dasKnappschastslazareth zu Zabrze übergeführt. Die Verletzungen bestehen fast überall in Brandwunden an den von den Kleidern nicht bedeckten Körpertheilen. Im Laufe deS Nachmittags befuhr auch der Vorsitzende der Königlichen Central- verwaltung, Oberbergrath Hilger, in Begleitung des Bergraths Jaeschke die Unfallstelle, um sich persönlich von den getroffenen Maßnahmen zu überzeugen. Wie aus dem Knappschastslazareth mitgetheilt wird, sind glücklicherweise bei keinem der Verunglückten die Verletzungen derart, daß Lebensgefahr vorhanden wäre. N Die Ärbeiterunrrrhen im Bochumer Revier. Zur Herstellung der Ordnung im Bochumer Streikgebiet ist eine recht bedeutende militärische Macht ausgeboten worden. Das energische Eingreifen scheint schnellen Erfolg gehabt zu haben, wie eine Drahtung aus Herne vermuthen läßt: BemerkenSwerth ist, daß trotz des prachtvollen Sommertages, der ja heute auch ein Feiertag ist, die Arbeiter im Gegensätze zu den voran gegangenen Tagen an dem demonstrativen Promeniren in den Hauptstraßen keinen Geschmack mehr zu finden scheinen. — Nach der „Rh. Wests. Z." bestätigt es sich immer mehr', daß eS sich ganz allein um polnische Bergarbeiter als Unruhstifter handelt. Das Blatt schreibt: Um gleich bei dem Letzten anzufangen, so stimmen unsere sämmtlichcn Berichterstatter und entsandten Redakteure darin überein, daß bis jetzt sozusagen ausschließlich die Polen in die Bewegung eingctreten sind. Es ist keinem unserer sechs Berichterstatter gelungen, auf den Straßen von Seiten der feiernden Arbeiter auch nur ein einziges deutsches Wort zu hören, überall Polen und nicht zum Wenigsten auch polnische Frauen. Man lese nur die Liste der Verwundeten und Getödteten: lauter polnische Namen. Unter den Verletzten sind höchstens drei Deutsche, von denen einer, nämlich Köster, angeblich unschuldig in den Trubel hineingerathen und verwundet sein soll. Unser Berichterstatter, welcher bei einer Revolte zu gegen war, stellte fest, daß die polnischen Frauen außerordentlich stark bcthciligt sind. Sie standen hinter den Streikenden, hoben fortwährend die Arme in die Höhe und feuerten die Angrcifenden durch heulende Zurufe an. Ein anderer Berichterstatter hat gesehen, wie eine Frau in einem Handkorbe scheinbar Essen trug, in Wirklichkeit aber war, wie bei einem zufälligen Aufstiegen des Deckels sich ergab, der ganze Korb mit Steinen gefüllt. Des Ferneren haben wir fcststellen können, daß polnische Frauen den aus dem Krawall zurückkehrenden blutbefleckteu Radau helden mit leidenschaftlichen Worten zusprachen und lobend auf die Schultern klopften. Die Ansicht der Behörden, daß es sich um einen Putsch sozialdemokratischer Polen handelt, ist außerordentlich wahrscheinlich. — Zur größeren Sicherheit wurde der Agitator, Anstreicher Dobrozexski, und der sozialdemokratische Führer Adamski in Haft ge nommen. Auf dem Polizeioureau lagert eine große Menge von Waffen, die den Streikenden abgenommen wurden, darunter 20 faustdicke Knüttel, etwa 15 Revolver, faustgroße Steine rc. Sonst ist alles ruhig. Von den schwer Verwundeten sind wiederum zwei gestorben, so daß jetzt im Ganzen fünf Personen todt und 12 bis 15 schwer verwundet sind. Bis jetzt sind inSgesammt über 7000 Mann ausständig; auch im Revier Bochum, in „Konstantin" und „Julius Philipp" kamen Unruhen vor. Verschiedenes. * Dev jüngste Offizier Ver Welt dürfte der Sohn des türkischen Generalkonsuls in Tauris in Persien sein. Er ist nämlich erst zwei und ein halbes Jahr alt! Unlängst wurde, so schreibt man aus Konstantinopel, die Frau des Bevollmächtigten der Pforte von der persischen Kronprinzessin in Audienz empfangen und hatte zu derselben, wie es dort üblich ist, auch ihren kleinen Sohn mitgebracht. Die Prinzessin und ihr Gemahl beschäftigten sich mit dein kleinen Knaben, und der Prinz sand solches Gefallen an ihm, daß er das Kind zum Ehreuoffizier der persischen Armee ernannte und ihm die Insignien seines Ranges eigenhändig auf die Brust heftete. * Das kommt davon! Aus Baden (bei Wien) wird be richtet : Unsere schöne Kurstadt beschloß in diesem Frühjahr, eines ihrer Bäder, das „Josefsbad", zu reinigen und zu vergrößern, was gewiß sehr löblich war. Was soll man aber mit der Quelle thun, die bei solchen Arbeiten recht störend ist? Ganz einfach, man vermauert sie mit Cement. So geschah es auch, und die Reinigung und Vergrößerung wurden vollendet. Jetzt sollte die Quelle wieder erschlossen werden. Was hatte aber diese in ihrem Zorn über die cementene Fessel gethan? Ganz einfach, sie hatte sich verlausen und war trotz eifrigen Suchens nicht mehr aufzu finden. Die Bahener waren in Verzweiflung und ließen sich Geologen aus Wien kommen. Nach langen Bohrungen wird tief drunten der Flüchtling wieder gefunden. Jetzt muß die Quelle, die früher ganz ohne Spesen ihr Wasser spendete, mit großen, kostspieligen Maschinen in das Bassin gehoben werden. Das kommt davon, wenn man einer Quelle mit Cement den Mund verstopft. * Ein genähtes Herz besitzt ein kürzlich auS einer italienischen Klinik entlassener 23jährigcr Mann. Er wurde vor etwa zwei Monaten angesallcn und erhielt zwei Dolchstiche, die das Herz trafen. Trotz des schweren Blutverlustes konnte er noch lebend in das Krankenhaus gebracht werden. Der dortige Arzt, vr. Pomoni, der den interessanten Fall m der Rivista di Chirurgia beschreibt, nahm sofort eine umfangreiche Operation vor, indem er durch mehrer« tiefe Schnitte de« Raum zwischen der dritten und fünften Rippe bloßlegte und so den Zustand deS verwundeten Herzens beobachten konnte. CS fand sich eine Stichwunde im Herzbeutel, die bis zur Länge von 6 Centimetern erweitert wurde, damit man den Verlauf der Verletzung fest stellen konnte. In der vorderen Wand der Herzkammer fanden sich zwei Wunden, die je etwa 1 Centimeter lang waren und das Blut in Strömen aus dem Herzen treten ließen. Trotzdem dieser Befund wenig Hoffnung gab, versuchte der Arzt, eine Heilung herbeizuführen, indeyr er die Wunden nacheinander vernähte. Das fast Unglaubliche gelang, di« Nähte wurden glücklich auf dem Herzen untergebracht und der Patient konnte nach 49 Tagen das Hospital geheilt verlassen. * Et« salomonische- Uriheil. Ueber Oom Paul (Präsident Krüger von Transvaal) kursiren in der englischen Preffe nicht nur solche Anekdoten, die ihn als hartherzigen Reaktionär schildern, sondern auch solche, durch die er als gelegentlich mit echt salomonischer Weisheit handelnd dargestellt wird. Neuerdings wird das Folgende gemeldet: Bei einer Erb- theilung konnten sich zwei Brüder gar nicht verständigen, wie eine billige und gerechte Vertheilung der Hinterlassenschaft ihres Vaters anzustellen sei und belästigten den Präsidenten fort während mit dem Ersuchen um seine Vermittelung. Da Krüger weder Zeit noch Lust hatte, als Taxator zu sunktioniren, so ließ er es anfänglich bei allgemeinen guten RathschlSgen bewenden, aber nach wie vor kam eS zu keiner Einigung. Schließlich er klärte er sich bereit, eine endgiltige Entscheidung zu fällen und ließ die streitenden Brüder einen Schein unterschreiben, wonach sie sich bedingungslos seinem Schiedsspruch unterwerfen sollten. Dies gethan, sagte er zum älteren der Beiden: „So jetzt ver theile Du die Sachen genau, wie Du es für gerecht hältst, in zwei gleiche Hälften. Machs wie Du willst und eS soll Dir Keiner drein reden. Dann soll Dein Bruder die Hälfte wählen, die er vorzieht." Die Brüder waren unmittelbar darauf die besten Freunde. * In der „K. V. Z." lesen wir: „Die Flitterwochen, die sich auf einen Monat, ein Jahr und noch länger auSdehnen können, kommen nicht her von Flitter, Glanz und Putz, sondern von flittern, d. i. lachen, kosen. Die Flitterwoche ist also die Zeit der Freude und des Lachens, wo der Himmel voller Geigen hängt. Für diese „schöne Zeit der jungen Liebe", von der aber der Volksmund behauptet: „Auf die Flitterwoche kommt die Zitterwoche", giebt es noch viele andere Benennungen. Im Bayerischen nennt man sie Kuderwoche, wo es noch lustig hergeht, wo noch gekudert, d. i. gekichert wird. Der Schweizer heißt sie die Trütlerwoche, von truteln, mittelhochdeutsch trinken, truten, d. h. liebhaben, liebkosen, umarmen; Trintel, Trutel ist der „Trautgeselle". Auch ZLrtelwoche (von zärteln, kosen, schmeicheln) ist im Gebrauch. Im Niederdeutschen heißt diese schöne Zeit Stutenweke (Stutenwoche), weil man in dieser Zeit Stuten, feines Backwerk, zu essen bekommt. Aehnlich gilt sie im Niederländischen als Wittebroodswek (Weißbrodswoche). Neueste Nachrichtens Berlin, 29. Juni. Der ReichStagspräsidcnt Graf Ballestrem veröffentlicht nachstehende Erklärung: Der gedruckte stenographische Bericht über die 98. Sitzung deS Reichstags, am 21. Juni d. I., enthält aus Seite 2725 0, als von mir gesagt, folgende Worte: „Vorausgesetzt, daß eS der amtliche Theil des Blattes war". Diese Worte habe ich nicht gesprochen, auch später in den steno graphischen Bericht weder selbst hineingesetzt, noch deren Hinzu fügung direkt oder indirekt veranlaßt; dieselben sind ohne mein Wissen unbefugterweise, im Bureau des Reichstags hinzugefügt worden; von der Hinzufügung erhielt ich erst Kenntniß, nachdem der stenographische Bericht bereits gedruckt und vertheilt war. Berlin, den 29. Juni 1899. Der Präsident des Reichstages: Graf v. Ballestrem. Berlin, 29. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht eine Darstellung der kürzlich gemeldeten Unruhen im deutschen Pachtgebiet zu Kaumi, welche mit den bisherigen Berichten darüber übereinstimmt. Neueren Nachrichten zufolge schreibt das Blatt weiter, haben die Chinesen den Widerstand ausgegebcn. Kaumi ist besetzt. Es ist zu hoffen, daß ohne weiteres Blut vergießen die völlige Ruhe wieder hergestellt wird und die Vor arbeiten zum Bahnbau ihren stetigen Fortgang nehmen. Altona, 29 Juni. Bei dem Neubau eines Schulgebäudes brach infolge Uebcrlastung ein Treppengerüst zusammen. Sechs Arbeiter stürzten in die Tiefe, von denen zwei lebensgefährlich und die vier anderen leicht verletzt wurden. Einer der beiden lebensgefährlich Verletzten ist bereits gestorben. W Herne, 29 Juni. Es verlautet, daß morgen schon ein großer Theil der Truppen wieder abrücken soll. Rom, 29. Juni. Deputirtenkammer. Morgari (Sozialist, begründet seinen Antrag auf Herabsetzung der Apanagen sür die Mitglieder der königlichen Familie, um mit den so erzielten Ersparnissen die Arbeiterlöhne zu erhöhen. Als der Redmcr auf das Dekret deS Königs vom 22. d. M. über die politischen Maßnahmen anspielt, wird er von der Rechten lebhaft unter brochen, worauf Morgari mit Aeußerungen antwortet, welche ihm einen Ordnungsruf zuziehen. Der Untersekretär des Schatzes Saporito erwidert, das Budget des Schatzes sei bereits genehmigt und die Berathung des Budgets sei die passendste Gelegenheit für derartige Anträge. Grippo legt hierauf den Bericht der Kommission über die sogenannte „Jndemnitätsbill" vor. Minister präsident Pelloux beantragt, daß über die Jndemnitätsbill Sonnabend berathcn werde und daß die Kammer morgen die Berathung über die Abänderung der Geschäftsordnung fortsetze. Costa (Sozialist) beantragt, daß die Berathung über die Jndemnitätsbill erst nach der Budgetberathung stattfinde. Die Kammer nimmt mit sehr großer Majorität den Antrag des Ministerpräsidenten Pelloux an. Brüssel, 29. Juni. Der „Soir" theilt unter Vorbehalt mit, der Ministerpräsident gedenke seine Entlastung zn geben. Das Blatt meldet ferner, an dem Tage, an welchem die sozialistischen Dcputirten die Kammer verlassen, werde ein allgemeiner Aus stand ausbrechen. — Der „Soir" richtet an den König ein Manifest, in dem er die Aufmerksamkeit auf die Gefahren lenkt, welche durch das von der Regierung vorgeschlagene Wahlrecht cinzutreten drohen. — In Lüttich fanden zahlreiche Kundgebungen gegen das Wahlgesetz statt. Der Bürgermeister verbot die Ab haltung von Versammlungen im Freien. Pari-, 29. Juni. Einer Meldung des „Temps" zufolge Hot die infolge einer Anzeige des Leutnants Peteau gegen die Führer der Tschad-See-Expedition, die Hauptleute Boulet und Chanome, eingcleitctc Untersuchung ergeben, daß die beiden Offiziere schwere Grausamkeiten gegen die Eingeborenen begangen haben. Ter Minister sür die Kolonien habe den Oberst Klobb beauftragt,
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