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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg vnd Brand, verantwortliche Lett««- »er Revaktlai»: Gear- Burkhardt. j ErsLeint jeden Wochenlag Abend«'/,«Uhr sür dm st st Inserate werden bi» BormittagS U Uhr ü 252. SRL-LLZL S Sonnabend, dm 28. Oktober. -«7L «LLM l 18SS. 'v — a ^»^!U!0.-!>! 1 . .Ut. I.> NN —S---SI Bekanntmachung. Für die Gewerkschaft Einigkeit Fundgrube bet Brand, welche zur Zeit eine ordnungsmäßige Vertretung nicht besitzt, ist am heutigen Tage der Bureauassistent beim Bergamte Herr Max Franz Börner in Freibergsdorf gemäß § 16 Abs. 2 des Allgemeinen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 von AmtSwegen zum Beltreter bestellt worden. " ' Treibers, den 24. Oktober 18SS. fDas Königliche Bergamt. Versteigerung alter Eisenbahnschwellen. Meistbietend und gegen sofortige Baarzahlung werden öffentlich versteigert: Mittwoch, den 1. November 1899 Nachmittag 3Uhr auf Haltestelle Niederbobritzsch, Donnerstag, den 2. November 1899 Nachmittag 3 Uhr aus Bahnhof Freiberg, Freitag, den 3. November 1899 Bormittag 11 Uhr auf Haltestelle Kleinschirma und Nachmittags 2'/, Uhr auf Haltestelle Frankenstein je eine größere Menge alte Eisenbahnschwellen in einzelnen kleinen Posten. Freiberg, am 19. Oktober 189S. Königliche Eisenbahn-Bau-Jnspektion I. Bekanntmachung für Brand. Alle im Stadtbezirke Brand aufhältlichen Dispositions-Urlauber, Reservisten der Jahresklassen 1892 bi» 1899 einschließlich HalbinvaUden und zur Disposition der Ersatzbehörden Entlassenen erhalten Befebl zu der Mittwoch, den «. November 1SSV, Nachmittag» 2 Uhr in Brand, Gasthof »zum Kronprinz" stattfindenden Kontrolversammlung zu erscheinen. Während der Kontrolversammlung selbst wird eine streng militärische Haltung und Disziplin verlangt. — Die MilitLrpapiere find mitzubrtngen. — Schirme und Stöcke sind abzulegen. — Nichterscheinen wird mit Arrest bestraft. — BesreiungSgesuche, welche nur in dringenden Fällen berücksichtigt werden, sind spätesten» 8 Tage vor Beginn der Kontrolversammlung einzureichen. Königliche» Bezirks-Kommando Freiberg. Auktion. Mittwoch, de« 1. November 18SS, Vormittag» 10 Uhr kommen in Brand folgende Gegenstände, alS: 59 m Hemdenbarchent, 46 w Kleiderstoff, 9 m Anzugstoffe, 12 w Loden, 36 m Lama, 4 Anzüge, 54 m Bettzeug, 2 Flanellrücke und eine Nähmaschine gegen Baarzahlung zur Versteigerung. SammluugSort: Rathskeller. Brand, am 27. Oktober 1899. Stlkori»»»». Gerichtsvollzieher. Nachklange vom Berliner Spieler-Nroreß. Die Sozialdemokratie hat ihre belle Freude an den Verhand lungen, die jüngst in Moabit an Gerichtsstelle geführt worden sind. Da giebt es ja wieder treffliches Material, um gegen die andern Stände zu Hetzen und die sogenannten arbeuenden Klassen in Gegensatz zu bringen gegen die Ausbeuter. Dennoch beklagen wir es nicht, daß die Verhandlungen in voller Oeffent- lichtelt stattfanden, gerade dadurch wie durch die ganze Art der Untersuchung ist ja der energische Wille bekundet worden, mit aller Strenge gegen den Spielteufel vorzugehen, und anderseits hat die schonungslose Enthüllung des schädlichen Treibens wohl auch vielen, die sich bisher in Gleichgültigkeit und Sicherheit wiegten, die Augen geöffnet über die Gefahr, die der Gesundheit unseres gesellschaftlichen Lebens droht. Die Verwerthung je ner trübseligen Erscheinungen für die Zwecke der Sozialdemo kratie — und auch die Demokraten aller Art, wie die Centrums- vartei suchen den Fall für sich auszuschlachten — ist freilich be- vaucrlich. Nicht allein deshalb, weil der Agitation damit neuer Giftstoff geliefert wird, sondern hauptsächlich deshalb, weil hier wieder einmal die heuchlerische, verlogene Art des Partei- treibrns ihre Triumphe feiert. Dieses Pharisäerthum, das sich gewaltig in die Brust wirft als Vertreter der Tugend und das ür die Verfehlungen im eigenen Lager kein Wort des Tadels tat, ist ekelhaft. Giebt es nicht allentbalben, in allen Ständen, chwere Schäden und Wunden? Sind Scheu vor ernster, an- ialtender Arbeit, Lust am mühelosen Gewinn, Leichtsinn und Genußsucht nicht in allen Ständen, namentlich unter der Jugend unserer Tage, anzutrcffen? Und giebt es nicht neben den auf unrechte Wege gerathcnen auch in allen Ständen noch weit mehr tüchtige, charakterfeste, strebsame Leute, die der Leiden schaft kein Recht über sich einräumen? Wenn es keinem ver nünftigen Menschen einfällt, das arbeitsscheue Gesindel der Großstädte als Vertreter unseres Arbeiterstandes, oder einige den Ausschweifungen aller Art ergebenen Sprößlinge der be sitzenden Klaffe als Vertreter unseres Bürgerthums anzusehen, warum sollen dann nun die paar Dutzend Spieler von Berlin als Vertreter der Aristokratie gelten? Giebt es daneben nicht viele tausende junger Leute, die es ernst mit ihrem Berufe neh men, und deren ganze Lebensführung die Gewähr dafür giebt, daß sie als Offiziere und Beamte ihren Mann stellen werden, so gut wie irgend einer? Haben denn die Leute, die sich an- matzcn, auf Grund einzelner Fälle den Stab zu brechen über ganze Stände, überhaupt jemals Gelegenheit gehabt, das Leben jener Kreise näher kennen zu lernen? Die Verirrungen, von denen der Spieler-Vrozeß Kunde gab, werden nicht ohne Folgen bleiben. Sie werden manchen jungen Mann und seine Eltern hart treffen, aber das wird nicht davon abhalten können, mit aller Schärfe einzuschreiten. Die Energie unseres Kaisers, der als oberster Kriegsherr ein weites Feld vor sich hat, bürgt dafür, daß fest zugegriffen werden wird. Aber damit allein wird es nicht gethan sein. Mit seinen tiefsten Wurzeln kann man das Uebel nur beseitigen, wenn man eine Umwandlung der sittlichen Anschauungen unserer Jugend be wirkt. Wer den Jdeenkreis kennt, der Viele unserer jungen Leute erfüllt, der wird nicht im Zweifel darüber sein, daß der unglückselige Wahn von einer „Herrenmoral" einen ausgezeich neten Nährboden abgiebt für alle möglichen Laster, für das Spiel wie für alle andern. Wenn Gesunduna emtreten soll, so muß zunächst die thörichte Ansicht beseitigt werden, es gebe zweierlei Moral und zweierlei Ehre, die eme für die oberen Zehntausend, die andere für die großeMenge. Der alte haus backene Satz: Daß es nur ein Sittengesetz giebt, das für alle Menschen, hoch und niedrig, gleich binvend ist, ist heute schon recht aus derMode gekommen. Man kokettirt — keineswegs bloß in den obersten Klaffen, sondern gerade in den Kreisen, oie sich mit Vorliebe die „gebildeten" nennen — mit einer Philosophie, die die Verachtung des für alle gütigen Sittenaesetzes jedem nahe legt, der die Kraft dazu verspürt. Nun, dm Versuchung, ein „Herrenmensch", ein „Uebermensch" zu werden, liegt da nahe genug. Man kann da seinen Leidenschaften fröhnen, und sich m dem Bewußtsein sonnen, doch etwas ganz anderes zu sein, Äs die „Herdenmenschen" und die „Philister", auf die man ver- achtungsvoll herabblickt — so lange es eben geht Das ist die geistige Atmosphäre, vor der daS junge Geschlecht bewahrt werden mutz. Es giebt nur einerlei Matz für alle Menschen, kein Mensch und wäre er noch so glänzend begabt, darf sich über die Schranken hinweasetzen, dre jedem Sterblichen durch das Sittengesetz gezogen sind, — das muß wieder zur Geltung kommen in unserem ganzen Leben, in der Gesellschaft und Literatur. Mag die Gesellschaft neben dem allgemeinen Sittengesctz noch ihre besondern ungeschriebenen Gesetze haben, an denen sie unverbrüchlich festhält. Nimmermehr aber dürfen diese über den allgemein giltigen Vorschriften der Moral stehen. Was schlecht ist, muß schlecht genannt werden, auch wenn es sich hinter eleganten formen verbirgt und wer Gentleman sein will, muß vor allem ein Ehrenmann sein. Nur wenn solche Grund sätze allgemein zu Ehren kommen und in diesem Sinne allent- halbenauf dieJugend gewirkt wird, nur dann ist allein wirksame Heilung von innen heraus möglich. Mit äußerlichen Mitteln allein ist nichts auszurichten. Politische Umschau. Freiderg, den 27. Oktober. Im Gegensatz zu den bisherigen Meldungen über die Reise deS veutschen Kaisers schreibt heute die „Germania": „Die angeblich projektirte Reise deS Kaiser» Wilhelm nach England unter bleibt, so wird jetzt von angeblich authentischer Seite mitgetheilt. Noch im August war eine Reise des Kaisers nach England beabsichtigt, allerdings lediglich als familiärer Besuch der Königin Viktoria. Ehe ein auch nur annähernd feststehendes Programm entworfen werden konnte, wurde das Reiseprojekt aufgegeben. Und zwar geschah daS wegen des damals schon drohenden Transvaalkonfliktes. Die in Londoner Blättern verbreiteten Nach richten über Einzelheiten des Programmes der Kaiserreise nach England beruhen lediglich auf Erfindung, verfolgen allerdings gleichzeitig politische Zwecke. Sowie das Gerücht von einer Zu sammenkunft des deutschen Kaisers mit dem Zar austauchte und Murawiews Reise nach Paris bekannt wurde, glaubte man in England durch die positive Nachricht über einen Besuch des deutschen Kaisers daraus in politischer Hinsicht Kapital zu schlagen. Die Furcht Englands vor einem Eingreifen des „Zweivuudes" in die südafrikanische Krisis bestand damals schon, der angekündigte Besuch des deurschen Kaisers in England sollte deshalb als eine politische Gegenmine gelten. In Kiel glaubt man zwar immer noch an die englische Reise, wo die kaiserliche Dacht „Hohen- zollern" für eine Reise ausgerüstet wird. Das stimmt auch, die Reise geht aber nicht nach England, sondern nach Rußland." — Irgend eine Bestätigung der Meldung der „Germania" liegt nicht vor. In sonst wohlunterrichteten politischen Kreisen ist die Mein ung verbreitet, daß der Reichstag noch in diesem Winter in irgend einer Form mit der Flottenfrage befaßt werden soll, wenn auch vorläufig vielleicht nur in Form einer Denkschrift über den voraussichtlichen Mehrbedarf von Schlachtschiffen nach Er reichung des im Flottengesetz vorgesehenen Sollbestandes. Es wird angenommen, daß eine Verständigung zwischen dem Kaiser und den Staatssekretären Gras Bülow und Tirpitz bereits statt gesunden hat und daß auch der Reichskanzler derselben beitreten wird. Die „Saturday Review", eines der angesehensten eng lischen Wochenblätter, versteigt sich zu folgenden Drohungen gegen Deutschland: „Ueberall tritt der Deutsche dem Engländer zur Seite, kämpft mit ihm um den Erwerb, gelte es, ein Bergwerk auszubauen oder eine Eisenbahn zu erbauen. Wenn Deutschland morgen vernichtet wäre, gäbe es übermorgen keinen Engländer mehr, der nicht reicher sein würde. Völker haben jahrelang um eine Stadt oder um ein Erdsvlgerecht gekämpft, sollten sie n.cht auch um einen jährlichen Handel von 250 Millionen Psund kämpfen ?" — Das Blatt verlangt dann Krieg mit Deutschland und fährt fort: „England ist die einzige Groß macht, die mit Deutschland ohne schwere Gefahr und ohne Zweifel über den Ausgang kämpfen kann. Wenige Tage, und Deutsch lands Kriegsschiffe würden auf dem Meeresgründe sein oder unter Geleit nach den britischen Häfen. Hamburg und Bremen, der Sieler Kanal und die baltische« Häfen würde» unter den Kanonen England» liegen, die warte» würden, bi» di« Ent schädigung vereinbart ist. Nach gethaner Arbeit könnten wir ohne Bedenken zu Rußland und Frankreich sagen:. Sucht Kompensationen! Nehmet in Deutschland, was Euch gefällt, Ihr könnt eS haben!"—In der Mahnung: „Deutschland muß vernichtet werden!" klingt dann der Artikel au». Er soll wohl ein Begrüßungsartikel für den in England erwarteten deutschen Kaiser sein. Der „ReichSanzeiger" theilt mit: Telegramme über Kabel Aden—Sansibar dürsten derzeit nur in offener Sprache abgefaßt sein und unterliegen der militärischen Zensur in Ade«. Zur Vermeidung von Beanstandungen wird empfohlen, Telegramme über Aden nach Afrika, insbesondere auch Deutsch-Ostafrlka, biS auf weiteres in englischer Sprache abzusaffen. Für die am 14.November stattfindende hundertsteSitzung deS Reichstages ist die Tagesordnung soeben bekanntgegeben worden. „Stattlich" genug sieht sie auS; im Wesentlichen aber besteht sie auS Berichten der Petition»- und WahlprüfungS- kommisfionen. Ob der eine oder der andere Bericht zu aus führlichen Debatten Anlaß geben werde, steht dahin. Außer den KommlssionSberichten ist in der Tagesordnung noch die zweite Lesung deS PostgesetzeS und der Fernsprcchgebührenordnung in Aussicht genommen. ES ist zu hoffen, daß diese, sowie die übrigen aus dem ReichSpostamte stammenden Vorlagen nunmehr rasch und glatt erledigt werden. Die Einführung der Prügelstrafe wird an» Anlaß der Schändung der Denkmäler auf der Siege-allee wieder lebhaft erörtert. Die Presse der Linken widerspricht natürlich konsequent dieser heilsamen Maßregel. In diese« Tagen aber konnte man unter den entrüsteten Waffen, welcke die beschädigten Berliner Denkmäler in Augenschein nahmen, beinah« die einstimmige Forderung erheben hören, daß solche Rohheit«« nur durch Peitschenhiebe zu sühnen seien. Offenbar gehörte» zu den Entrüsteten, welche diese sich ihnen als selbstverständlich aufdrängende Forderung erhoben, in der Mehrzahl Angehörige des Freisinns, der Liberalen und der Sozialdemokraten. Leide« aber fehlt solchen Männern der Muth, für ihre richtige Ansicht einzutreten, so ald ihre Parteileitung die Parole auSgiebt, die Prügelstrafe sei eine „reaktionäre", die Menschheit „Herab würdigende" Maßregel. In dem Braunschweiger Spielerprozeß wurde der An geklagte Simon wegen Buchmachens zu einem Monat Gesängniß verurtheilt; alle übrigen 11 Angeklagten wurden sreigesprochen. Frankreich. „GauloiS" schreibt: „Der russisch« Minister Graf Murawiew besuchte jüngsten Montag den höchst besehlenden General Jamont: jetzt möchten wir sehen, ob General de Galliset den General Jamont maßregeln wird, wie er Nsgrier, Herv« und Giovanninelli gemaßregelt hat!" — Rach „GauloiS" macht also der Besuch eine» russischen Minister» einen französischen General unabsetzbar. Die Sache ist nicht so groteS^ wie sie scheint, denn einer Anschauung dieser Art verdankte de BoiSdeffre jahrelang seine Erhaltung a« der Spitze de» Generalstabs. Ruhland. Die Betrachtungen der russischen Presse über die angeblich bevorstehende Reise d«S deutschen Kaiser» nach England sind begreiflicherweise auf keinen sehr deutsch freundlichen Ton gestimmt. Direkter deutschfeindlicher Ausfälle haben sich jedoch bisher alle Blätter enthalten, wenn auch ironi- sirende Vergleiche zwischen der Stellungnahme, die au» dem be kannten Telegramme des Kaisers an Herrn Krüger hervorgrht, und dem hentigen Verhalte» der deutschen Politik zu Transvaal gezogen werden. Allgemein ist man der Ansicht, daß England dem deutschen Reiche für seine wohlwollende oder zum mindeste« streng neutrale Haltung einen entsprechenden Preis gezahlt habe oder noch zahlen wird. Ueber den Preis selbst werden nur Ver- muthungen geäußert. Nicht ohne Bedeutung dürfte der Umstand sein, daß kein einziges Blatt in der bevorstehenden Kaiserreise irgend eine Spike gegen Rußland erblickt. DaS ist immerhin bezeichnend, da sonst viel geringfügigere Anlässe der Presse hoch willkommenen Stoff boten, Stimmung gegen Deutschland zu mache». Inzwischen «rareift die burenfreundliche Stimmung immer weitere Kreise. Bei ven Sammlungen zur Bildung von Frei- willigen-EorpS und SanitätStrainS betheiligt sich »u» anch die