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des Centrums, während der Reichskanzler angeblich geneigt sei, als Entgelt dem Centrum einen Vertreter in der Regierung als Unterstaatssekretär zu geben. Aus dem MrrldenLhale. ^Waldenburg, 28. Octobcr. Die königl. Amts- Hauptmannschaft Glauchau macht bekannt, daß der Bau unternehmer Hermann Martin in Tirschheim beabsich tigt, in dem unter Nr. 23 L des Brandverficherungs- katasters Nr. 53 des Flurbuchs für Kuhschnappel ge legenen Grundstück eine Klcinvtehschlächteret zu errichten. Etwaige Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf besonderen Privatrechtstiteln beruhen, sind bis 9. Nov. bet genannter Behörde anzubrtngen. — Heute Freitag werden beim 9. Infanterieregi ment Nr. 133 in Zwickau 250 Ersatzreservtsten und Volksschullehrer, von denen 130 am 20. August zur ersten zehnwöchtgen Uebung und 120 am 17. Sept, zur zweiten sechswöchigen Uebung etngetroffen waren, wieder entlassen. Aus dem EachsenlanDe. — Das Kgl. Ministerium des Innern macht mit telst Verordnung bekannt, daß die bisher wegen Ver- Hütung von Einschleppung der Cholera in Geltung gewesene Anordnung: „daß jede aus dem Hamburgischen Staatsgebiet oder von einem anderen als verseucht bekannt gewordenen Ort eintresfcnde Post« oder andere Packetsrndung von dem Empfänger vor der Oeffnung der Orlspol'zeibehörde zu melden und von der letzte- ren bei der Oeffnung festzustellen sei, ob die Sendung Gegenstände, deren Einfuhr verboten ist enthalte", wieder aufgehoben worden ist. — Die schmalspurige Secundärbahn Taubenheim- Dürrhennersdorf wird am 1. November dem allge meinen Verkehr übergeben. — Die diesjährige Weinernte im Königreich Sach sen, welche hinsichtlich der Güte als wenigstens so werthvoll als 1889 geschätzt und im Uebrigen einer Mittelernte gleich gerechnet wird, dürfte mit nächster Woche allenthalben beendigt werden. — Dem Vernehmen nach steht die Einberufung einer außerordentlichen Synode im Anfang des De- cembers bevor. Die Zusammenlegung der Bußtags feier für sämmtlichc evangelische Kirchen Deutschlands auf einen Tag macht die Einberufung nothwendtg. — Das Gesammtergebntß der Landtagswahlen im Gothaifchen ist, daß 9 Mitglieder der regierungsfreund lichen Gruppen, 9 Freisinnige und 1 Socialdemokrat gewählt sind. Die Opposition hat demnach eine Stimme Mehrheit. — Der Gesammtwerth des Grundbesitzes in Alt- und Neu-Leipzig bezifferte sich Ende 1891 auf 671,917,341 Mk. Hierzu würde noch Neusellerhausen mit Grundbesitz im Werthe von rund 1,400,000 Mk. hinzuzurechnen sein. Gegen 1890 hatte sich übrigens der Grundwerth um 33,326,000 Mk. vermehrt, wo von 18,464,000 Mk. auf All Leipzig und 14,862,000 Mk. auf Nm-Leipzig entfielen. — Der deutsche Landwirthschaftsrath hatte s. Z. j beschlossen, in einer Eingabe an den Reichskanzler eine j Reihe von Anträgen zur Bekämpfung von Viehseuchen (Tuberkulose, Maul- und Klauenseuche, Rothlauf) vor- r ! zulegen und hat zugleich den Landesculturrath für das Königreich Sachsen ersucht, die in der betr. Eingabe dargelegten Bestrebungen in der geeigneten Weise zu unterstützen. Der zweite Sonderausschuß des Landes- , j culturrathes hat sich nun mit dieser Angelegenheit be- . ' schäfttgt und wird in der demnächst stattfindenden Ple- ? narfitzung des Landesculturrathes beantragen, die säch- fische Regierung zu ersuchen, ihren Einfluß bet der deutschen Reichsregierung dahin geltend zu machen, daß i den Anträgen des Landwirthschaftsrathes beschleunigte ' - Folge gegeben werde, inzwischen aber die sofortige Ein- j iührung einer 5 — 6 tägigen Quarantäne für alles Klauenvieh im Handelsverkehr zu veranlassen. - — Dis Werkstätten der Sächsischen Staatsbahn sind ' jetzt damit beschäftigt, eine größere Anzahl Locomotiven, Personen- und Gepäckwagen mit der Luftdruckbremse aus- zurüsten, um alsdann auf einigen Hauptlinien nicht nur - die Schnellzüge, sondern auch Personenzüge mit der Luft druckbremse bedienen zu können- Während bisher auf den Sächsischen Staatsbahnen der Luftdruckbremse nach Bauart Schleifer der Vorzug gegeben worden war, ist man nunmehr zu der Bauart Westinghouse übergsgangen, ebenso wie in Preußen und Bayern die Bauart Car penter fallen gelassen und die Westinghousebremse ange nommen worden ist- Die Westinghousebremse wirkt rascher als die Carpenter- und die Schleiferbremse. — Fingirte Zeitungs-Anzeigen, welche zu dem Zwecke , veröffentlicht werden, um jemand bloßzustellen und lächer- j lich zu machen, enthalten nicht nur den Thatbestand der öffentlichen Beleidigung, sondern auch der schweren Ur kundenfälschung- Diese von einer Strafkammer jüngst i ausgesprochene Rechtsanschauung ist vom Reichsgericht - bestätigt worden. — Mit dem beginnenden Winterhalbjahr wird die ' Ökonomische Gesellschaft im Königreich Sachsen zu ( Dresden wieder ihre Vortrags-Versammlungen ab- ° halten. Da die in genannter Gesellschaft zur Be- - ) sprrchung gelangenden Themata zumeist wichtige land- ! wirthschaftliche Fragen bez. Gegenstände behandeln, zu ( j deren Erörterung sich auf dem betr. Gebiete hervor- - s ragende Fachmänner bereit erklärt haben, so seien die? s Herren Landwirthe Sachsens von Nah und Fern, z : welche noch nicht Mitglieder dieser Gesellschaft find, ; - sich aber für deren Bestrebungen interessiren, hierdurch . auf diese Vortrags-Versammlungen, gleichzeitig aber , j auch auf die vorthetlhaften Einrichtungen der Ge- - i schäftsstelle, ganz besonders aufmerksam gemacht. Den s i ersten Vortrag in diesem Winterhalbjahr wird Herr ' vr. H. Suchsland-Halle a. S. Freitag den 4. No- vember, Nachmittag 4 Uhr, in der Deutschen Schänke - ) zu den „Drei Raben", Marienstraße Nr. 20, halten über: „Zur Frage der Reform des Hagelversicherungs. : wesens in Deutschland". Eintrittskarten zu diesem ' Vortrage sind für Nichtmitglieder in de: Kanzlet der Oekonomischen Gesellschaft t. K. S. — Wiener-Straße j Nr. 13 II. — während der Vormittagsstunden von ! 9—12 Uhr kostenlos zu entnehmen. Durch Mitglie der eingeführte Gäste find jederzeit willkommen. — Wie dem „Chem. Tgbl." aus Leipzig geschrie ben wird, ist der Versuch der dortigen Soctaldewo- kraten, die Turner in Ihre Bewegung hineinzuziehen, bis jetzt nur von geringem Erfolg gewesen. Am letzte« Sonntag fand eine von socialdemokrattscher Sette ein- berufene Turnerversammlung tn Leipzig statt, in der die Bildung eines eigenen Agitationscomitös für die sog. „freie Turnerschaft" beschlossen wurde. Von den vielen Tausenden von Turngenossen Leipzigs hatten sich aber zu der Versammlung nur etwa 120 etngefunden. — In Leipzig kamen im Vorjahr (Alt- und Neu- Leipzig zusammengenommen) 36,986 EinkommenS- declarattons-Zustellungen zur Behändigung, von denen nicht weniger als 3980, also über 10 pCt., unausge- gefüllt blieben, zum Schaden der Jnteressirten. — Die Nachricht von dem Verschwinden des Kauf manns Kleemann tn Chemnitz bestätigt sich nicht. Richtig ist nur, daß Kleemann tn Concurs verfallen ist. — In Meerane wird demnächst wieder eine Abendschule zur Förderung weiblicher Arbeiten einge richtet werden. — Der im städtischen Einwohneramte tn Gratzens Hain beschäftigte, 19 Jahre alte RathSexpedtcnt Rich. Bernhard Jülich hat sich am 19. d. heimlich entfernt und ist flüchtig geworden, nachdem er sich der Uuter- schlagung von ihm vereinnahmter Gelder schuldig ge macht hatte. Wie hoch sich die Unterschlagungen be ziffern, unterliegt noch der Erörterung. Seine Rich tung soll er nach Riesa genommen haben, von wo aus jede weitere Spur über ihn fehlt. — In Hohenstein ist mit dem Bau der über 1100 m langen Rohrleitung, die das Wasser der für die Wasserleitung neu gefaßten Quellen nach dem Augustastollen führen soll, begonnen worden. Der Bau wird mit thunlichster Beschleunigung ausgeführt werden. — Bei einem am Sonnabend Vormittag tn Lins -man bet Leipzig im Canal tn der Nähe der Eisen- bahnstraße vorgenommenen Ftschzuge machte man, wie die „Westend-Zeitung" mittheilt, ganz merkwürdige Beute; zuerst einen etwa 'jr Pfund schweren Goldfisch und dann die äußere Hülle eines etwa 1 Meter lan gen Krokodils. Die inneren Theile des Reptils fehlten und waren jedenfalls von anderen Thteren herausge fressen. Wie dasselbe tn den Canal geralhen tst, hat sich nicht feststellen lassen. — Das größte, tn Deutschland wohl einzig da stehende Unternehmen, billige Arbetterwohnungen ohne Staats- oder andere Hilfe zu bauen, hat der Besitzer des Leipziger Bibliographischen Instituts, Commerzien- rath Meyer, ins Leben gerufen, indem er in L!lldena» 26 aneinandergerethte große Wohnhäuser mit je vier Stockwerken errichtete, worin 314 Famtlienwohnungen enthalten sind, tn denen etwa 1500 Personen wohnen können. Dazu gehören auch 202 Gärten, ein großer Trocken-, sowie Kinderspielplatz. Die Leute wohne« dort um etwa 15 Proc. billiger als anderswo, be zahlen ihre Miethe wöchentlich, dürfen aber keine Schlaf stellen weiter vermtethen. Ein zweifenstriges, zwei einftnstrtge Zimmer und Küche kosten im Jahre 200 Mk. Feuilleton. Die Bettlerin. Originalnovelle von F. Fichtner. SiachLruS n ! (Fortsetzung.) Sie wirst ihren Hut in die Luft, um ihn wieder s zu fangen, springt hier über ein plätscherndes Bächlein, s versteckt sich dort hinter ein altes Stationshäuschen, i um die nachkommenden Tanten zu erschrecken, und steht im Nu auf dem leeren wackligen Sockel eines herab« j gefallenen alten Heiligenbildes, um Aussicht zu genießen, ' wie sie sagt. Leo tst amüfirt und — enttäuscht! Es tst doch ' wohl wirklich noch ein Kind, denkt er. Warum geht : sie nicht ganz ruhig an meiner Seite, um mit mir ! zu plaudern! Und es fällt ihm ein, wie sich die - Schwestern seiner Freunde und andere bekannte Damen - von tadelloser Bildung bet jeder nur irgend sich bte- - tenden Veranlassung sichtbar bemühen, ein Wort, einen I Blick von ihm zu erhalten, wie die Stimmung sich , sofort hebt und belebt bet seinem Eintritt in jedem j Zirkel der ihm stets offenen höheren Gesellschaftskreise, ! Jetzt find sie mitten im Wald. Die kleine holzge zimmerte Restauration sendet schon heißen Kaffeeduft heraus, mehrere der im grünen Plan ausgestellten Tische und Bänke find bereits besetzt und Edith sucht etfr'g den bestgelegenen Platz heraus. Dann kramen sie zusammen alle Taschen und Körbe aus, zu sehen, was die Tante für Hochgenüsse eingepackt habe. — ) Nicht lange währt es, da fitzt man vergnügt beim Kaffee und Edith macht eine reizende kleine Wtrthin. „Wollen wir uns, da die Tanten mit ihren Strick nadeln die Welt einreißen, indeß den Wald beschauen?" fragte Leo die etwas sinnend gewordene Edith. „Ja, das können wir, wenn es Ihnen angenehm ! ist," und von dem Kinde ist nichts mehr zu merken, j „Auf Wiedersehen, Tantchen und Mamachen," sagt ! j sie erröthend. Leo zieht Edith's Arm durch den seinen und sie gehen schweigend durch den duftigen Wald. Mit der größten Sorgfalt beugt er jeden Zweig zurück, hilft ihr über jede Baumwurzel hinweg, pflückt ihr ein kleines Sträußchen Vergißmeinnicht, überhäuft sie mit Aufmerksamkeit — es ist eine alte, alle Geschichte, wie die Liebe unvermerkt tn zwei junge unschuldige Herzen einzog. Als Leo und Edith von ihrem Waldspaziergange nach der Restauration zurückkehrten, war der Platz vor derselben leer, Mama und Tante längst heim. Die Sachen hat man der freundlichen Wirthin tn Ver wahrung gegeben, und diese fragt nun, ob die Herr schaften Rühreier oder Eierkuchen wünschen! Lächelnd überläßt eins dem andern die Bestimmung, und wie sie noch darum streiten, ruft es lustig hinter ihrem Rücken: „Ich stimme für Rühreier!" „Ich auch," lacht Edith zurück und eilt auf Wanda zu, welche gemächlich des Weges kommt. „Um der Dreieinigkeit willen bin ich auch für Rühr eier," ruft Leo, und die Wirthin eilt, die endlich ge- löste Frage zu erledigen. „Aber Kinder — Ihr wollt noch Mittag essen? Was fällt Euch denn ein! Wißt Ihr denn, wie spät es ist?" fragt Wanda verwundert. Verlegen lächelnd blicken sich die beiden an, als seien sie auf unrechtem Wege ertappt. „Na — merkt Ihr, vier Uhr hat's geschlagen! Ich habe schon meine Vesper verzehrt!" „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde!" cittrte Leo ohne den sonst üblichen Pathos. „Ein Glück mit — Hungerleiden — ich danke er- gebenst," wehrt Wanda. „Wir find ja gar nicht hungrig, Du kannst es glauben," betheuert Edith. „Ich wtll's ja glauben. Ihr seht mir ja auch gar j nicht so aus. Aber mitefsen werde ich doch noch ein- - mal, sonst bleibt am Ende alles übrig, und das wäre r schade darum." „Die reine Hausglucke," neckte Leo. „Ja, meine Küchlein werden gleich hier sein, ich höre sie schon piepen," erwidert Wanda, auf den Scherz eingehend, und horcht nach dem Wald; da tönt fröhliches Lachen, und Helle Kleider schimmern durch die Bäume. „Ich bin etwas voraus gegangen, um es Euch zu sagen; es sind die Fräulein Oberförster mtt Tante Srraphine und Rektors Martha und Else und die junge Fabrtkantenfrau mit ihrer Schwester und —" „Und — tst das noch nicht alles?" wehrt Leo, in dem ein Schatten über sein Gesicht fliegt und er auf Edith blickt, als wollte er sich verabschieden. „Wie kannst Du Dir so einen Zopf anhängen?" „Er hat sich selber angehangen. Aber wie kommst Du mir denn vor," fährt sie fort, und der Schalk lacht ihr aus den Augen. „Du — ein solch' großer Damenverehrer, der sich blos wohl befindet, wenn er ringsum tn Rosen und Nelken — Veilchen steckt, Du wehrst Dich gegen Deine Dir eigene Atmosphäre? Bist Du denn ein Einfiedler geworden?" „Einer zu Zweien," lächelt er letse vor sich hin. „Ja, das muß ich schnell noch sagen, ich wasche meine Hände tn Unschuld; weiß Gott, wte fie's her- ausbekommcn, daß Du da bist, sie ließen sämmtltch wte auf Commando fragen, ob Ich von der Partte sei; am liebsten kam ich schon allein," flüsterte Wanda noch, wofür sie Leo an sich zog und küßte. Dann suchte er sofort seinen Platz neben Edith und erklärte, diesen Platz gegen alle fünf Welttheile verthetdigen zu wollen. Glücklich nickte Edith und ein fast stolzes Lächeln flog über ihr Gesicht. Mittlerweile war die ganze Gesell' schäft herangekommen und man begrüßte sich, wte es ! unter Bekannten üblich, unter Scherz und Frohsinn- (Fortsetzung folgt.)