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Sächsischer Landes-Anzeiger : 16.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188812167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881216
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-12
- Tag 1888-12-16
-
Monat
1888-12
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 16.12.1888
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2. Beilage zu Nr. 2NL Sonntag 16. December 1888. 8. Jahrgang. «Schslsche* LanÄes-Anzeiger Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstratze 5. Deutscher- Reichstag. —NN. Berlin, 14. Decembcr. 12 Uhr. President von Lcbetzow. Vertreter der Verbündeten Regier - »»neu: Stantsjecretär des Innern von Bötticher, Staatsscereiar des Aus wärtigen Graf Herbert Bismarck. Hans und Tribünen sind gut besetzt. Das Hans tritt i» dicTagesordnung ein: Dritte Bernihnng des dcittick-schiveizerischcn Handelsvertrages. Abg. Graf Hornsbröch (Cenlrnm): Bei einer statt- gchabtcn Enquete soll sich die Nothwendigkeit eines Geniiisezollcs ergeben haben. Es ist bedauerlich, dass der neue Vertrag so wenig Rücksicht hierauf genommen hat, da die ausländische Concnrrenz den heimischen Obst-»ndGe- mnseban von Jahr zu Jahr mehr unterdrückt Abg. Trimborn (Ccntrnm): Ich werde gegen den Vertrag stimmen, da eine CommissionSberathnng, welche eine eingehende Prüfling der Vertragsbestimmungen ermöglicht hatte, nicht beliebt worden ist. Der heimische Markt, der durch den früheren Scidcnzoll für die dcncsche Seidcnindnstric ziiriickerobcrt war, wird durch die in den« Vertrage nnsgestzrochene Zollhcrabsetznng wieder an die französische und schweizerische Concnrrenz verloren geben. Abg. Brömcl (kreis.): Für die rbeiniiche Scidenindnstrie ist nicht die Herabsetzung des deutschen Zolles allein bedeutsam, es kommt auch die Herabsetzung des Schweizer Seidenzolles i» Betracht. Dadurch kann ein Ausgleich cintrelen. In Zukunft könnte vielleicht dcrauf Bedacht genommen werden, dass Siiperphosphale und Wollwaarc», die von »ns »ach der Schweiz ansgcführt werden, vor einem zn hohen Zoll be wahrt bleibe». Abg. Ha mm ach er (nat.-lib.): Die Vorthcile des Vertrages für unsere Industrie übcrwiegen bei Weitem die Nachtheile. Der vorhin er hobene Vorwurf der Oberflächlichkeit ist nicht begründet, der Vertrag hat er reicht, was zu erreichen jetzt möglich war. Für die Znkunst würde ich aller dings noch Massnahmen gegen die Ausnutzung deutscher Patente durch schwei zerische Fabrikanten wünschen. Staatssccretür v. Bötticher: Ein besserer Schutz für unsere Patente wird sich vielleicht in den, neuen Patentgcsetz er reichen lassen. Eher kan» kaum etwas gethau werden- Die Frage des Düngerzolles soll bis Ablnus dieses Vertrages nntersncht werde», ebenso wird sich ja auswcisen, ob die Scidenindnstrie wirklich Schaden von demselben hat. Es werden hierüber gewiss die eingehendsten Ermittelungen angestellt werden. Abg. Wi nd th o rst erklärt, gegen den Vertrag stimmen zn müssen, da die »^gebrachten Bedenken nicht geprüft und die Crefcldcr Interessenten durch de» Vertrag überrumpelt seien. Der Vertrag wird hierauf unverändert an genommen. Ohne Debatte wird hieraus der Gesetzentwurf betr. die Vor arbeiten für ei» Kaiser Wilhelm-Denkmal angeuvininen, ebenso die Vorlage betr- die Nationalität der Kanssahrtcischisse in dritter Lesung. — Es folgt die Berathnng des Antrages Windthorst, welcher die Unterdrückung des Sklavenhandels und der Sklavenjngdcn in Afrika den Verbündeten Negierungen ans Herz legt. Abg. Windthorst (Centn»»): Mein Antrag ist hervorge- gange» ans der grosse» Bewegung gegen die Sklaverei in Afrika, über welche auch die Thronrede eine nncrkenuenswcrthe Audentnng enthält. Den Negie- giernngen wird cs ja angenehm sein, die Ansichten des Hauses über diese Frage kennen z» lernen. Seit Jahrhunderten wird die Sklaverei bekämpft und »och immer dauert sic fort, während doch an der» christlichen Prinzip sestgehatte» werden must, das; jeder Mensch das Recht hat, sich frei zn be wegen. Redner erwähnt die bei den Sklavenjagdeu vorkommendcu Greuel, die von dem Kardinal Lavigerie wahrheitsgeiren geschildert sind. Diese Greuel werden nicht enden, bevor nicht die Sklavenhändler zur Raison ge bracht sind. Mein Antrag soll zu erkennen geben, dass wir bereit sind, die Negierungen in alle» erforderlichen Massnahmen zu »titerstützen und die er forderlichen Mittel hierfür zn verwilligcn. Deutschland allein wird nichts ansrichten können, es wird mit andere» Nationen zusammengchcn müssen. Ich glaube nicht, das; ich in dem Verdachte stehe, Alles z» billige», was der Reichskanzler thnt (Heiterkeit), aber das nns borgetegtc Weijsbnch crgiebt, dass der Kanzler ans dem rechten Wege ist. Ein Plattloses Vorgehen der einzelnen Regierungen würde nie zum Ziele führen. Mein Antrag bezweckt eine Sym- pathiekunügcbnng snr den erwähnten Passus der Thronrede, die volle Initia tive tnnssen wir lediglich den Regierungen überlassen. Wir prüjudiziren uns keiner Vorlage gegenüber, uamcntlich auch nicht der ostafrikanifchen gegen über. Bei dieser Sache handelt cs sich uni keine» Paltcistandpnnkt und Nt» keine Konfession, hier müsse» wir einig sein, nm der fluchwürdigen Sklaverei entgegen treien zu können. (Bravol) Abg. Woerinann (natlib.): Dem Anträge werden wir znftimmc». lieber die kulturhistorische Bcdcntnng der Sklaverei einige Worte: England ist seit Jahrhunderten der Sklaverei entgcgengetrete» nnü hat grosse Opfer hierfür gebracht. An der Westküste vlsrika's besitzt England mir vier Kolonie», welche ein Achtel der Küsten ansdehnnng nnsmachen. Die grossen Erfolge, welche diese Kolonie» Englands Handel und Industrie gebracht haben, sind eine Folge der Aushebung der dortigen Sklaverei. Man sagt, die Aushebung der Sklaverei bringt keinen Stutzen. DaS ist aber falsch. Ueberall, wo die Neger sreigeworoe» sind, haben sie auch gearbeitet. Möglich ist cs ja, dass ehemalige Sklaven zur freien Arbeit weniger geeignet sind, aber inuncrhin werdet, von diesen Neger» zahlreiche europäische Prodnetc gebraucht. In zahlreichen Kolonien hat sich gezeigt, dos; die Neger sehr wohl eine schätzeiiswerths Arbeitskraft sind. Afrika ist der Knltnc ebenso zugänglich wie etwa Südamerika, und wir werden i» Afrika in einigen Jahrzehnten weiter sein, wie heute Brasilien, wenn »nr erst die Sklaverei beseitigt ist. Redner wendet sich gegen die vom Abg. Richter ansgestellte Behauptung, das; die Hamdurger wohl Kolonial- pvlitik haben, aber nichts dafür bezahlen wollten. Schritte gegen die Negcr- jogden z» unternehmen, ist wohl Denflchlands Pflicht, aber lii welcher Weise das geschehen soll, das zn erwäge» ist Sache der Negierung. (Sehr richtig.) Ter Regierung überlasse,, wir die Initiative. Ter englische Gouverneur von Lagos hat i» einem Bericht an seine Negierung anerkannt, dass Deutsch land den Welthandel mit England thcilt. Nichten wir uns so ei», daß wir nicht zn spät kommen, wenn Afrika ein völlig für den Handel erschlossener eivilisirter Conliucut sein wird. (Bravo!) Abg. von Hell darf (kvns): Wir sind mit dem Ginndgcdankcn des Antrages ebenfalls einverstanden. Es cuipjichlt sich vielleicht, einen Druck ans die ostafcikanischc» Herrscher ausznüdeu, dann! sie de» Sklavenhandel im Innern ihrer Länder untcr- Der Sohn des (Lbmmrths. Criminal-Novellc vvn Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Noch einmal gebot er sich im Stillen, mit der äußersten Borsicht zn Werke zn gehen und nicht eher zum Aenßersten zu schreiten, ais bis die unumstößliche Gewißheit vor seinem Verstände stand. Der Schiffer lag noch immer in seiner nachlässigen Stellung, kante an seinem Priemtabak und drehte den Knopf spwleno zwilchen den markigen Fingern. Slcrnberg betrachtete aufmerksam die Hände des Nälhselhasten. Sie waren von zierlicher Form, erschienen ebenso wie das Gesicht nur wenig vom Wind und Wetter gebräunt und ließen durchaus nicht auf schwere oder grobe Arbeit schließen. „Fahrt Ihr schon lange zur See?" nahm er das unterbrochene Gespräch wieder auf. „Nein! so etwas über drei Jahr. Ich bin erst mit meinem 17. Lebensjahr zur See gegangen. Die Mutter meinte, ich müsse erst stark und krä'tig werden. Ich habe einige große Seereisen mit gemacht, war in Kalkutta, Valparaiso und Bnenos-Ayres. Im letzten Jahre wurde ich Jnngmann, worauf ich einige Zeit im elterlichen Hause verlebte und dann wieder Heuer nahm." Alles das klang so sicher und unbefangen, daß der zwischen seinen Vermuthungcn förmlich hin- und hergehetzte junge Beamte beinahe verzweifelte. „Apropos!" klang es jetzt gähnend von den Lippen des Jung manncs, „wollt Ihr mir nicht den Knopf lassen? Ich möchte ihn wohl an meiner Jacke festnähen. Ich Hab gern alles in der besten Ordnung!" „Mit Vergnügen, wenn Ihr ihn brauchen könnt, so mögt Ihr ihn in Gottes Namen bedalten!" Ohne Weiteres schnellte der Matrose von seinem Sitze empor, nahm ein Nadeldüchschcn und ein Knäuel dicken blauen Zwirn ans seiner Tasche, zog den Faden durch das blitzende Nadelöhr und be gann sein Werk mit der Gewandtheit eines Flickschneiders. „Ihr seid wohl in Kopenhagen zu Hause?" forschte Sternberg weiter. „DaS nun gerade nicht", lautete die feste und sichere Antwort. „Meine Eltern wohnen in Putbus, Ivo mein Alter ein ausgebreitetes Kaufgeschäft mit Bernsteinarbeiten betreibt. Aber in Kopenhagen Wohnt ein Bruder mcincr Mn ter. die eine geborene Dänin ist. Dieser, mein Oheim, handelt gleichfalls mit Bernstein, Mecrcsperlcn drücke». Auch eine geringe Subvention für die ostafrikanlschc Gesellschaft ist vielleicht angezcigt, wenn wir nicht zn denen gehör.» wollen, die sich stets freue», wen» es einem Deutschen im AnSlande schlecht geht. (Sehr richtig! rechts.) Fehler können ans diesem für n»s »enen Gebiete wohl Vorkommen nnd von Fehler» ist nnch die ostafrikamsche Gesellschaft nicht freizu- sprechen, deshalb wollen wir sie aber nicht gleich verdammen. Wir kvnnen nichts gegen die Sklavenhändler ansrichlen, wenn wir die in Ostafrika errungene Position wieder anfgebcn inüssc». (Beifall.) Staatssekretär Gras Bismarck: Der Antrag Windthorst hat in weiten Kreisen Genngthnnng hervorgernfen und die verbündeten Regierungen sind ersrent darüber. Sie nehmen gern diese Knndgebung an. Ueber die Lage der Dinge in Ostafrika sind die Herren durch das den, Reichstag vorgelegtc Weißbuch orientirt; neuerdings ist auch Portugal der Blokade beigetretc» nnd hat seine Küste blokirt. (Bravo!) Die Cnl!nr»lission der europäischen Staaten ist dadurch verschärft worden, das; die arabischen Sklavenhändler sich gegen ihr Oberhaupt, den Sultan von Zanzibar, empörten- Dieser Sklavenhandel vernichtet alle Cnltur in Afrika. Wir werden ans die rückhaltlose Unterstützung Englands, das stets an der Spitze der Antisklavereibewcgung gestanden, zu rechne» haben, um so sicherer erscheint also der Erfolg. So lange die Greuel des Sklavenhandels bestehen, ist Afrika der Gesittung, dem Christenthume und der Cultnr entrisse». Das erste Mittel gegen die Sklaverei ist mit der Blokade begonnen, nicht genug zu lobe» ist die Umsicht nnd Entschlossenheit der Führer unserer Marine. Auch Frankreich hat neuerdings befriedigende Er klärungen über seine Stellung zur ostafrikanischen Blokade gegeben, was in» so erwünschter ist, als es früher diesen Bestrebungen zwar freundlich gegen überstand, seit geraumer Zeit aber der Sache fern blieb. Es wird von den verbündeten Regierungen eine bezügliche Borlage vorbereitet, und es wäre ihnen erwünscht, vom Reichstage eine Andeutung zu erhalten, wie weit ste gehen können. Die Sklaverei ist unter dem Drucke der Colonialpolitik schon znrückgegcingeu, aber cs wird noch mehr geschehen müsse». Zu verwundern ist mir, da» Afrika durch das Treiben der Sklavenhändler nicht noch mehr als thatsächlich entvölkert ist, und darum scheint eine Beschleunigung der Maß nahmen geboten. Unsere Marine wird allerdings von der Colonialpolilik entlastet werden müssen. Ich hoffe, daß nach einigen Wochen wir eine Vor lage einbringen werden, die Ihre Billigung finde» nnd die dem deutschen Volke Ehre machen wird. (Bravo!) Abg. Bambergcr (steif.): Beide» bereits abgeschlossenen Blokadcvcrträgen war eigentlich der Antrag Windthorst überflüssig, zumal die Regierung weiß, daß ihr in solchen Fragen die Zustimm ung des Reichstages sicher ist. Wir habcn das durch rückhaltlose Parteinahme für Nordamerika bei dem Kampfe gegen die Südstaaten wegen der Sklavcn- befreinng anerkannt- Meine Partei wird dem Anträge Windthorst ,also nicht znstimme». Es wird nicht lange dauern, so werben die darin ansgeiprochencn edle» Ziele, mit denen auch wir, wie gesagt, ganz einverstanden sind, mit recht eigennützigen Dingen verquickt werden, und das wollen wir nicht, Heute loben Sie England; wie ost ist eS aber angegriffen und getadell? Wir können leicht in denselben Verdacht kommen, dem England Jahre lang ans- gcsctzt war, daß hinter solchen Bestrebungen nur Jntereffenpolitik steckt. Die Reden der Herren Wörmann und v. Hclldors gehen über den Nahmen hinaus, den der Reichskanzler für die Colonialpolitik gezogen hat; die Negierung kann sich also nun ans von der Volksvertretung laut gewordene Wünsche be rufe». Die freisinnige Partei kann eine Erweiterung des Rahmens der Colonialpolitik nicht billigen, so lange ii»S nicht die Nothivendlgkeit dazu durch eine Veränderung der Lage nnsercs Handels erwiese» ist. Afrika ist für Colonisatisn nicht geeignet. Denken Sie daran, in. H., wer mit Musik ins Geschäft geht, der geht mit zerrissenen Stieseln wieder heraus. Von de» Hamburger Colonialpolitikcrn dürfen wir »ns nicht beeinflussen lassen. Unserer Cvlonialpolitik merkt man heute schon an, daß vielfach nicht mit eigenem Gelbe gewirthschaftet wird. (Sehr richtig! links). Was die Maß nahmen in Ostafrika anbctrifft, so überläßt meine Partei der Regierung die Initiative, aber wir verwahren uns ausdrücklich dagegen, daß coloniale Aben teuer, wie Tonkin und Massauah, auch von Deutschland inscenirt weede». (Bravo! links.) Abg. v. Kardorff (freikons.): Der Antrag Windthorst hat eine durchaus internationale Natur, nnd ans eine solche internationale Kund gebung koinmt es a». Wenn das deutsche Reich eine solche Angelegenheit i» die Hand nimmt, dann wird sie auch zuin gnteir. Ende geführt. Das deutsche Volk ist der Meinung, daß unsere Colonialpolitik bis zn dem Punkte gediehen ist, „wo mit Pulver nnd Blei cmgegnffe» werden muß; dann wird es auch gehen. Herrn von Hclldorf's Anssührmige» halte» sich ebenso in den; von dem Reichskanzler gezogenen Rahme» für die Kolonial politik, wie die Leistlinge» der ostafrikanische» Gesellschaft, trotz aller Lü cn der Presse, welche recht bedeutende sind. Herr Peters mag den Ansprüchen nicht genügen, welche die Verwaltung an ihn stellt, aber ihm bleibt der Ruhm, das ganze Gebiet der ostafrikanischen Gesellschaft ohne Waffen erworben z» haben. Die Sklavenjägcrei wird nur von einigen hundert Personen be trieben, die zn beseitigen nicht schwer sein kann. Meine Meinung ist: Geben wir »nseren Besitz in Ostafrika ans, so ist die ganze Kvlonialpolitik lahm gelegt. Abg. Grad (Elf.) ist mit dem Anträge einverstanden und hoff«, daß seine ehemalige» Mitbürger jenseits der Vogesen ebenfalls an dem Werke der Sklabenbefreiiing theilnehmen werden. Abg. Sing er (Soz.) ist mit dem Grundgedanken des Antrages einverstanden und halte nur gewünscht, daß die Sklaverei an allen Orte» nnd in allen Formen aufgehoben werde. Da der Antrag aber kolontalpolitischen Interessen diene, die er nicht billige, inüssc er gegen denselben stimmen. Die Debatte wird geschlossen. Abg. Windt- Horst führt im Schlußwort aus, ohne materielle Mittel könne die Sklaverei nicht beseitigt werden. In welchem Umfange diese Mittel anzilwendcn sind, ist eine andere Frage, die offen gelassen wird. Der Antrag wird sodann gegen die Stimmen der Freisinnigen nnd Sozialdemokraten angenommen. Von ersterer Partei stimmt Abg. Goldschmidt für den Antrag. Daran? ver tagt sich das Hans. Nächste Sitzung: Mittwoch de>>9. Jannar 1S89, l Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der 2. Etatsbcrathung. (Neichshcer, Eisenbahnen, Juvalideusonds.) Schluß 4',, Uhr. und allerlei Muschelwerk. Den will ich besuchen, er soll ein paar Thaler hcrausrücken. Der alte Bursche hat's. So um 50 Thäler- chcn barbire ich ihn, ohne daß er das Messer fühlt." Ein Zug von treuherziger Offenheit lag jetzt über dem Wesen des jungen Manncs, wie er so ruhig auf der Bank saß, mit gewissen hafter Sorgfalt Stich auf Stich durch Tuch uud Knopführ jagte und seine Augen hoffnungsvoll strahlte», während sein Gegner das Gefühl hatte, als befinde er sich auf der Folter. „Seid Ihr denn so ganz ohne Mittel, daß Ihr den Oheim brandschatzen wollt?" fragte er. „Das ist's ja eben!" rief der Andere uud riß mit rascher Be wegung den Faden ab. „Ein paar Schillinge nenne ich noch mein, aber im Ucbrigcn bin ich ohne alle Mittel." Er starrte nachdenklich vor sich hin, wie einer, der alle mög lichen Folgen eines unüberlegten Schrittes in Erwägung zieht. Seine Züge hatten mit einem Male den heiteren Ausdruck gänzlich verloren. Sternberg beobachtete ihn mit ängstlicher Spannung. „Was werdet Ihr denn aber machen, wenn nun der Steuer mann kommt und das Fahrgeld einkasstrt?" Der Gefragte zuckte die Schulter». „Ich muß cs eben darauf ankommen lassen," meinte er kaltblütig, „ich rechne just darauf, daß der Kapitän es mit einem Seemann nicht so genan nehmen wird. Ich verlasse mich ein wenig auf die gute Kameradschaft, die wir Theer- jacken unter einander halten." „Warum habt Ihr Euch denn nicht an Euren Vaier gewendet und ihn um das Reisegeld gebeten?" fuhr der Inquirent fort, de»; der Schweiß auf der Stirne stand. Der bis dahin offene und heitere Blick des jungen Seemannes nahm einen Zug des Mißtrauens an. Zum ersten Male hatte cs den Anschein, als fielen ihm diese ununlerbrochenen Fragen lästig »Wißt Ihr wohl, daß Ihr einem ordentlich Bange machen könnt mit Eurem unablässige» Anshorchen und dem stiere» Blick, mit dcm Ihr Einen anguckt, als wolltet Ihr das Herz durch und durch stechen?" „Nun, nichts für ungut!" erwiderte Stcrnberg ein wenig un sicher, denn er sah mit maßlosem Schmerz, wie eine der mühsam errungenen Positionen nach der ander» unter seinem Fuße wcgschwand, „und dann — ich habe cs Euch ja schon gesagt — ich bin Polizci- bcantter. 'S ist ei» trauriges Brod, man befindet sich in ununter brochener, fieberhafter Spannung und muß ganz genan auf Alles Acht geben, was um einen herum passirtl" Sächsisches. — Das sächsische Kr ie g siii i'n isterlilm hat an den bekannte» Leibarzt Kaiser Wilhelms I.,Generalstabsarzt vr. v. Lauer, anläß lich dessen 60jährigen Dienstjubilänms ein Glückwunschschreiben ge sandt, in welchem es n. A. heißt: „Mit hoher Befriedigung und wahrhafter Genngthnnng dürfen Euere Excellcnz an dem heutigen Tage ziirückblickcn ans eine unablässige, segensreiche Wirksamkeit in höchsten und weitesten Kreise», vor Allem auf die mit so langjährigen Erfolgen gekrönte, von der gesammtc» deutschen Nation dankbarst empfundene, ärztliche Berathnng Seiner Majestät des hochseligen Kaisers nnd Königs Wilhelm I. nnd auf die hohen Verdienste, welche sich Euere Excellcnz »m das deutsche Heer und dessen Sanitätsdienst erworben habe», und für welche das ergebenst Unterzeichnete Krieg-- Ministerium sich gedrungen fühlt, Euerer Excellcnz an dem hcntigcn Ehrentage seine tiefgefühlteste Dankbarkeit nnd verehrungsvvllste Hochachtung noch gaiy besonders ansz»sprechen." — Dresden, 15. Decbr. Prinz Albrecht vonPrcußenj Prinzregcnt von Brannschweig, hat mit bestem Erfolg seine Massage kur bei Herrn Hofrath Oldewig beendigt, und reist Sonnabend nach Braunschweig ab. — Die unbekannte, gestern früh bei Uebigau an der Elbe gezogene Frauensperson, deren Ermordung durch die Sectio» erwiesen ist, ist noch nicht als vermißt angezcigt worden. Die beiden Personen, die die Lade, in der die Leiche sicher gewesen ist, transportirt haben, eine Mannsperson und eine Frauensperson, sind in der Zeit vor 6 Uhr von mehrere» Personen gesehen worden. Von der Pfotenhauerstraße bis zur Blumenstraße haben sie einest Kutscher und von da bis znr Jägcrkaserne einen Bäckerbursch Helsen beim Tragen der sehr schwer gewesenen Last engagirt. An der Jägcrkaserne vorbei soll ebenfalls noch ein Mann die Lade haben' mit fortschaffen helfen. Dieser hat sich aber bis jetzt noch nicht ge meldet, und cs wäre erwünscht, wenn derselbe der Behörde seine Wahrnehmungen mitthcilte. Da in den Häuser» der Psvtenhauer- straße nnd den darum liegenden Straßen eine Frauensperson nichk vermißt wird, muß dieselbe doch schon weiter her transportirt worden sein und werde» die beide» in Frage kommende» Personen jedenfalls noch von andere» Leuten gesehen worden sein, deren Miitheilungen hierüber der Behörde sehr erwünscht sind. Aus der Lade ist übrigens schon auf dem Transporte Blut herausgetropsh denn der Bäckcrbursche, der mit Tragen geholfen, hat sich dabei die Hände beschmutzt. Viel-, leicht finden sich auch da noch weitere Spuren. — Begreifliches Auf sehen, nicht »nr in Börsen-, sondern in den weitesten Kreisen hat die gerichtliche Entscheidung in dem Prozesse mehrerer Aktienzcichncr der in zwischen längst schlafen gegangenen Saxon-Au stria-Bcrgbcingcsell- schaft, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Or. Georg Schmidt, gegen das Grnnderkomitee der genannten Gesellschaft Hervorrufen müssen. Die Prozeßverhandlunge» habe» folgenden Verlauf genommen. Im Anfang December 1871 habcn die Herren Adalbert Kracger, Alfred Bach, Bankdirektor Patzig und Bankier Hngo Grumpelt sowie die Firma A. L. Mende, deren Inhaber der Bankier Heinrich Ludwig Cohn in Berlin nnd deren Prokurist Herr Emil Quellmalz war, durch einen Prospekt zur Zeichnung von Aktien der vvn ihnen gegründeten Gesellschaft öffentlich aufgesordcrt. In diesem Prospekt war gesagt: Daß Suf dem erworbene» Griibcnfelde ein' Flötz von 12 bis 15 Klafter Mächtigkeit erschlossen und ein Förderquantum von 436 Millionen Ccntiier Kohle ermittelt sei nnd zu dem Werke noch eine ans eine Produktion von 1 Million Steinen eingerichtete Ziegelei, welche aus 1000 Steine einen Neiiigewinn von 7 fl. abwerfe, ge höre. Unter der Behanptnng, daß diese Zusicherungen nicht der Wirklichkeit entsprachen, klagten im Jahre 1876 mehrere Personen, welche in Folge des Prospektes Aktien gezeichnet hatten, auf Un giltigkeitserklärung des Zeichnnngsvertrcigs nnd Rückzahlung ihrer Einzahlungen, nnd zwar zunächst nur. gegen Grumpelt und Cohn als solidarisch haftbare Mitglieder des Grnndniigscomilces. Im Laufe dieses Processes wurde von allen drei Instanzen zunächst im Princip sestgestellt, daß die Gründer für die Richtigkeit der Zu sicherungen im Prospekte auszukommen verpflichtet seien, den Klägern aber der Beweis ihrer Behauptung, daß diese Zusicher ungen unrichtig seien, anferlegt. Nach Absetzung des außerordent lich schwierigen Beweisverfahrens hat nunmehr die erste Instanz die Bcklagten, dem Klageantrag entsprechend, zur Herausgabe der cingezahltcn Beträge vcrnrtheilt, wenn die Kläger die von den Beklagten gclcugneie Akticnzeichnung und die Uebcrnahme sämmt- lichcr Aktien durch das Gründnngscomilec eidlich erhärten. Die erste Instanz ist hierbei davon ansgcgangen, daß zwar nicht be- -er ' ^ „Ich will Euch nur ganz offen gestehen, daß ich gerade nicht das beste Gewissen habe," fuhr der Seemann f>rt und brachte mit dem »enen Beweis vvn Freimülhigkcit den Zuhörer vollends außer Fassung, „denn sehr, ich bin vvn dcm Engländer svrtgelaufen, bei dcm ich zuletzt Heuer genommen. Er zahlte mir 16 Lhalcr pro Mvnat, aber ich konnte die Behandlung nicht au-hal!cn und dann gerieth ich alle Augenblick in Streit mit den Lcntcn, weil ich mich ans das Englische nicht verstehe. War noch ein Matrose mit mir, dem's nicht gefiel. Der Engländer liegt im Hasen von Swineinünde, und wahrend der Nacht sind wir in einem Boote abgeiauscn, sind über das Haff gefahren und heute morgen in Stettin cingetrosscii. Der Schelm von Matrose hat das Boot verkauft nnd ist dann spur los verschwunden. Mich ließ er sitzen. Seid Ihr nicht auch der Ansicht daß mein Wcglauscn schlimme Folgen habe» kann?" Sternlcrg zuckte die Schultern. Sei» Geist war ja durchaus nicht bei der einsält gen Geschichte, welche der Jungmarn mit solch überzeugender Wahrheit vortrng. Er dachte au sein eigenes Geschick, wenn das Unternehmen, das er mit so viel Muth und Ausdauer begvnncn, fchlschlug. Er sah im Geiste das schöne glänzende Gebäude seiner Zukunft vernichtet und fuhr sich mit dem Taschentuch über die heiße Slirne. „Wenn der Engländer die Sache ernst nimmt nnd auf allen Schiffen Nachfrage Hallen läßt, so kann's schlimm kommen," fuhr der Erzähler fort. „Ich kann von polizeilicher Seite angchaltcn werden, an Bord der Edinburgh zurückstikehren, und was mich da eiwartet, könnt Ihr Euch denken. Ich weiß nicht, ob Ihr das Ding kennt, das »>a» die »cnnschwänzige Katze heißt?" „Ich denke, sic darf nicht mehr in Anwendung kommen," warf Stcrnberg »och immer sichtlich zerstreut hin. „Bitte ;chorsamst — wenn einer ausreißt, und sie kriegen ihn wieder, dann ist das Ding da und thnt nach Kräften seine Wirkung. Ich sag' Euch, ich will lieber lvcr weiß was durchwache», als mit der »cnnschwänzigen Katze Bekanntschaft anknüpfen." Ter Erzähler machte wiederum eine Panse. Sei» Gesicht hatte den sinnenden sorgenvollen Ausdruck wieder angenommen. „Ihr könntet wohl etwas für mich thun!" wandte er sich plS> - lich an Stcrnberg und hob das Auge mit einem entschlossenen Bli, - zu diesem empor. Fortsetzung folgt.
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