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F70. Amtsblatt sür die lömglichen und städtischen Behörden zn Freiberg Md Brand. verantwortlich« Leilungr Ge«r- »»«tharvt. Erscheint j«d«n WoLeutag AbeudS '/,6 Uhr sür dm I anderm Tag. Preis vierteljLhrlich 2 Mk. 2b Psg. t -weimonatlich 1 Mk. SO Psg. u. einmonatlich 7SPig. g —— Ü1. Jahrgang. — Sonnabend, den 26. März. Inserat« werden bis Bormmag 1l Uhr angenommen. Preis für die Lpaltzeile 13 Psg. Außerhalb de» Landgerichtsbezirk» 14 Mq 18S«. Bekanntmachung. Unter dem Viehbestände in dem Gehöfte Tat. Nr. 68 für Oberlangen«« ist die Manl- und Klauenseuche ausgebrochen. Freiberg, den 24. März 1898. Königliche Amtöhauptmannschast. Idr Oeffentliche Zustellung. Die Emilie Ernestine verehel. Oestreich geb. Ehrlich zu Meißen, vertreten durch den Rechtsanwalt Leonhardt hier, ladet ihren Ehemann, den Handarbeiter Karl August Oestreich, vormals zu Döbeln, jetzt unbekannten Aufenthalts, — mit dem Anträge, die Ehe der Parteien vom Bande zu scheiden, eventuell die Parteien auf Zeit von Tisch und Bett zu trennen, — wr Fortsetzung der mündlichen Verhandlung deS Rechtsstreits vor die 2te Civilkammer deS Königlichen Landgerichts zu Freiberg auf den 15. Juni 1898, vormittags 9 Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Ladung bekannt gemacht. Freiberg, den 23. März 1898. Der Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts. L 80/97 No. 16. Sekretär. WnaslW Albertinum zu Freiberg. Die Anmeldungen für die nächste Osteraufnahme bitte ich, mir mündlich oder schriftlich bis Sonnabend, den 2. April zukommen zu lassen. Persönliche Anmeldungen nehme ich vom 7. Januar an in meinem Dienstzimmer von 11—12 Uhr entgegen. Beizubringen ist das letzte Schulzeugnis (Michaelis-Censur), sowie der GeburtS- und Impfschein. Die Aufnahmeprüfung ist auf Montag, den 18. April früh 8 Uhr festgesetzt. Freiberg, den 4. Januar 1898. Prof. vr. Liuil Rektor. Bekanntmachung. Infolge deS BaueS einer Eisenbahnbrücke in der Linie Klingenberg-Frauenstein bei Stat. 70 -s- 12 wird der von Oberbobritzsch nach Beerwalde führende Communications-Weg bis auf Weiteres gesperrt und der Verkehr unterdessen für leichtes Fuhrwerk über Pretzschendorf auf den bei der Kirche daselbst abzweigenden alten Sohra'r Communications-Weg bis an die soge nannte Struttengasse und von dieser nach der fiskalischen Grillenburg-Frauensteiner Straße, für schweres Fuhrwerk von Oberbobritzsch nach Beerwalde und Klingenberg über Friedersdorf verwiesen. Dippoldiswalde, am 22. März 1898. Königliche AmtShauptmannschaft. Vm. Hülva»»»». Das Flotttugesetz im Keichstage. ii. Der Reichstag setzte gestern die zweite Lesung der Flotten vorlage fort. Staatssekretär Tirpitz kommt auf die gestrige Aeußerung deS Abg. Schädler zurück, daß der Admiral Hollmann die jetzige Vorlage gekannt uno sich trotzdem in anderer Richtung ausgesprochen habe. Beides treffe nicht zu; Admiral Hollmann habe in technischer Beziehung genau aus demselben Boden ge standen, aus dem sich die Vorlage bewege. Der Gesetzentwurf sei das Produkt einer zehnjährigen angestrengten Arbeit. Abg.Hilpert (daher. Bauernd.) erklärt, nicht sür die Vorlage stimmen zu können, weil die Landwirthschast gegenwärtig in keiner günstigen Lage fei. Abg. Richter (freis. BolkSP.) führt auS, eS handle sich um eine dauernde Organisation, um die Festlegung des Etats. Warum wolle man die Flottenvorlage durch einen Reichstag bindend erledigen lassen, dessen Lebensdauer nahezu abgelaufcn sei? Die Kommission habe den Gesetzentwurf so unwesentlich verändert, daß seine Partei bei ihrer ablehnenden Haltung ver harren müsse. Die Bedeutung einer Flotte werde überschätzt, und das, was wir haben, werde unterschätzt. Die Neubauten würden in Wahrheit nicht dem Handel, sondern einzig und allein der Schlachtflotte zu Gute kommen, obwohl diese durchaus nicht so mangelhaft und crsatzbedürftig sei. Der Abg. Rickert habe im Jahre 1889 gerade das Gegentheil gesagt von dem, was er gestern gesagt habe. Damals habe er als Küstenbewohner jede Besorgniß bezüglich der Angreifbarkeit der Küsten von sich ge wiesen. Auch Admiral Hollmann habe gesagt, daß eine große Panzerflotte in die deutschen Flußmündungen nicht einlaufen könne. Von der Nothwenvigkeit der neuen Formationen sei er in der Kommission nicht überzeugt worden. Das Hauptbedenken richte sich aber gegen die Bindung des Reichstags. Die Ab kürzung des Septennats auf 6 Jahre sei kein Vortheil, sondern ein Nachthcil, denn sie erhöhe die jährlichen Raten. Er fürchte sich nicht vor Schreckgespenstern, aber ein Geist gehe schon herum, nämlich der Geist der außerordentlichen Ueberschätzung der Marine. Diesem Geist müsse man entgegentreten. Die Beeinflussung von oben her sei bei dieser Vorlage sehr stark gewesen. Die Masse des Volkes stehe nicht hinter der Vorlage. Staatssekretär Tirpitz legt dar, daß der Entwurf der Flotte eine-Organisation geben wolle. Eine Organisation sei etwas Dauerndes, und darum müsse auch eine dauernde, eine ge setzliche Regelung erfolgen. Die „Freisinnige Zeitung" habe früher selbst ein festes, bindendes Programm gefordert. Wie könne aber ein solches Programm festgestellt und eine Einigung hierüber erzielt werden ohne Gesetz? Er, Redner, sei daher über die Haltung des Vorredners erstaunt. Schlagworte wie .uferlose Pläne" könnten keine sachlichen Gründe ersetzen. Herr Richter verweigere Alles, und das nenne er kämpfen. In der Kommission habe Herr Richter nichts gesagt, er müsse also wohl gefühlt haben, daß er seinen, des Redners, Darlegungen nicht gewachsen gewesen sei. Man bedenke, in welche Lage wir kommen könnten ohne Flotte. Im Kriege seien die Eisenbahnen mit Truppentransporten und anderen Kriegstransporten in An spruch genommen. Die Hauptzufuhr müsse also zur See statt finden, und diese Zufuhr könne uns ohne genügende Flotte ab geschnitten werden. Hätten wir eine solche Flotte, so würden wir mit erheblich schwächeren Küstenbefestigungen auch an wichtigen Punkten auskommen können. Er habe schon gesagt, daß sein Vorgänger im Amte bereits nach den in der Vorlage festgelegten Prinzipien gehandelt habe. Gegen uferlose Pläne gebe es doch nichts Besseres, als die Marineverwaltung gesetzlich zu binden. Staatssekretär Frhr. v. Thielmann stellt einige finanzielle Ausführungen des Abg. Richter richtig. Abg. v. Bennigsen (natlib.) betont, in keinem anderen eu ropäischen Parlament gebe es einen Politiker, der die Fragen der Landesvertheidigung zum Exerzierplatz für Fragen des Etatsrechts mache. Wenn hinsichtlich des Konstitutionalismus in Deutschland eine Gefahr drohen sollte, so bestehe sie nur darin, daß der Reichstag einmal in Fragen der Landesvertheidigung versagen könnte. Uebrigens würde sich Herr Richter wohl gehütet haben, eine Oppositionsrede gegen die Flotte zu halten, wenn noch ein Zweifel vorhanden wäre, ob der Reichstag die Vorlage annehmen werde. Wäre die Flottenfrage in die Wahlbewegung geworfen worden, so würde sich die Lage für Herrn Richter und seine Partei wohl verhängnißvoll gestaltet haben. In anderen Staaten gebe eS kaum Parteien, die den Forderungen für Heer und Marine so entgegenträten wie der Abg. Richter. In Frankreich hätten sogar die Radikalen die Forderungen der Regierung er höht. Die Opposition gegen die Vermehrung der Flotte sei eigent lich durch diese Vorlage unangenehm enttäuscht worden, insofern als sie weit größere Pläne erwartet habe; deshalb male Herr Richter auch wieder schwarze Zukunftsbilder. Im Lande sei das Bewußt sein von dem Werthe einer starken Flotte gewachsen, vielleicht einige Theile von Bavern ausgenommen. Mit der jetzigen Bor- lage solle ein dauernder Abschluß der Pläne und Versuche er reicht werden; unsere Flotte müsse im Stande sein, auch der größten Seemacht in der Nordsee und in der Ostsee eine See schlacht zu liefern, und dazu werde sie nach der Ausführung des jetzigen Planes im Stande sein. Dazu kämen die großen Inter essen unserer Häfen und unseres Handels. Wir brauchten eine kräftige Flotte um die Handelsschiffe zu schützen. Der Abgeord nete Lieber sei gestern mit Unrecht angegriffen worden; er habe in der Kommission mit großem Geschick und vieler Sachkenntniß gearbeitet. Die jetzige Haltung des Centrums beweise, daß wir in Deutschland weit bessere Zustände hätten als andere Staaten, z. B. Frankreich und Oesterreich. Aus Anlaß dieser Vorlage sei durch das deutsche Volk wieder ein frischer Zug gegangen, der gegenüber den politischen Zänkereien ersreulich sei. Man sollte dankbar dafür sein, daß neuerdings Fürsten ein so lebhaftes In teresse für die Marine zeigten. Das Landheer müsse eine Stütze und eine Ergänzung in der Marine haben. Abg. Bebel (sozdem.) sagt, es werde sonst keinem Parlament in Europa zugemuthet, sich auf Jahre finanziell zu binden. In Deutschland regiere man auch gegen eine Majorität des Reichs tages, und dieser antworte nicht mit der Budgetverweigerung. Jetzt würden die geringen Budgetbefugnisse des Reichstags noch mehr eingeschränkt. In Frankreich herrsche das parlamentarische System, aber die Angehörigen aller Parteien glaubten in Folge der Bismarckschen Politik, daß Deutschland Frankreich bald an greifen wolle. Deshalb stimmten dort auch die Oppositions- Mitglieder für eine Verstärkung der Militärmacht Frankreichs. Das Centrum werde infolge seiner jetzigen Haltung bald den Weg des Fleisches gehen. Um den Handel zu fördern, gebe es nur ein Mittel, den Frieden aufrecht zu erhalten und andere Staaten nicht durch neue Rüstungen zu reizen. Mit Eng land und Frankreich werde Deutschland nie konkurriren können. Nun kämen noch die Forderungen für Kiaotschau. Wie solle das deutsche Volk das Alles bezahlen. Abg. v. Kardorff (Reichsp.) hebt hervor, die Bedenken gegen die Vorlage hätten bei vielen Abgeordneten so lange über wogen, als man über die Kosten besorgt gewesen sei. Jetzt lasse man die Bedenken fallen, da es möglich sei, ohne neue Steuern die Flottenvermehrung durchzuführen. Gerade die arbeitenden Klassen hätten ein großes Interesse an der Flottenvorlage, denn sie gewähre wieder Tausenden Arbeit. Den Deutschen im Aus lande verdankten wir zum großen Theil den Aufschwung unseres Handels, und es sei natürlich, daß sie öfter die deutsche Kriegs flagge sehen wollen. Der jetzige Reichstag habe sehr im natio nalen Interesse gewirkt und werde sich durch die Annahme der Marinevorlage ein neues Denkmal setzen. Abg. Spahn (Ctr.) weist die Angriffe des Abg. Bebel gegen das Centrum zurück. Früher habe man sich zurückhaltend ver halten, weil man nicht klar gesehen habe und die Versuche noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Das sei jetzt anders infolge dieser Vorlage, und auch die Mittel seien jetzt gesichert. Das Centrum sei sich seiner Verantwortung bewußt und habe sich nach sorgfältiger Prüfung in seiner Mehrheit sür die Annahme der Vorlage entschlossen. Der Kulturkampf sei noch nicht vorüber, trotzdem bewillige seine Partei, was für die Sicherheit des Vater landes und sür die Ausdehnung unseres Handels nothmendig sei. Nachdem Schlußwort des Referenten Abg. Lieber (Ctr.) wird die Diskussion geschlossen. 8 1, welcher die Bestimmungen über die Schiffsbauten und das Septennat, welches die Kommission in ein Srxennat umgewandelt hat, enthält, wird mit 212 gegen 139 Stimmen angenommen. Dageyen stimmten die Sozial demokraten, die süddeutsche und die freisinnige Volkspartei, die Polen, Welfen und Elsaß-Lothringer geschloffen und 28 CentrumS- mitglieder sowie 2 Mitglieder der deutschsozialen Reformpartei. Sonnabend: Fortsetzung der Berathung. Politische Umschau. Freiberg, den 25. März. DentschlanV. Zu Fürst Bismarck's heutigem 60jährigen Militärdienst-Jubiläum schreibt das „Militär-Wochenblatt": „Am 25. März werden eS 60 Jahre sein, daß Fürst Bismarck in die Armee und zwar in das Garde-Jägerbataillon eintrat, um seiner Wehrpflicht zu genügen, und der damalige Einjährig-Freiwillige wird nicht geahnt haben, daß er einst im Heere eine dem Felo- marschall gleichstehende Würde erreichen sollte. Er verdankte dies Aufsteigen seiner glorreichen Laufbahn als Staatsmann. Aber diese brachte es mit sich, daß er der Armee und der Erhöhung der Wehrmacht nicht einmal, sondern vielmals seine Kräfte weiheu mußte; und daß seine thatkräftige, auf große Ziele gerichtete Politik dem Heere nach langem, nur durch kurze Kriegsepisoden unterbrochenem Frieden Gelegenheit gab, der Welt seine Eben bürtigkeit mit den Siegern von Fehrbellin, Leuthen und Belle- Alliance zu beweisen. Die Vorbedingung dieser großen Helden zeit war eben die staatsmännische Kraft und Weisheit, mit der Bismarck die vom König beschlossene Reorganisation des HeereS gegen die Majorität der Volksvertrettnrg und eine falsche Auf fassung in der Nation selbst thatsächlich durchzusetzen wußte, wobei er mit seiner Person die volle Verantwortlichkeit übernahm; sodann aber das unübertreffliche Geschick, mit dem er später die politische Aktion einleitete. Wie der Name Bismarck ein Palladium der nationalen Größe geworden ist, so verkörpert sich auch in der Person des Fürsten die eigenartige Kraft seines engeren preußischen Vaterlandes. Bismarck ist, während er die staats männische Laufbahn einschlug, doch Soldat, Wehrmann geblieben. Schon seine kriegerische, hünenhafte Gestalt stellt dies Jedermann vor Augen. Stets wird er in der Erinnerung der Deutschen so fortleben, wie er bei Sedan dem gefangenen Kaiser entgegen trat, in der Felduniform der schweren Küraßreiter. Viele Staats männer haben ihre Monarchen in's Feld begleitet, aber keiner außer Bismarck ist mit uns in's Feuer geritten, ist dem Könia- Feldherrn in den Schlachten zur Seite geblieben. Wer wollte es tadeln, wenn der Staatsmann sich von den Kämpfen fernhält? Aber in Bismarck lebte der kriegerische Geist des märkischen Adels und das Gefühl des preußischen Offiziers. So hat er 1866 die Feuertaufe wie jeder andere Soldat empfangen. Er ist nicht aufgestiegen zu diesem Range aus Rücksicht auf Geburt, und Etikette, sondern jeder deutsche Soldat kann voll anerkennen, daß Fürst Bismarck seinen militärischen Rang durch seine Verdienste um die Armee erworben hat." Der Reichstagsabgeordnete Graf Herbert Bis marck hat sich in diesen Tagen in Schönhausen über den wirth- schastlichen Sammlungsaufrus in folgender hochbedeutsamen Weise ausgesprochen: „Der Aufruf trage die Unterschrift des Fürsten Bismarck und fasse in klaren Sätzen das Programm zusammen, das er im Einverständniß mit seinen Wählern stets vertreten habe, das heißt die Aufforderung zur Rückkehr zu der 1878 ein geleiteten nationalen Wirthschaftspolitik, die dem letzten Jahrzehnt der glorreichen Regierung Kaiser Wilhelms I. ihren Stempel aufgedrückt habe. Die Durchführung jener Politik sei nur er möglicht worden durch den festen Zusammenschluß der Ver treter aller Produktionszweige im Reichstage: damals habe sich auch das Centrum wesentlich daran betheiligt, welches in den letzten Jahren mehr bei Seite gestanden habe, vielleicht aus dem Grunde, daß es inzwischen demokratischer geworden sei. Wenn nun bisher auf dem Aufruf die Unterschriften der Centrums abgeordneten fehlten, so sei doch in den Wahlkreisen vielfach so starke Stimmung sür seine Ziele, daß auf seinem Boden die Ge winnung einer Majorität im nächsten Reichstag zu erhoffen sei. Bisher hätten die Freihändler und Advokaten des fremden Im ports trotz ihrer Minorität in der Bevölkerung nach dem Spruch „äiviäs ob impsra" (theile und herrsche) unser Wirtschaftsleben nachtheilig beeinflußt: unsere Gegner könnten nur bei